Vormittagssitzung.

[7] [Der Angeklagte von Neurath im Zeugenstand.]


DR. OTTO NELTE, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN KEITEL: Herr Präsident! Ich möchte dem Tribunal mitteilen, daß das Manuskript meines Plädoyers zur Hälfte bis morgen und zur zweiten Hälfte bis nächsten Samstag maschinenschriftlich fertiggestellt ist. Leider kann ich privat nur acht Kopien herstellen, wovon sechs Exemplare bestimmt sind für die Dolmetscher zur Erleichterung ihrer schwierigen Aufgabe. Mehr Exemplare konnte ich leider nicht zur Verfügung stellen, da ich persönlich keinen Vervielfältigungsapparat besitze. Ich hoffe, daß das Tribunal verstehen wird, wenn ich nach der Erklärung, die der Herr Hauptanklagevertreter der Vereinigten Staaten von Amerika am Freitag abgegeben hat, die technische Hilfe der Anklagebehörde für mein Plädoyer nicht in Anspruch nehmen kann.

Ich möchte Sie bitten zu entscheiden, ob das Tribunal Wert darauf legt, zur Beschleunigung des Vortrags die Übersetzung meines Plädoyers zu erhalten. In diesem Falle bitte ich, die erforderliche Anordnung zu treffen. Ich bin bereit, mein Manuskript zur Verfügung zu stellen unter den von Ihnen, Herr Präsident, bekanntgegebenen Voraussetzungen. Was für mich persönlich gilt, dürfte, soweit ich orientiert bin, auch für die übrigen, jedenfalls für die Mehrzahl der Verteidiger gelten. Für die Beschleunigung des Verfahrens und für die Reduzierung des angegebenen Zeitraums für den Ablauf der Plädoyers ist es wichtig, diesen Punkt zu klären.


DER VORSITZENDE, LORD JUSTICE SIR GEOFFREY LAWRENCE: Dr. Nelte! Wenn Sie das von Ihnen erwähnte Manuskript einreichen würden, dann könnte der Gerichtshof Vorkehrungen treffen, um es in die verschiedenen Sprachen übersetzen zu lassen. Ich glaube, daß wir Ihrem Standpunkt auf diese Weise gerecht werden.


DR. NELTE: Jawohl.


VORSITZENDER: Der Gerichtshof hat in dieser Angelegenheit eine Erklärung abzugeben, die ich jetzt verlesen will. Es ist folgende Erklärung:

»Im Hinblick auf die Besprechung vom 13. Juni 1946 über die Frage, wieviel Zeit die Verteidiger für ihre Plädoyers beanspruchen können, hat der Gerichtshof diese Angelegenheit einer erneuten Prüfung unterzogen.

[7] Als die Verteidiger die Zeit, die sie beanspruchen wollten, bekanntgaben, hat der Gerichtshof bemerkt, daß einige Angeklagte mehr Zeit brauchen als andere und daß sie sich deswegen untereinander über die Zeiteinteilung geeinigt hatten. Aber der Gerichtshof ist der Überzeugung, daß die vorgeschlagenen Zeitspannen viel zu lang sind und daß man sich gewisse freiwillige Beschränkungen auferlegen sollte.

Der Gerichtshof ist der Meinung, daß – außer bei einigen Angeklagten, deren Fälle sehr umfangreich sind – ein halber Tag für jeden Angeklagten reichlich genügt, um seine Verteidigung vorzubringen, und der Gerichtshof hofft, daß die Verteidiger ihre Plädoyers gedrängt zusammenfassen und sich freiwillig auf diese Zeit beschränken werden. Der Gerichtshof wird jedoch dem Verteidiger von keinem der Angeklagten gestatten, sich mit unerheblichen Fragen zu beschäftigen oder für irgendeinen Fall mehr als einen Tag in Anspruch zu nehmen. Es werden zu Anfang vier Stunden für die Erörterung von allgemeinen Rechts-und Tatsachenfragen zugelassen werden, und bei ihren Plädoyers sollten die Verteidiger derart zusammenarbeiten, daß überflüssige Wiederholungen vermieden werden.«

Ich höre gerade, daß ein Teil der Erklärung, die ich gemacht habe, in einigen Übersetzungen in unrichtiger Form durchgekommen ist. Deshalb will ich sie nochmals verlesen:

»Der Gerichtshof ist der Meinung, daß – außer bei einigen Angeklagten, deren Fälle sehr umfangreich sind – ein halber Tag für jeden Angeklagten reichlich genügt, um seine Verteidigung vorzubringen. Und der Gerichtshof hofft, daß die Verteidiger daher ihre Plädoyers gedrängt zusammenfassen und sich freiwillig auf diese Zeit beschränken werden. Der Gerichtshof wird jedoch dem Verteidiger von keinem der Angeklagten gestatten, sich mit unerheblichen Fragen zu beschäftigen oder mehr als einen Tag für irgendeinen Fall in Anspruch zu nehmen. Es werden zu Anfang vier Stunden für die Erörterung von allgemeinen Rechts- und Tatsachenfragen zugelassen werden, und bei ihren Plädoyers sollten die Verteidiger derart zusammenarbeiten, daß überflüssige Wiederholungen vermieden werden.«

Wie schon zuvor erklärt, würde der Gerichtshof es begrüßen, wenn eine Übersetzung von jedem Plädoyer in französisch, russisch und englisch zu Beginn der Plädoyers vorgelegt würde. Die Verteidiger können selbst für die Übersetzungen sorgen, wenn sie es wünschen. Wenn sie aber Abschriften ihrer Plädoyers so früh wie möglich, aber keinesfalls später als drei Tage vor dem Plädoyer, bei der Übersetzungsabteilung einreichen, so werden die Übersetzungen [8] für sie erledigt werden, ohne daß der Inhalt der Abschriften bekannt wird. Das ist alles.

Bitte, Dr. Lüdinghausen.


DR. OTTO FREIHERR VON LÜDINGHAUSEN, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN VON NEURATH: Wir waren gestern stehengeblieben in der Behandlung der einzelnen Anklagepunkte. Ich möchte nun darin fortfahren und Ihnen folgende Frage stellen, Herr von Neurath:

Die Anklage wirft Ihnen vor, daß die Deutschen im Protektorat eine Vorzugsstellung gegenüber den Tschechen erhalten hätten und daß Sie dafür verantwortlich wären. Darf ich Sie bitten, sich dazu zu äußern?


CONSTANTIN FREIHERR VON NEURATH: Die Stellung der Deutschen im Protektorat war nicht eine Vorzugsstellung, die mit irgendwelchen realen Vorzügen und Vorteilen verbunden gewesen wäre im Vergleich zu den Tschechen, sondern es war eine ganz andere Stellung. Die Deutschen waren Reichsbürger geworden und hatten demnach die Rechte der Reichsbürger, also zum Beispiel das Wahlrecht zum Reichstag. Den Tschechen stand dieses Wahlrecht nicht zu, was verständlich ist bei der nun einmal vorhandenen Differenz... Unterschied zwischen dem tschechischen Volkstum und dem deutschen. Irgendwelche tatsächlichen Vorteile sind mit der Stellung der Deutschen im Protektorat zu keiner Zeit verbunden gewesen.

Bestrebungen auf Vorzugsbehandlung hat es natürlich in der chauvinistischen Partei und in völkischen Kreisen gegeben. Ich bin ihnen aber immer mit aller Schärfe entgegengetreten und habe ihre praktische Wirksamkeit auch verhindert. Ich möchte aber hier noch einmal betonen, daß sich das tschechische Volk in keiner Weise als dem deutschen in irgendeiner Hinsicht unterlegen betrachtet hätte. Es handelte sich eben um ein anderes Volk, das politisch und kulturell nach seiner Eigenheit behandelt werden mußte. Das war auch der Grund für die Beibehaltung der sogenannten Autonomie, die nichts anderes bedeutete, als die Trennung der beiden Nationalitäten unter dem Gesichtspunkt der Sicherung des eigenen Lebens für die Tschechen, und daß diese Autonomie sich im Rahmen der für das Gesamtreich – zumal im Kriege – bestehenden Notwendigkeiten halten mußte, ist klar.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ich möchte nun die einzelnen Punkte der tschechischen Anklageschrift oder besser des tschechischen Berichts, der der Anklage zugrunde liegt, behandeln. Es wird in demselben behauptet, daß die Pressefreiheit jeder Behörde unterdrückt worden wäre. Ist das richtig, und welche Rolle hat hinsichtlich der Behandlung der Presse Herr von Gregory gespielt?


VON NEURATH: Herr von Gregory war Presseattaché bei der Deutschen Gesandtschaft in Prag gewesen und unterstand dem [9] Propagandaministerium. Er kam dann als Leiter meiner Presseabteilung zu meiner Behörde und kontrollierte die tschechische Presse nach den Weisungen des Propagandaministeriums in Berlin. Die tschechische Presse war sicher nicht frei, genau so wenig wie die deutsche. Die Auflagenkontrolle und andere Bestimmungen, in Sonderheit die Zensurbestimmungen, waren die gleichen.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Der tschechische Anklagebericht erhebt dann weiter den Vorwurf, die örtlichen tschechischen Verwaltungsbehörden seien vielfach aufgelöst und dann zum Teil mit Beamten und Gemeinderäten durchsetzt worden, die Deutsche oder tschechische Kollaborationisten gewesen wären. Ist das richtig?


VON NEURATH: Das sind Gemeinden mit einer erheblichen deutschen Minderheit, wie vor allem in Mähren. Daß diese auch eine Vertretung in der Lokalverwaltung erhielten, scheint mir selbstverständlich; Prag hatte zum Beispiel einen tschechischen Bürgermeister und einen deutschen Vizebürgermeister. Dagegen dürfte kaum etwas einzuwenden sein. Soweit die Ambition der Deutschen in einzelnen Städten oder Bezirken auf Mitwirkung in der Lokalverwaltung ein Ausmaß annahm, das durch ihre zahlenmäßige Stärke nicht berechtigt erschien, habe ich mich eingeschaltet und dies abgelehnt. In den Gemeindeverwaltungen rein tschechischer Gebiete, wie zum Beispiel in Westböhmen, gab es im allgemeinen überhaupt keine deutschen Vertreter. Andererseits gab es Sprachinseln, wie zum Beispiel die Gegend von Iglau, wo die Deutschen an Zahl und deshalb auch an Einfluß dominierten.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Der tschechische Anklagebericht macht Ihnen zum Vorwurf, Sie hätten auf diese Weise und durch die Einsetzung der Oberlandräte die tschechische Verwaltung germanisiert und bezieht sich dafür auf eine angebliche Äußerung, die Sie dem früheren Landespräsidenten von Böhmen, Bienert, gegenüber gemacht haben sollen, indem Sie erklärten: »Das muß in zwei Jahren alles verdaut sein.«


VON NEURATH: An eine solche Äußerung kann ich mich nicht erinnern. Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, sie getan zu haben. Es handelt sich in diesem Punkte um die Angleichung der Tschechen... der tschechischen an die deutsche Verwaltung. Die Oberlandräte sind nicht von mir eingesetzt worden, sondern wurden als Kontrollinstanz von der Reichsregierung, und zwar durch die Verordnung vom 1. September 1939, betreffend den Aufbau der deutschen Verwaltungen und der Sicherheitspolizei, geschaffen. Ich habe den Oberlandräten, wenn sie zum Vortrag bei mir erschienen, immer wieder eingeschärft, daß sie nicht selbst zu verwalten hätten, sondern lediglich zu kontrollieren. Die tschechische Verwaltungsmethode sei vielfach viel besser als die deutsche.


[10] DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ich darf hierzu Bezug nehmen auf die unter Nummer 149 meines Dokumentenbuches im Text vorgelegte Verordnung über den Aufbau der Verwaltung und die deutsche Sicherheitspolizei vom 1. September 1939, in deren Paragraphen 5 und 6 die Einsetzung und die Aufgaben dieser Oberlandräte näher umschrieben sind. Eine Zitierung derselben dürfte sich wohl erübrigen.

Die Tschechische Anklage enthält weiter eine Aussage von Herrn Bienert, Sie hätten ihm zur Frage der Koordinierung der tschechischen Verwaltung eine Äußerung gemacht, dem Sinne nach: »Das muß streng durchgeführt werden, es ist ja Krieg.« Gleichzeitig erklärte Bienert in seiner Vernehmung, der Zweck dieser Maßnahme, das heißt der Koordinierung der tschechischen und deutschen Verwaltung sei gewesen, Deutschland im Kriege ein ruhiges Hinterland zu sichern.

Wollen Sie sich bitte auch hierzu äußern?


