Erste Unterwerfung Mailands (1158).

[349] Die Herrschaft der Deutschen über Italien hatte unter dem ersten Staufen-Könige fast aufgehört; nicht einmal die Kaiser-Krönung hatte Konrad III. mehr erlangt. Als sein Nachfolger Friedrich I. seine Regierung damit begann, durch Aussöhnung mit den Welfen den Frieden in Deutschland herzustellen, und sich, unterstützt und begleitet von Heinrich dem Löwen, wieder die Kaiser-Krone zu holen, zeigte sich bald, daß er, um in Italien zu herrschen, es mit Gewalt unterwerfen müssen. Die Nachbar-Fehden der einzelnen Kommunen und Fürsten boten ihm die Aussicht, daß ein großer Teil von vornherein bereit sein würde, sich ihm anzuschließen, um dem näheren Feinde zu entgehen. Piacenza z.B. verpflichtete sich 1158, den Kaiser mit 100 Rittern und 100 Bognern während der ganzen Belagerung Mailands zu unterstützen und[349] außerdem noch mit 100 Schützen für einen Monat, und die deutschen Fürsten und Ritter ließen sich willig über die Alpen führen, wo ihnen Lohn und Herrschaft in Aussicht gestellt wurde.

Im siebenten Jahr der neuen Regierung wurde die große Heerfahrt angetreten (1158). Auf vier verschiedene Übergänge wurde der Anmarsch verteilt: durch Friaul die Herzoge von Österreich und Kärnthen mit den Ungarn; der Kaiser selbst mit den Böhmen und vielen Fürsten und Bischöfen über den Brenner; andere durch das Rheintal über den Splügen; der Herzog von Zähringen mit den Oberlothringern und Burgundern durch das Rhonetal über den großen St. Berenhard. Daß das vereinigte Heer sehr bedeutend war, unterliegt keinem Zweifel, die Annahme aber von 10000 Rittern, die nach der Vereinigung mit den italienischen auf 15000 Ritter und im Ganzen 100000 angeschwollen sein sollen, ist eine starke Übertreibung.357 Zwar wagten die Italiener keinen Widerstand im freien Felde, aber so groß das Heer nach damaligem Begriff war, so genügte es doch nicht, Mailand wirklich zu belagern358 oder es auch nur gleich vollständig einzuschließen, was bei 100000 oder auch 50000 oder 30000 Kriegern keine Schwierigkeit hätte haben können. Man versuchte wohl ein und das andere Mal einen Handstreich, einen Überfall auf ein Tor, aber als das nicht gelang, begnügte man sich mit Verwüstung der Felder und Abschneiden der Zufuhr, was die Stadt im Laufe eines Monats zur Unterwerfung brachte (6. August erschien der Kaiser vor der Stadt, am 7. September war die Kapitulation).


Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1923, Teil 3, S. 349-350.
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