12. Schlacht bei Raphia.

(217.)

[251] Bei Raphia kämpften Ptolemäus IV. von Ägypten und Antiochus von Syrien miteinander. An Infanterie hat Ptolemäus eine geringe Überlegenheit (70000 gegen 62000), Antiochus aber eine erheblichere an Kavallerie (6000 gegen 5000) und Elefanten (102 gegen 73). Der Bericht des Polybius (V, 86) ist sehr einfach, aber doch nicht ganz einwandfrei.

Antiochus siegt zunächst auf seinem rechten Flügel mit seiner überlegenen Kavallerie und seinen überlegenen Elefanten über die feindlichen; auch die zunächst stehenden Peltasten des Ptolemäus werden in diese Niederlage[251] verwickelt. Als Ursache der Niederlage der ägyptischen Elefanten gibt Polybius an, daß die afrikanische Rasse dieser Tiere der indischen nicht gewachsen sei; sie fürchten sich vor ihrer Größe und Stärke und scheuten den Geruch und die Stimme. Die modernen Naturkundigen verwerfen diese Gegenüberstellung128: der afrikanische Elefant sei nicht nur nicht kleiner, sondern eher größer als der indische, und beide Rassen scheuen durchaus nicht vor einander, sondern vertragen sich sehr gut. Die Vermutung wird daher viel für sich haben129, daß nicht sowohl der Vorzug der Rasse, als die größere Kunst der indischen Kornaks, die eine alte Tradition hatten, während die Ägypter die Sache nur nachahmten und keine Übung in der Dressur hatten, es war, die die indischen Elefanten hier zum Siege führte.

Während so Antiochus auf dem von ihm selbst geführten Flügel siegte, siegte ebenso auf dem entgegengesetzten, trotz der Elefanten, die hier wie dort den Kavallerieflügeln zugeteilt waren, die ägyptische Kavallerie.

Nun macht Polybius dem Antiochus den Vorwurf, daß er in der Verfolgung seines Sieges fortgestürmt sei. Denselben Fehler soll Demetrius bei Ipsus gemacht haben, und er wird uns noch öfter, z.B. bei Naraggara (Zama) 202 und Mollwitz 1741, begegnen. Wir würden ohne weiteres die endliche Entscheidung bei Raphia hierauf zurückführen, wenn wir hörten, daß der ägyptische siegreiche Kavallerieflügel auf der anderen Seite, statt in diesen Fehler zu verfallen, die feindliche Phalanx in der Flanke angegriffen hätte. Davon hören wir jedoch nichts; vielmehr sollen nur die beiden Phalangen ganz isoliert gegeneinander gekämpft und hierbei die ägyptische die syrische überwunden haben.

Das wesentliche, das wir aus dieser Schlacht lernen, dürfte sein, daß die Elefanten nicht in Verbindung mit der Phalanx, sondern in Verbindung mit der Kavallerie aufgestellt werden, daß ihre Wirkung aber doch keine entscheidende ist.


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1920, Teil 1, S. 251-252.
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