VON NEURATH: Es ist möglich, daß ich Bienert etwas Ähnliches gesagt habe. Ich kann mich darauf heute nicht erinnern. Es ist aber auch selbstverständlich, daß auf dem Gebiet der Verwaltung und auf jedem anderen auch im Protektorat... auch das Protektorat im Zeichen der Kriegsnotwendigkeiten stand. Einschränkungen der Autonomie bei der tschechischen Landesverwaltung sind auch nur unter diesem Gesichtspunkt zu verstehen. Daß es mein Bestreben war, das Land im Interesse des Reiches und damit der Gesamtheit ruhig zu halten, kann mir wohl kaum zum Vorwurf gemacht werden. Im übrigen muß ich bemerken, daß die Einführung von Beschränkungen der Autonomie bereits in dem Erlaß über die Errichtung des Protektorats ausdrücklich vorgesehen war.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ich darf hierzu auf den in meinem Dokumentenbuch unter Nummer 144, Dokumentenbuch 5, im Text enthaltenen Erlaß des Führers und Reichskanzlers über das Protektorat Böhmen und Mähren vom 16. März 1939 Bezug nehmen, in dessen Artikel 11 bereits das Recht stipuliert ist, das Reich könne Verwaltungszweige des Protektorats in eigene Verwaltung übernehmen.

Die Tschechische Anklage bezieht sich dann weiter auf eine Aussage des früheren tschechoslowakischen Ministers Havelka über die Verfolgung der Mitglieder der tschechischen Legionäre aus dem ersten Weltkrieg, soweit sie in öffentlichen Ämtern gewesen sind. Was können Sie uns über diese Frage der Legionäre sagen?


VON NEURATH: Die tschechische Legion war während des ersten Weltkrieges in Rußland gegründet worden. Sie setzte sich zusammen zum Teil aus Freiwilligen, zum Teil aus Resten [11] tschechischer Regimenter, die zur alten österreichisch-ungarischen Armee gehört hatten und in Rußland kriegsgefangen waren. Diese tschechischen Legionäre genossen nach der Gründung der Tschechischen Republik eine gewisse Sonderstellung. Sie waren zum Teil stark von chauvinistischen Ressentiments gegen das Deutsche Reich noch aus der Zeit der Nationalitätenkämpfe erfüllt, so daß die sogenannte Legionärsmentalität in Böhmen ein Schlagwort war und in politisch unruhigen Zeiten eine gewisse Gefährdung der Politik bedeuten konnte. Diese Vorzugsstellungen, die die Legionäre genossen, wurden übrigens im Protektorat selbst weitgehend bekämpft von tschechischer Seite. Es wurde daher insbesondere von Frank angestrebt, die Legionäre aus den öffentlichen Ämtern zu entfernen. Dies ist aber nur in besonders krassen Fällen und auch nur insoweit erfolgt, als diese Legionäre der tschechischen Legion seinerzeit freiwillig beigetreten waren, also nicht aus Mitgliedern der früheren österreichisch-ungarischen Armee bestanden. Ich habe von vornherein diese Unterscheidung vertreten, die ungefähr der Stellung entspricht oder der Unterscheidung entspricht, die heute zwischen den freiwilligen Angehörigen der SS und der Waffen-SS in Deutschland gemacht ist.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Die Tschechische Anklage macht Ihnen ferner die Unterstützung der tschechisch-faschistischen Organisation »Vlayka« zum Vorwurf. Sie bezieht sich hierfür auf ein Memorandum, das Sie selbst über eine Besprechung mit Hacha, dem Präsidenten der Tschechoslowakei, am 26. März 1940 gemacht haben. Nach diesem Memorandum haben Sie Hacha gesagt, die persönlichen und moralischen Qualitäten der Vlayka-Führer wären Ihnen hinreichend bekannt, immerhin aber müßten Sie konstatieren, daß diese Bewegung, diese Organisation die einzige sei, welche sich positiv zum Deutschen Reich und zur Mitarbeit mit diesem gestellt hätte. Was hat es hiermit für eine Bewandtnis?


VON NEURATH: Die Vlayka-Bewegung war das, was in Frankreich Kollaborationisten genannt wurden. Sie arbeitete für eine deutsch-tschechische Zusammenarbeit, und zwar schon lange ehe das Protektorat errichtet wurde. Ihre Führer waren aber nach meiner Auffassung durchaus zweifelhafte Persönlichkeiten, wie ich es mit dem oben zitierten Wort an Hacha zum Ausdruck gebracht habe. Sie bedrohten und beschimpften unter anderem den Präsidenten Hacha und Mitglieder der Tschechischen Regierung. Der Staatssekretär Frank kannte diese Leute von früher her und wollte sie, schon unter Berücksichtigung der damaligen Zusammenarbeit mit ihm, unterstützen. Ich habe das aber abgelehnt, ebenso wie ich die verschiedenen Anträge dieser Leute, von mir empfangen zu werden, abgelehnt habe.

[12] Dagegen ist es möglich, daß Frank sie aus einem Fonds unterstützt hat, der ihm von Hitler ohne mein Wissen, und zwar mit der Verpflichtung, mir nichts davon zu sagen, gegeben worden war.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Wie stellten Sie sich nun zu der Auflösung der Parteien, der politischen Parteien und der Gewerkschaften?


VON NEURATH: Dies war ebenso wie die Kontrolle der Presse eine Notwendigkeit, die sich aus dem System, aus dem politischen System des Reiches ergab. Immerhin ist durch den Schritt des Präsidenten Hacha und trotz der von deutscher Seite getroffenen Maßnahmen kein Land so wenig von den Leiden des Krieges betroffen worden wie das Protektorat. Dem tschechischen Volk ist als einzigem in Mittel- und Osteuropa die völkische, kulturelle und wirtschaftliche Substanz fast im ganzen Umfange erhalten geblieben.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ich gehe jetzt zu dem Punkt der Anklage über, der sich mit einer angeblichen kulturellen Unterdrückung befaßt. Was können Sie zu der Handhabung des tschechischen Bildungswesens sagen?


VON NEURATH: Die tschechischen Universitäten und sonstigen Hochschulen sind, wie bereits vorhin erwähnt, im November 1939 auf Befehl Hitlers geschlossen worden. Ich habe mich immer wieder auf Wunsch des Präsidenten Hacha und der Protektoratsregierung bei Hitler direkt für eine Wiedereröffnung eingesetzt. Ich hatte aber bei der dominierenden Stellung, die Herr Himmler hatte, keinen Erfolg. Die Folge der Schließung der Universitäten war natürlich, daß eine große Zahl von jungen Menschen, die sonst studiert hätten, sich jetzt manuelle Arbeit suchen mußten. Die Schließung der Hochschulen mußte sich auch auf das mittlere Schulwesen auswirken. Dieses war nach der Abtrennung des Sudetenlandes im Herbst 1938 an sich schon sehr stark übersetzt, weil die gesamte tschechische Intelligenz aus diesem Gebiet in das tschechische Sprachgebiet, also das spätere Protektorat, zurückgekehrt war. Für die Jugend aus den Mittelschulen war deshalb kaum mehr eine Beschäftigung vorhanden. Es ist ungefähr dieselbe Erscheinung, die sich jetzt in Deutschland abspielt. Von einer Schließung tschechischer Volksschulen und von sonstigen planmäßigen Bemühungen, der tschechischen Jugend ihre kulturelle Freiheit und deren Ausbildungsmöglichkeiten zu beschränken, ist mir nichts bekannt.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Haben Sie selbst die von Hitler befohlene Schließung der tschechischen Hochschulen gebilligt?


VORSITZENDER: Dr. von Lüdinghausen! Er hat gesagt, er habe versucht einzuschreiten und sich den Befehlen Hitlers zu entziehen.


[13] DR. VON LÜDINGHAUSEN: Wenn dem Gericht das genügt, braucht er die Frage nicht weiter zu beantworten.


VORSITZENDER: Glauben Sie nicht, daß das genügt?


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ja, ich wollte das nur noch einmal schärfer ausgedrückt haben; aber wenn das dem Gericht genügt, um die Einstellung zu dieser Frage klarzustellen, bin ich vollkommen zufrieden.


VORSITZENDER: Er könnte es auch nicht besser ausdrücken, wenn er es zweimal sagen würde.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ja, wenn Sie es nur etwas... aber es genügt.


[Zum Zeugen gewandt:]


Ist Ihnen etwas von einem angeblichen, in dem tschechischen Bericht erwähnten Plan bekannt, die Tschechen in eine Arbeitermasse zu verwandeln und sie ihrer geistigen Elite zu berauben?

VON NEURATH: Nein, das kann höchstens ein Irrsinniger gewesen sein, der so was geäußert hat.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Die tschechische Anklageschrift beziehungsweise der Anklagebericht behauptet nun, daß durch Ihre Behörde beziehungsweise unter Ihrer Duldung und Gutheißung Zersetzungen und Ausplünderungen der tschechischen wissenschaftlichen Institute erfolgt wären. Auf Seite 58 des deutschen, Seite 55 des englischen Berichts der englischen Ausgabe des Berichts USSR-60 heißt es:

»Die Deutschen besetzten alle Hochschulen und wissenschaftlichen Institute. Sie bemächtigten sich sofort der wertvollen Apparate, Instrumente und wissenschaftlichen Einrichtungsgegenstände in den besetzten Instituten. Die wissenschaftlichen Bibliotheken wurden systematisch und methodisch geplündert. Wissenschaftliche Bücher und Filme wurden zerrissen oder fortgebracht, die Archive des Akademischen Senats – der höchsten Universitätsbehörde – wurden zerrissen oder verbrannt und die Kartotheken zerstört und in alle Winde zerstreut.«

Was können Sie uns dazu sagen?

VON NEURATH: Ich kann dazu nur sagen, von Plünderungen und Zerstörungen der geschilderten Art ist mir weder in Prag noch nachher etwas bekanntgeworden. Die tschechischen Hochschul-Institute sind zusammen mit den Universitäten auf Befehl Hitlers im Jahre 1939 geschlossen worden. Die Gebäude und Einrichtungen der Prager tschechischen Universität sind teilweise, soviel ich weiß, für die Zwecke der seinerzeit von Tschechen geschlossenen deutschen Universität zur Verfügung gestellt worden, da sie für tschechische [14] wissenschaftliche Zwecke ja nach Schließung der Hochschulen nicht mehr Verwendung hatten.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ist Ihnen überhaupt etwas darüber bekannt...


VORSITZENDER: Ich habe diese Antwort nicht verstanden. Ich verstand: »Die Gebäude wurden zum Teil deutschen Universitäten, die von den Tschechen geschlossen worden waren, zur Verfügung gestellt.«


VON NEURATH: In Prag. In Prag existierte die älteste deutsche Universität; die war von den Tschechen nach dem letzten Krieg geschlossen worden und nach der Gründung des Protektorats wieder eröffnet; und für diese deutsche Universität wurden, soviel ich weiß, teilweise diese Einrichtungen und Gebäude verwendet.

VORSITZENDER: Fahren Sie fort.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ist Ihnen sonst überhaupt etwas über das Fortbringen von wissenschaftlichen Einrichtungen, Sammlungen, Kunstwerken und dergleichen bekanntgeworden?


VON NEURATH: Der einzige Fall, der mir bekanntgeworden ist, betraf die Fortschaffung von historisch wertvollen alten Gobelins aus dem Maltese-Palais in Prag. Diese würden durch einen Angehörigen des Auswärtigen Amtes in Berlin angeblich auf Weisung des Protokollchefs weggeschafft, und zwar nachts, heimlich, und ohne mein oder meiner Behörde Wissen. Ich habe mich sofort, als ich davon erfuhr, beim Auswärtigen Amt bemüht und die sofortige Rückgabe verlangt. Ob dies erfolgt ist, weiß ich nicht, das war erst im Jahre 1941, und inzwischen hatte ich Prag verlassen.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ich darf hier...


VON NEURATH: Von sonstigen Vorfällen weiß ich nichts. Im übrigen habe ich durch ein besonderes Verbot die Verbringung von Kunstwerken aus dem Protektorat nach dem Reich verboten.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ich darf hierzu vorlegen einen Auszug aus der Vernehmung des früheren Staatssekretärs Frank vom 10. Juni 1945. Es ist dies Nummer 154 meines Dokumentenbuches Nummer V, und ich darf bitten, von dieser Aussage Kenntnis zu nehmen.


[Zum Zeugen gewandt:]


Was ist nun aus den Möbeln und Kunstwerken aus tschechischem Staatsbesitz geworden, die zur Einrichtung des von Ihnen als Dienstwohnung bewohnten Czernin-Palais in Prag gehörten?

VON NEURATH: Diese Wohnung war die frühere Dienstwohnung des tschechischen Außenministers. Die zum Teil wertvollen Einrichtungsgegenstände gehörten dem Tschechischen Staat. Da über diese Gegenstände keinerlei Inventar vorhanden war, habe [15] ich vor meinem Einzug in diese Wohnung im Herbst 1939 unter Hinzuziehung des tschechischen Direktors der Burgverwaltung und des tschechischen Kunsthistorikers, Professor Strecki, ein genaues Inventar aufstellen lassen, von dem ein Exemplar bei meiner Behörde und eines bei der Burgverwaltung hinterlegt wurde. Nach meinem Weggang von Prag im Herbst 1941 ließ ich durch meinen früheren Haushofmeister wiederum in Gegenwart eines Vertreters der Burgverwaltung, des Professors Strecki, ein Protokoll aufnehmen, daß die in dem Inventar aufgeführten Gegenstände alle noch vorhanden seien.

VORSITZENDER: Ich glaube nicht, daß wir Einzelheiten über das Inventar brauchen, aber ich möchte gern etwas fragen. In der Übersetzung hieß es, daß das Inventar im Herbst 1938 aufgenommen wurde, ist das richtig?

