Kriegsverbrechen und Verbrechen

gegen die Menschlichkeit.

[338] Immer ein wilder Antisemit, entwarf, unterzeichnete und wendete Frick zahlreiche Gesetze an, die den Zweck hatten, die Juden aus Deutschlands Leben und Wirtschaft auszuschalten. Seine Tätigkeit schuf die Basis für die Nürnberger Gesetze und er war bei ihrer Durchführung tätig. Er war verantwortlich für das Verbot, [338] auf Grund dessen Juden zahlreiche Berufe nicht ausüben durften, und für die Einziehung ihres Besitzes. Er unterschrieb 1943 nach der Massenaus rottung von Juden im Osten einen endgültigen Erlaß, der sie »außerhalb des Gesetzes« stellte und übergab sie der Gestapo. Diese Gesetze ebneten den Weg zur »Endlösung« und wurden von Frick auf die einverleibten Gebiete und gewisse besetzte Gebiete ausgedehnt.

Während er Reichsprotektor von Böhmen und Mähren war, wurden Tausende von Juden aus dem Ghetto in Theresienstadt in der Tschechoslowakei nach Auschwitz überführt, wo sie getötet wurden. Er gab einen Erlaß heraus, der ein besonderes Strafgesetz für Juden und Polen im Generalgouvernement enthielt.

Die Polizei gehörte offiziell zur Zuständigkeit des Reichsinnenministers, doch übte Frick tatsächlich nur geringe Kontrolle über Himmler und Polizeiangelegenheiten aus. Er unterschrieb jedoch sowohl das Gesetz, durch das Himmler zum Leiter der deutschen Polizei ernannt wurde, als auch die Verordnungen, die der Gestapo die Zuständigkeit über die Konzentrationslager übertrugen, und welche die Ausführung der Befehle zur Inschutzhaftnahme regelten. Aus der großen Zahl der an ihn gerichteten Beschwerden und aus den Aussagen der Zeugen schließt der Gerichtshof, daß Frick von den in diesen Lagern begangenen Grausamkeiten wußte. In Kenntnis der Methoden Himmlers unterschrieb Frick Verordnungen, die Himmler ermächtigten, in gewissen eingegliederten Gebieten die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen zu treffen. Worauf diese »Sicherheitsmaßnahmen« hinausliefen, ist bereits behandelt worden.

Als oberste Reichsbehörde in Böhmen und Mähren trägt Frick allgemein die Verantwortung für die Unterdrückungsmaßnahmen in diesem Gebiet seit 23. August 1943, wie z.B. die Terrorisierung der Einwohner, Sklavenarbeit und Deportation der Juden nach Konzentrationslagern zum Zwecke der Ausrottung. Es ist richtig, daß die Pflichten Fricks als Reichsprotektor wesentlich mehr beschränkt waren, als die seines Vorgängers, und daß er keine gesetzgebende und persönlich nur beschränkte vollziehende Gewalt im Protektorat hatte. Nichtsdestoweniger war sich Frick der damals angewandten Nazi-Besatzungsmethoden in Europa, insbesondere gegenüber den Juden, völlig bewußt, und durch die Annahme des Amtes des Reichsprotektors übernahm er für die Durchführung dieser Methoden in Böhmen und Mähren die Verantwortung.

Fragen der deutschen Staatsangehörigkeit unterstanden ihm sowohl in den besetzten Gebieten wie auch im Reich, solange er Innenminister war. Nachdem er ein Rassenregister für Personen deutscher Abstammung geschaffen hatte, verlieh er die deutsche Staatsbürgerschaft an gewisse Gruppen von Bürgern fremder [339] Länder. Er trägt die Verantwortung für die Germanisierung in Österreich, dem Sudetenland, Memel, Danzig, den Ostgebieten (Westpreußen und Posen), Eupen-Malmedy und Moresnet. Den Bürgern dieser Gebiete zwang er deutsches Recht, deutsche Gerichte, deutsche Erziehung, deutsche Polizei und Militärdienstpflicht auf.

Während des Krieges unterstanden Frick Privatkliniken, Krankenhäuser und Irrenhäuser, in welchen der Gnadentod zur Anwendung kam, der an einer anderen Stelle dieses Urteils behandelt ist. Es war ihm bekannt, daß geistig Defekte, Kranke und altersschwache Personen, als »nutzlose Esser«, systematisch umgebracht wurden. Beschwerden über diese Morde erreichten ihn, jedoch tat er nichts, um dem Einhalt zu gebieten. In einem Bericht der tschechoslowakischen Kommissionen für Kriegsverbrechen wird geschätzt, daß 275000 geistes- und altersschwache Personen, für deren Wohl er verantwortlich war, den Morden zum Opfer fielen.


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 1, S. 338-340.
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