Vormittagssitzung.

[404] OBERST AMEN: Angeklagter! Soweit ich mich erinnere, haben Sie ausgesagt, daß Sie von Hitlers Kommandobefehl vom 8. Oktober 1942 bis zu irgendeinem Zeitpunkt im Jahre 1945 keine Kenntnis hatten. Ist das richtig?

KALTENBRUNNER: Ich glaube nicht, daß ich so gesagt habe. Ich glaube, daß es sich hier um den Befehl handelt...


OBERST AMEN: Nach dem Protokoll haben Sie gestern ausgesagt, daß Sie bis zu irgendeinem Zeitpunkt im Jahre 1945 keine Kenntnis von Hitlers Kommandobefehl vom 8. Oktober 1942 hatten. Ist das richtig? Ist das nicht auch jetzt Ihre Ansicht?


KALTENBRUNNER: Ich glaube nicht, daß ich diese Antwort gegeben habe. Der Befehl ist...


OBERST AMEN: Gut, wie verhalten sich nun die Tatsachen? Wann haben Sie das erstemal von diesem Kommandobefehl Hitlers vom 8. Oktober 1942 erfahren? Ich meine den Befehl vom 18. Oktober 1942, nicht vom 8. Wann haben Sie zuerst davon gehört?


KALTENBRUNNER: Das kann ich mit Genauigkeit heute nicht sagen.


OBERST AMEN: Gut.


KALTENBRUNNER: Jedenfalls ist dieser Befehl, wenn ich ihn im Wortlaut vorgelesen bekomme, wahrscheinlich derselbe Befehl, der auch im Wehrmachtsbericht oder in der Presse gestanden hat.


OBERST AMEN: Sehr richtig. Und Sie haben auch die Richtigkeit der Aussage Ihres eigenen Zeugen Mildner über das Bestehen eines Befehls vom Juli oder August 1944 bestritten, demzufolge die Sicherheitspolizei Mitglieder von alliierten Kommandogruppen, nachdem sie verhört worden waren, hinrichten sollte. Das stimmt doch, nicht wahr?


KALTENBRUNNER: Dies bin ich überhaupt nicht gefragt worden.


OBERST AMEN: Gut, verzeihen Sie, aber es macht nichts. Ich zeige Ihnen Dokument 535-PS, das ich als US-807 vorlege. Vor allem möchte ich wissen, ob die Unterschrift unter diesem Dokument von Ihnen stammt, ob es Ihre Handschrift ist.


[Dem Zeugen wird das Dokument überreicht.]


KALTENBRUNNER: Das ist meine Unterschrift, ja.

[404] OBERST AMEN: Das ist also Ihre Unterschrift?


KALTENBRUNNER: Ja.


OBERST AMEN: Sie geben das also zu? Ist das richtig?


KALTENBRUNNER: Das ist meine Unterschrift. Ja.


OBERST AMEN: Nun, in einem Verhör vor Beginn dieses Prozesses haben Sie abgeleugnet, daß dies Ihre Unterschrift sei, nicht wahr?


KALTENBRUNNER: Das glaube ich nicht, nein.


OBERST AMEN: Dann werde ich jetzt Ihre Aussage über diesen Punkt verlesen. Dann können Sie sich vielleicht besser erinnern, ob Sie es abgestritten haben oder nicht:

»Antwort: Aus dem kann nur ersehen werden, daß die Wehrmacht vorhatte, mir einen Brief zu schreiben; ob mit Recht oder nicht mit Recht, und ob ich die richtige Autorität war, ihn zu schreiben, ist sehr fragwürdig. Auf jeden Fall wollte die Wehrmacht mit der Gestapo in Verbindung treten, wie man aus diesem Briefwechsel weiterhin ersehen kann, und ich bin überzeugt, daß ein Offizier der Gestapo, nämlich derjenige, der oben in diesem Brief genannt wird, derjenige ist, der dieses Doku ment 535-PS geschrieben hat.

Frage: Das ist also der Brief, über den Ihnen nichts bekannt ist? Nichtsdestoweniger geht daraus hervor, wie Sie Ihren Wunsch durch den Brief an das OKW durchgesetzt haben. Das ist sehr klar.

Antwort: Aber ich streite ab, daß ich diesen Brief geschrieben habe.

Frage: Nun, haben Sie dies nicht vor einem Augenblick noch gewußt, und jetzt streiten Sie es ab?

Antwort: Ich wußte nicht nur von dem Hitler-Befehl nichts, sondern ich kannte auch diesen Brief nicht.

Frage: Aber Sie geben zu, daß es Ihre Unterschrift ist?

Antwort: Ich habe das nicht gesagt, daß dies meine Unterschrift ist. Ich habe nur gesagt, daß es Ähnlichkeit mit meiner Unterschrift hat, und es ist auch möglich, daß es nur ein Faksimile ist. Ich kann mich an einen Brief mit einem solchen Inhalt, der von mir selbst unterzeichnet worden war, nicht erinnern.

Frage: Würde es Sie mehr überzeugen, wenn Sie das Original sehen würden, das mit Tinte unterzeichnet ist.

Antwort: Ich würde eher überzeugt sein, aber es würde noch nicht beweisen, daß ich mit Tinte unterschrieben habe.«

Haben Sie diese Antworten gegeben, Angeklagter?

[405] KALTENBRUNNER: Das erinnere ich mich natürlich im Wortlaut nicht, ob ich diese Antworten gegeben habe. Aber, Herr Ankläger, ich darf Ihnen noch folgendes erwidern: Die Frage meiner Unterschriften ist natürlich, und zwar immer in der Richtung mich besonders zu verwirren, hundertemal in den Verhören an mich gestellt worden. Ich habe nun heute – ich glaube, daß ich dieses Dokument zum erstenmal hier sehe – sofort erklärt: Ja, das ist meine Unterschrift. Ich kenne doch meine Unterschrift. Ich weiß es doch. Sie haben mir auch Unterschriften vorgelegt, die bestimmt nicht von mir gestammt haben.

Außerdem sehen Sie aus dem Datum des Briefes, 23. Jänner 1945, daß es richtig ist, daß ich 1945, so wie Sie es mir ja auch vorgehalten haben, davon Kenntnis bekommen habe. Ich kann ja von einem Hitler-Befehl, der im Jahre 1942 erlassen worden ist, keine Ahnung haben. Und wenn ich in Ihrem Verhör, das Sie mir jetzt vorgelesen haben, erklärt habe, daß ich diesen Brief nicht geschrieben habe, so bestätigt ja dies allein schon die Chiffre oben, aus der Sie lesen IV A 2a und eine Zahl, die offensichtlich darauf hinweist, daß der Brief selbst in einer Abteilung, die diese Sachbearbeitung unter sich hatte, verfaßt worden ist.

Das ist darunter zu verstehen, daß ich diesen Brief nicht geschrieben habe. Daß er mir vielleicht zur Unterschrift vorgelegt worden ist, unter Tausenden von Schreiben, die ich an einem Tag womöglich einzusehen hatte, das kann ich selbstverständlich nicht bestreiten. Aber Sie können doch daraus nicht den Schluß folgern, daß ich unbedingte Kenntnis vom Vorgang hatte. Sie machen sich ja über den Umfang des Amtes, welches ich in vollkommener Unkenntnis jeder polizeilichen Zusammenhänge übernommen habe, aber nicht um mit diesen Aufgaben polizeiliche Funktionen zu erfüllen, sondern den großen Meldedienst zu organisieren und zu leiten, gar keine Vorstellung.


VORSITZENDER: Antworten Sie auf die Frage und halten Sie keine Reden.

Angeklagter! Ist die Unterschrift auf diesem Dokument vor Ihnen, 535-PS, US-807, nicht genau dieselbe wie Ihre Unterschrift auf Dokument 3803-PS, US-802? Schauen Sie sich nur die zwei Unterschriften an, und sagen Sie dem Gerichtshof, ob sie nicht vollkommen gleich sind?


KALTENBRUNNER: Nein, ich habe nie so unterschrieben, sondern ich habe stets Dr. K. unterschrieben, so wie ich es hier geschrieben habe, auch in einem Brief mit »Du«.


OBERST AMEN: Wie ist es mit der Handschrift? Halten Sie sie für dieselbe, Angeklagter, oder für eine andere?

[406] KALTENBRUNNER: Ja, gewiß ist eine gewisse Ähnlichkeit vorhanden, aber ich glaube, das ist jedem einzelnen schon hier im ganzen Saal passiert, daß wiederholt in seiner Abwesenheit irgendeiner seiner Mitarbeiter einen besonders eilbedürftigen Brief mit seiner Unterschrift ausgestattet hatte.


VORSITZENDER: Oberst Amen, der Gerichtshof wird in der Lage sein, die Unterschrift selbst zu beurteilen.


OBERST AMEN: Sehr gut.

Haben Sie Beweisstück 535-PS vorliegen?


KALTENBRUNNER: Ja.


OBERST AMEN: Sie werden bemerken, daß dieses Schriftstück vom Amt IV A 2a stammt, wie Sie oben links unter dem Kopf »Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD« sehen?


KALTENBRUNNER: Ja, und zuerst haben Sie gesagt, der Brief stamme von mir.


OBERST AMEN: Daß es an das Oberkommando der Wehrmacht gerichtet ist, nicht wahr?


KALTENBRUNNER: Ja.


OBERST AMEN: Und daß es sich auf den Führerbefehl vom 18. Oktober 1942 bezieht, wie auch auf die anderen Führerbefehle, auf die in der Aussage Mildners verwiesen wird, nämlich die Führerbefehle vom 18. August 1944 und vom 30. Juli 1944. Ist das richtig?


KALTENBRUNNER: Herr Ankläger! Ich weiß nicht, daß in diesem Zusammenhang Mildner eine Aussage abgelegt hat; mir ist eine solche Aussage weder bekannt noch vorgelegt worden. Aber ich glaube, daraus beweisen...


OBERST AMEN: Ja, geben Sie zu, daß sich dieses Dokument auf die Führerbefehle vom 18. Oktober 1942, 18. August 1944 und 30 Juli 1944 bezieht? Ja oder nein, bitte.


KALTENBRUNNER: Ja, das steht hier.


OBERST AMEN: So daß Sie am 23. Januar 1945, als Sie diesen Brief geschrieben haben, offensichtlich Kenntnis dieser Verordnungen hatten. Richtig? Ich meine...


KALTENBRUNNER: Das ist insofern nicht richtig, als für mich der hervorspringendste Punkt in diesem Brief in der sechst-, fünft- und viertletzten Zeile liegt, da steht nämlich, daß sie ohnehin keinen Anspruch auf Vergünstigung für Kriegsgefangene nach der Genfer Konvention erheben können. Wenn ich also in einem unbeschreiblich dichtgedrängten Arbeitsgang meiner Tätigkeit schon diesen Brief vorgelegt bekommen habe, liegt es nahe, daß mein erster Blick auf [407] den Platz fällt, wo ich zu unterschreiben habe und ich die letzten Zeilen lese. Hier...


VORSITZENDER: Angeklagter! Das ist keine Antwort auf die Frage. Die Frage lautete, ob Ihnen die Befehle vom 18. Oktober 1942, vom 30. Juli 1944 und vom 18. August 1944 bekannt waren, als Sie diesen Brief schrieben. Kannten Sie sie, ja oder nein?


KALTENBRUNNER: Nein, diese Befehle kannte ich nicht, Hohes Gericht.


VORSITZENDER: Gut...


