Einschließung Mailands


Einschließung Mailands.

[354] Erst im Frühling des nächsten Jahres (1161) erschien wieder so großer Zuzug aus Deutschland, daß der Kaiser direkt gegen Mailand vorgehen konnte. Die Stärke einer Reihe von Kontingenten ist uns wohl ziemlich zuverlässig überliefert.361 Herzog Friedrich von Schwaben hatte über 600 Ritter (ultra sexcentos milites bene armatos), der Erzbischof Reinald von Köln über 500; der Sohn des Böhmenkönigs zusammen mit einem Herzog, seinem Ohm, 300 (equites).

Heinrich der Löwe ist zwar auch bei Beginn der Belagerung in Italien gewesen, wird jedoch bei den Kämpfen nicht genannt und ist jedenfalls vor dem Fall Mailands nach Deutschland zurückgekehrt. Zum Vergleich aber dürfen wir heranziehen, daß er nach einer guten Nachricht zwei Jahre vorher bei Crema mit 1200, sein Oheim Welf mit 300 Rittern erschienen war.362

Wenn so mächtige und zugleich dem Kaiser so nahestehende und ihm eng verbundene Fürsten wie der Herzog von Schwaben und der Erzbischof von Köln doch nicht mehr als sechshundert oder fünfhundert, und der Löwe, der unvergleichlich mächtigste aller deutschen Fürsten, der Herr zweier Herzogtümer, nicht mehr als 1200 Ritter zu dem Heer stellten, so kann die deutsche Gesamtmacht nicht über einige Tausend Ritter hinausgegangen sein. Das Heer vom Jahre 1158 wird stärker gewesen sein als das von 1159 oder 1161; immerhin wird der Vergleich der Feldzüge untereinander uns berechtigen, mit noch größerer Bestimmtheit als vorher[354] die Zahl von zehntausend Rittern im Jahre 1158 für stark nach oben abgerundet zu halten.

Obgleich nun noch sehr zahlreiche Kontingente aus Italien von Kommunen und Fürsten zum Kaiser stießen, so wurde eine Belagerung der rebellischen Stadt dennoch wieder nicht ins Auge gefaßt. Friedrich begnügte sich, in einem Feldzug von zehn Tagen (Mai-Juni 1161), die unmittelbare Umgebung Mailands vollständig zu verwüsten. Dann entließ er die italienischen Kontingente und schnitt von einem Lager an der Adda aus den Mailändern die Zufuhr ab; jedem, der Lebensmittel nach Mailand einführte, wurde Abhauen der rechten Hand angedroht, und diese Strafe auch an fünfundzwanzig Bürgern von Piacenza an einem Tage vollstreckt. Im Herbst wurde auch noch ein Teil der deutschen Fürsten und Ritter nach Hause geschickt; der Rest genügte, die Mailänder im Zaum zu halten und zu verhindern, daß größere Lebensmitteltransporte in die Stadt gelangten. Zu weiterer Einschüchterung scheute der Kaiser nicht das gräßliche Mittel, vornehme Gefangene blenden und verstümmeln zu lassen und sie so in die Stadt zurückzuschicken. So brachten Hunger, Entsetzen und Hoffnungslosigkeit die Stadt nach neunmonatlichem Ausharren endlich dahin, sich auf Gnade und Ungnade zu unterwerfen (1. März 1162).


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1923, Teil 3, S. 354-355.
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