Schlacht bei Falkirk.

22. Juli 1298.

[413] Die Schotten unter Wilhelm Wallace hatten eine Stellung genommen, die in der Front durch Sümpfe geschützt war. Sie bestanden aus vier großen Haufen Spießern, zwischen denen Schützen verteilt waren, und hinter denen die mäßige Zahl der Reiter hielt.

Eduard rückte gegen sie an mit einem sehr starken Heer, wesentlich Rittern und Schützen. Auch ein Teil der Schotten stand auf seiner Seite. Die Sümpfe vor ihrer Front gewährten den Schotten keinen Schutz, da die Engländer sie rechts und links umgingen. Von der heranstürmenden Übermacht stoben die schottischen Schützen sofort auseinander, und die Reiter gingen, ohne einen Schlag zu tun, davon. Nun stürzten sich die englischen Ritter auf die Haufen der Spießer, vermochten aber in den dichten Wald der entgegengehaltenen und entgegengestemmten Spieße nicht einzudringen. Da ließ König Eduard die Ritter zurückgehen und befahl seinen Schützen, in die dichten Haufen der Schotten hineinzufeuern; die Spießer unterstützten sie durch Feldsteine, die sie aufnahmen und in die hilflose Masse schleuderten. Bald waren die Haufen so mürbe, daß sie keinen Widerstand mehr leisteten und von den Rittern gesprengt werden konnten, worauf dann ein allgemeines Morden einsetzte.

Nach der geringsten Angabe hatten die Schotten 1000 Reiter und 30000 Mann zu Fuß. Die Hauptquelle, der sonst verständige und zuverlässige Kanonikus von Gisburn, Walter Hemmingford, gibt 300000 Mann zu Fuß. OMAN ist geneigt, die 30000 Mann für möglich zu halten; mir scheint auch diese Zahl noch sehr übertrieben, obgleich wir annehmen dürfen, daß die großen Spießer-Haufen wesentlich aus bäuerlichem Landsturm bestanden.

KÖHLERS Meinung, daß diese Mannschaften sich einer an den andern angebunden hätten, beruht auf falscher Übersetzung der Worte »Scotos lancearios, qui sedebant in circulis cum lanceis obligatis et in modum silvae condensis«. Das »obligatis« heißt nur mit »verbundenen«, »dicht nebeneinander gehaltenen« Spießen.[413]

MORRIS421 schlägt die englische Reiterei auf etwa 2400 Mann alles in allem an, statt der 7000, die eine Chronik angibt; es waren acht Earls und ein Bischof mit ihrer Mannschaft, und Söldner verschiedener Art, besonders Gascogner und Walliser, eben die, die Eduard jüngst erst unterworfen hatte, und die nun in seinem Dienst kämpften.

KÖHLERS Meinung, eine Kombination von Fußvolk und Reitern, wie hier in dem englischen Heer, sei vorher in der Kriegsgeschichte nicht zu finden, dürfte eher umzukehren sein: es ist die normale Zusammensetzung des Ritterheeres, wie es schon die Perser gegen Griechenland führten, und wie wir es von der Völkerwanderung an das ganze Mittelalter hindurch beobachtet haben. Die Schützen kamen aber zu so sehr starker Wirkung, weil Eduard erstens an dieser Waffe sehr stark war, und zweitens weil die vier großen schottischen Haufen in ihrer reinen Defensive den Schützen ein so unerhört günstiges Ziel boten. Die schottischen Haufen sind schließlich nichts anderes als die Aufstellung von Harolds Angelsachsen bei Hastings, die ja ebenfalls von den Schützen und Rittern Wilhelms überwunden werden. Der Unterschied ist, daß die Schotten nicht ganz ohne Reiter waren; dieser Unterschied schwindet aber, da diese Reiter sofort die Flucht nehmen. Der weitere Unterschied ist, daß die Krieger Harolds in einer einzigen geschlossenen, flacheren Masse, die Schotten in vier tiefen Haufen verteilt gestanden haben. Dieser Unterschied dürfte sich erklären durch die Beigabe von Rittern, die durch die Haufen hindurchsprengen sollten, vielleicht auch durch eine größere Zahl von Schützen, die man vor einer einzigen Phalanx nicht hätte unterbringen können, schließlich durch die verschiedene Qualität der Spießer. Die Soldaten Harolds waren Berufskrieger, die Schotten wenigstens zum großen Teil landsturm. Dieser muß sich tief aufstellen, um die nötige Solidität zu gewinnen; die Berufskrieger, nehmen die flachere Aufstellung, um mehr einzelne zum Kampf kommen zu lassen. Viele von ihnen kämpfen auch nicht mit dem Spieß, sondern mit der aktiveren Streitaxt. Die Haufen der Schotten bleiben in ihrer großen Tiefe rein defensiv, indem sie die Spieße nach allen Seiten vorstreckten.[414]