KALTENBRUNNER: Aber ich bitte schon, mich das doch noch abwehren zu lassen. Für mich war es klar, daß es sich hier um eine Stellungnahme hinsichtlich Agenten handeln mußte, die nicht unter die Bestimmungen der Genfer Konvention als Kriegsgefangene fallen, und das Recht einer kriegführenden Macht können Sie doch nicht bestreiten, Männer, die nicht unter die Kriegskonvention von Genf fallen, auch sicherheitspolizeilich zu verfolgen. Das ist ja das gute Recht jeder kriegführenden Macht; es sind doch auch deutsche Agenten, die sich in England oder in anderen Staaten feindselig betätigt haben...


VORSITZENDER: Angeklagter, Sie sind ja nicht hier, um über diesen Fall zu argumentieren, Sie sind hier, um Fragen zu beantworten.


OBERST AMEN: Angeklagter! Sie haben ausgesagt, daß Sie von dem Fall der britischen Flieger, die aus dem Stalag Luft III entflohen waren, zum ersten Male im März 1944 Kenntnis erhielten, also ungefähr sechs Wochen, nachdem die Flucht stattgefunden hatte. Nicht wahr? Stimmt das?


KALTENBRUNNER: Ja, jetzt nehme ich an, es war sechs Wochen nachher, jedenfalls in dem Augenblick, in dem zufolge der Unterhausrede das Auswärtige Amt Stellung nahm und die Amtschefs sich an mich gewandt haben, die ich dann an Himmler verwiesen habe.


OBERST AMEN: Aber als Sie vor dieser Verhandlung über die Sache verhört wurden, haben Sie wie folgt ausgesagt, nicht wahr?

»Frage: Sie erinnern sich doch an den Fall von den 80 britischen Fliegern, die im März 1944 aus dem Stalag Luft III entkamen?

Antwort: Dieser Fall ist mir unbekannt.

Frage: General Westhoff versuchte, von der Gestapo zu erfahren, was mit diesen Leuten geschehen war.

Antwort: Wenn er Verhandlungen mit der Gestapo hatte, so hatte er nicht mit mir verhandelt.

Frage: Was sagen Sie zu dem allgemeinen Vor schlag, daß entflohene Gefangene der Gestapo übergeben werden sollten?

[408] Antwort: Solche Fälle sind mir nicht bekannt.«

Haben Sie diese Antworten gegeben, ja oder nein?

KALTENBRUNNER: Kann sein, daß ich sie gegeben habe, aber ich mache Sie aufmerksam, ich bin durch diese Fragestellung natürlich vollkommen irregeführt gewesen, ich habe von 80 entsprungenen Fliegern auch wirklich nie etwas gehört gehabt. Es ist ja auch hier nur von 50 gesprochen worden.

OBERST AMEN: Zu Ihrer Information: 80 sind entflohen und 50 wurden getötet.


KALTENBRUNNER: Und außerdem hat General Westhoff hier ja festgestellt, daß er nicht mit mir über die Saganer Fälle gesprochen hat, sondern versucht hat, von der Staatspolizei das zu bekommen, daß er mit mir hinsichtlich der Übernahme des Kriegsgefangenenwesens durch den Befehlshaber des Ersatzheeres, Himmler, gesprochen hat, und daß bei dieser Gelegenheit auch auf Sagan hingewiesen wurde.


OBERST AMEN: Nun, Angeklagter, Sie haben ausgesagt, daß Sie keinerlei Kenntnis der Tatsache hatten, daß Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD in der Sowjetunion tätig waren. Sie hatten auch noch lange Zeit keine Kenntnis davon, nachdem Sie im Januar 1943 Chef des Reichssicherheitshaupt amts geworden waren. Ist das richtig?


KALTENBRUNNER: Ja.


OBERST AMEN: Und Sie behaupten noch immer, daß das richtig ist?


KALTENBRUNNER: Ja.


OBERST AMEN: Sie bestreiten, daß Sie, nachdem Sie bereits lange Chef des Reichssicherheitshauptamts geworden waren, davon gewußt hätten, daß diese Einsatzgruppen die Vernichtung von Juden in der Sowjetunion durchrührten?


KALTENBRUNNER: Das ist mir erst bei meiner grundsätzlichen Auseinandersetzung mit Hitler und Himmler, ich glaube spät 1943, wahrscheinlich erst November, bekanntgeworden.


OBERST AMEN: Und Sie geben zu, nehme ich an, daß Sie im Jahre 1942 Höherer SS- und Polizeiführer in Österreich waren. Geben Sie das zu?


KALTENBRUNNER: Jawohl.


OBERST AMEN: Und Schirach war Reichsverteidigungskommissar in Wien zu derselben Zeit, nicht wahr?


KALTENBRUNNER: Das weiß ich nicht, wann er es geworden ist. Ich muß aber darauf hinweisen, daß die Höheren SS- und Polizeiführer in drei verschiedenen Etappen ihre Vollmacht, die sie [409] zum Schluß hatten, bekommen haben. Im Jahre 1941, als ich Höherer SS-und Polizeiführer geworden bin, war der Vollmachtsbereich eines solchen bedeutend kleiner als am Schlusse des Krieges.


OBERST AMEN: Hoher Gerichtshof! Ich habe hier ein Dokument, das mit Flugzeug erst gestern hierhergekommen ist, von dem wir nur ein Originalexemplar besitzen, und das daher noch nicht übersetzt werden konnte. Ich habe daher die Anordnung getroffen, daß der Dolmetscher – wenn es dem Gerichtshof recht ist – Auszüge aus diesem Originaldokument, das aus den persönlichen Akten Schirachs aus Wien stammt, verliest, und das Originaldokument dem Gerichtshof dann überreicht, damit es so schnell wie möglich amtlich vorgelegt werden kann. Oder wünscht der Gerichtshof vielleicht das Dokument zuerst zu sehen? Es ist ein Originaldokument.


VORSITZENDER: Sie wollen es vorlesen, so daß es in deutscher Sprache durchkommt?


OBERST AMEN: Ja, Herr Vorsitzender.


VORSITZENDER: Sehr gut.


OBERST AMEN: Es ist das Dokument 3876-PS. Es ist ein Bericht, der von Heydrich an alle Höheren SS-und Polizeiführer und an die Reichsverteidigungskommissare über die Tätigkeit der Einsatzgruppen in der USSR während des Monats Januar 1942 gesandt wurde, und auf den Verteilerlisten erscheint der Name dieses Angeklagten. Wollen Sie bitte US-808 verlesen?


DOLMETSCHER: Das Dokument hat auf der rechten Seite oben die Initialen in Tinte »Sch« und dann mehrere Aktenzeichen: »Z-RV-K 4030-519/41g« und darunter »1320 C«. Links oben steht:

»Der Höhere SS- und Polizeiführer bei den Reichsstatthaltern in Wien, in Ober- und Niederdonau im Wehrkreis XVII.

Der Inspekteur der Ordnungspolizei.«

Darunter folgen wieder mehrere Aktenzeichen.

Das Dokument ist überschrieben: »Geheim« und trägt das Datum »Wien, den 14. Oktober 1941. Betrifft: Erfahrungsberichte über die bisherigen Kämpfe im Osten.«

VORSITZENDER: Ist das richtig? 14. Oktober 1941?

DOLMETSCHER: Ja, 14. Oktober 1941.


VORSITZENDER: Das Datum, das früher angegeben wurde, war Januar 1942. Wie erklären Sie das?


OBERST AMEN: Es erstreckt sich über den ganzen Monat. Es gibt zwei verschiedene Dokumente. Sie haben das Datum des einen genannt. Das andere Dokument trägt ein anderes Datum, nicht wahr?


DOLMETSCHER: Ja, das ist richtig.


[410] OBERST AMEN: Geben Sie das Datum des anderen Dokuments an, damit das Protokoll in Ordnung ist.


VORSITZENDER: Oberst Amen, wir werden es verstehen, wenn wir das Dokument sehen.


OBERST AMEN: Ja, Herr Vorsitzender. Fahren Sie fort.


DOLMETSCHER: Das Datum des zweiten Dokuments ist 23. April 1942.


OBERST AMEN: Fahren Sie fort.


DOLMETSCHER: Ich setze fort:

»Betrifft: Erfahrungsberichte über die bisherigen Kämpfe im Osten. Bezug:« – und dann folgen eine Reihe von Aktenzeichen.

»Vorstehenden Erlaß des Reichsführers-SS und Chefs der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern mit je einer Abschrift der Erfahrungsberichte des Heeresgruppenkommandos Nord und der SS-Polizei-Division übersende ich zur Kenntnisnahme und gefl. Auswertung. Im Auftrage: unterzeichnet ›Miegel‹.«


OBERST AMEN: Wollen Sie bitte zur Verteilerliste übergehen und sehen Sie, ob sie den Namen des Angeklagten enthält.

DOLMETSCHER: Der Name des Angeklagten ist auf dieser Verteilerliste nicht enthalten. Ich lese nun das nächste Dokument.


OBERST AMEN: O ja, er ist darauf.


DOLMETSCHER: Nein, er ist nicht auf diesem Dokument enthalten. Ich lese nun das zweite.

»Berlin, den 27. Februar 1942

Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD IV A 1«

und dann folgen einige Aktenzeichen.

»Geheime Reichssache

Betrifft: Tätigkeits- und Lagebericht Nr. 9 der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD in der UdSSR.

Als Anlage...«


OBERST AMEN: Einen Augenblick, bitte. Er liest das falsche Dokument, Herr Vorsitzender. Wir werden das gleich in Ordnung gebracht haben.

DOLMETSCHER: Mir wurde gesagt, daß ich das richtige Dokument verlese. Es ist das richtige. Ich setze fort:

»Als Anlage übermittle ich den neunten zusam menfassenden Lagebericht über die Tätigkeit der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD in der UdSSR. Die Lageberichte werden in Zukunft laufend übersandt.

gez. Heydrich.«

[411] Dann ist hier ein Stempel »Der Reichsverteidigungskommissar für den Wehrkreis XVII, eingelangt am 5. März 1942«. Dann folgt der Verteiler, und an 13. Stelle des Verteilers befindet sich: »An den Höheren SS- und Polizeiführer SS-Gruf. Dr. Kaltenbrunner«.

OBERST AMEN: Sein Name steht auf der Liste, nicht wahr? Wenn Sie jetzt bitte auf Teil »C« im Dokument übergehen wollen.

DOLMETSCHER: Ich lese nun auf Seite 9 des Dokuments einen Auszug unter dem Titel: »C. Juden«:

»Die Haltung der Juden ist nach wie vor eindeutig deutschfeindlich und kriminell.

Es wird angestrebt, das Ostland möglichst vollständig von Juden zu säubern. Die Erschießungen werden überall so durchgeführt, daß sie in der Öffentlichkeit kaum bemerkt werden. In der Bevölkerung und selbst bei den zurückgebliebenen Juden ist vielfach die Überzeugung verbreitet, daß die Juden lediglich umgesiedelt worden sind.

Estland ist bereits judenfrei.

In Lettland wurde die Zahl der in Riga verbliebenen 29500 Juden auf 2500 verringert. In Düna burg leben noch 962 Juden, die für den Arbeitseinsatz dringend erforderlich sind.«

Ich überspringe nun mehrere Absätze und setze fort:

»In Litauen befinden sich nunmehr noch in Kauen 15000, in Schaulen 4500 und in Wilna weitere 15000 Juden, die ebenfalls für den Arbeitseinsatz benötigt werden.

In Weißruthenien ist die Säuberung von Juden im Gange.

Die Zahl der Juden in dem bisher der Zivilverwaltung übergebenen Teil beläuft sich auf 139000 Juden. 33210 Juden wurden inzwischen von der Einsatzgruppe der Sicherheitspolizei und des SD erschossen.«

Ich überspringe nun den Rest dieses Auszuges und setze mit der Verlesung eines anderen Dokuments fort, das das Datum »Berlin, den 23. 4. 1942« und ein unleserliches Initial in Tinte zeigt. Es ist überschrieben »Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD, IV A 1« und mehrere Aktenzeichen. Es ist überschrieben mit »Geheime Reichssache«.