VON NEURATH: 1939. Ich wollte nur noch erwähnen, daß von diesen Sachen von mir selbstverständlich nichts weggenommen worden ist.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ein anderer Punkt der tschechischen Anklageschrift befaßt sich mit der Beschlagnahme der sogenannten Masaryk-Häuser in verschiedenen Städten und mit der Zerstörung von Denkmälern Masaryks und anderer Persönlichkeiten der tschechischen Geschichte.

Was wissen Sie darüber?


VON NEURATH: Während meiner Amtstätigkeit sind einige dieser Masaryk-Häuser als Zentrum der antideutschen Hetze von der Polizei geschlossen worden. Die Zerstörung oder Entfernung von Masaryk-und anderen tschechischen Nationaldenkmälern habe ich ausdrücklich verboten gehabt. Außerdem habe ich die Kranzniederlegung am Grabe Masaryks in Lanyi, die Frank verboten hatte, ausdrücklich erlaubt. Die fand auch in großem Umfange statt.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Es wird nun weiter behauptet, daß die tschechische Literatur in weitestem Maße geknebelt und unterdrückt worden wäre?


VON NEURATH: Druck und Verbreitung antideutscher tschechischer Literatur war selbstverständlich verboten, ebenso wie die weitere Verbreitung von englischen und französischen Werken auch im ganzen Reich während des Krieges verboten war. Die Behandlung dieser Materie erfolgte übrigens auf direkte Weisung des Propagandaministeriums. Es gab aber während meiner Amtstätigkeit noch sehr zahlreiche tschechische Verlage und Buchhandlungen, die Werke tschechischer Autoren nach wie vor in großem Umfange herstellten und verbreiteten. Die Auswahl an tschechischen Büchern jeder Art in den Buchhandlungen war wesentlich größer als die an deutschen Werken.


[16] DR. VON LÜDINGHAUSEN: Konnte man denn überhaupt von einer Unterdrückung des tschechischen Bildungswesens, von Theatern, Kinos und so weiter sprechen, wie es die Anklage tut?


VON NEURATH: Von einer Beschränkung der tschechischen Kulturautonomie war, abgesehen von der Hochschulfrage, keine Rede. In Prag spielten ständig eine große Zahl von großen tschechischen Theatern jeder Art, insbesondere die rein tschechische Oper und mehrere Schauspieltheater. Dagegen gab es nur ein ständiges deutsches Theater, das täglich spielte. Es wurde fortgesetzt eine große Anzahl tschechischer Theaterstücke und Opern gespielt. Das gleiche galt von der Musik. Die berühmte tschechische Philharmonie in Prag spielte in erster Linie tschechische Musik und war absolut frei im Programm.


VORSITZENDER: Wir brauchen darüber keine Einzelheiten, Dr. Lüdinghausen. Der Angeklagte hat gesagt, daß Theater und Kinos zugelassen waren und daß es nur ein deutsches Theater gab. Weitere Einzelheiten darüber brauchen wir nicht.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ich habe es nur getan, weil gerade dieser Punkt in der Anklageschrift ziemlich ausführlich behandelt worden ist.

Und wie war es mit der Filmindustrie, Herr von Neurath?


VON NEURATH: Das war dasselbe, die war besonders aktiv sogar.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ich möchte nun übergehen zu der angeblichen Unterdrückung der Religionsfreiheit, die Ihnen in der tschechischen Anklageschrift vorgeworfen wird. Die Anklageschrift spricht hier von einer Welle der Verfolgungen der Kirchen, die bereits gleich mit der Besetzung durch die deutschen Truppen begonnen hätte. Wie verhält es sich damit?


VON NEURATH: Von einer planmäßigen Verfolgung der Kirchen kann gar keine Rede sein. Die Bevölkerung war in ihrer Religionsausübung völlig frei. Beschränkungen dieser Art hätte ich auf gar keinen Fall geduldet. Der frühere Unterstaatssekretär von Burgsdorff, der hatte über diesen Punkt ja hier schon ausgesagt. Daß in vereinzelten Fällen Wallfahrten oder besondere Prozessionen von der Polizei verboten worden sind, mag zutreffen, obwohl ich mich nicht genau daran erinnere. Das ist aber dann lediglich unter dem Gesichtspunkt geschehen, daß bestimmte Wallfahrten mit vielen Tausenden von Teilnehmern zu politischen Demonstrationen ausgenützt wurden, bei denen antideutsche Ansprachen gehalten wurden. Das war jedenfalls mehrfach vorgekommen, wie mir bekannt wurde. Daß auch eine Reihe von Geistlichen verhaftet wurden, insbesondere bei der erwähnten Aktion zu Beginn des Krieges, trifft zu. Diese Verhaftungen sind [17] aber nicht erfolgt, weil es sich um Geistliche handelte, sondern um aktive politische Gegner oder um politisch Verdächtige. Gerade in solchen Fällen habe ich mich besonders nachdrücklich für ihre Freilassung eingesetzt. Meine persönlichen Beziehungen zu dem Prager Erzbischof waren durchaus korrekt und freundschaftlich. Er und der Erzbischof von Olmütz haben sich, wie ich mich noch genau erinnere, ausdrücklich für mein Einschreiten zugunsten der Kirche bedankt. Jede Maßnahme gegen die Religionsausübung der Juden habe ich verhindert. Die Synagogen waren bis zu meinem Weggang im Herbst 1941 alle geöffnet.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Im Anschluß an das letzte möchte ich gleich noch eine Frage über die Stellung der Juden im Protektorat an Sie stellen. Was können Sie uns darüber sagen?


VON NEURATH: Die Rechtsstellung der Juden mußte auf Weisung von Berlin der im Reich angeglichen werden. Die Weisung darüber war bereits Anfang April 1939 an mich ergangen. Durch allerlei Rückfragen in Berlin habe ich versucht und es auch fertiggebracht, daß die Inkraftsetzung der Gesetze bis Juni 1939 verhindert wurde, um auf diese Weise den Juden die Möglichkeit zu geben, sich auf die drohende Einführung der Gesetze vorzubereiten. Die sogenannten »Nürnberger Gesetze« wurden dann auch im Protektorat eingeführt. Die Juden wurden damit aus dem öffentlichen Leben und ausleitenden Stellen in der Wirtschaft ausgeschaltet. Verhaftungen in größerem Umfange haben jedoch nicht stattgefunden. Es sind auch Ausschreitungen gegen Juden bis auf Einzelfälle nicht vorgekommen. Das Lager in Theresienstadt ist erst lange nach meiner Zeit eingerichtet wor den, ebenso wie ich auch die Anlegung von sonstigen Konzentrationslagern im Protektorat verhindert habe.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Die Tschechische Anklage macht Ihnen nun die Durchführung judenfeindlicher Maßnahmen persönlich zum Vorwurf. Sie behauptet, daß Sie zunächst die Tschechische Regierung, also die autonome Regierung, mit der Durchführung der Judengesetze beauftragt hätten, und nachdem sich der Ministerpräsident Elias geweigert habe, dies zu tun, dann selbst die entsprechenden Maßnahmen getroffen hätten.


VON NEURATH: Wie ich eben erwähnt habe, erfolgte die Einführung der Judengesetze auf direkte Weisung von Hitler beziehungsweise der zuständigen Stelle in Berlin. Die Darstellung...


VORSITZENDER: Dr. von Lüdinghausen! Warum wollen Sie das alles noch einmal durchgehen? Der Angeklagte hat ausgesagt, daß es ihm gelungen war, die Gesetze bis Juni 1939 aufzuschieben und daß dann die Nürnberger Gesetze eingeführt worden sind. Er hat uns die verschiedenen Modifikationen angegeben, die er gemacht [18] haben will. Und dann lesen Sie ihm den tschechischen Bericht vor und wollen ihn veranlassen, alles noch einmal durchzugehen. Es ist jetzt 11.15 Uhr.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Gut, lassen wir die Frage erledigt durch die erste Antwort. Dann lassen wir auch die Beschlagnahmungsgeschichten weg.


[Zum Zeugen gewandt:]


Die Tschechische Anklage macht Ihnen weiter die Auflösung der Organisationen »YMCA« und »YWCA« und die Beschlagnahme ihres Eigentums zugunsten deutscher Organisationen zum Vorwurf.

VON NEURATH: Ich muß gestehen, daß ich von dieser Beschlagnahme keinerlei Erinnerung habe. Sollte die Auflösung und Beschlagnahme schon vor meinem Weggang erfolgt sein, so kann es sich höchstens um eine Polizeimaßnahme gehandelt haben.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Die Tschechische Anklage spricht dann weiter von der Vernichtung des tschechischen Wirtschaftslebens und von der systematischen Ausplünderung der tschechischen Rohstoffvorräte und macht auch Ihnen daraus einen Vorwurf. Wie verhält es sich damit?


VON NEURATH: Mit der Errichtung des Protektorats kam auch die tschechische Wirtschaft automatisch beinahe in die gesamtdeutsche Wirtschaft. Der Export, für den die tschechische Industrie in sehr erheblichem Maße gearbeitet hatte, fiel für die Folge des Krieges weg, das heißt, er verwandelte sich nun in einen Export nach dem Reich. Die tschechische Schwerindustrie, besonders die Skoda-Werke und die Waffenindustrie, wurde als direkte Kriegsindustrie durch den Bevollmächtigten des Vierjahresplans zur Verstärkung der deutschen Rüstung eingesetzt.

Ich habe mich, besonders anfangs, bemüht, einen Ausverkauf des Protektorats, der zu Lasten der Bevölkerung gegangen wäre, zu vermeiden. Ein wirksames Mittel dazu war die Beibehaltung der Zollgrenze zum Reich. Nach heftigen Kämpfen mit den Berliner Wirtschaftsressorts gelang es mir, die bereits in dem Erlaß vom 16. März 1939 aufgehobene Zollgrenze bis zum Oktober 1940, also noch eineinhalb Jahre nach der Protektoratserrichtung, aufrechtzuerhalten. Es wird, glaube ich, auch der Vorwurf erhoben, daß ich für die Wegnahme von Rohstoffen und dergleichen verantwortlich sei. Dazu kann ich nur sagen, daß für solche Maßnahmen die Behörde des Beauftragten für den Vierjahresplan allein maßgebend war.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ich darf in diesem Zusammenhang auf den bereits vorgelegten Erlaß vom 16. März 1939, Nummer 144 meines Dokumentenbuches Nummer V, und in diesem auf Artikel 10, 9 und 10, hinweisen... 9, Artikel 9.


[19] [Zum Zeugen gewandt:]


Es wird Ihnen nun weiter zur Last gelegt und Ihnen ein Vorwurf daraus gemacht, daß im Währungsverhältnis von Tschechenkrone zur Mark ein Satz von zehn zu eins bestimmt worden ist, weil dadurch ein Auskauf der Tschechoslowakei begünstigt worden sein soll.

Sind Sie für die Einführung dieses Wechselkurses verantwortlich?

VON NEURATH: Nein. In dem Erlaß über die Errichtung des Protektorats vom 16. März 1939, an dem ich in keiner Weise beteiligt war, ist bereits bestimmt, daß der Wechselkurs von der Reichsregierung bestimmt werden sollte. Soviel ich weiß, war der gleiche Kurs schon vor der Angliederung des Sudetenlandes an das Reich und erst recht nachher an der Börse und im Verkehr üblich. Es mußte ja ein offizieller Kurs festgesetzt werden, und das ist durch diesen Erlaß, der von den Berliner Behörden erging, geschehen.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ich darf hierzu auch auf den eben zitierten Erlaß vom 16. März, Nummer 144 meines Dokumentenbuches V, und zwar auf Artikel 10 hinweisen, worin gesagt ist:

»Das Verhältnis beider Währungen«, der tschechoslowakischen und der deutschen, »zueinander, bestimmt die Reichsregierung.«


[Zum Zeugen gewandt:]


Es wird Ihnen weiter im tschechischen Bericht ein Vorwurf daraus gemacht, daß angeblich sogar Schienen aus dem tschechischen Eisenbahnnetz ausgebaut worden und nach Deutschland verbracht worden sein sollen.

Wissen Sie etwas darüber?

VON NEURATH: Davon weiß ich nichts; ich halte das auch für absolut irrtümlich. Ich weiß nur, daß im Jahre 1940 zwischen der Reichsbahn und der tschechischen Staatsbahn Verhandlungen wegen leihweiser Überlassung von Eisenbahnwaggons und Lokomotiven gegen Leihgebühr geführt wurden. Aber die Vorbedingung ist auch hier gewesen, daß diese für den Verkehr im Protektorat entbehrlich waren. Im übrigen unterstand die Bahn im Protektorat nicht meiner Aufsicht, sondern dem Berliner Verkehrsministerium direkt.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ich verweise hierzu auf Artikel 8 des eben erwähnten Erlasses in, Nummer 144 meines Dokumentenbuches V.


[Zum Zeugen gewandt:]


Es wird nun weiter behauptet, daß der Reichskommissar bei der Prager Nationalbank alle Auslandszahlungen eingestellt und allen Gold- und Devisenbestand der Nationalbank beschlagnahmt habe. Hatten Sie damit irgend etwas zu tun?