Das eigentümliche der Schlacht von Falkirk liegt also in viel höherem Maße bei den Schotten als bei den Engländern: so große Massen Fußvolks, die vor den Rittern nicht sofort auseinanderstiegen, sind im Mittelalter sonst nicht zu finden. Im kleineren Maßstabe aber wird die Erscheinung, daß ein zusammenhaltender Haufe von Fußmännern, der von den Rittern nicht gesprengt werden kann, von den Schützen überwältigt wird, noch öfter vorgekommen sein, z.B. bei Bouvines im Jahre 1214, Cortenuova im Jahre 1237.


Ich füge noch einige Auszüge über Finanzen und Heeresstärken aus dem Buche von MORRIS hinzu: 1283 nach neunmonatlichem Krieg waren die Geldmittel des Königs erschöpft. Der Krieg kostete nach der erhaltenen Schlußrechnung, eingeschlossen die Burgbauten, fast 100000£ (98 421£) Er hatte 15 Monate gedauert.

In demselben Jahre hatte der König nach einer erhaltenen rechnung Ersatz zu leisten für 200 Schilde, 140 Lanzenschäfte, 120 Lanzenspitzen, die in seinem Dienst verloren gegangen sind (S. 83).

Vielfach suchte sich Eduard das Geld durch Anleihen zu verschaffen. Darüber W. E. RHODES, Die italienischen Bankiers in England und die Anleihen Eduards I. u. II. in Historic. Essays by die Members of the Owen College Manchester. ed. by Tout & Tait. 1902.

1295 bot Eduard 25000 Mann zu Fuß, Bogner und Armbruster aus gewissen Grafschaften auf. Im Statut von Winchelsea hatte er die öffentliche Waffenschau angeordnet.

MORRIS S. 97 f. legt dar, daß Eduard schwerlich so sanguinisch gewesen sei, zu glauben, daß man durch solche Vorschriften Soldaten schaffen könne. Er werde gehofft haben, daß, wenn er eine so große Masse aufbiete, wenigstens die Brauchbaren kommen und ein verwendbares Korps bilden würden. Aber selbst von dieser Hoffnung erfüllte sich wenig. Was kam, desertiere wieder. Es war Falstaffs-Garde. Man stellte in der Verlegenheit Verbrecher ein.

Hemingburgh gibt die Stärke des Earl of Surrey, der die Schlacht bei Dunbar gewann, 1296, auf 1000 zu Pferde und 10000 zu Fuß an, während Eduard selbst noch mehr bei Berwick hatte. MOR RIS S. 274 schlägt das ganze Heer so hoch an, wie Hemingburgh die Abteilung Surreys angibt.

MORRIS S. 286 sagt, die größte Armee, welche er in dieser Epoche erwähnt gefunden, sei die im Frühjahr 1298 gegen Schottland aufgebotene. Es waren 28500 zu Fuß und 750 Berittene. Aber diese Armee hielt nur einen Moment zusammen. 7000 davon wurden sofort zurückgeschickt, und der Rest schmolz schnell zusammen; er bestand wohl zum Teil aus Landsturm. Eduard gab es auf, mit ihnen zu schlagen, ließ sie[415] nach Hause gehen und bildete im Sommer eine andere Armee, mit der er Falkirk gewann.

Über den Stand des Fußvolks bei einem Feldzug im Jahre 1300 hat Morris S. 310 die nachfolgende Tabelle aufgestellt:


Schlacht bei Falkirk

Man sieht, sagt MORRIS, daß die Grafschaften eine Woche zu spät weniger als ein Viertel des eigentlichen, ursprünglich requirierten Aufgebots und schließlich weniger als die Hälfte lieferten.[416]

Quelle:
Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. Berlin 1923, Teil 3, S. 413-417.
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