Auf diesem Dokument, das gezeichnet ist von Heydrich, und das das Eingangsdatum des 28. April 1942 trägt, befindet sich auf dem Verteiler an 14. Stelle folgender Vermerk:

»An den Höheren SS- und Polizeiführer SS-Gruf. Dr. Kaltenbrunner Wien.«

Ich gehe nun auf Seite 11 des Gesamtberichts über und lese einen Auszug unter der Überschrift »C. Juden«.

[412] »Die Arbeitsweise bei der Bereinigung der Judenfrage war in den verschiedenen Frontabschnitten eine durchaus unterschiedliche.

Da das Ostland zum größten Teil judenfrei ist und die wenigen noch vorhandenen Juden, die für den dringendsten Arbeitseinsatz benötigt werden, ghettoisiert sind, lag hier die Aufgabe der Sicherheitspolizei und des SD in der Erfassung der sich meistens auf dem Land verborgen haltenden Juden. Mehrfach wurden auch Juden ergriffen, die sich unerlaubt aus dem Ghetto entfernt hatten oder den Judenstern nicht trugen. In Riga wurden u. a. drei aus dem Reich in das Ghetto überstellte Juden, die ausgebrochen waren, erfaßt und im Ghetto öffentlich erhängt.

Bei größeren Judenaktionen wurden in Minsk 3412, in Wilejka 302 und in Baranowitschi 2007 Juden erschossen.«

Ich überspringe nun drei Absätze und fahre fort:

»In den übrigen Gebieten der Ostfront bestand die Aufgabe der Sicherheitspolizei und des SD neben dem Vorgehen gegen einzelne politisch oder kriminell in Erscheinung getretene Juden in der allgemeinen Bereinigung größerer Ortschaften. So wurden allein in Rakow 15000 und in Artenowsk 1224 Juden erschossen, so daß diese Orte judenfrei sind.

Auf der Krim wurden 1000 Juden und Zigeuner exekutiert.«


OBERST AMEN: Angeklagter! Haben Sie noch immer die Kühnheit, diesem Gerichtshof zu erzählen, daß Sie nichts von der Tätigkeit dieser Einsatzgruppen wußten, bis Sie als Chef das RSHA übernommen haben?

KALTENBRUNNER: Auf dem Dokument ist ganz oben links klar erkenntlich »Der Höhere SS- und Polizeiführer...«


VORSITZENDER: Antworten Sie auf die Frage. Sie können das Dokument später lesen. Behaupten Sie noch immer, daß Sie nichts von diesen Einsatzgruppen wußten?


KALTENBRUNNER: Ich habe vom Inhalt dieses Dokuments keine Kenntnis. Ich verweise darauf, daß der Inspekteur der Ordnungspolizei die Dienststelle ist, die diesen Brief am 22. Oktober 1941 abgesandt hat. Erfahrungsberichte über Kämpfe im Osten, über Einsätze der Sicherheitspolizei und SD, die in dieser Zeit verfaßt worden sind, sind erstens auf Befehle Himmlers oder Heydrichs zurückgehend und nicht auf meine Befehle. Dieses Dokument kann keineswegs beweisen, wie ich selbst zu dieser gesamten Frage gestanden bin. Wenn im Verteiler alle Höheren SS- und Polizeiführer und alle Dienststellen aufgeführt sind, an die diese Erfahrungsberichte gesandt worden sind, erblicke ich darin nicht den Beweis, [413] daß auch die Dienststellen – nämlich alle Männer, die in diesen Dienststellen gewesen sind – unbedingt auch Kenntnis haben mußten davon. Sie können nicht annehmen, daß Berichte über Gebiete, in denen der Betreffende aber auch gar keine Zuständigkeit und Einwirkungsmöglichkeit besitzt, auch faktisch zur Kenntnis genommen werden. Daß diese Verbrechen im Osten geschehen sind, daran ist ja heute gar nicht zu zweifeln. Es ist aber zu untersuchen, ob ich intellektuell, gesetzgeberisch, führungsmäßig irgendwelchen Einfluß darauf genommen habe, ob ich sie gebilligt habe, ob ich die Möglichkeit hatte, sie abzustellen; dies muß ich restlos verneinen.


OBERST AMEN: Angeklagter! Das war nur ein Dokument aus einer regelmäßigen Serie monatlicher Berichte, von denen eine Abschrift jeden Monat an Sie ging. Ist das eine Tatsache, ja oder nein?


KALTENBRUNNER: Das weiß ich nicht, wie oft solche Berichte gekommen sind. Ich sehe diesen Bericht heute zum erstenmal hier. Daß Erfahrungsberichte über alle Kampfgebiete, sei es über Sicherheitspolizei, sei es über Ordnungspolizei-Einsatz, sei es über Wehrmachtserfahrungen gekommen sind und ausgeteilt wurden im gesamten Reich, das ist natürlich nicht zu bestreiten.


OBERST AMEN: Gut, das genügt mir.

Wußten Sie etwas von einem Brief, der von Ihrem Anwalt geschrieben wurde, der für diesen Prozeß Beweismaterial zu Ihren Gunsten suchte?


KALTENBRUNNER: Ich habe mit meinem Verteidiger über einen solchen Brief bis heute nicht gesprochen. Ich bitte ihn zu befragen, ob er mir von diesem Brief Mitteilung gemacht hat.


OBERST AMEN: Nun, ist es Ihnen nicht bekannt, daß Ihr Anwalt einen Brief an das Bürgermeisteramt in Oranienburg bei Berlin schrieb und eine Antwort des Bürgermeisters erhielt, die zu Ihrer Entlastung dienen sollte?


KALTENBRUNNER: Nein, fragen Sie ihn bitte, er hat mir davon keinerlei Mitteilung gemacht.


OBERST AMEN: Nun, dann muß ich Sie auf Dokument...


VORSITZENDER: Oberst Amen! Haben Sie das Recht, sich in berufliche Angelegenheiten zwischen dem Angeklagten und seinem Verteidiger einzumischen?


OBERST AMEN: Ich glaube ja, in diesem Fall, Herr Vorsitzender, denn der Brief ist uns vom Empfänger direkt zugesandt worden in der Erwartung, daß dieser Brief hier von uns verwendet würde. Es ist keine vertrauliche Mitteilung. Es war ein Brief...


VORSITZENDER: Wollen Sie dem Gerichtshof den Brief vorlegen?


[414] OBERST AMEN: Ja.


DR. KAUFFMANN: Herr Präsident! Ich höre von dem Sachverhalt heute zum ersten Male. Darf ich vielleicht das Dokument, wenn es an mich gerichtet sein sollte, einen Augenblick einsehen, bevor es Gegenstand dieser Verhandlung wird?


OBERST AMEN: Selbstverständlich.


VORSITZENDER: Sicherlich, geben Sie es ihm zur Einsicht.


OBERST AMEN: Herr Vorsitzender...


DR. KAUFFMANN: Darf ich das aufklären?


VORSITZENDER: Wir wollen Oberst Amen zuerst sprechen lassen, denn er will das Dokument vorlegen.


DR. KAUFFMANN: Darf ich zunächst etwas sagen?


VORSITZENDER: Ja, Dr. Kauffmann, was haben Sie zu sagen?


DR. KAUFFMANN: Der Gerichtshof wird vielleicht schon gemerkt haben, daß ich eine besondere...


VORSITZENDER: Wir haben das Dokument noch nicht gesehen.


DR. KAUFFMANN: Ich habe das Dokument gesehen.


VORSITZENDER: Ich habe gesagt, daß wir es noch nicht gesehen haben. Wir haben Ihnen gestattet, daß Sie es sich zuerst ansehen, so daß Sie, bevor wir es sehen, alle erforderlichen Einwendungen machen können, und dann werden wir es uns ansehen.


DR. KAUFFMANN: Ja, Herr Präsident, ich bin der Auffassung, daß das ein nicht fairer Eingriff in die Rechte und in die Pflichten der deutschen Verteidigung ist. Die ganze Welt kann dieses Dokument lesen. Es ist eine Anfrage von mir an das Bürgermeisteramt in Oranienburg. Oranienburg ist ein großes Konzentrationslager gewesen. Da ich besonders im Rahmen unserer Absprache mit den Kollegen die Aufgabe hatte, diese Fragen der »Kenntnis des deutschen Volkes« zu klären, habe ich diesen Brief an das Bürgermeisteramt gerichtet und Fragen gestellt, die jeder Mensch lesen kann, mit der Bitte, man möge mir auf diese Fragen Antwort geben. Ich habe beabsichtigt, gegebenenfalls diese Antworten dem Gericht zu unterbreiten. Dieselben Fragen sind an andere Städte gegangen. Ich habe diese Dokumente bereits zur Übersetzung eingereicht und werde sie später dem Gericht überreichen. Aber es ist ein unmöglicher Zustand, daß ein Brief eines Verteidigers und die an den Verteidiger ergangene Rückantwort hier von der Anklage geöffnet wird.


VORSITZENDER: Einen Augenblick. Das Dokument, das Oberst Amen als Beweismittel vorlegt, ist weder Ihr Brief an den Bürgermeister in Oranienburg noch dessen Antwort an Sie.


[415] OBERST AMEN: O ja, es ist die Antwort.


VORSITZENDER: Verzeihen Sie, ich glaubte, Sie sagten, es sei ein Brief, der an die Anklagebehörde gesandt wurde?


OBERST AMEN: Ich sagte, daß eine Abschrift an unsere Anklagebehörde gesandt wurde, nicht nur vom Empfänger – soweit ich es verstehe, – es war kein Begleitbrief dabei –, sondern sie ist auch an die Britische Anklagebehörde gegangen in einem vom 2. April 1946 datierten Brief von Major Wurmser.


VORSITZENDER: Ich verstehe jetzt. Ich glaube, Sie haben vorher nicht gesagt, daß es sich um eine Abschrift handelt. Ich habe es so verstanden, daß es durch einen Irrtum an Sie gesandt worden wäre. Wenn es die Abschrift eines Briefes ist, der an Dr. Kauffmann gesandt wurde, dann ist es ja ganz klar, was es ist.


OBERST AMEN: So fasse ich es auf, Herr Vorsitzender. Es ist eine Abschrift seines Briefes; mir ist aber keineswegs bekannt, daß es sich um eine Vertrauenssache handelt...


VORSITZENDER: Was meinen Sie mit: eine Abschrift seines Briefes? Meinen Sie des Briefes, der an Dr. Kauffmann gesandt wurde?


OBERST AMEN: Eine Abschrift des von Dr. Kauffmann an den Bürgermeister von Oranienburg gesandten Briefes und der Antwort des Bürgermeisters an Dr. Kauffmann. Wenn Sie die Antwort lesen, Herr Vorsitzender, werden Sie verstehen, wieso sie direkt an uns zur Kenntnisnahme ging.


DR. KAUFFMANN: Darf ich noch etwas dazu sagen, nur zwei, drei Sätze, bitte?

Ich sehe in der Vorlage dieser beiden Dokumente einen ganz besonders schweren Eingriff in die Rechte der Verteidigung. Es ist der Verteidigung nicht möglich gewesen, in Dokumente der Anklage hineinzusehen, und es würde uns nie der Gedanke gekommen sein, Dokumente der Anklage, die zu unseren Gunsten sprechen, dem Gericht vorzulegen. Es ist ausschließlich eine Beziehung zwischen mir als Absender und der absendenden Stelle wieder an mich zurück; wie darf hier die Anklage sich in derartige ganz persönliche Beziehungen einmischen? Ich glaube nicht, daß das fair ist.