[20] VON NEURATH: Damit hatte ich gar nichts zu tun. Der Reichskommissar für die Prager Nationalbank war direkt von der Reichsbank in Berlin beziehungsweise wohl vom Finanzministerium eingesetzt und bekam von dort seine Weisungen.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Die tschechische Anklageschrift behauptet ferner, daß Sie die Schuld trügen beziehungsweise mitverantwortlich seien an der angeblichen Enteignung tschechischer Banken und Industrieunternehmungen durch die deutsche Wirtschaft.


VON NEURATH: Die deutschen Banken und zum Teil auch die deutsche Industrie hatten ein redliches Interesse daran, in der Wirtschaft des Protektorats Fuß zu fassen. Das war allerdings schon längst vor Errichtung des Protektorats auch der Fall. Es lag ja nahe, daß vor allem die deutschen Großbanken die Gelegenheit benutzten, tschechische Aktienpakete zu erwerben und auf diese Weise ging die Majorität zweier tschechischer Banken mit ihren Industrieinteressen auf wirtschaftlich durchaus gerechte Art in deutsche Hände über.

Bei der erwähnten, ich glaube im tschechischen Bericht erwähnten Unionbank, die von der Deutschen Bank übernommen wurde, weiß ich zufällig, daß die Initiative nicht von deutscher Seite, sondern von der tschechischen Unionbank selbst ausging.

Aber weder von mir noch von meiner Behörde ist diese Entwicklung gefördert worden. Im übrigen hatten diese Unternehmungen alle tschechische Generaldirektoren, und nur ganz vereinzelt kamen deutsche Beamte hinein. Der bei weitem größte Teil aller Gewerbeunternehmungen blieb auch nach wie vor rein tschechisch.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Wie hat es sich nun mit den angeblichen, von der Anklage behaupteten Zwangsmaßnahmen gegen die tschechische Landwirtschaft verhalten? Können Sie uns darüber und über Ihre Maßnahmen und Einstellung etwas sagen?


VON NEURATH: Dieses Kapitel gehört in den Komplex der bereits erwähnten Pläne von Partei und SS auf Germanisierung. Das Instrument dieser deutschen Siedlungspolitik sollte das tschechische Bodenamt sein, an sich eine tschechische Behörde, die von der früheren tschechischen Agrarreform aber noch vorhanden war. Das Bodenamt bekam zunächst einen SS-Führer durch Herrn Himmler als kommissarischen Leiter.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof will alle Einzelheiten darüber gar nicht wissen. Der tschechoslowakische Bericht hat anscheinend behauptet, daß in der Landwirtschaft Zwangsmaßnahmen angewendet worden seien. Der Angeklagte sagt, daß, wenn diese Beschuldigung überhaupt berechtigt sei, man die Partei und SS [21] dafür verantwortlich machen müsse, daß er aber damit nichts zu tun gehabt hätte.

Was bezweckt er damit, uns über all die Einzelheiten aus der Geschichte der Landwirtschaft in der Tschechoslowakei zu berichten? Sie müssen verstehen, daß der Gerichtshof...


DR. VON LÜDINGHAUSEN: [zum Zeugen gewandt] Ja, nur möchte ich das eine sagen: Das Bodenamt, das sich nationalsozialistisch betätigte, ist doch dann von Ihnen neu besetzt worden nach langen Kämpfen. Darauf legte ich Wert, daß das auch herausgearbeitet wurde.

Herr Präsident! Ich darf überhaupt etwas bemerken. Ich sagte gestern, daß meine Vernehmung noch eine Stunde dauerte. Aber ich habe gestern, als ich aus der Sitzung kam, noch ein Dokumentenbuch zu der Anklage vorgefunden, das mich doch gezwungen hat, einzelne Fragen hier näher zu erörtern. Und aus diesem Grunde, aus einem Grunde, den ich nicht voraussehen konnte, wird es etwas länger dauern.


VORSITZENDER: Der Gerichtshof hat ja im Augenblick die Zeitfrage überhaupt nicht angeschnitten.

Warum müssen Sie sich denn mit Fragen über... ich weiß nicht, was das Wort mit »Amt«, bedeutet, was es mit Landwirtschaft zu tun hat. Warum wollen Sie sich denn damit befassen? Er, der Angeklagte, sagte doch, er habe nichts damit zu tun gehabt.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Doch, er hat insofern damit zu tun gehabt, als diese landwirtschaftlichen Bestrebungen über das Bodenamt versucht wurden.


VORSITZENDER: Wenn er damit zu tun gehabt hat, dann lassen Sie ihn es erklären. Ich dachte, er habe gesagt, daß die Partei und die SS dies getan hätten.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Ja, aber über das Bodenamt, und das hat er verhindert.


[Zum Zeugen gewandt:]


Vielleicht äußern Sie sich ganz kurz dazu, Herr von Neurath.

VON NEURATH: Ich glaube, nach den Äußerungen des Herrn Präsidenten des Gerichts ist es kaum mehr notwendig. Ich habe tatsächlich mit dem Bodenamt direkt nichts zu tun gehabt. Ich habe nur durchgesetzt, daß ein unerfreulicher Leiter dieser Behörde, der der SS angehörte, entfernt wurde.

DR. VON LÜDINGHAUSEN: Sind nun während Ihrer Zeit als Reichsprotektor irgendwelche Zwangsverschickungen von Arbeitern nach dem Reich erfolgt?


VON NEURATH: Nein. Ich will mich auch hier ganz kurz fassen.

[22] Zwangsarbeit überhaupt gab es, solange ich im Protektorat war, nicht. Es gab eine Notdienstverordnung der Protektoratsregierung der jüngeren Männer zur Beschäftigung an dringenden Arbeiten im öffentlichen Interesse im Protektorat. Zwangsweise Verschickungen von Arbeitern ins Reich sind zu meiner Zeit nicht vorgekommen. Dagegen haben sich freiwillig zahlreiche jüngere Leute zur Arbeit in Deutschland gemeldet, weil die Arbeitsbedingungen und die Löhnungen damals besser waren als im Protektorat.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Wie ist es nun – und das ist die letzte Frage – zu Ihrer Amtsniederlegung beziehungsweise Ihrem Ausscheiden aus dem Amt als Reichsprotektor gekommen?


VON NEURATH: Ich möchte zunächst sagen, warum ich überhaupt solange geblieben bin trotz aller dieser Vorkommnisse und Schwierigkeiten. Der Grund hierfür war, weil ich der Überzeugung war und auch heute noch bin, daß ich bleiben mußte, solange ich dies überhaupt mit meinem Gewissen vereinbaren konnte, um zu verhindern, daß dieses Deutschland anvertraute Land endgültig unter die Herrschaft der SS kommt. Alles das, was nach meinem Weggang im Jahre 1941 über das Land hereingebrochen ist, habe ich ja tatsächlich durch meine Gegenwart verhindert, und wenn mein Wirken auch noch so beschränkt worden war, ich glaube, damit, durch mein Bleiben, nicht nur meinem eigenen Lande, sondern auch gerade dem tschechischen Volke einen Dienst erwiesen zu haben und würde auch heute unter denselben Verhältnissen nicht anders handeln.

Ich glaubte im übrigen, gerade im Krieg einen so schwierigen und verantwortungsvollen Posten nur im äußersten Falle verlassen zu dürfen. Die Mannschaft eines Schiffes geht auch nicht unter Deck und legt die Hände in den Schoß, wenn das Schiff in Seenot kommt.

Daß ich die Wünsche der Tschechen nicht hundertprozentig erfüllen konnte, das wird jeder verstehen, der einmal gezwungen war, praktisch Politik zu treiben und nicht bloß theoretisch.

Ich glaube also, daß ich durch mein Ausharren auf meinem Posten viel Leid verhindert habe, das nach meinem Weggang über das tschechische Volk gekommen ist. Dieser Ansicht waren übrigens auch weite Kreise der tschechischen Bevölkerung, wie ich aus den zahlreichen Zuschriften entnehmen konnte, die nachher von dort aus an mich ergangen sind.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Wie kam es nun zu Ihrem Ausscheiden, zu Ihrer Amtsniederlegung?


VON NEURATH: Am 23. September 1941 bekam ich einen Telephonanruf Hitlers, ich solle sofort zu ihm ins Hauptquartier kommen. Dort eröffnete er mir, ich sei zu mild gegen die Tschechen, das könne so nicht weitergehen. Er habe beschlossen, nunmehr[23] scharfe Maßnahmen gegen die tschechische Widerstandsbewegung zu ergreifen und zu diesem Zwecke den berüchtigten Obergruppenführer Heydrich nach Prag zu schicken.

Ich habe mich nach Kräften bemüht, ihn davon abzubringen, hatte aber keinen Erfolg. Darauf bat ich um meinen Abschied, da ich ein Wirken Heydrichs in Prag unter keinen Umständen verantworten würde.

Hitler verweigerte mir den Abschied, gestand mir aber zu, auf Urlaub zu gehen. Ich flog nach Prag zurück und am Tage darauf weiter in meine Heimat. Zur selben Stunde, als ich Prag verließ, war Herr Heydrich dort eingetroffen. Ich schrieb dann von zu Hause aus an Hitler und verlangte nochmals meinen sofortigen Abschied. Als ich trotz Mahnung keine Antwort erhielt, wiederholte ich mein Gesuch und erklärte gleichzeitig, ich kehrte auf gar keinen Fall nach Prag zurück, ich hätte mein Büro aufgelöst und weigerte mich, weiter als Reichsprotektor zu wirken. Formell wurde ich erst im August 1943 von meinem Amt enthoben.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Herr Präsident! Ich darf meine Vernehmung des Angeklagten von Neurath mit einem kurzen Zitat aus der tschechischen Anklageschrift schließen.


VORSITZENDER: Einen Augenblick. Wurde Ihre Beurlaubung veröffentlicht?


VON NEURATH: Ja.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Das wollte ich eben zitieren, Herr Präsident. Es heißt in der Anklage folgendermaßen, in dem tschechischen Anklagebericht:

»Als schließlich in der zweiten Hälfte des September die unterirdischen tschechischen revoltierenden Komitees mit Hilfe des B.B.C. einen erfolgreichen Boykottfeldzug gegen die deutschkontrollierte Presse begannen, ergriffen die deutschen Behörden die Gelegenheit, um dem tschechoslowakischen Volk einen gehörigen Hieb zu versetzen.

Am 27. September 1941 brachte der Sender Prag folgende Nachricht: ›Reichsminister Baron von Neurath, der Reichsprotektor von Böhmen und Mähren, hat es für nötig befunden, den Führer um eine längere Beurlaubung zur Wiederherstellung seiner zerrütteten Gesundheit zu bitten.‹«

Es heißt dann abschließend:

»›Unter diesen Umständen stimmte der Führer dem Ansuchen des Reichsprotektors bei und beauftragte SS-Obergruppenführer Heydrich für die Dauer der Krankheit des Reichsministers von Neurath mit der Führung des Amtes des Reichsprotektors von Böhmen und Mähren.‹«

Damit ist meine Vernehmung beendet, Herr Präsident.

[24] VORSITZENDER: Vom September 1941 bis Oktober 1943 haben Sie auf Ihren Besitzungen gelebt, oder was haben Sie sonst getan?

VON NEURATH: Ja, Herr Präsident.


DR. VON LÜDINGHAUSEN: Meine Vernehmung ist beendet.


VORSITZENDER: Der Gerichtshof vertagt sich.


[Pause von 10 Minuten.]


VORSITZENDER: Wünscht noch einer von den Verteidigern Fragen an den Zeugen zu stellen?

DR. EGON KUBUSCHOK, VERTEIDIGER DES ANGEKLAGTEN VON PAPEN, VERTEIDIGER FÜR DIE REICHSREGIERUNG: Ist Ihnen bekannt, daß Herr von Papen unmittelbar vor dem Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund Hitler nach München nachreiste, um ihn zum Verbleiben im Völkerbund zu veranlassen?


VON NEURATH: Ja, das ist mir bekannt, ich habe ihn ja selbst dazu veranlaßt.


DR. KUBUSCHOK: Hat Herr von Papen während seiner Vizekanzlerschaft im Jahre 1933/1934 im Kabinett gegen unfreundliche Akte der deutschen Politik gegenüber Österreich, wie zum Beispiel Einführung der Tausend-Mark-Sperre, Einspruch erhoben?


VON NEURATH: Ja, das ist von ihm und von anderen Ministern und selbstverständlich auch von mir dauernd erfolgt.


DR. KUBUSCHOK: Hat Hitler mit Ihnen darüber gesprochen, daß diese Haltung Papens in der österreichischen Frage ihn mit dazu veranlaßt hat, Papen nach dem Dollfuß-Mord die Wiener Mission zu übertragen?


VON NEURATH: Ja, davon hat Hitler gesprochen.


DR. KUBUSCHOK: Hat Hitler mit Ihnen darüber gesprochen, aus welchen Gründen er das Schreiben vom 26. Juli 1934 an Papen gerichtet hat, in dem er dessen Entsendung nach Österreich bekanntgab?


VON NEURATH: Ja, das hat sich so abgespielt: Als Hitler mir von seiner Absicht sagte, Papen nach Wien zu schicken, habe ich ihm erwidert, um ihm dort überhaupt eine Resonanz zu geben, müsse er zunächst mal nach den Vorgängen vom 30. Juni das Verhältnis Hitler-Papen klären, und zwar öffentlich klären. Darauf dürfte dieser Brief, der hier vorgelesen wurde, zurückzuführen sein.


