Dünkirchen

[372] Dünkirchen, eine berühmte See- und Handelsstadt im Französischen Flandern (nach der neuen Eintheilung Frankreichs im Norddepartement), welche in ältern Zeiten der beständige Gegenstand der Eifersucht zwischen Frankreich, und England war. Ludwig XIV. bot alles auf, um diesen Ort unbezwinglich, und den Hafen, der geräumig genug ist, daß zwei hundert große Schiffe darin vor Anker liegen können, zu einem der bequemsten in ganz Europa zu machen. In den Kriegen zwischen England und Frankreich hatten die Freibeuter von Dünkirchen der Englischen und Holländischen Handlung großen Schaden zugefügt; dieses und der Neid über den wachsenden Flor dieser Stadt bewog England, es zu einer Hauptbedingung des Utrechter Friedens (v. J. 1713) zu machen, daß Frankreich auf eigne Kosten die Festungswerke wieder abtragen und dieses Meisterstück der Kriegsbaukunst vernichten solle. Man suchte sich von Französischer Seite durch Grabung eines neuen Canals zu Mardyk, eine gute Stunde von Dünkirchen, zu entschädigen, auch bemühten sich die Einwohner von Dünkirchen, den Hafen wieder herzustellen; allein die Engländer drangen von Zeit zu Zeit auf die Vernichtung dieser Arbeiten. Der Pariser Friede (v. J. 1763), den England dictirte, wiederhohlte in Rücksicht auf Dünkirchen die Bedingung des Friedens zu Utrecht. Es wurde sogar ein Englischer Commissär daselbst angestellt, der über die Erfüllung dieses Punktes wachen und von Frankreich unterhalten werden mußte. Allein im Pariser Frieden (v. J. 1783), welcher in allen Stücken der Antipode des v. J. 1763 war, wurden alle Artikel, die im Utrechter Frieden zu Englands Gunsten festgesetzt und nachher bestätigt worden waren, aufgehoben. Seitdem wurde täglich an der Wiederherstellung und Belebung dieser Stadt gearbeitet, so weit es die damalige Lage Frankreichs erlaubte. Die Wichtigkeit dieser Stadt, welche unter den Händen der Französischen Republik ihren vorigen Glanz bald wieder erhalten konnte, riß den Herzog von York hin, im August 1793, gegen Coburgs Rath, mit einem eignen [372] Heerhaufen über zehn Meilen von der Hauptmasse der Oesterreichischen Armee hinweg vor Dünkirchen zu rücken, und die feurigsten Anstalten der Belagerung zu treffen. Man erwartete täglich die Uebergabe desselben, als General Houchard dem Belagerungsheere so unvermuthet und überlegen auf den Nacken kam, und zu gleicher Zeit die Belagerten einen so wüthenden Ausfall thaten, daß der Herzog genöthigt wurde, sich eiligst mit dem Feldmarschall Freitag, unter dessen Leitung er commandirte, zurückzuziehen und die Belagerung aufzuheben.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 372-373.
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