OBERST AMEN: Verzeihen Sie, Herr Vorsitzender. Ich glaube, ich kann diese ganze Sache wohl aufklären. Dies ist ein Brief vom 2. April 1946 von Major Wurmser an die Britische Anklagebehörde und er lautet wie folgt:

»In der Anlage finden Sie den Originalbriefwechsel bezüglich Oranienburg. In Übereinstimmung mit Ihrem [416] Ersuchen habe ich festgestellt, daß dieser Briefwechsel in folgender Weise empfangen wurde:

Er war an die Anklagevertretung adressiert und wurde dem Generalsekretär übermittelt. Das Original wurde anscheinend direkt an Dr. Kauffmann gesandt, und zwar hat der Absender, der Bürgermeister von Oranienburg, ein Herr Klaußmann, gleichzeitig einen Durchschlag an die Anklagevertretung gesandt, die nicht nur seine Antwort enthielt, sondern auch eine Abschrift des Briefes, den Dr. Kauffmann an ihn gerichtet hatte.«


VORSITZENDER: Ich glaube, wir verstehen jetzt den Sachverhalt.

OBERST AMEN: Ich glaube, er wurde gerade zu dem Zweck an die Anklagevertretung gesandt, zu dem ich ihn zu verwenden beabsichtige.


VORSITZENDER: Oberst Amen! Mit welcher Begründung behaupten Sie, ganz abgesehen von der Frage des zwischen Verteidiger und seinem Klienten bestehenden Vorrechts, daß dieses Dokument – offenbar ein von einer Privatperson an Dr. Kauffmann gerichteter Brief, von dem eine Abschrift an Sie gesandt wurde – überhaupt ein Beweismittel ist?


OBERST AMEN: Herr Vorsitzender! In diesem Dokumentenbuch des Angeklagten ist nämlich ein Brief enthalten, der sich genau auf denselben Punkt bezieht, das heißt, der Angeklagte hat diese Frage zu seiner eigenen Verteidigung aufgeworfen. Er hat den Brief nicht gelesen.


VORSITZENDER: Darum geht es hier nicht. Dieser Brief an Dr. Kauffmann, von welchem Sie eine Abschrift haben, ist, soweit ich sehe, keine eidesstattliche Erklärung.


OBERST AMEN: Nein, es ist keine eidesstattliche Erklärung.


VORSITZENDER: Wie kann es dann Beweismittel sein? Der Zeuge ist nicht hier.


OBERST AMEN: Es hat den gleichen Beweiswert, wie so viele andere Briefe auch, die hier zum Beweis vorgelegt werden. Ich glaube, daß es viel mehr Beweiswert hat, als die meisten anderen vorgelegten Briefe, denn es ist ein Brief einer Amtsperson, eines Bürgermeisters, der die Sache untersucht hat und meiner Ansicht nach einen der wichtigsten Punkte in dieser ganzen Sache festgestellt hat, nämlich ob...


VORSITZENDER: Nein, ich möchte im Augenblick nichts über den Inhalt des Briefes hören.


OBERST AMEN: Meiner Meinung nach ist es wichtiger als alles andere in diesem Prozeß, daß dieser Brief dem Gerichtshof vorgelegt [417] wird und er gehört zur Sache besonders da... Aber, Sie wünschen nicht, daß ich darüber jetzt spreche,... besonders wenn es sich um etwas handelt, was der Angeklagte zu seiner eigenen Verteidigung vorzulegen beabsichtigte und was jetzt...


VORSITZENDER: Aber er hat es nicht zu seiner eigenen Verteidigung vorlegen wollen.


OBERST AMEN: Nun, ich sage, daß er beabsichtigte, diese Frage durch Aufnahme dieses Briefes in sein Dokumentenbuch vorzubringen, so daß selbst, wenn es sonst nicht erheblich wäre, es ganz bestimmt erheblich wird, wenn der Angeklagte gerade diese Frage in seinen eigenen Dokumenten aufwirft. Aber ganz abgesehen davon scheint es mir eine der wichtigsten Fragen in diesem Falle zu sein.

Ich werde darüber nicht mehr sprechen, da Sie, Herr Vorsitzender, dies nicht wünschen, aber ich kann mir kaum etwas Wichtigeres denken als die Frage, die da in Form einer amtlichen Mitteilung vorgelegt wird.


VORSITZENDER: Oberst Amen, die einzige Frage, die ich gestellt habe, war, wieso dieses Dokument, das keine eidesstattliche Erklärung ist, gültiges Beweismittel werden kann. Hat der Zeuge, der im Kreuzverhör vernommen wird, es gesehen?


OBERST AMEN: Es kann als eine offizielle Mitteilung angesehen werden an seinen Verteidiger. In Ausübung seiner Amtspflichten als Bürgermeister war es ein Teil seiner Aufgaben...


VORSITZENDER: Ja, Dr. Kauffmann?


DR. KAUFFMANN: Herr Präsident! Ich will jetzt nicht zur prozessualen Frage sprechen, sondern nur noch bemerken, daß dieser Brief...


VORSITZENDER: Einen Augenblick, bitte.


DR. KAUFFMANN: Ich möchte mich nicht mehr verbreiten über die eben angeschnittene prozessuale Frage, sondern betonen, daß diese beiden Dokumente mit dem Fall Kaltenbrunner als solchem nichts zu tun haben. Wie ich eben schon sagte, kann jeder dieses Dokument einsehen, aber weil dieses Dokument mit Kaltenbrunner nichts zu tun hat, hat es von vornherein keinerlei Beweiswert.


OBERST AMEN: Es hat noch darüber hinausgehenden Beweiswert, Herr Vorsitzender, da, wenn die Dinge, auf die sich dieser Brief bezieht, den Leuten in Oranienburg bekannt waren, wie in dem Briefe geschildert wird, dann muß sicherlich auch die Person die in Deutschland die Stelle eines Chefs des Reichssicherheitshauptamtes einnimmt, soviel Kenntnis davon haben, wie der kleinste Mann dieses Ortes gehabt zu haben scheint.


[418] VORSITZENDER: Der Gerichtshof unterbricht die Verhandlung.


[Pause von 10 Minuten.]


VORSITZENDER: Der Gerichtshof hat entschieden, daß das Dokument unzulässig ist.

OBERST AMEN: Das hätte mein letztes Dokument sein sollen, Herr Vorsitzender, daher ist das Kreuzverhör beendet, bis auf einen Punkt. Wir haben einen Zeugen namens Höß, der zur Entlastung des Angeklagten vorgeladen wird, und über den ich zwei Beweisstücke vorlegen möchte. Sollte er jedoch nicht gerufen werden, dann möchte ich diese zwei Beweisstücke über den Angeklagten vorlegen. Ich möchte daher gern wissen, ob wir eine definitive Erklärung haben können, ob Höß von der Verteidigung als Zeuge vorgeladen wird oder nicht.


VORSITZENDER: Dr. Kauffmann, beantragen Sie Höß vorzuladen?


DR. KAUFFMANN: Ja.


VORSITZENDER: Also ja.


DR. KAUFFMANN: An den Angeklagten habe ich keine Fragen mehr.


VORSITZENDER: Ich habe nicht verstanden, was Sie gesagt haben, Dr. Kauffmann.


DR. KAUFFMANN: Ich habe keine Frage mehr.


VORSITZENDER: Dann kann der Angeklagte auf seinen Platz zurückgehen.


OBERJUSTIZRAT L. N. SMIRNOW, HILFSANKLÄGER FÜR DIE SOWJETUNION: Einen Augenblick bleiben Sie.

Herr Vorsitzender! Wir haben ein paar Fragen an den Angeklagten zu stellen.


VORSITZENDER: Oberst Smirnow! Wir waren der Auffassung, daß die Anklagevertreter sich dahingehend geeinigt haben, nur ein Kreuzverhör mit dem Angeklagten Kaltenbrunner vorzunehmen.


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Wir bitten den Gerichtshof um Erlaubnis, ein paar Fragen an den Angeklagten stellen zu dürfen, welche nicht viel Zeit in Anspruch nehmen werden, jedoch zur Stellung weiterer Fragen notwendig sind.


VORSITZENDER: Nach Ansicht des Gerichtshofs sollten die Anklagevertreter sich vorher entscheiden, welche Fragen unbedingt nötig sind, und sie dann von dem Anklagevertreter stellen lassen, der das Kreuzverhör vornimmt. So wollten wir das Verfahren durchführen.

[419] Sir David! Als wir mit Ihnen über diese Angelegenheit sprachen, haben Sie uns doch mitgeteilt, daß alle Anklagevertreter übereingekommen sind, daß bei diesem Angeklagten das Kreuzverhör nur von einem vorgenommen wird?


SIR DAVID MAXWELL-FYFE: Herr Vorsitzender! So lautete die Übereinkunft. Ich verstehe jedoch, daß die Sowjetische Delegation besondere Fragen berühren will, und sie wollte den Gerichtshof daher ersuchen, ausnahmsweise zu gestatten, diese Fragen zu stellen. Das wurde mir von meinem sowjetischen Kollegen eben mitgeteilt.


VORSITZENDER: M. Dubost?


M. CHARLES DUBOST, STELLVERTRETENDER HAUPTANKLÄGER FÜR DIE FRANZÖSISCHE REPUBLIK: Meine Ausführungen werden sehr kurz sein, Herr Vorsitzender. Im Prinzip hat die Anklagebehörde einen Sprecher für das gesamte Verhör ernannt, aber es ist unmöglich, daß das ganze Verhör durch einen einzigen Vertreter der Anklagebehörde durchgeführt wird, denn wir vertreten hier vier verschiedene Nationen, deren Interessen sich zwar nicht widersprechen, aber doch voneinander verschieden sind. Der einzig befugte Sprecher für die Interessen jeder Nation kann nur der Vertreter dieser Nation sein. Ich denke daher, daß der Gerichtshof im Hinblick auf diese Erklärungen uns ausnahmsweise gestatten wird, von Zeit zu Zeit Fragen zu stellen, wenn wir darum ersuchen.


VORSITZENDER: M. Dubost! Sie wollen doch nicht beantragen, noch ein drittes Kreuzverhör zuzulassen? Sie sprechen doch nur ganz allgemein?


M. DUBOST: Herr Vorsitzender! Es handelt sich hier um eine grundsätzliche Frage. Die Anklagevertretung will sich kurz fassen, um die Verhandlung nicht aufzuhalten, bittet aber den Gerichtshof, eine Intervention zuzulassen, wenn es zur Wahrung der Interessen des Landes notwendig ist.

Ich persönlich werde keine Fragen stellen, die mir im Laufe des Verhörs durch meine Kollegen aus den Vereinigten Staaten etwa eingefallen sind. Ich möchte die Verhandlung nicht verlängern. Aber ich bin der Ansicht, daß der Gerichtshof es uns grundsätzlich freistellen könnte, Fragen zu stellen, die unsere Länder betreffen, da wir allein zuständig sind, die Interessen unserer Länder zu vertreten. Diese Kompetenz können wir nicht auf einen unserer Kollegen übertragen.


VORSITZENDER: Oberst Smirnow! Können Sie dem Gerichtshof mitteilen, was für Fragen oder was für besondere Punkte Sie in diesem Kreuzverhör berühren wollen?