DR. KUBUSCHOK: Im Jahre 1937 machten Sie der österreichischen Regierung einen Besuch, bei dem es zu Kundgebungen kam. Kamen diese Kundgebungen Ihnen und Herrn von Papen überraschend, lagen sie in Ihrem Sinne?


[25] VON NEURATH: Die Kundgebungen kamen mir völlig überraschend, besonders auch wegen ihres ungeheueren Umfanges. Angenehm waren sie mir keineswegs; denn sie warfen einen gewissen Schatten auf die Unterhaltung zwischen mir und Herrn von Schuschnigg.


DR. KUBUSCHOK: Als letzte Frage: Vor der Bildung der Regierung Schleicher fand am 2. Dezember 1932 eine Kabinettssitzung statt. Papen war tags zuvor von Hindenburg beauftragt worden, das Parlament zu beurlauben und eine neue Regierung zu bilden. Ist es richtig, daß hierüber Papen im Kabinett referierte und daß Schleicher als Reichswehrminister ihm gegenüber ausführte, daß dies zu einem Bürgerkrieg führen würde und daß die Kräfte der Wehrmacht zu schwach seien, um diesem Bürgerkrieg begegnen zu können?


VON NEURATH: Ja, ich entsinne mich noch ganz genau dieses Vorgangs. Wir alle waren etwas überrascht über diese Äußerung von Schleicher; aber sie war so begründet, daß man sie als richtig annehmen mußte.


DR. KUBUSCHOK: Danke.


VORSITZENDER: Will ein anderer, Verteidiger Fragen stellen?


SIR DAVID MAXWELL-FYFE, STELLVERTRETENDER HAUPTANKLÄGER FÜR DAS VEREINIGTE KÖNIGREICH: Wußten Sie, daß in der zweiten Hälfte des Jahres 1932, über die Dr. Kubuschok Sie gerade gefragt hat, Reichspräsident von Hindenburg, der Angeklagte von Papen und General von Schleicher eingehend die Frage diskutiert und erwogen haben, wie man sich am besten gegenüber der Nazi-Partei verhalte.


VON NEURATH: Nein, ich habe das schon ausgesagt, ich habe in dieser Beziehung gar keine Verbindung gehabt und wußte über diese ganzen Verhandlungen überhaupt nichts.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich möchte klarstellen, daß ich nicht behaupte, Sie hätten an diesen Verhandlungen teilgenommen. Aber haben Sie nicht gewußt, daß die Frage, wie man sich der Nazi-Partei gegenüber verhalten solle, dem Reichspräsidenten von Hindenburg, von Papen und auch von Schleicher sehr großes Kopfzerbrechen bereitet hat? Sie hielten es doch für ein sehr dringendes Problem?


VON NEURATH: Ja, das wußte ich.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich wiederhole, Angeklagter: Denken Sie nicht etwa, ich wolle Ihre Teilnahme an diesen Verhandlungen andeuten, Sie können annehmen... Ich werde alle meine Behauptungen völlig klarstellen.

[26] Sie wußten doch, daß Reichspräsident von Hindenburg, der Angeklagte von Papen und General von Schleicher es schließlich für das geeignetste Verfahren hielten, eine Regierung mit Hitler als Kanzler zu schaffen, reichlich von konservativen Elementen durchsetzt und in enger Zusammenarbeit mit konservativen Elementen. Das war doch der Plan, zu dem man sich schließlich entschlossen hatte? Soviel wußten Sie doch, nehme ich an?


VON NEURATH: Ja, so war der Plan wohl nicht ganz. Zu der Zeit, von der Sie sprechen, war nur die Rede davon, daß man genötigt sei, die. Nazi-Partei in die Regierung einzubauen.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Aber später, als die Nazi-Partei am 30. Januar 1933 in die Regierung eintrat, war doch geplant, sie durch konservative Elemente gut im Zaum zu halten. Das war doch der Plan, den Reichspräsident von Hindenburg im Sinne hatte, nicht wahr?


VON NEURATH: Ja.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Und Sie waren doch eines der konservativen und stabilen Elemente, wenn ich Sie richtig verstanden habe?


VON NEURATH: Ja, es wurde ja hier klargelegt, daß es speziell der Wunsch des Präsidenten von Hindenburg war, daß ich dabei blieb.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Damit Hitlers Regierung friedliebend und angesehen bleiben sollte; ist das richtig ausgedrückt?


VON NEURATH: Ja, um überhaupt zu verhindern, daß die revolutionäre Bewegung Hitlers ihre Methoden zu sehr auch in der Regierung zum Ausdruck bringt.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Angeklagter! Sie haben hier erklärt, daß Sie bis zu jener Zeit Diplomat gewesen seien. Haben Sie, als Sie Minister wurden, nicht daran gedacht, daß Sie nun als Reichsminister eine gewisse Verantwortung für die Erhaltung des Ansehens und der Friedensliebe der Regierung hätten?


VON NEURATH: Allerdings; die Frage war nur, wie weit meine Macht reichte, um dies durchzubringen.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich will in Ihre Überlegungen nicht allzu tief eindringen, ich möchte nur folgendes klarstellen: Sie haben als Reichsaußenminister und als eine in allen Regierungskreisen Europas bekannte Persönlichkeit gewußt, daß man Ihre Zugehörigkeit zur Regierung in ganz Europa als Zeichen Ihrer Zustimmung zu den Handlungen der Regierung und Ihrer Verantwortlichkeit für diese Regierungstätigkeit ansehen würde, nicht wahr?


VON NEURATH: Das bezweifle ich sehr stark, man hat das vielleicht gehofft.


[27] SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann wollen wir das einmal besprechen. War es wirklich der Fall, daß Sie bis zum November 1937 von den friedlichen Absichten der Regierung und ihrer Achtbarkeit völlig überzeugt waren?

VON NEURATH: Von den friedlichen Absichten der Regierung war ich überzeugt, das habe ich schon gesagt. Ob ich mit den Methoden...


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wie stand es mit der Achtbarkeit? Wenn ich sage »Achtbarkeit«, dann meine ich damit, was man im allgemeinen unter einer anständigen Regierung versteht, von der man verlangt, daß sie ein Volk, soweit es möglich ist, glücklich und zufrieden macht. Waren Sie davon überzeugt?


VON NEURATH: Mit den Methoden war ich keineswegs einverstanden, hauptsächlich auf dem Gebiete der inneren Politik.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Gehen wir darauf einen Augenblick ein. Haben Sie von dem »Braunen Terror« im März 1933, etwa sechs Wochen nach der Regierungsbildung, gewußt?


VON NEURATH: Ich wußte nur von dem Judenboykott, sonst aber nichts.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Erinnern Sie sich noch an das Affidavit des amerikanischen Konsuls, des Herrn Geist, Dokument Nummer 1759-PS, US-420, das hier als Beweismittel vorgelegt wurde?


VON NEURATH: Darf ich das mal sehen?

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich möchte Sie nur daran erinnern. Es ist ein langes Affidavit, und ich will Sie nur auf einen oder zwei Punkte hinweisen.

Herr Geist beschreibt darin sehr ausführlich, in welcher brutalen Weise die Juden behandelt wurden, wie sie geschlagen, beschimpft, beleidigt wurden und so weiter. Das war schon im März 1933. Wußten Sie davon?


VON NEURATH: Ich weiß von diesen Vorgängen; ich kenne dieses Affidavit nicht, ich habe das nicht gesehen, ich weiß aber von den Vorgängen aus Beschwerden fremder diplomatischer Vertreter. Und aus diesen... und zur Einstellung zu diesen Vorfällen habe ich mich wiederholt an Hitler gewandt und ihn dringend ersucht, dafür zu sorgen, daß es aufhört. Aber die Einzelheiten weiter kenne ich nicht.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Lassen wir das Affidavit einen Moment beiseite. Als Außenminister sollten Sie doch eigentlich Zusammenfassungen oder Berichte über alles, was in der ausländischen Presse erschien, erhalten haben, und Sie haben doch solche Berichte erhalten, nicht wahr?


[28] VON NEURATH: Ja, das wohl, aber ob ich diese Sachen alle bekommen habe, das weiß ich nicht.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann werde ich Ihnen ein Beispiel geben. Sie waren doch Botschafter am Court of St. James von 1930 bis 1932 gewesen, wenn ich mich recht erinnere, stimmt das?


VON NEURATH: Ja.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Und es war Ihnen doch klar – ob Sie nun dem Inhalt zustimmen oder nicht – daß die Londoner »Times« und der »Manchester Guardian« sehr einflußreiche Zeitungen in England sind?


VON NEURATH: Ja, ja.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Haben Sie gewußt, daß diese beiden Zeitungen im April 1933 voll von den schrecklichsten Berichten über die üble Behandlung von Juden, Sozialdemokraten und Kommunisten in Deutschland waren?


VON NEURATH: Ja, das kann wohl sein, ich weiß es heute nicht mehr. Aber das sind gerade die Fälle gewesen, die ich bei Hitler zur Sprache brachte, indem ich ihn darauf aufmerksam machte, wie das im Auslande wirkt.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Stellen wir einmal fest, was diese Zeitungen alles zur Sprache gebracht haben. Schon am 12. April 1933 heißt es im »Manchester Guardian«:

»Wenn man sich die Mühe nimmt, ein wenig tiefer durch die Oberfläche hindurchzudringen, die dem unbeteiligten Beobachter wahrscheinlich ruhig erscheint, so wird er in jeder einzelnen Stadt, in jedem einzelnen Dorf eine solche unglaubliche Barbarei entdecken, die von den Braunhemden begangen wird, daß die heutige Zeit überhaupt keinen Vergleich dafür bieten kann.«

Die »Braunhemden« werden dann beschrieben als:

»... Werkzeuge eines Terrors, der, wenn auch mutwillig, so doch systematisch ist, nicht nur mutwillig wie ein von äußeren Notwendigkeiten diktierter Revolutionsterror, sondern systematisch als organischer Teil des Hitler-Regimes.«

Haben Sie gewußt, daß dieses und ähnliche Zitate in verantwortlichen britischen Zeitungen erschienen sind?

Euer Lordschaft! Das ist Dokument D-911, eine Zusammenfassung von Auszügen, die, zusammen mit dem Affidavit von Herrn Wurm, GB-512 werden.

Wußten Sie, daß diese Methode systematisch als organischer Teil des Hitler-Regimes angewandt wurde?

VON NEURATH: Nein, in diesem Sinne ganz bestimmt nicht.

[29] SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wußten Sie, daß die britische Zeitung »Manchester Guardian« geschrieben hat:

»Ein bedeutender deutscher Konservativer, der den nationalsozialistischen Mitgliedern der Deutschen Regierung sehr nahe steht und gewiß stärker mit der Rechten als mit der Linken sympathisiert, hat die Anzahl der Opfer im April mit 20000 angegeben.«

Wußten Sie, daß diese Zahl so hoch war?

VON NEURATH: Nein, das glaube ich auch nicht.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann wollen wir sehen, was die deutsche Presse dazu sagte: Am 24. April 1933 zitierte die »Times« aus dem »Hamburger Fremdenblatt«, das seinerseits wiederum amtliche Quellen anführte und berichtete, daß sich in Deutschland 18000 Kommunisten in Gefangenschaft befänden, unter den 10000 Häftlingen in Preußen viele Intellektuelle und andere.

Hätte wohl das »Hamburger Fremdenblatt« so lange bestehen können, wenn es unter Ihrer Regierung im April 1933 amtliche Quellen falsch wiedergegeben hätte? Wohl kaum, nicht wahr?


VON NEURATH: Das weiß ich nicht, aber ich weiß, daß mit Zahlen ein grober Unfug getrieben wird – immer.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Aber Angeklagter, hier bringt eine, soviel ich weiß, verantwortliche Hamburger Zeitung, eine amtliche Ziffer, die von der Londoner »Times«, der bedeutendsten Zeitung in England, wiedergegeben wird. Hielten Sie das nicht für schwerwiegend genug, um es im Kabinett vorzubringen?


VON NEURATH: Es tut mir leid – bei aller Achtung vor den Zeitungen und auch vor der Londoner Zeitung –, die Wahrheit sprechen sie nicht immer.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nein. Das ist eine absolut vernünftige Bemerkung. Zeitungen werden, wie auch alles andere, manchmal falsch informiert. Aber wenn Sie nun von allen Seiten solche Berichte über entsetzliche Ereignisse, in Verbindung mit so hohen Ziffern bekamen, hielten Sie als eines der angesehenen Mitglieder der Regierung es dann nicht für wert, solche Dinge im Kabinett zur Sprache zu bringen und festzustellen, ob sie der Wahrheit entsprachen oder nicht?


VON NEURATH: Woher wissen Sie denn, daß ich das nicht getan habe?


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Das frage ich Sie ja gerade. Haben Sie diese Dinge zur Sprache gebracht, und was war die Folge davon, wenn Sie es taten?


VON NEURATH: Ich habe Ihnen vorhin schon gesagt, daß ich wegen dieser Vorfälle bei Hitler, nicht im Kabinett, aber bei Hitler immer vorstellig geworden bin.


