Widerspruch

der britischen Anklagevertretung

gegen den Antrag für den Angeklagten Streicher.

Internationaler Militärgerichtshof

[165] DIE VEREINIGTEN STAATEN VON AMERIKA,

DIE FRANZÖSISCHE REPUBLIK,

DAS VEREINIGTE KÖNIGREICH VON GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND

UND DIE UNION DER SOZIALISTISCHEN SOWJET-REPUBLIKEN

– gegen –


Hermann Wilhelm Göring und andere,

Angeklagte.


Der Hauptankläger des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland erhebt ergebenst Einspruch gegen das Vertagungsgesuch des Anwalts des Angeklagten Streicher, und zwar aus folgenden Gründen:


I.

1) Der Anwalt des Angeklagten Streicher hat das Mandat am 27. Oktober 1945 übernommen.

2) Die Anklage gegen den erwähnten Angeklagten und andere wurde am 18. Oktober 1945 veröffentlicht und kurz danach dem Angeklagten Streicher zugestellt.

3) Der Anwalt hatte also eine beträchtliche Zeit, sich mit dem Inhalt der Anklage und insbesondere mit den Abschnitten, die sich auf den Angeklagten beziehen – Anhang A, Seite 12 – und für ihn besonders erheblich sind, vertraut zu machen. In diesem Zusammenhang bezieht sich der Hauptankläger ergebenst auf

Seite 7, Abschnitt IV D (3) (d) und Seite 46, Abschnitt X, A und B der Anklage.

4) Der Hauptankläger erinnert weiterhin den Gerichtshof ergebenst daran, daß der Anwalt nach Einreichung dieser Antwort bis zum Beginn des Gerichtsverfahrens noch eine Woche Zeit hat und darüber hinaus auch noch die Zeit zwischen der Eröffnung und den Vorverhandlungen des Prozesses und dem Beweisverfahren, das ein Kreuzverhör für den Angeklagten Streicher durch seinen Anwalt nötig machen könnte.

[165] 5) Falls zu irgendeiner Angelegenheit, bei der auch dieser Angeklagte eine Rolle gespielt haben soll, ein Zeuge vernommen wird, so sollte dann dem Verteidiger gestattet werden, um eine Vertagung seines Kreuzverhörs zu bitten, falls er dazu nicht vorbereitet ist.

6) Es wird daher ergebenst geltend gemacht, daß dieses Gesuch verfrüht ist und eine Vertagung erst dann erbeten werden sollte, wenn wirklich im Laufe des Prozesses eine Schwierigkeit entsteht.

7) Der Hauptankläger erinnert ergebenst den Gerichtshof an die Worte des Generals Nikitchenko, die er als dessen Vorsitzender in Berlin am 18. Oktober 1945 ausgesprochen hat:

»Es wird darauf hingewiesen, daß der Gerichtshof weder in der Vorbereitung der Verteidigung noch im Prozeß selbst eine Verzögerung gestatten wird, und zwar in Anbetracht der Anweisung im Statut, die Streitfragen, welche durch die Anklagepunkte entstehen, schnell zu klären.«


II.

Der Hauptankläger erhebt keinen Einspruch gegen das in Abschnitt II gestellte Ersuchen des erwähnten Antrages.


III.

Der Hauptankläger erhebt auch keinen Einspruch gegen den in Abschnitt III enthaltenen Vorschlag.


Unterschrift: HARTLEY SHAWCROSS.

14. November 1945.


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 1, S. 165-167.
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