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Gestern hat der Angeklagte in Beantwortung der Fragen von Oberst Amen seine Teilnahme an der [420] Vernichtung der Juden im Warschauer Ghetto abgeleugnet und hervorgehoben, daß der Polizeichef im besetzten Polen, Krüger, angeblich Himmler direkt unterstellt war und mit ihm, Kaltenbrunner, in keiner Verbindung stand. In den polnischen Dokumenten, die mir soeben vorgelegt worden sind, und wegen denen die Sowjetische Delegation die Verfügung, die sie auch in Zukunft einhalten will, übergangen hat... In diesen polnischen Dokumenten sind...

VORSITZENDER: Ich verstehe diesen Gesichtspunkt. Sind noch andere Punkte vorhanden?


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Der zweite Punkt bezieht sich auf ein Dokument, das schon vorher von der Sowjetischen Anklagevertretung vorgelegt wurde. Die Angelegenheit, die in diesem Dokument behandelt wird, wird durch die vorhergehende Frage zwar nicht berührt, jedoch ist sie vom Standpunkt der früher vorgelegten Dokumente von Interesse. Dieser zwei Fragen wegen möchte ich den Angeklagten verhören.


VORSITZENDER: Sie sind sich klar, daß wir um 12.30 Uhr vertagen müssen, um die Dokumente des Angeklagten Rosenberg zu besprechen. Sie können aber das Kreuzverhör vornehmen, wenn Sie es so kurz wie nur möglich gestalten.


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender! Ich glaube, daß ich in fünfzehn Minuten fertig sein werde.


VORSITZENDER: Sehr gut.


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Angeklagter! Gestern hat Oberst Amen dem Gerichtshof ein Dokument unterbreitet, welches Ihre tätige Teilnahme an der Liquidierung des Warschauer Ghettos feststellt. Vielleicht können Sie uns sagen, wem die Polizeibeamten unterstellt waren. Sie haben diesem Schriftstück widersprochen und Einzelheiten des langen und breiten erklärt, daß die Polizeiführer in den besetzten Gebieten dem Reichsführer-SS Himmler direkt unterstellt waren und nichts mit Ihnen zu tun hatten. Halten Sie diese Erklärung aufrecht?


KALTENBRUNNER: Ja, sie ist aber ergänzungsbedürftig: denn ich habe auch gestern gesagt, daß unter Himmler der Höhere SS- und Polizeiführer im Generalgouvernement gestanden hat, und daß diesem die SS- und Polizeiführer in den kleineren Gebieten unterstanden sind.

Dem Höheren SS- und Polizeiführer sind die Befehlshaber der einzelnen Teile, nämlich der Ordnungspolizei, der Sicherheitspolizei und der Waffen-SS unterstanden; ebenso dem SS- und Polizeiführer in kleineren Gebieten.


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Sie werden sich vielleicht auch Ihrer zweiten Aussage erinnern, bei der Sie erklärt haben, daß Sie [421] sich den äußerst radikalen Tendenzen Krügers bezüglich der polnischen Juden entgegensetzten und sogar versuchten, ihn zurückzuhalten.


KALTENBRUNNER: Ich habe erklärt, daß ich im Sinne Franks für die Ablösung, das heißt für die Wegversetzung Krügers aus dem Generalgouvernement eingetreten bin.


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich bitte dem Angeklagten das Tagebuch Franks vorzulegen. Ich ersuche ihn nun Seite 13 aufzuschlagen und dort die Erklärungen Krügers zu lesen und dann Seite 16. Aus dieser Seite 16 will ich drei Absätze verlesen. Lesen Sie es und passen Sie auf, ob es richtig übersetzt ist:

»Die Entjudung habe ohne Zweifel auch zur Beruhigung geführt.«

KALTENBRUNNER: Diese Stelle ist mir hier nicht vorgelegt worden. Ich habe Seite 13 des Dokuments in der Hand.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Wir wollen Ihnen Seite 16 zeigen. Ich beginne noch einmal:

»Die Entjudung habe ohne Zweifel auch zur Beruhigung geführt. Sie sei für die Polizei eine der schwierigsten und unangenehmsten Aufgaben gewesen, habe aber auf Befehl des Führers durchgeführt werden müssen, weil es im europäischen Interesse notwendig sei...

Man sei gezwungen gewesen, die Juden auch aus der Rüstungsindustrie und den wehrwirtschaftlichen Betrieben herauszuziehen.«

Ich überspringe einen Absatz und bitte Sie, das gleiche zu tun.

»Man sei gezwungen gewesen, die Juden auch aus der Rüstungsindustrie und den wehrwirtschaftli chen Betrieben herauszuziehen, falls sie nicht ausschließlich im kriegswichtigen Interesse eingesetzt seien. Die Juden seien dann in großen Lagern zusammengefaßt worden und würden von dort für die Tagesarbeit in diesen Rüstungsbetrieben abgegeben. Der Reichsführer-SS wünsche aber, daß auch die Beschäftigung dieser Juden aufhöre. Er – Krüger – habe mit Generalleutnant Schindler eingehend über diese Frage gesprochen und glaube, daß dieser Wunsch des Reichsführers-SS wohl im Endeffekt nicht erfüllt werden könne. Es gebe unter den jüdischen Arbeitskräften Spezialarbeiter, Feinmechaniker und sonstige qualifizierte Handwerker, die man heute nicht ohne weiteres durch Polen ersetzen könne.«

Ich lenke Ihre Aufmerksamkeit besonders auf den folgender Satz:

»Er bitte deshalb SS-Obergruppenführer Dr. Kaltenbrunner, dem Reichsführer-SS diese Lage zu schildern und ihn zu [422] ersuchen, von der Wegnahme dieser jüdischen Arbeitskräfte Abstand zu nehmen.

Man habe von den Juden die physisch besten Kräfte im Betrieb gelassen, die sogenannten Makkabäer, die ausgezeichnet arbeiteten, weiter auch weibliche Kräfte, von denen man festgestellt habe, daß sie physisch viel stärker seien als der Jude. Die gleiche Erfahrung habe man übrigens auch bei der Räumung des Ghettos in Warschau gemacht. Diese Aufgabe sei übrigens sehr schwierig gewesen.«

Ich lasse wieder einen Satz weg und lese weiter:

»Man habe festgestellt, daß auch dort Jüdinnen mit der Waffe in der Hand bis zum letzten gegen die Männer der Waffen-SS und Polizei gekämpft hätten.«

Beweisen diese Auszüge nicht, daß Krüger Sie als seinen Chef betrachtete, und daß er, als der größte Teil der Juden in Polen bereits ermordet worden war, und nur einige gute Spezialarbeiter am Leben geblieben waren, sich durch Sie als seinen Chef an Himmler mit der Bitte wandte, diese Juden am Leben zu lassen. Beweist das nicht, Zeuge, die Tatsache, daß Krüger Sie als seinen Chef betrachtete, daß er auf dem Wege über Sie vorging?

KALTENBRUNNER: Nein, Herr Ankläger, sondern dieses Dokument beweist etwas ganz anderes. Erstens, er sagt hier selbst, daß die Räumung des Ghettos in Warschau diesem Zeitpunkt vorangegangen sei; zweitens, er sagt, er bitte mich, zu Himmler zu gehen und bei ihm Vorstellungen zu machen. Was ich gesprochen habe, steht aber nicht drinnen, und daß ich zu diesem Zeitpunkt bei Himmler zum erstenmal erklären konnte »nun weiß ich, was los ist«, und wie ich dagegen aufgetreten bin, steht nicht in diesem Dokument drinnen. Man muß mir doch die Möglichkeit geben, jetzt zu erklären und hier zu beweisen, daß ich gegen diese Aktion eingeschritten bin; und wenn Sie bei der Befragung Franks oder der Zeugen...

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Einen Augenblick, Angeklagter, das haben Sie alles schon einmal gesagt.

KALTENBRUNNER: Ich bin noch nicht fertig. Ich bin noch nicht fertig dazu, Wenn Sie die Zeugen zum Komplex Generalgouvernement fragen werden, werden Sie sehr genau erfahren, daß ich bei dieser Gelegenheit überhaupt das erste und einzige Mal im Generalgouvernement war und daß ich die Erfahrungen von dort nunmehr zum Gesprächs-, zum Vortragsgegenstand bei Himmler genommen habe. Sie können mich ja nicht anklagen, einerseits, daß ich von den Dingen Kenntnis hatte, wenn Sie mir andererseits nicht die Möglichkeit geben, zu sagen, wie ich darauf reagiert habe. Ich bin doch in den beiden letzten Kriegsjahren in die Situation gekommen, Einblick [423] in die Vorgänge des Reiches und dann später, ganz am Schluß, auch des Generalgouvernements zu erlangen. Sie lassen mir aber gar keine Möglichkeit, zu sagen: Wie hat dieser Mann sich nun dazu gestellt, der das Unglück hatte, am Ende des Krieges nunmehr ein solches Amt zu bekommen...


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Einen Augenblick, warum handelte denn Krüger durch Sie?


KALTENBRUNNER: Und dann ist in diesem Dokument ja gar nicht ausgedrückt, in welcher Rolle ich dort gewesen bin. Er spricht ja nicht ein einziges Mal, daß ich als sein Polizeivorgesetzter dort gewesen bin, sondern er weiß nur das eine, daß ich selbstverständlich und als Chef des Meldedienstes sehr oft auch bei Himmler Vortrag zu halten habe. Er bittet mich auch bei dieser Gelegenheit, diese Vorträge zu halten. Aber Krüger war, was ja sicherlich in dem Dokument steht, Staatssekretär für das Sicherheitswesen im Generalgouvernement, er war doch Staatssekretär dort, und als Staatssekretär ist er dem Generalgouverneur unterstellt gewesen, und als Staatssekretär...


VORSITZENDER: Sie sprechen viel zu schnell, und Sie halten zuviel Reden.


KALTENBRUNNER:... und als Staatssekretär für die Polizeiangelegenheiten im Generalgouvernement ist er doch unmittelbar Himmler unterstanden, das muß ja...


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich bitte Sie, kurz zu antworten, Hat Krüger Sie ersucht, Himmler über diese Sache zu berichten? Ich stelle nur diese Frage an Sie.


KALTENBRUNNER: Soviel ich weiß, hat es sich bei dieser Sitzung um eine große Zusammenkunft von Verwaltungsbeamten gehandelt, und da hat jeder jeden, der dem Führer oder Himmler und so weiter zunächst gewesen ist...

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Bitte, beantworten Sie meine Frage mit Ja oder Nein. Hat er Sie gebeten, es Himmler zu berichten oder nicht?


KALTENBRUNNER: Das weiß ich also nicht.


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Das wissen Sie also nicht, dann möchte ich Ihnen eine zweite Frage stellen.


KALTENBRUNNER: Ich kann aus dem Wortlaut nur entnehmen...


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Einen Moment.


KALTENBRUNNER: Sie lassen mich ja nicht ausreden!


VORSITZENDER: Was sagten Sie zu der letzten Frage? Lautete die Frage nicht: »Gingen Sie dorthin?«, Oberst Smirnow?


[424] OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich hatte folgende Frage gestellt, Herr Vorsitzender: Wurde Kaltenbrunner von Krüger gebeten, Himmler darüber zu berichten? Ich bat ihn, mit Ja oder Nein zu antworten und keine Reden zu halten.


VORSITZENDER: Oberst Smirnow, wie hat Ihre letzte Frage gelautet?


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich fragte, ob Krüger Kaltenbrunner gebeten hat, Himmler darüber zu berichten. Meine zweite Frage... fragen Sie mich wegen meiner zweiten Frage, Herr Vorsitzender?


VORSITZENDER: Ich wollte, daß er Ihre Frage beantwortet. Wollen Sie ihm noch einmal sagen, welche Frage Sie beantwortet haben wollen. Stellen Sie ihm nur eine Frage, nicht zwei. Können Sie mich nicht hören?