[30] SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Das habe ich Sie nicht gefragt. Sehen Sie, Angeklagter, ich habe Sie gefragt, warum Sie etwas Derartiges nicht im Kabinett zur Sprache gebracht haben. Schließlich gab es doch ein Kabinett, in dem auch konservative Elemente waren, um sein Ansehen zu erhalten.

Warum haben Sie es nicht im Kabinett vorgebracht und versucht, die Unterstützung Herrn von Papens, Herrn Hugenbergs und all der anderen konservativen Herren, von denen wir gehört haben, zu bekommen? Warum haben Sie das dort nicht vorgebracht?


VON NEURATH: Aus dem einfachen Grunde, weil mir's wirkungsvoller erschien, es Hitler direkt zu sagen.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wollen Sie dem Gerichtshof erzählen, daß es im April 1933, zwei Monate nachdem das Kabinett gebildet worden war, nicht der Mühe wert gewesen wäre, im Reichskabinett irgendeine Sache zur Sprache zu bringen? War es zwei Monate nach Hitlers Machtergreifung schon so sehr dem »Führerprinzip« verfallen, daß Sie so etwas im Kabinett nicht mehr zur Sprache bringen konnten?


VON NEURATH: Ich wiederhole – und das muß ich ja allein beurteilen können –, daß ich eine direkte Informierung und Vorstellung bei Hitler für wirkungsvoller hielt.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Schön. Nun, ich möchte... ich nehme nicht an, daß Sie daran interessiert waren, aber wußten Sie etwas davon, daß die Herren, die ich dem Angeklagten Papen gegenüber erwähnt habe, wie Herr von Ossietzki, Herr Mühsam oder Dr. Hermann Dunker, oder irgendein anderer der links eingestellten Schriftsteller, Rechtsanwälte und Politiker ins Konzentrationslager gebracht worden waren? Wußten Sie, daß sie in Konzentrationslager gekommen waren, aus denen sie niemals mehr zurückgekehrt sind?


VON NEURATH: Nein.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie wußten das überhaupt nicht?


VON NEURATH: Nein.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Aber auf jeden Fall haben Sie doch, wie Ihre Dokumente gezeigt haben, ganz genau gewußt, wie die öffentliche Meinung des Auslands nunmehr als Folge der Behandlung der Juden und der Oppositionsparteien gegenüber Deutschland eingestellt war, als Sie im Juni nach London fuhren. Das haben Sie doch gewußt, als Sie damals im Juni zur Weltwirtschaftskonferenz fuhren, nicht wahr?


VON NEURATH: Ja, das habe ich ja in dem Bericht, der hier vorgelesen wurde, ausgedrückt.


[31] SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nun behaupten Sie, als Reaktion seien Sie zu Hitler gegangen und hätten protestiert. Ich möchte, daß Sie sich mal ansehen, was die vorhandenen Dokumente über Ihre Handlungsweise berichten. Nehmen wir zuerst den Monat April. Wollen Sie sich das Dokument D-794 anschauen?


[Dem Zeugen wird das Dokument überreicht.]


Euer Lordschaft! Es ist im Dokumentenbuch 12a, Seite 8; es wird GB-513.


[Zum Zeugen gewandt:]


Hier handelt es sich um einen Brief, den Sie am 2. April 1933 an Hitler geschrieben haben:

»Gestern abend rief mich der Italienische Botschafter an und teilte mir mit, daß Mussolini sich bereit erklärt habe, für den Fall, daß wir es für nützlich befinden, durch die italienischen diplomatischen Vertretungen im Ausland alle propagandamäßig entstellten Nachrichten über Judenverfolgungen in Deutschland zu dementieren. Ich habe Herrn Cerruti auch in Ihrem Namen gedankt und ihm gesagt, daß wir sein Anerbieten gerne annehmen würden.

Ich halte diese freundliche Geste Mussolinis für wichtig genug, um sie zu Ihrer Kenntnis zu bringen.«

Was haben Sie für »propagandamäßig entstellt« gehalten?

VON NEURATH: Ja, ich bitte, mal hier zu lesen. Hier heißt es ja: »die propagandamäßig entstellten Nachrichten« – um die handelt es sich.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Das ist es ja gerade, was mich auch so sehr interessiert, Angeklagter. Was war denn Ihrer Ansicht nach entstellt, und wieviel wußten Sie denn überhaupt, um entscheiden zu können, ob die Nachrichten entstellt waren oder nicht?


VON NEURATH: Das kann ich Ihnen nun heute wirklich nicht mehr sagen.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie haben doch gewußt, daß man Juden verprügelt und ermordet, sie von ihren Familien weggerissen und in Konzentrationslager verschleppt hatte, daß ihr Besitz zerstört worden war und daß man begonnen hatte, ihn unter dem Wert zu verkaufen. Sie haben doch gewußt, daß das alles geschehen war, nicht wahr?


VON NEURATH: Nein, damals sicherlich nicht, verprügelt ja, das habe ich gehört, damals sind aber auch keine Juden ermordet worden oder höchstens einmal in einem einzelnen Fall.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Aber Sie sahen doch, daß die »Times« oder der »Manchester Guardian« damals sehr ausführliche Beispiele typischer Morde an Juden brachten. Sie müssen das doch gesehen haben, Sie müssen gelesen haben, was die ausländische [32] Presse darüber schrieb. Warum nahmen Sie an, es sei entstellt? Welche Untersuchungen haben Sie denn angestellt, um herauszufinden, ob es entstellt war?


VON NEURATH: Wer, wer, wer, wer gab mir... Mitteilung über, über, über... Morde?


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich sage Ihnen ja, das stand in der ausländischen Presse. Ich habe Ihnen zwei Beispiele aus der Presse meines eigenen Landes genannt und nach dem, was Mussolini erwähnt, stand auch in Zeitungen anderer Länder ähnliches. Sie müssen gewußt haben, was die Zeitungen schrieben. Welche Untersuchungen haben Sie angestellt, um die Wahrheit herauszufinden?


VON NEURATH: Auf dem Wege, der mir möglich war, nämlich durch die zuständige Polizeibehörde.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Haben Sie Himmler gefragt, oder haben Sie den Angeklagten Göring gefragt?


VON NEURATH: Nein, ganz bestimmt nicht.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Was? Haben Sie Himmler gefragt? Oder haben Sie den Angeklagten Göring gefragt?

Warum denn nicht? Warum denn nicht? Er war doch der Chef, der damals die Gestapo und die Konzentrationslager erfunden hat. Er war doch ein sehr geeigneter Mann, um darüber Auskunft zu geben.


VON NEURATH: Der Mann, der mir hätte Auskunft geben können, war der Chef und oberste Vertreter der Polizeibehörden, es war keineswegs persönlich...


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Haben Sie den Angeklagten Frick gefragt?


VON NEURATH: Ich habe ihn jedenfalls nicht persönlich gefragt.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nun....


VON NEURATH: Persönlich ganz bestimmt nicht.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Darf ich vielleicht darauf hinweisen, daß ich keine Zeit verschwenden will? Warum haben Sie sich nicht die Mühe gemacht, Göring zu fragen oder Frick, oder irgend jemanden, der Ihnen, wie ich annehme, genaue Auskunft hätte geben können?

Wollen Sie sich 3893-PS ansehen?


[Dem Zeugen wird das Dokument überreicht.]


Seite 128 des Dokumentenbuches 12a, das GB-514 wird, Euer Lordschaft.


[Zum Zeugen gewandt:]


Es handelt sich um den »Völkischen Beobachter«, der am 17. September 1933 Äußerungen von Ihnen über die Judenfrage zitiert:

[33] »Der Minister zweifelte nicht daran, daß das unsinnige Gerede des Auslandes über rein innerdeutsche Dinge, wie z.B. die Judenfrage, schnell verstummen wird, wenn man erkennt, daß die notwendige Säuberung des öffentlichen Lebens wohl vorübergehend in Einzelfällen persönliche Härten mit sich bringen müßte, daß sie aber doch nur dazu diente, in Deutschland die Oberhand von Recht und Gesetz um so unerschütterlicher zu befestigen!«

War das Ihre Ansicht im September 1933 über die Aktionen gegen die Juden und gegen diejenigen, die mit dem linken Flügel sympathisierten, daß sie eine »notwendige Säuberung des öffentlichen Lebens« darstellten, die natürlich hier und da »einzelne Fälle von Härten mit sich bringen müßte«, daß sie aber dazu dienen würde, die »Herrschaft von Recht und Gesetz in Deutschland um so unerschütterlicher zu befestigen«? War das Ihre Ansicht?

VON NEURATH: Ich habe bei, bei, bei meiner... vorgestern, glaube ich, ausgesagt auf die Frage, wie ich zur Judenfrage gestanden hätte, habe ich gesagt, daß ich die nach dem letzten Krieg zutage getretene Überflutung und Beherrschung des öffentlichen Lebens in Deutschland durch Juden, daß ich deren Beseitigung beziehungsweise Einschränkung für absolut richtig gehalten habe. Darauf bezieht sich das.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Also stimmt es... ich meine, Sie bleiben bei dem, was Sie am 17. September 1933 gesagt haben, daß Ihrer Ansicht nach die Behandlung der Juden 1933 nur eine »notwendige Säuberung des öffentlichen Lebens« in Deutschland gewesen sei? Sollen wir es so verstehen, daß Ihr damaliger Standpunkt auch noch Ihr heutiger Standpunkt ist und daß Sie nicht von ihm abweichen?


VON NEURATH: Das ist genau mein Standpunkt heute noch, nicht wahr, nur hätte er mit anderen Methoden durchgeführt werden müssen.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann wollen wir uns darüber nicht weiter unterhalten.

Darf ich also annehmen, daß Sie von der Vernichtung der politischen Opposition wußten und damit einverstanden waren?


VON NEURATH: Nein, das ist...


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann wollen wir diese Frage schrittweise behandeln. Haben Sie es für richtig gehalten, daß man die Kommunistische Partei als illegal erklärte?


VON NEURATH: Damals ganz bestimmt; denn Sie haben ja gehört, nicht wahr, daß wir vor dem Bürgerkrieg standen.


[34] SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Also damit waren Sie einverstanden. Haben Sie gebilligt, daß man die Gewerkschaften zerschlug und als illegal erklärte?


VON NEURATH: Nein.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Was haben Sie unternommen, um gegen die Zerschlagung der Gewerkschaften zu protestieren?


VON NEURATH: Das war auf einem Gebiet... dieses Gebiet ging mich gar nichts an. Ich bin Außenminister gewesen und nicht Innenminister.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Gut, ich wiederhole, ich will mit Ihnen nicht streiten. Sie hielten es für richtig, als Außenminister in der Regierung zu bleiben und ihr Unterstützung und Autorität zu verleihen; einer Regierung, die Maßnahmen traf, die Sie mißbilligten, wie zum Beispiel die Zerschlagung der Gewerkschaften. Sollen wir es so auffassen?


VON NEURATH: Jawohl, haben Sie je einen Minister...


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nun, was...


VON NEURATH: Ich mochte etwas sagen. Haben Sie je gehört, daß jeder Minister aus dem Kabinett ausgetreten ist, wenn er nicht einverstanden war mit einer Einzeltatsache?


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Jeder Kabinettsminister, vor dem ich auch nur etwas Achtung haben sollte, wäre aus einem Kabinett ausgetreten, wenn dieses Kabinett Maßnahmen ergriffen hätte, die er moralisch nicht gebilligt hätte, und ich habe Sie so verstanden, daß Sie die Zerschlagung der Gewerkschaftsbewegung moralisch verurteilt haben. Verbessern Sie mich bitte, falls ich mich irre. Wenn Sie das aber nicht verurteilt haben, dann sagen Sie es.


VON NEURATH: Unmoralisch habe ich das nicht gefunden. Das ist eine politische Maßnahme gewesen, aber keine unmoralische.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann wollen wir uns dem dritten Punkte zuwenden. Die Sozialdemokratische Partei war eine Partei, die in den Jahren nach dem Kriege einen sehr wesentlichen Anteil an der Deutschen und Preußischen Regierung gehabt hatte. Hielten Sie es moralisch für gerechtfertigt, eine solche Partei einfach als ungesetzlich zu erklären und es ihr nicht zu ermöglichen, weiterhin an den Geschicken des Landes mitzuarbeiten?


VON NEURATH: Nein, sicher nicht. Ich weiß aber auch gar nicht...


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wir wollen das klarstellen: Hielten Sie das für gerechtfertigt oder nicht?


VON NEURATH: Ich sagte eben nein, aber ich weiß auch gar nicht, ob Sie...


[35] SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Was haben Sie unternommen, um dagegen Einspruch zu erheben? Was haben Sie getan, um gegen die Auflösung der Sozialdemokratischen Partei zu protestieren?


VON NEURATH: Gegen diese Auflösung habe ich höchstens meine Bedenken äußern können.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wem gegenüber haben Sie Ihre Bedenken gegen die Auflösung der Sozialdemokratischen Partei zum Ausdruck gebracht?


VON NEURATH: Immer wieder zu Hitler.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Niemals haben Sie gegen die Auflösung der Oppositionsparteien Ihre Bedenken ausgesprochen? Niemals haben Sie im Kabinett dagegen Einspruch erhoben, nicht wahr?


VON NEURATH: Ich kann mich da nicht entsinnen, ob diese Frage im Kabinett besprochen worden ist, das weiß ich nicht mehr.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Schön, dann kommen wir zu einem anderen Punkt, immer noch im Jahre 1933. Denn ich möchte, daß Sie sich vergegenwärtigen, was 1933 geschah. Wußten Sie, daß, nachdem Sie Deutschlands Absicht, aus der Abrüstungskonferenz und dem Völkerbund auszutreten, verkündet hatten, Befehle für militärische Vorbereitungen erlassen wurden, um der Möglichkeit eines Krieges als Folge dieses Schrittes zu begegnen?


VON NEURATH: Nein, im Jahre 1932... 1933 war mir davon nichts bekannt.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ja, im Jahre 1933. Davon handelt C-140, US-51, vom 25. Oktober 1933. Nun, Angeklagter, Sie waren Außenminister. Behaupten Sie nun dem Gerichtshof gegenüber, daß weder Hitler noch Generalfeldmarschall von Blomberg – ich glaube, der war doch Reichswehrminister –, daß keiner dieser Herren Ihnen als Folge dieses Schrittes erklärte: »Wir müssen unsere Vorbereitungen fertig haben für den Fall, daß Deutschland Sanktionen, unter Einschluß militärischer Sanktionen, auferlegt werden.« Hat keiner von den Herren Ihnen gegenüber ausgesprochen, daß dies das Resultat Ihrer auswärtigen Politik sein müsse?


VON NEURATH: Nein, da war auch gar keine Aktion zu befürchten.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich verstehe. Es ist aber eigentlich... Sie werden doch zugeben, daß es ziemlich seltsam ist, den Außenminister von den möglichen Konsequenzen seiner Politik hinsichtlich militärischer Vorbereitungen nicht zu unterrichten. Es ist doch ziemlich seltsam, daß der Außenminister irgendeines Regierungssystems, sei es nun autoritär, demokratisch oder was Sie [36] sonst wollen, daß man also den Außenminister über die auf Grund seiner Politik getroffenen militärischen Vorbereitungen nicht auf dem laufenden hält.


VON NEURATH: Die Ansicht, ob eine Gefahr drohte aus diesem Austritt aus dem Völkerbund und aus der Abrüstungskonferenz, die hatte ich ja zu entscheiden, das heißt, die Entscheidung darüber, ob das vermutlich Folgen haben könnte; die Militärs haben ihre eigenen Ansichten gehabt und anscheinend – ich weiß es nicht, jedenfalls habe ich keine Kenntnis davon bekommen – sind da irgendwelche Erörterungen im Generalstab gewesen, nehme ich an.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann mochte ich schnell das Jahr 1933 noch einmal zusammenfassen: Ich darf also annehmen, daß Sie bis Ende 1933 trotz der Vorkommnisse, die ich hier erwähnt habe, völlig von der Anständigkeit der Regierung und ihren friedlichen Absichten überzeugt waren, stimmt das?


VON NEURATH: Jawohl.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Gut, dann wollen wir uns dem Jahre 1934 zuwenden. Erinnern Sie sich noch an Ihr Gespräch mit Herrn Dodd, dem Amerikanischen Botschafter, das Sie auf Seite 54 in Ihrem Dokumentenbuch Nummer I erwähnt haben? Das war am 28. Mai 1934, und Herr Dodd hatte Ihnen anscheinend berichtet, was er Hitler über die Art gesagt hatte, in der die Amerikaner versuchten, den Wucher der Hochfinanz zu kontrollieren. Dann sagt er, Sie freuten sich, daß er Hitler davon unterrichtet hätte, und dann fügt Herr Dodd hinzu: »Der Kanzler hat mir nicht beigestimmt.«

Darauf sagt er:

»Von Neurath schwieg einen Augenblick auf meine Bemerkung. Es war klar, daß er genau der gleichen Ansicht war wie ich selbst.

Er bat mich dann, in Washington mitzuteilen, daß die Ausschreitungen entgegen den Absichten der Deutschen Regierung erfolgt seien, daß er selbst aber für Hitler nicht einstehen könne.«

Was wollten Sie mit den Worten sagen: »... daß die Ausschreitungen gegen die Juden entgegen den Absichten der Deutschen Regierung erfolgt seien...«?

VON NEURATH: Damit wollte ich sagen, daß die Kabinettsmitglieder zu ihrem überwiegenden Teil gegen diese Methoden waren. Im übrigen kann ich dazu hinzufügen, daß ich eben Herrn Dodd gebeten hatte, um meinen Vorstellungen bei Hitler auch mehr Ausdruck zu geben, mal persönlich zu Hitler zu gehen. Ich habe ihn dort hingebracht.

[37] SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Aber haben Sie nicht im Mai 1934 gewußt, daß die Deutsche Regierung sich auf einen systematischen und heftigen Antisemitismus festlegte? Wußten Sie das nicht?


VON NEURATH: Antisemitische Propaganda kannte ich hauptsächlich aus den Reden von Herrn Goebbels.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ja, gehen wir also zu einem etwas konkreteren Punkt über. Hatten Sie irgendeinen Grund, weshalb Sie General von Schleicher oder General von Bredow nicht leiden konnten?


VON NEURATH: Nein.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: In welcher Weise wurden Sie durch die Tötung dieser beiden Herren und der Frau von Schleicher bei der blutigen Säuberungsaktion vom 30. Juni 1934 beeindruckt?


VON NEURATH: Da brauche ich ja kaum darauf zu antworten, daß es selbstverständlich abstoßend für mich war, ist klar. Ich habe schon letzthin gesagt, daß leider Gottes bei solchen Revolten immer Unschuldige auch mitleiden müssen.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Gut. Aber wollen wir die Sache einmal ganz klarlegen. Sie haben dem Gerichtshof letzthin erklärt, daß Sie der Ansicht seien, und zwar mit gutem Grund, daß es eine gewisse Richtung innerhalb der SA gegeben habe, die von Röhm und Ernst geführt wurde, von Leuten, die Ihrer Ansicht nach unerwünscht waren.

Welchen Grund hatten Sie zu der Annahme, daß General von Schleicher und General von Bredow an der Verschwörung beteiligt gewesen wären?


VON NEURATH: Ich hatte dazu gar keinen Grund, Ich glaube es auch heute nicht, daß die ein Komplott gemacht haben.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Haben Sie von den unglückseligen Umständen gehört, unter denen Herr von Papen damals fortwährend Sekretäre verloren hat? Erinnern Sie sich daran? Wissen Sie es noch?


VON NEURATH: Genau dasselbe.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wissen Sie, daß Herr von Bose und Herr Jung getötet, von Tschirschky und zwei andere Herren verhaftet wurden? Haben Sie davon gehört?


VON NEURATH: Jawohl, durch Herrn von Papen.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Und haben Sie die blutige Säuberung vom 30. Juni nur als ein weiteres Element der »notwendigen Säuberung des öffentlichen Lebens« angesehen?


VON NEURATH: In dem Maße, wie sie ausgeführt wurde, mit all diesen Entgleisungen und Hinmordungen von unschuldigen Leuten, ganz bestimmt nicht.


[38] SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Warum blieben Sie dann in einer Regierung, die sich des Mordes zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele bediente?


VON NEURATH: Ich habe jetzt schon zum zweiten Male gesagt, daß es bei solchen Revolutionen ohne solche Entgleisungen leider Gottes nicht abgeht.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Schon. Greifen wir noch eine andere Ihrer Erfahrungen aus dem Jahre 1934 heraus. Sie wußten von den Terrorakten, die sich im Mai und Juni 1934 in Österreich ereignet hatten, nicht wahr? Unter »Terrorakten« verstehe ich – um darüber keinen Zweifel aufkommen zu lassen – die Verursachung von Explosionen in öffentlichen Betrieben, Eisenbahnen und dergleichen in Österreich. Ich meine Dynamit, also ein ganz bestimmtes Mittel. Sie wußten, daß derartige Anschläge im Mai und Juni 1934 in Österreich sich ereignet hatten, nicht wahr?


VON NEURATH: Jawohl, davon habe ich erfahren, und dagegen habe ich ja immer Front gemacht. Denn ich wußte ja, daß sie von den Nazis, und zwar möchte ich noch einmal bemerken, in der Hauptsache von den österreichischen Nazis, ausgingen.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Welche Stellung nahm Herr Köpke in Ihrem Ministerium am 31. Mai 1934 ein?


VON NEURATH: Er war Ministerialdirektor.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ministerialdirektor. Doch eine ziemlich verantwortliche Stellung, nicht wahr?


VON NEURATH: Ja.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Erinnern Sie sich, daß Herr Köpke Ihnen am 31. Mai 1934 über einen Besuch des Barons von Wächter Bericht erstattet hat?


VON NEURATH: Nein, dessen kann ich mich nicht entsinnen.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nun, denken Sie nach. Sie wissen es doch. Baron von Wächter war sechs Wochen später, am 25. Juli, einer der Führer des Putsches gegen Dollfuß. Erinnern Sie sich nicht, daß Herr Köpke Ihnen Bericht erstattet hat und daß Sie diesen Bericht an Hitler weitergegeben haben?


VON NEURATH: Ich kann mich dessen nicht entsinnen.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Dann wollen wir Ihrem Gedächtnis nachhelfen, wenn Sie sich nicht daran erinnern können. Wollen Sie sich das Dokument D-868 ansehen? Es wird GB-515. Ich werde es verlesen, aber sehen Sie sich die Unterschriften genau an. Wenn Sie so gut sein wollen, den Kopf anzusehen, so finden Sie, glaube ich, im Original dort Ihre eigenen Initialen, und an der linken Seite ist eine Notiz »Der Herr Reichskanzler hat Kenntnis [39] 6. 6.«. Das war am 6. Juni. Es ist von Dr. Lammers mit einem »L« versehen worden. Darunter findet sich eine Notiz »vom Herrn Reichskanzler am 6. Juni«. Ich glaube, die ist auch von Lammers abgezeichnet. Und auf der anderen Seite sehen Sie einen Vermerk, der bestimmt von Lammers abgezeichnet ist, nämlich »Habicht kommt heute... L. 6. 6.«. Diese Aufzeichnung kam also am gleichen Tage vom Reichskanzler an das Auswärtige Amt zurück. Wollen wir einmal sehen, was für Berichte Sie von Österreich erhalten und an Hitler weitergeleitet haben. Wir wollen die Beschreibung der frischen jugendlichen Erscheinung des Barons Wächter im ersten Absatz überspringen, es sei denn, daß Sie besonderen Wert hierauf legen. Es heißt dann weiter:

»Seine Darstellungen waren offensichtlich von dem Bewußtsein ernster Verantwortlichkeit getragen. Seine Beurteilung der Dinge und in Betracht kommenden Persönlichkeiten war klar und bestimmt.

Herr von Wächter entwarf auch mir ein Bild von der Lage in Österreich, das in manchen Farben doch dunkler und ernster war, als es sich uns von hier aus bisher darstellte. Die Radikalisierung der Nationalsozialisten in Österreich sei dauernd im Zunehmen. Die Terrorakte mehrten sich. Ohne Rücksicht darauf, von wem nun eigentlich im Einzelfall die Sprengungen und sonstigen Terrormaßnahmen tatsächlich vorgenommen worden sind, löste eine jede solche Tat eine neue Welle von Radikalisierung und auch Verzweiflungstaten aus. Es fehle, wie Herr von Wächter immer wieder schmerzlich betonte, an der Einheitlichkeit der Führung. Die SA tue, was sie wolle und ihrerseits für nötig halte. Die politische Führung treffe daneben Maßnahmen, die manchmal genau das Gegenteil hiervon besagten. So sei die große Terroraktion, wodurch die auf Wien zuführenden Bahnlinien gesprengt worden seien, durchaus nicht von Marxisten, sondern von der österreichischen SA durchgeführt worden, und zwar gegen den Willen der politischen Leitung, die, wie er glaube, an der Tat und ihren Vorbereitungen in keiner Weise beteiligt worden sei. Das sei das Bild im großen. Im kleinen, in den einzelnen Ländern und Kreisen, sei das Durcheinander womöglich noch größer.«

Sodann sagt er, daß der Hauptherd der Unruhe Kärnten sei, wo die Verhältnisse am schlimmsten seien. Er fährt dann fort:

»Herr von Wächter meinte, daß hier schleunigst Besserung geschaffen werden müßte, und zwar durch Zentralisierung sämtlicher in Österreich selbst und außerhalb Österreichs für den Nationalsozialismus tätigen Kräfte. Personelle Fragen dürften hierbei keine Rolle spielen. Das erlösende Wort in [40] dieser Beziehung könne selbstverständlich nur der Führer selbst sprechen. Er, Wächter, sei in allen diesen Dingen mit Herrn Habicht vollkommen einig. Soweit er wisse, sei es auch Herrn Habicht heute bereits gelungen, den Herrn Reichskanzler kurz zu sprechen.«

Wollen wir einen Augenblick hier stehenbleiben. Ungefähr zu jener Zeit wurde Herr Habicht zum Presseattaché an der Deutschen Botschaft in Wien ernannt. Die Ernennung des Herrn Habicht zum Presseattaché konnte nur durch Sie oder mit Ihrer Zustimmung erfolgen, nicht wahr? Das gehörte doch zu Ihrem Ressort.