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ja, Herr Vorsitzender.


VORSITZENDER: Stellen Sie ihm eine Frage und sehen Sie zu, daß er sie beantwortet.


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW:


[zum Zeugen gewandt]


Sind Sie von Krüger gebeten worden, Himmler in dieser Sache Bericht zu erstatten, und was hat dieser gesagt?


KALTENBRUNNER: Das kann sein, daß er mich gebeten hat, aber keineswegs als Vorgesetzten, sondern Sie müssen sich vergegenwärtigen, welches Gremium dort beisammen gewesen ist. Das muß ja auch aus dem Tagebuch hervorgehen. Ich bin ja dort nicht als Chef der Sicherheitspolizei oder als Vorgesetzter Krügers in Erscheinung getreten, sondern Krüger hat so wie x andere Leute dutzend anderen Leuten Vorträge gehalten über Ernährungswesen, Verwaltungswesen...


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich möchte Sie bitten, keine weiteren Erklärungen zu geben. Sie haben meine Frage beantwortet, es lohnt nicht, weiter darüber zu sprechen.


VORSITZENDER: Dr. Seidl, wollten Sie etwas sagen?


DR. SEIDL: Herr Präsident! Es wurde dem Angeklagten Kaltenbrunner ein Zitat aus dem Tagebuche Franks vorgelesen. Das Franksche Tagebuch umfaßt 42 Bände. Ich möchte nun anregen, daß der Herr Anklagevertreter die Stelle und den Band und den Tag der Eintragung bekanntgibt, damit man überhaupt nachprüfen kann, in welchem Zusammenhang das geschehen ist.


VORSITZENDER: Sicherlich.


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Hier ist es genau angegeben.

Es handelt sich um eine Sitzung vom 31. Mai 1943, betitelt: Arbeitssitzung am 31. Mai 1943 in Krakau. Es ist das unter US-613, 2233-PS vorgelegte Dokument.

[425] VORSITZENDER: Dieses Tagebuch führt doch wahrscheinlich ein Datum an?


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Jawohl. Es ist eine Sitzung vom 31. Mai 1943, hier ist das Datum....


VORSITZENDER: Das wollte Dr. Seidl wissen.


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender! Ich habe eine zweite Frage an den Angeklagten.


VORSITZENDER: Gut, setzen Sie fort.


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Wenn der Angeklagte, wie er behauptet, lediglich mit dem Meldedienst und mit sonst nichts beschäftigt war, konnte er dann annehmen, daß die Beeinflussung der Wahlen im Iran durch Bestechung, oder daß die Entgegennahme einer Million Tomane von Ribbentrop zur Überweisung an Agenten zu seiner Betätigung im Meldedienst gehörte?


KALTENBRUNNER: Mit Bezahlung von Wahlen im Iran habe ich bestimmt nichts zu tun gehabt, aber ich gebe zu, daß selbstverständlich auch Agenten meines Meldedienstes im Iran gearbeitet haben.


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Haben Sie von Ribbentrop eine Million Tomane für Bestechungszwecke erbeten?


KALTENBRUNNER: Nein, ich habe genügend Mittel gehabt, um meine Agenten selbst zu bezahlen.


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Dieser Brief mit der Unterschrift des Angeklagten Kaltenbrunner ist dem Gerichtshof als Nummer USSR-178 vorgelegt worden. Darin wird von der Bewilligung einer Million Tomane gesprochen. Der Angeklagte widerspricht den Aussagen Ribbentrops, der es zugegeben hat.


KALTENBRUNNER: Ich glaube, daß ich von Ribbentrop kein Geld verlangt habe, weil ich selbst genügend Geld gehabt habe. Zeigen Sie mir diesen Brief. Es wäre ohne weiteres möglich. Ich habe ausreichend Mittel für diesen Nachrichtendienst gehabt.


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Dieser Brief ist dem Gerichtshof im Original während des Kreuzverhörs von Ribbentrop vorgelegt worden, und wir haben nur mehr eine Abschrift davon. Natürlich kann das Original sofort aus dem Dokumentenzimmer herbeigeholt werden. Es heißt dort:

»Um einen entscheidenden Einfluß auf den Ausgang der Wahlen zu nehmen, seien allerdings Bestechungsgelder notwendig, und zwar für Teheran etwa 400.000 und für den übrigen Iran mindestens 600.000 Tomane.«

Der Brief endet wie folgt:

»Für eine kurze Mitteilung, wie weit von seiten des Auswärtigen Amtes von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht [426] werden soll, insbesondere, ob die benötigte 1 Million Tomane von dort zur Verfügung gestellt werden kann, wäre ich dankbar. Die Verbringung dieser Geldmittel würde gegebenenfalls gelegentlich eines der nächsten Flugeinsätze von hier möglich sein.

Heil Hitler, Ihr ergebener Kaltenbrunner, SS- Obergruppenführer.«

Der Inhalt dieses Briefes ist ganz eindeutig. Ribbentrop hat den Brief zugegeben. Bestreiten Sie die Aussage Ribbentrops?

KALTENBRUNNER: Nein, ich denke gar nicht daran, aber ich möchte noch zu diesem Dokument folgendes sagen. Es kann mir nicht ohne weiteres in Erinnerung sein, denn es ist abgefaßt im Amt VI. Den Inhalt selbst kenne ich nicht, kannte ich bis jetzt nicht. Unterschrieben habe ich schon deshalb mit Bestimmtheit, weil es sich um einen Brief an einen Reichsminister gehandelt hat den ich selbstverständlich schon aus Gründen des Taktes persönlich unterschreiben mußte. Zum Gegenstand selbst bin ich dankbar, daß als letzte Frage in diesem Kreuzverhör an mich eine Frage über mein eigentliches Aufgabengebiet gerichtet worden ist. Sie sind der erste Ankläger, dem ich dafür dankbar sein muß, der endlich nicht mehr verheimlichen kann, daß ich meine Agenten und meine Tätigkeit bis zum Iran auszustrecken hatte.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ist das Ihre Unterschrift?


KALTENBRUNNER: Ja.


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich habe keine weiteren Fragen mehr an den Angeklagten, Herr Vorsitzender.


VORSITZENDER: Welches Dokument haben Sie ihm jetzt vorgelegt?


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Es ist das Dokument USSR-178, Herr Vorsitzender.


VORSITZENDER: 178?


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ja, 178, ein Brief Kaltenbrunners an von Ribbentrop, dem Reichsminister des Auswärtigen, datiert vom 27. Juni 1943.


VORSITZENDER: Ja, danke schön. Jetzt wird sich der Gerichtshof mit Dr. Thomas Dokumenten für Rosenberg befassen. Ist die Anklagevertretung bereit, zu beginnen? Sind Sie bereit, Herr Dodd?


MR. DODD: Ja, Herr Vorsitzender.


VORSITZENDER: Wollen Sie die Freundlichkeit haben, Herr Dodd, uns über den Stand der Angelegenheit zu unterrichten? Sind Sie damit einverstanden, Dr. Thoma, daß Herr Dodd uns zuerst mitteilt, wie die Sache steht?


[427] DR. THOMA: Ja.


MR. DODD: Dr. Thoma hat drei Dokumentenbücher vorbereitet, und zwar zwei Bände für das erste Buch, – zwei Teile, zwei Bände. Ich möchte mich gern zuerst mit Band I und II des ersten Dokumentenbuches befassen. In diesem ersten Band...


VORSITZENDER: Der Gerichtshof hat bereits diese Bände eingesehen, Herr Dodd.


MR. DODD: Nun, in dem Buch, das uns vorgelegt wurde, sind eine Reihe von Autoritäten zitiert, und zwar fängt es an mit Falckenbergs »Geschichte der Neueren Philosophie« und geht dann bis zur »Einführung in die Völkerpsychologie« von Hellpach. Nach unserer Auffassung über die Entscheidung des Gerichtshofs vom 8. März ist damals erklärt worden, daß diese Bücher verwendet werden können, soweit sie zum Zwecke der Argumentation notwendig sind, und sie sollten hiefür der Verteidigung zugänglich gemacht werden. Der Gerichtshof hat weiterhin verfügt, daß bestimmte Stellen, die der Verteidiger zu zitieren wünscht, in das Dokumentenbuch zwecks Übersetzung aufgenommen werden sollen.

Wir erheben Einspruch gegen alle diese Stellen, und zwar meistens aus einem und demselben Grunde. Ich glaube, ich kann sie als Gruppe behandeln, und brauche nicht einzeln auf sie einzugehen.


VORSITZENDER: Herr Dodd! Wir haben sie alle bereits gelesen und wir möchten nur die Argumente hören, die Dr. Thoma vorzubringen wünscht.


DR. THOMA: Herr Präsident! Ich möchte hervorheben, daß mich nur die rechtlichen Gesichtspunkte leiten, die Werke zeitgenössischer Historiker als Beweismittel in den Prozeß einzuführen. Dem Gericht obliegt die Entscheidung, ob ein Kausalzusammenhang besteht zwischen der Rosenbergschen Ideologie und den Kriegs- und Judenverbrechen. Ich behaupte, daß neben der Ideologie auch noch andere mit verursachende Umstände, sogenannte Vorbedingungen, nämlich die ganze zeitgenössische Lage, geistesgeschichtliche Lage, mitgewirkt hat. Die Hauptfrage ist aber folgende: Hat Rosenberg schuldhaft mit der Möglichkeit der Gefährlichkeit seiner Ideen gerechnet und sie trotzdem verbreitet? Welche Schuldform hat Platz zu greifen, wenn Rosenberg von der Richtigkeit seiner Ideen überzeugt war und ihm der gefährliche Ablauf dieser Ideen nicht bekannt war? Ich will deshalb Tatsachen aus der geistesgeschichtlichen Lage seinerzeit anführen, aus denen hervorgeht, daß seine Ideen auch von der exakten Wissenschaft gesehen und teilweise vertreten wurden. Ich will hierzu anführen, daß auch andere Staaten nationalsozialistische Forderungen, zum Beispiel über die Verhinderung der Entstehung lebensunwerten Lebens, bereits vor dem Auftreten Rosenbergs eingeführt haben. Ferner will ich hinweisen auf die Ergebnisse der [428] Naturwissenschaft über die Naturbasis des Menschen und die schon dadurch beschränkte Freiheit des Menschen. Ich will hinweisen auf die Folgen des technischen Zeitalters. Ich will hinweisen auf die Beachtung irrationaler Anschauungen, auch in der rationalen empirischen Wissenschaft, und ich will hinweisen auf die Gesetze des Ablaufs philosophischer Begriffe und politischer Bewegungen, die teilweise zwangsläufig sind. Aus diesen Ergebnissen der Wissenschaft kann hervorgehen, daß Rosenberg die Gefährlichkeit seiner Ideologie unterschätzen und übersehen konnte, nämlich, daß alle Ideen, einem Geistesgesetz folgend, zur Entartung kommen. Es kann dadurch der Schuldbegriff eine wesentliche Änderung erfahren und es wird, meines Erachtens, auch die Frage der Fahrlässigkeit geprüft werden müssen. Diese Thesen sollen aus den naturwissenschaftlichen Werken von Eickstedt, Mühlmann, Scheidt, Keiter und aus den philosophischen Werken von Hellpach, Messer, Tillich, Buber und so weiter dargestellt werden.

Meine Hohen Herren! Der Glaube, daß eine Philosophie des Irrationalen auf die Politik angewandt werden kann, mag unsinnig erscheinen, aber ich weise darauf hin, daß noch vor 15 Jahren in Deutschland gepredigt wurde, eine Politik, die sich auf die ethischen Forderungen des Christentums bezieht, ist Unsinn, weil sich die christliche Ethik nicht auf das politische Leben übertragen lasse. Heute wissen wir, daß dies möglich ist; deshalb plädiere ich auch vor einem Gericht, das meiner Überzeugung nach aus diesen ethischen Erwägungen heraus seine Berechtigung hat. Das ist nur ein Beispiel für die Bedeutung des Irrationalismus in der Politik. Der Glaube an die Macht des Idealen und der Moral ist ja auch irrational.

Hohes Gericht! Die Frage des Kausalzusammenhangs zwischen der Ideologie Rosenbergs und den Kriegsverbrechen darf nicht oder sollte nicht verwechselt werden mit der Anklage der faktischen Beteiligung Rosenbergs an den Judenmorden und an den Verbrechen im Osten. Hierfür bestehen andere Zusammenhänge. Die tatsächliche Beteiligung Rosenbergs an diesen Dingen muß von mir besonders zu widerlegen versucht werden.

Ich möchte noch auf einen wichtigen Gesichtspunkt hinweisen. Angeklagt sind auch die Organisationen, deren Mitglieder teilweise früher unter dem Einfluß des Christentums und der sogenannten Jugendbewegung standen und sich für den Nationalsozialismus gewinnen ließen, weil sie glaubten, daß in ihm ihre christlichen und idealen Interessen zur Geltung kommen. Sie stehen ratlos und enttäuscht in dieser Welt jetzt in ihren Lagern. Auch sie können beanspruchen, daß dem Gericht gesagt wird, was sie geglaubt haben, und was ihnen gelehrt wurde. Ich glaube damit dargelegt zu haben, daß es sich nicht um irgendwelche ästhetischen Ausführungen hier handeln soll, sondern um ganz wichtige rechtliche Fragen.

[429] Hohes Gericht! Wenn hier irgendwelche Autoren nicht geeignet sind, so kann ich darauf verzichten. Vielleicht ist Lapouge überhaupt nicht geeignet. Ich ziehe ihn hiermit zurück, obwohl gerade Lapouge darauf hinweist, daß gewisse biologische Gesetze auch in der Gesetzgebung anderer Staaten angewandt worden sind. Aber Herr Oberrichter Jackson hat da eine Stelle aus Lapouge beanstandet, und ich ziehe sie zurück. Aber ich kann auch auf das eine oder andere Buch von Martin Buber verzichten. Ich wollte gerade mit Martin Buber beweisen, daß es sich hier um Grundsätze handelt, die mit Antisemitismus gar nichts zu tun haben, sondern daß es einfach eine Philosophie ist, die genau so ihr Recht hat, wie die Philosophie der Aufklärung in den letzten Jahrhunderten. Aber ich bitte das Gericht, im Beweisverfahren durch Beweise vielleicht nur Kenntnis zu nehmen von dem wirklichen geistesgeschichtlichen Tatbestand. Hohes Gericht! Wenn ich das im Plädoyer vortrage, dann laufe ich Gefahr, daß ich ja nur meine eigene Wissenschaft vortrage. Darum brauche ich diese Unterlagen.


VORSITZENDER: Herr Dodd! Sie erheben also gegen alle Bücher bis zu dem Buche von Hellpach Einspruch? Was die übrigen Bücher betrifft, so sind dies alles Rosenbergs eigene Dokumente, nicht wahr?


MR. DODD: Mit Ausnahme der beiden letzten.


VORSITZENDER: Ja, die zwei letzten gehören in dieselbe Kategorie, nehme ich an, wie die Bücher bis Hellpach, nicht wahr?


MR. DODD: Ja, es sind auch einige Zitate aus Zeitungen im Dokumentenbuch enthalten auf Seite 182 bis 185. Wir erheben auch gegen diese Einspruch.


VORSITZENDER: Sind sie im Band II enthalten?


MR. DODD: Ja, sie sind im Band II des Dokumentenbuches 1 enthalten.


VORSITZENDER: Ich sprach augenblicklich nur von Band I des Dokumentenbuches 1.


MR. DODD: Das war unser Einspruch gegen die Dokumente in Band I.


VORSITZENDER: Dann erheben Sie keinen Widerspruch gegen die anderen Bücher.


MR. DODD: Nein, Herr Vorsitzender.


VORSITZENDER: Buch 2 enthält kein Inhaltsverzeichnis, nicht wahr?


MR. DODD: Wir erheben keinen Einspruch gegen Dokumente in Buch 2.


[430] VORSITZENDER: Sprechen Sie von Band II des Dokumentenbuches 1?


MR. DODD: Ja, wir sprachen von Band II des ersten Buches.


VORSITZENDER: Gut, ich verstehe. Das heißt, Sie erheben keinen Einspruch gegen das Dokumentenbuch 2?


MR. DODD: Nein.


VORSITZENDER: Auch nicht gegen Dokumentenbuch 3.


MR. DODD: Nein, wir haben keinen Einspruch gegen Buch 3 vorzubringen. Ich glaube, daß unsere russischen Kollegen gegen ein Affidavit von Dr. Dencker Einspruch erheben wollen. Ich würde es jedoch begrüßen, wenn sie selbst hierzu vor dem Gerichtshof Stellung nehmen würden.


VORSITZENDER: Gibt es auch noch ein viertes Buch?


MR. DODD: Nein, Herr Vorsitzender. Wir haben aber noch nicht über den zweiten Teil des ersten Buches gesprochen.


VORSITZENDER: Man sagt mir, Sie hätten darüber schon gesprochen.


MR. DODD: Nein, ich glaube nicht. Ich habe nur die Zeitungsartikel erwähnt.


VORSITZENDER: Wo sind die Dokumente, auf die Sie sich beziehen? Sind sie im zweiten Band des ersten Buches enthalten?


MR. DODD: Das erste Dokument beginnt auf Seite 182 des zweiten Bandes des ersten Buches.


VORSITZENDER: Ja, das sind die zwei letzten im Inhaltsverzeichnis.


MR. DODD: Das ist richtig.


VORSITZENDER: Sie erheben also Einspruch dagegen?


MR. DODD: Ja.


VORSITZENDER: Gilt das Inhaltsverzeichnis im ersten Band des ersten Buches für beide Bände?

MR. DODD: Ja.


VORSITZENDER: Und Sie erheben Einspruch gegen alle Dokumente bis Hellpach und gegen die letzten beiden?


MR. DODD: Das stimmt.


VORSITZENDER: Ich verstehe.

Was die Dokumentenbücher 2 und 3 betrifft, so erheben Sie also keinen Einspruch. Die Sowjetunion jedoch will gegen ein Affidavit von Professor Dencker Einspruch erheben?


MR. DODD: Das ist richtig, Herr Vorsitzender.


[431] VORSITZENDER: Es wäre vielleicht das beste, die Sowjetvertreter hierüber zu hören.


STAATSJUSTIZRAT II. KLASSE M. Y. RAGINSKY, HILFSANKLÄGER FÜR DIE SOWJETUNION: Ich möchte die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf das Dokument Rosenberg 38 lenken. Es befindet sich auf Seite 29 des dritten Dokumentenbuches. Dieses Dokument ist ein Brief vom 24. August 1931.


VORSITZENDER: Einen Augenblick, bitte. Ist es nicht ein Affidavit?


STAATSJUSTIZRAT RAGINSKY: Ich spreche von zwei Dokumenten, Herr Vorsitzender, und zwar von Dokument Rosenberg 38 und das zweite ist ein Affidavit von Dencker.


VORSITZENDER: Gut. Ich habe Seite 21. Sprechen wir zuerst über Dokument 38. Es ist auf Seite 29.


STAATS JUSTIZRAT RAGINSKY: Jawohl, das ist richtig, auf Seite 29.

Dieses Dokument ist ein Brief eines unbekannten Weinhändlers an Rosenberg über eine Zeitungsnotiz. Wir kennen diese Zeitungsnotiz nicht, da der Verteidiger Dr. Thoma sie uns nicht übergeben hat. Wir glauben deshalb, daß dieses Dokument nichts mit der Sache zu tun hat, um so mehr, als Dr. Thoma in seinen Anträgen und Erklärungen nichts darüber sagt, was es beweisen soll und wovon der Brief handelt. Ich möchte sodann einige Bemerkungen zu dem von der Verteidigung vorgelegten Affidavit Denckers machen. Dieses Affidavit ist ebenfalls im Dokumentenbuch 3, auf Seite 8 bis 11 enthalten und hat die Nummer Rosenberg 35. Diesem Dokumente zufolge ist Dencker ein ehemaliger Mitarbeiter des Wirtschaftsstabes Ost. Er hat an der Begehung von Kriegsverbrechen in den von den deutschen Truppen besetzten Gebieten teilgenommen. Dencker war auch an der Plünderung der besetzten Gebiete der Sowjetunion beteiligt.

Ich möchte den Gerichtshof auf die Tatsache aufmerksam machen, daß Dr. Thoma am 6. April dieses Jahres den Gerichtshof gebeten hat, dieses Dokument zuzulassen, und es hat der Herr Generalsekretär des Gerichtshofs die Meinung der Anklagebehörde eingeholt. Ehe jedoch noch der Gerichtshof entschieden hatte, bevor die Anklagebehörde Beschluß gefaßt hatte, wurde dieses Affidavit dem Dokumentenbuch beigefügt, vervielfältigt und an alle verteilt. Was stellt dieses Affidavit dar, wenn ich fragen darf? Wir sind der Meinung, und es kann leicht bewiesen werden, daß die in diesem Dokument gegebene Darstellung ein vollkommen falsches Bild der Tatsachen gibt. Es enthält zahlreiche lügenhafte und falsche Angaben, die durch die verschiedenen, dem Gerichtshof vorgelegten und verlesenen Dokumente widerlegt wurden. Da Dencker von der [432] Verteidigung nicht vor den Gerichtshof geladen wird, und wir keine Möglichkeit haben, die Lügenhaftigkeit seiner Aussagen durch Kreuzverhör zu beweisen, sind wir der Meinung, daß dieses Dokument nicht zugelassen werden darf.


VORSITZENDER: Ja, Dr. Thoma?


DR. THOMA: Meine Herren! Ich bin auch damit einverstanden, daß der Universitätsprofessor Dr. Dencker, der behauptet, es seien im Wert von 180 Millionen Traktoren und sonstige Landwirtschaftsgeräte in die Ukraine geschafft worden, als Zeuge vernommen wird. Aber dieses Dokument ist ja geradezu von ausschlaggebender Bedeutung dafür, daß in der Ukraine aufgebaut wurde, und daß eine geordnete Wirtschaft geführt werden sollte, und daß das Land eben nicht sinnlos ausgenutzt werden sollte, sondern daß man mit langen Plänen für die Interessen des Landes und der Bevölkerung gesorgt hat. Ich bitte also das Gericht, diese eidesstattliche Versicherung zuzulassen. Eventuell stelle ich den Antrag, den Professor Dencker in Bonn als Zeugen zu laden für den Fall, daß das Gericht beeindruckt ist von den Ausführungen des Herrn sowjetischen Anklagevertreters.


VORSITZENDER: Ja.


DR. THOMA: Und dann, Herr Präsident, bitte ich um Entschuldigung. Ich habe die vorherige Beanstandung im Dokumentenbuch 3 nicht verstanden. Ich habe nämlich mein Dokumentenbuch 3 nicht bei mir und weiß nicht, um was es sich handelt.


VORSITZENDER: Auf Seite 29 ist ein an Rosenberg gerichteter Brief, und zwar von jemand ohne Unterschrift. Es ist Dokument Rosenberg 38.


DR. THOMA: Ja, ja. Dieses Dokument ist mir aber vom Gericht erlaubt worden, und die Unterschrift heißt: »Adolf Hitler«. Das hat die Schreiberin offenbar nicht lesen können.

VORSITZENDER: Es ist ein Brief, nicht wahr?


DR. THOMA: Jawohl, Sir, ist mir bereits genehmigt worden, meine Hohen Herren. Und nun bitte ich um Entschuldigung. Ich bin mir jetzt immer noch nicht klar, ist von meinem ganzen Dokumentenbuch nur der Hellpach genehmigt? Wünscht Sir David oder Mr. Dodd nur, daß der Hellpach zitiert wird, sonst gar nichts? Dann möchte ich doch Gelegenheit haben, bezüglich der anderen Autoren, im einzelnen anzuführen, was die beweisen sollen. Ich habe zum Beispiel mit...


VORSITZENDER: Wir haben ja noch keine Entscheidung gefällt. Wir dachten, daß Sie uns die Gründe zur Stützung der Dokumente in Buch 1, Band I und II angegeben haben.


DR. THOMA: Ja.


[433] VORSITZENDER: Wenn Sie uns die Gründe angegeben haben, so brauchen Sie nichts weiter darüber zu sagen.


DR. THOMA: Ja, Herr Präsident, ich dachte nur, daß ich bezüglich der einzelnen Bücher noch ganz kurz sagen kann, was ich damit beweisen will. Also mit Messer, Tillich, Leeuw und Bergson will ich ja beweisen, daß die Neuromantik, also diese irrationale Philosophie, die ihren Vorläufer hat in Rousseau, mit einer elementaren Gewalt in Deutschland Eingang gefunden hat, und zwar auch beeinflußt von französischen, englischen und amerikanischen Philosophen. Zweitens mit Martin Buber, da will ich ja beweisen, daß diese Philosophie nicht antisemitisch ist, sondern daß sie im Gegenteil von Buber nicht nur gepredigt, sondern auch ihre Anwendung auf praktische Fälle empfohlen wurde, nämlich gerade aus Martin Buber, da haben wir ja diese entscheidenden Ausdrücke, die hier in diesem Prozeß immer die Rolle spielen, von der Bedeutung des Blutes, vom Mythus des Blutes, von der Verbindung von Volkstum und Lebensraum, von der Intuition, von den Begriffen der Bewegung, der Gestalt des Erbes und so weiter.

Und dann, Hohes Gericht, diese Zitate, Eickstedt, Mühlmann, Scheidt, Keiter, dazu möchte ich vor allem die Erklärung abgeben, daß diese Persönlichkeiten keine Nationalsozialisten sind, sondern daß sie sogar teilweise im Kampf mit der Ideologie Rosenbergs lagen. Aber sie sind ein Beweis dafür, daß diese Ideen von Rasse, Volk, Nation, Blut und Boden und so weiter von den Fachgelehrten der Naturwissenschaft beachtet worden sind; und Hellpach hat nun in der Einführung in die Völkerpsychologie diese äußerst wichtige Behauptung aufgestellt, und Hellpach ist ein ganz großer Name in der deutschen Geistesliteratur, daß jede These zur Überthese und Entartung führt.

Meine Hohen Herren! Ich habe nur eine ganz kurze Bemerkung und eine abschließende Bemerkung dazu zu machen. In der letzten Nummer der »Neuen Zeitung« steht, daß in der französischen Constituante vor einigen Tagen eine der wichtigsten und grundlegendsten Auseinandersetzungen der Gegenwart begonnen hat, daß es sich hier nämlich handelt um die Menschen rechte, und daß man geprüft hat, welche innere Haltung denn die Männer von der Widerstandsbewegung gehabt haben, und da hat man ganz bestimmte Thesen aufgestellt über die Freiheit und Krise der Menschenrechte und hat auf verschiedene Widersprüche hingewiesen.


VORSITZENDER: Ja.


DR. THOMA: Da hat man, meine Hohen Herren, folgendes festgestellt: Es besteht ein Widerspruch zwischen der Verkündigung der Freiheit und der immer stärkeren Versklavung durch die Technik. Das behaupten wir auch

[434] Zweitens: Es besteht ein Widerspruch zwischen dem Wachsen des materiellen Reichtums und der geistigen Verarmung.

Drittens: Es besteht ein Widerspruch in allen Erscheinungsformen des Fortschrittes, indem jede Vervollkommnung durch eine entsprechende Dekadenzer scheinung wettgemacht wird.

Viertens: Es entsteht ein Widerspruch zwischen einem humanistischen Ideal des 18. Jahrhunderts und den Entdeckungen der Wissenschaft vom Menschen, Biologie, Tiefenpsychologie, die seine Gebundenheit an die Naturgesetze aufgewiesen haben.

Fünftens: Widerspruch zwischen der durch oberflächliche Einflußmittel, wie Zeitungen, Radio, Film und alle Formen der Propaganda »aufgeklärten« (in Gänsefüßchen) Masse und dem Verschwinden einer denkenden, gebildeten Elite. Darüber ist in der Constituante des gegenwärtigen französischen Parlaments zur Zeit in diesen Tagen verhandelt worden; und darum bitte ich, meine Hohen Herren, solche Fragen gehören auch vor diesen Prozeß, weil sie entscheidend sind für die geistespolitische Haltung des Volkes, denn aus der Idee des völkischen Prinzips können auch hohe ethische Gesichtspunkte herausgefunden werden. Daß sie entartet sind, ist ein geistesgeschichtlicher, naturgeschichtlicher, aber auch schuldhafter Prozeß zum Teil, nur zum Teil.


VORSITZENDER: Dr. Thoma, sind Sie fertig? Haben Sie Ihr Vorbringen abgeschlossen?


DR. THOMA: Ja, Herr Vorsitzender.


VORSITZENDER: Der Gerichtshof hat natürlich noch keine Entscheidung gefällt und wird Ihre Argumente prüfen; ich muß Sie aber darauf hinweisen, daß in der Anklageschrift oder in diesem Verfahren gegen den Angeklagten Rosenberg keine Beschuldigung erhoben wird, daß er diese Philosophie erdacht habe oder weil er gewisse philosophische Ideen vertrat. Die Anklage gegen ihn lautet, daß er seine philosophischen Ideen in einer bestimmten Form verwertet habe. Das ist alles, was ich jetzt dazu zu sagen habe. Die andere Angelegenheit, die ich noch erwähnen will, betrifft den von Ihnen gestellten Antrag, Rosenberg bei Behandlung seines Falles nicht gleich als Zeugen aufzurufen, sondern etwas später. Wenn der Gerichtshof zu der Schlußfolgerung kommen sollte, daß alle diese anderen philosophischen Werke nicht behandelt werden müssen, wäre es dann nicht unnötig, die Vernehmung Rosenbergs auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben? Wäre es dann nicht im Interesse der Durchführung des Prozesses, ihm als ersten Zeugen aufzurufen?


DR. THOMA: Herr Präsident! Dazu darf ich zweierlei sagen. Ich habe nämlich irrtümlich angenommen, daß jedes Beweisverfahren beginnen muß...


[435] VORSITZENDER: Ja.


DR. THOMA: Herr Präsident! Ich habe nämlich irrtümlich angenommen, daß jedes Beweisverfahren beginnen muß mit der Vernehmung des Angeklagten. Ich habe angenommen, daß nicht vorher Dokumente verlesen werden dürfen, und darum habe ich das Gesuch gemacht, erst einige einführende Dokumente bringen zu dürfen, damit dann die Vernehmung des Angeklagten Rosenberg glatter vor sich gehen kann, weil das Gericht durch die Dokumente, meines Erachtens, rascher über die ganzen Tatbestände unterrichtet werden kann, und ich habe ferner gebeten, daß der Zeuge Riecke, der ebenfalls rasch einführt in die Ostfragen, besonders in die Ernährungsfragen, daß der ebenfalls beschleunigend wirken könnte, wenn vor Rosenberg Riecke vernommen wird. So dachte ich das mir. Ich möchte also schon in der ersten Reihenfolge die wichtigsten Dokumente verlesen, nicht nur ideologischer Art, sondern alle, die den Einsatzstab und die Verwaltung im Osten betreffen. Und dann möchte ich den Zeugen Riecke aufrufen und dann den Angeklagten Rosenberg.


VORSITZENDER: Der Gerichtshof hat bereits erklärt, daß seiner Ansicht nach es in jedem Normalfall zur Beschleunigung beiträgt, wenn der Angeklagte zuerst aufgerufen wird. Aber natürlich kann jedes Dokument, das wesentlich ist, dem Zeugen während seiner Aussage vorgelegt werden, so daß er Erklärungen dazu geben kann.


DR. THOMA: Ich glaube, Hohes Gericht, daß, wenn ich zu den Dokumenten nur ganz kurze Bemerkungen mache, daß das noch rascher gehen wird, wie wenn Rosenberg zu den einzelnen Dokumenten in Ausführungen Stellung nimmt. Deswegen dachte ich, eingangs einige Dokumente vorzulesen, nur aus Zeitersparnisgründen.


VORSITZENDER: Damit Sie vorbereitet und in der Lage sind, am Montag früh zu beginnen, hat der Gerichtshof nach Erwägung des Sachverhalts entschieden, Rosenberg solle zuerst aufgerufen werden. Das ist die Entscheidung des Gerichtshofs.

Hinsichtlich der Dokumente werden wir über die in Bezug auf die beanstandeten Dokumente zu treffende Verfügung noch beraten.

Ich sagte, Montag früh, verzeihen Sie, ich wollte sagen nach Beendigung des Falles Kaltenbrunner.


DR. THOMA: Hohes Gericht! Nur noch einen ganz kurzen Hinweis in der Frage der Ideologie Rosenbergs. Ich bitte, da die Rede von Herrn von Menthon zu lesen, der nämlich behauptet, daß diese Ideologie allein schon verbrecherisch war, weil sie im Zusammenhang steht mit seiner Tätigkeit als Redakteur und Herausgeber des »Völkischen Beobachter«, als Verfasser des Mythus, nur als Verfasser [436] des Mythus und anderer Schriften. Er habe dadurch die psychologische Vorbereitung des deutschen Volkes für den Angriffskrieg geleitet.


VORSITZENDER: Ich sagte bereite, daß nicht der Ursprung seiner Philosophie oder seine philosophische Einstellung überhaupt unter Anklage stehen, sondern die Verwertung seiner philosophischen Ideen. Der Gerichtshof wird darüber entscheiden.


MR. DODD: Hoher Gerichtshof! Ich möchte noch klarstellen, daß wir Einspruch erheben gegen Hellpachs Werke. Ich entnehme, daß... Dr. Dix hat mich ersucht, die Bitte vorzubringen, daß seine Dokumente heute vorgenommen werden.


VORSITZENDER: Ich glaube, es ist zu spät jetzt. Aber wir werden die Dokumente in Kürze behandeln, wenn Dr. Dix es wünscht.


DR. DIX: Ich wäre nur dankbar. Wir haben es besprochen, erst mit Sir David, und dann habe ich es besprochen mit Mr Dodd und Mr. Albrecht, und die Herren haben objections erhoben; die sollen vor den Court gebracht werden. Nun sind sie aber noch nicht übersetzt; also, es muß die Entscheidung bald erfolgen, sonst wird das Dokumentenbuch nicht fertig. Also, ich wäre dankbar, wenn wir vielleicht am Montag das kurz diskutieren können.


VORSITZENDER: Ja, wir werden versuchen, es am Montag zu erledigen.

DR. DIX: Am Montag?


VORSITZENDER: Ja.


[Das Gericht vertagt sich bis

15. April 1946, 10.00 Uhr.]


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 11, S. 404-438.
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