VON NEURATH: Wenn Herr Habicht, was ich im Augenblick gar nicht mehr weiß... Herr Habicht war Landesleiter Österreichs in München, und ob und daß er nach Wien als Presseattaché gekommen sein soll, davon weiß ich nichts.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie können mir glauben, daß er damals, gegen Ende Mai 1934, als Presseattaché nach Wien ging. Und ich möchte nun wissen, ob ihm diese Stellung, die ihm bei seinen Komplotten die diplomatische Immunität sicherte, auf Ihren Befehl oder mit Ihrer Zustimmung übertragen wurde.


VON NEURATH: Wenn Herr Habicht wirklich dort war, so ist es weder mit meinem Wissen noch mit meiner Genehmigung erfolgt, sondern vermutlich durch das Propagandaministerium, dem diese Presseleute unterstanden.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie werden doch zugeben müssen, Angeklagter, daß dies kein sehr erfreuliches Dokument ist. Es beschreibt doch keine sehr erfreuliche Situation. Lassen Sie sich von mir daran erinnern, daß es von Ihrem Ministerialdirektor an Sie gerichtet war, an den Führer weiterging und von Dr. Lammers mit dem Vermerk zurückkam: »Habicht kommt heute«. Sicher...


VON NEURATH: An den Führer?


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ja, ja.


VON NEURATH: Im übrigen, Herr Anklagevertreter, mache ich Sie darauf aufmerksam, daß ja hier immer nur von den österreichischen Nazis die Rede ist. Mit denen hatte ich ja nichts zu tun.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich will Sie vor allem darauf hinweisen, daß dieses Dokument des Auswärtigen Amtes an die Reichskanzlei ging. Es kommt am 6. Juni mit folgender Randbemerkung von Dr. Lammers zurück: »Habicht kommt heute«. Sie müssen doch am 6. Juni genau über Habicht Bescheid gewußt haben. Das ist ja in diesem Bericht erwähnt.


VON NEURATH: Keine Rede. Ich habe diese Notiz, also von Lammers, die bedeutet, daß Habicht zum Reichskanzler kam, und ich habe diesen Bericht meines Ministerialdirektors eben an den [41] Reichskanzler geschickt, um ihm zu zeigen, was für Zustände in Österreich herrschen. Das war der Grund.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Aber erinnern Sie sich, daß Herr von Papen vor einigen Tagen hier ausgesagt hat, und als ich ihn fragte, wer die führenden reichsdeutschen Persönlichkeiten gewesen seien, die Einfluß auf den Putsch in Österreich im Juli 1934 gehabt hätten, dachte er lange Zeit nach, und dann erklärte er, daß die einzige führende reichsdeutsche Persönlichkeit, die seiner Erinnerung nach mit dem Putsch etwas zu tun gehabt habe, gerade dieser Herr Habicht gewesen sei.


VON NEURATH: Ja.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nun mache ich Ihnen zum Vorwurf – ich halte mich damit auf, weil ich diesen Punkt klargestellt haben möchte –, daß Sie am 6. Juni 1934 sehr wohl wußten, daß Herr Habicht diese »führende reichsdeutsche Persönlichkeit« war, die nach den Worten des Angeklagten von Papen die Revolution in Österreich organisiert hat.


VON NEURATH: Aber wie kommen Sie auf eine solche Unterstellung? Herr Habicht ist doch überhaupt gar nicht bei mir gewesen, sondern beim Reichskanzler.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie haben diesen Bericht gesehen. Es ist doch ein Bericht Ihres Ministerialdirektors. Ich habe doch gerade verlesen, was von Wächter dachte?


VON NEURATH: Da steht kein Wort von Herrn Habicht drin.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich habe Ihnen das doch gerade vorgelesen. Darf ich Sie nochmals daran erinnern:

»Das erlösende Wort in dieser Beziehung könne selbstverständlich nur der Führer selbst sprechen. Er, Wächter, sei in all diesen Dingen mit Herrn Habicht vollkommen einig.«

Mit anderen Worten: Wächter bringt dem Auswärtigen Amt sowohl die Absichten Habichts als auch seine eigenen Ansichten zur Kenntnis.

VON NEURATH: Ja, das steht ja drin. Also diese ganzen Terrorakte und Terrorakte und all diese Unruhen, die hier geschildert sind, die habe ich zur Kenntnis des Reichskanzlers gebracht.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nun schauen Sie sich an, was der Bericht weiter unten sagt:

»Als nun aber inzwischen nichts erfolgt sei, auf der anderen Seite die Gegenmaßnahmen der österreichischen Regierung von Tag zu Tag brutaler und einschneidender wurden, hätten sich die radikalen Elemente von neuem geregt und seien mit der Behauptung hervorgetreten, der Kanzler habe seinen Befehl nur aus taktischen Gründen gege ben, sei [42] aber innerlich mit jeder mannhaften Tat der Opposition einverstanden und habe als eigentliches politisches Ziel lediglich die allerdings nach außen hin möglichst unauffällige Schwächung des verhaßten Systems Dollfuß im Auge. Mit diesem Argument werde heute gearbeitet.«

Hören Sie sich nun weiter die Vorschläge an, die er Ihnen macht, die deutlichste Warnung vor Unruhen, die je ein Außenminister gehört hat:

»Immer wieder stoße man bei den Besprechungen auf diese im geheimen weiterglimmende Auffassung. Es müsse bald ein Wandel geschaffen und die einheitliche Führung wiederhergestellt werden. Sonst, so schloß Herr von Wächter seine eindrucksvolle Darstellung, könne jeden Tag ein Unglück geschehen, das außenpolitisch nicht nur für Österreich, sondern vor allem für Deutschland selbst die bösesten Folgen haben würde.«

Und dann, ganz dramatisch, erhält Herr von Wächter mitten im Gespräch telephonisch die Nachricht, er solle lieber nicht nach Wien zurückkommen, da er bei seiner Ankunft verhaftet werden würde. Nach sechs Wochen hat er dann den Putsch durchgeführt, und der Kanzler Dollfuß ist erschossen worden. Erinnern Sie sich jetzt? Hatten Sie nicht Anfang Juni 1934 geahnt, daß in Österreich höchste Gefahr für eine Erhebung und für den Ausbruch von Unruhen bestehe?

VON NEURATH: Ja, aber ganz bestimmt. Das ist doch der Grund, warum ich den Bericht an den Kanzler geschickt habe. Ich konnte doch in Österreich nicht eingreifen.

SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Vielleicht können Sie etwas zu der Frage sagen, die der Angeklagte von Papen nicht klären konnte. Wer waren Ihrer Meinung nach die anderen führenden reichsdeutschen Persönlichkeiten, die hinter dem Dollfuß-Putsch in Österreich standen? Sie sagen, daß Sie es nicht gewesen seien. Wer waren Ihrer Meinung nach diese Persönlichkeiten, von denen Herr von Papen sagte, daß sie mit diesem Dollfuß-Putsch etwas zu tun gehabt hätten?


VON NEURATH: Ich kenne überhaupt keinen. Ich habe nur den Habicht gekannt, und zwar immer als eine Persönlichkeit, gegen die ich bei Hitler Protest einlegte wegen seiner Hetzarbeit. Sonst habe ich keinen Reichsdeutschen gekannt. Das sind alles die österreichischen Nationalsozialisten gewesen, die hier ja bei den Verhandlungen x-mal genannt worden sind, die ich aber nicht kannte.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Die meine ich nicht, ich meine nur die von dem Angeklagten von Papen erwähnten führenden reichsdeutschen Persönlichkeiten und gebe mir alle Mühe herauszufinden, wer das war. Nehmen Sie den gleichen Standpunkt ein [43] wie er, daß der einzige, an den Sie sich erinnern können, der Presseattaché Habicht sei? Ist das alles, womit Sie dem Gerichtshof in dieser Angelegenheit helfen können?


VON NEURATH: Ich habe schon gesagt, und das muß genügen: Ich kenne keinen.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ist es Ihre Ansicht, daß Ihr Gesandter, Dr. Rieth, nichts hierüber gewußt hat trotz der Erklärung des Herrn Messersmith zu diesem Punkt? Glauben Sie, daß Dr. Rieth nichts von dem Putsch wußte?


VON NEURATH: Wie weit Herr Rieth davon unterrichtet war, kann ich nicht sagen. Sie wissen aber, daß ich ihn, wie er sich ostentativ nachher eingesetzt hat, sofort abberufen habe. Im übrigen hatte ich den Gesandten schon immer verboten, sich in diese Angelegenheiten einzumischen.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie hatten wohl keine Bedenken, daß Dr. Rieth alles über den bevorstehenden Putsch wußte?


VON NEURATH: Doch, da habe ich große Bedenken, daß er genau Bescheid wußte. Ich glaube es nicht, denn seiner ganzen Persönlichkeit nach ist er nicht so gewesen.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Jedenfalls haben Sie am 25. Juli gewußt, daß die österreichischen Nationalsozialisten diesen Putsch durchgeführt und Dollfuß ermordet hatten.


VON NEURATH: Das ist ja kein Geheimnis gerade.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Nein; das weiß ich. Viele dieser Dinge waren keine Geheimnisse. Ich interessiere mich vor allem dafür, wann Sie Kenntnis hierüber erhalten haben... wann Sie ausfindig gemacht haben...


VON NEURATH: Nachher, ja.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Hat dies in Ihnen nicht irgendwelche Bedenken aufkommen lassen, weiter in einer Regierung zu bleiben, die ihre Mordpolitik durch Parteielemente in Österreich von der Heimat ins Ausland ausgedehnt hatte.


VON NEURATH: Wenn ich für jeden einzelnen Mörder verantwortlich wäre, für jeden einzelnen deutschen Mörder, der im Auslande sich betätigte, dann hätte ich viel zu tun gehabt, wahrscheinlich.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Aber Sie wußten doch, Herr von Neurath – und ich werde Sie gleich daran erinnern, warum –, daß, seit Hitler Oberhaupt Ihrer Regierung war, die österreichische NSDAP in engen Beziehungen zu ihm stand und nach seinen Befehlen handelte, Sie wußten das doch recht gut?


VON NEURATH: Er war ja der Chef der NSDAP. Daß sie mit ihm zusammenarbeiteten, ist wohl natürlich.


[44] SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ja, jetzt noch ein anderer Punkt...


VON NEURATH: Aber ich möchte nur noch eins sagen: Dagegen habe ich dauernd Vorstellungen bei Hitler erhoben, zusammen mit Herrn von Papen, daß dieser Herr Habicht sich so betätigt.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Wir werden gleich darauf zurückkommen. Ich möchte nur vorher einen Punkt klären. Stimmt das Folgende mit Ihrer Erinnerung überein? Ich habe alle Berichte des Angeklagten von Papen durchgesehen, und außer drei persönlichen Berichten, von denen sich zwei mit Herrn von Tschirschky und der dritte mit einer Beschimpfung Hitlers ohne politische Bedeutung befassen, haben wir 28 Berichte. 19 dieser Berichte sind als Kopien für das Auswärtige Amt bezeichnet. Stimmt es mit Ihrer Erinnerung überein, daß jeweils von vier Berichten des Herrn von Papen drei an Sie gingen, um von Ihnen zur Kenntnis genommen zu werden?


VON NEURATH: Das kann ich heute nicht mehr sagen.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Sie haben ganz recht, Herr von Neurath. Sie können nicht mehr wissen, wie viele an Sie gingen, aber Sie können sagen, Sie hätten eine beträchtliche Anzahl der Berichte Herrn von Papens gesehen. Ich glaube, es waren 19. Sie können es mir glauben, 19 tragen den Vermerk: »Hat dem Auswärtigen Amt vorgelegen«.


VON NEURATH: Das glaube ich Ihnen ohne weiteres, aber die Frage ist nur, wieviel sind mir vorgelegt worden, denn ich bekam ja nicht jeden einzelnen Bericht eines Gesandten oder Botschafters aus dem Ausland vorgelegt. Da wäre ich ja ertrunken in Papier.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Ich bin ganz Ihrer Meinung. Aber ich habe Sie gefragt, ob Sie diese Berichte des Herrn von Papen, der sich doch in einer recht außergewöhnlichen Stellung befand und sich mit einem schwierigen Problem befassen mußte, erhalten haben. Haben Sie eine größere Anzahl von Berichten erhalten, die von Herrn von Papen an Hitler gerichtet waren und an Sie weitergeleitet worden waren?


VON NEURATH: Ich kann nur sagen, daß ich einzelne Berichte bekommen habe, aber durchaus nicht alle. Mehr kann ich Ihnen heute nicht sagen.


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Euer Lordschaft! Jetzt wäre vielleicht ein günstiger Zeitpunkt abzubrechen?


VORSITZENDER: Wir vertagen uns nunmehr.


[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 17, S. 7-46.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Holz, Arno

Phantasus / Dafnis

Phantasus / Dafnis

Der lyrische Zyklus um den Sohn des Schlafes und seine Verwandlungskünste, die dem Menschen die Träume geben, ist eine Allegorie auf das Schaffen des Dichters.

178 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon