Ermordung und Mißhandlung der Zivilbevölkerung.

[260] Artikel 6b des Statuts erklärt, »daß Mißhandlungen.... der Zivilbevölkerung des besetzten Gebietes... Töten von Geiseln... mutwillige Zerstörung von Städten oder Dörfern« ein Kriegsverbrechen darstellen. Im wesentlichen bedeuten diese Vorschriften lediglich eine Wiederholung bestehender Kriegsgesetze, wie sie in Artikel 46 der Haager Konvention enthalten sind, wo es heißt:

»Die Ehre und die Rechte der Familie, das Leben der Bürger und das Privateigentum, sowie die religiösen Überzeugungen und gottesdienstlichen Handlungen sollen geachtet werden.«

Die von Deutschland besetzten Gebiete wurden in einer das Kriegsrecht verletzenden Weise verwaltet. Das Beweismaterial für eine systematische Herrschaft von Gewalttätigkeit, Roheit und Schrecken ist völlig erdrückend. Am 7. Dezember 1941 erließ Hitler den in der Folge als »Nacht- und Nebel-Erlaß« bekannten Befehl, auf Grund dessen Personen, die sich eines Vergehens gegen das Reich oder die deutschen Streitkräfte in den besetzten Gebieten schuldig machten, jedoch mit Ausnahme derer, gegen die ein Todesurteil mit Sicherheit zu erwarten war, insgeheim nach Deutschland zu überführen seien, um der Sipo und dem SD übergeben zu werden, zu dem Zwecke, sie zu verurteilen und zu bestrafen. Dieser Erlaß wurde vom Angeklagten Keitel unterzeichnet. Nach Ankunft dieser Zivilpersonen in Deutschland durfte kein Wort von ihnen das Land, aus dem sie kamen, oder ihre Verwandten erreichen. Sogar in Fällen, wo sie noch vor der Urteilsfällung starben, wurden die Familien nicht in Kenntnis gesetzt, was den Zweck hatte, bei den Familien der verhafteten Personen Befürchtungen zu erregen. Der von Hitler beim Erlaß dieser Verordnung verfolgte Zweck wurde vom Angeklagten Keitel in seinem Begleitbrief vom 12. Dezember 1941 wie folgt erklärt:

[260] »Eine wirksame und nachhaltige Abschreckung ist nur durch Todesstrafen oder durch Maßnahmen zu erreichen, die die Angehörigen und die Bevölkerung über das Schicksal des Täters im Ungewissen halten. Diesem Zwecke dient die Überführung nach Deutschland.«

Sogar Personen, die lediglich verdächtig waren, sich irgendeiner Richtlinie der deutschen Besatzungsbehörden widersetzt zu haben, wurden verhaftet und bei ihrer Verhaftung durch die Gestapo und den SD in der abscheulichsten Weise verhört. Am 12. Juli 1942 erließ der Chef der Sipo und SD durch den Chef der Gestapo, Müller, einen Befehl, der zur Anwendung der Methode »Verschärfte Vernehmung« ermächtigte, falls vorläufige Erhebungen zum Schluß geführt hätten, daß die betreffende Person über wichtige Angelegenheiten, wie z.B. Aufstandsbewegungen, Auskunft geben konnte, jedoch nicht zum Zwecke der Erpressung von Geständnissen bezüglich von dem Gefangenen selbst begangener Verbrechen. Dieser Befehl sah vor:

»...... Verschärfte Vernehmung darf unter dieser Voraussetzung nur angewendet werden gegen Kommunisten, Marxisten, Bibelforscher, Saboteure, Terroristen, Angehörige der Widerstandsbewegungen. Fallschirmagenten, Asoziale, polnische oder sowjetrussische Arbeitsverweigerer oder Bummelanten.

In allen übrigen Fällen bedarf es grundsätzlich meiner vorherigen Genehmigung... Die Verschärfung kann je nach der Sachlage u. a. bestehen in: einfachster Verpflegung (Wasser und Brot), hartes Lager, Dunkelzelle, Schlafentzug, Ermüdungsübungen, aber auch in der Verabreichung von Stockhieben (bei mehr als 20 Stockhieben muß ein Arzt zugezogen werden).«

Die brutale Unterdrückung jeglicher Gegnerschaft zur deutschen Besetzung war nicht nur auf strenge Maßnahmen gegen der Mitgliedschaft bei Widerstandsbewegungen verdächtige Personen selbst beschränkt, sondern erstreckte sich auch auf ihre Familien. Am 19. Juli 1944 erließ der Befehlshaber der Sipo und des SD im Bezirk Radom in Polen einen Befehl, der durch die Höheren SS- und Polizeiführer weitergegeben wurde, und der festlegte, daß in allen Fällen von Mord oder versuchtem Mord an Deutschen, oder in Fällen, wo Saboteure wichtige Anlagen zerstört hätten, nicht nur der Schuldige, sondern auch alle seine männlichen Verwandten zu erschießen seien, während alle weiblichen Verwandten über 16 Jahre in ein Konzentrationslager zu überführen seien. Im Sommer 1944 veranlaßte das Einsatzkommando der Sipo und des SD in Luxemburg die Inhaftierung von Personen im Konzentrationslager Sachsenhausen, da sie Verwandte Fahnenflüchtiger waren, und da deshalb »von ihnen zu erwarten war, daß sie die Interessen des Deutschen Reiches gefährden würden, wenn sie in Freiheit verblieben«.

[261] Das Verfahren der Geiselverhaftung zur Verhinderung und Bestrafung jeder Art ziviler Unruhen wurde durch die Deutschen zur Anwendung gebracht. Ein Befehl, der von dem Angeklagten Keitel am 16. September 1941 erlassen wurde, spricht von fünfzig bis hundert Menschenleben aus den besetzten Gebieten der Sowjetunion für den Verlust eines deutschen Menschenlebens. Der Befehl erklärt:

»Es muß in Betracht gezogen werden, daß ein Menschenleben in unruhigen Ländern oft nichts bedeutet und daß eine abschreckende Wirkung nur durch ungewöhnliche Strenge erzielt werden kann.«

Die genaue Zahl der infolge dieses Verfahrens getöteten Personen ist unbekannt, jedoch wurde eine große Anzahl in Frankreich und den anderen besetzten Gebieten im Westen getötet, während im Osten Metzeleien in noch größerem Maße stattfanden. Außer der Tötung von Geiseln wurden in einigen Fällen ganze Städte zerstört; solche Massenmorde, wie die in Oradour-sur-Glane in Frankreich und Lidice in der Tschechoslowakei, die beide dem Gerichtshof in allen Einzelheiten beschrieben worden sind, sind Beispiele für die organisierte Anwendung des Schreckens durch die Besatzungstruppen, zwecks Niederschlagung und Vernichtung jeglichen Widerstandes gegen ihre Herrschaft.

Eine der berüchtigten Methoden, um die Einwohner der besetzten Gebiete in Schrecken zu halten, war die Einrichtung von Konzentrationslagern. Diese wurden zum ersten Male bei der Machtübernahme durch die Nazi-Regierung in Deutschland eingerichtet. Ihr ursprünglicher Zweck war die Einsperrung aller Personen ohne Prozeß, die Gegner der Regierung waren oder die in irgendeiner Weise den deutschen Behörden unliebsam erschienen. Mit Hilfe einer Geheimpolizei wurde diese Methode weitgehend ausgedehnt, und Konzentrationslager wurden mit der Zeit die Schauplätze organisierter und systematischer Morde, bei denen Millionen Menschen ums Leben kamen.

Die Verwaltung der besetzten Gebiete benutzte die Konzentrationslager zur Vernichtung aller Oppositionsgruppen.

Die von der Gestapo verhafteten Personen wurden in der Regel in Konzentrationslager überführt. In zahlreichen Fällen wurden sie ohne jegliche Fürsorgemaßnahmen in die Lager abtransportiert, und eine große Anzahl starb während des Transportes. Diejenigen, die im Lager ankamen, wurden systematischen Grausamkeiten ausgesetzt. Sie mußten schwere körperliche Arbeiten leisten, erhielten unzureichende Nahrung, Kleidung und Unterkunft, und waren dauernd den Härten eines gefühllosen Regimes und den persönlichen Launen der einzelnen Wachmannschaften ausgesetzt. Im Bericht vom 21. Juni 1945, herausgegeben von der Abteilung für [262] Kriegsverbrechen des Generalstaatsanwalts der Dritten Armee der Vereinigten Staaten, werden die Zustände im Konzentrationslager Flossenbürg untersucht, und eine Stelle daraus mag hier zitiert werden:

»Das Konzentrationslager Flossenbürg kann am besten als eine Fabrik des Todes bezeichnet werden. Obwohl dieses Lager in erster Linie denn Zwecke des Arbeitseinsatzes für Massensklavenar beit dienen sollte, war ein anderer seiner hauptsächlichsten Zwecke, die Vernichtung von Menschenleben durch die bei der Behandlung der Gefangenen angewandten Methoden. Hunger, und Hungerrationen, Sadismus, unzureichende Bekleidung, Vernachlässigung ärztlicher Betreuung, Krankheit, Schläge, Erhängen mit der Hand, Erfrieren, erzwungener Selbstmord, Erschießen usw. spielten eine führende Rolle zur Erreichung dieses Zieles. Gefangene wurden willkürlich ermordet, mutwillige Ermordungen an Juden waren häufig, Gifteinspritzungen und Genickschüsse waren alltägliche Erscheinungen. Typhusepidemien und Fleckfieber wurden zugelassen und dienten als Mittel zur Ausrottung von Gefangenen. In diesem Lager hatten Menschenleben keinen Wert. Mord wurde ein alltägliches Ereignis, so alltäglich, daß die Unglücklichen einen schnellen Tod sogar willkommen hießen.«

In einer Anzahl von Konzentrationslagern wurden zur Massenvernichtung der Insassen Gaskammern mit Öfen zum Verbrennen der Leichen eingerichtet. Von diesen wurden einige tatsächlich zur Ausrottung der Juden als Teil der »Endlösung« des jüdischen Problems verwendet. Die Mehrzahl der nichtjüdischen Insassen wurde zu körperlicher Arbeit verwendet, obwohl die Bedingungen, unter denen sie arbeiteten, körperliche Arbeit und Tod fast gleichsetzten. Diejenigen Insassen, die erkrankten und nicht mehr arbeitsfähig waren, wurden entweder in den Gaskammern ermordet oder in besondere Krankenhäuser überführt, wo ihnen völlig unzureichende ärztliche Behandlung zuteil wurde, wo sie womöglich noch schlechtere Nahrung erhielten als die arbeitenden Insassen, und wo sie dem Tode überliefert wurden.

Die Ermordung und Mißhandlung der Zivilbevölkerung erreichte ihren Höhepunkt in der Behandlung der Bürger der Sowjetunion und Polens. Etwa vier Wochen vor der Invasion Rußlands wurden auf Befehl Himmlers, Sonderabteilungen der Sipo und des SD, Einsatzgruppen genannt, gebildet, um den deutschen Armeen nach Rußland zu folgen, Partisanen und Mitglieder der Widerstandsbewegung zu bekämpfen, und Juden und kommunistische Führer, sowie andere Teile der Bevölkerung auszurotten. Anfänglich wurden vier derartige Einsatzgruppen gebildet, von denen eine in den baltischen Staaten tätig war, eine in der Gegend von Moskau, eine [263] in der Gegend von Kiew, während sich die letzte im Süden Rußlands betätigte. Ohlendorf, der frühere Chef des Amtes III des RSHA, der die vierte Gruppe führte, sagt in seiner eidesstattlichen Erklärung, ich zitiere:

»Als die deutsche Armee in Rußland einmarschierte, war ich Führer der Einsatzgruppe D im südlichen Sektor, und im Laufe des Jahres, während dessen ich Führer der Einsatzgruppe D war, liquidierte sie ungefähr 90000 Männer, Frauen und Kinder. Die Mehrzahl der Liquidierten waren Juden, aber es waren unter ihnen auch einige kommunistische Funktionäre.«

In einem von dem Angeklagten Keitel am 23. Juli 1941 herausgegebenen Befehl, dessen Entwurf von dem Angeklagten Jodl stammt, wird erklärt:

»Im Hinblick auf die weite Ausdehnung der besetzten Gebiete im Osten werden die für Sicherheitszwecke vorhandenen Kräfte in diesen Gebieten nur dann genügen, wenn jeder Widerstand bestraft wird, nicht durch gesetzliche Verfolgung des Schuldigen, sondern durch Verbreitung eines solchen Terrors durch die Wehrmacht, der geeignet ist, jede Neigung zum Widerstand unter der Bevölkerung auszumerzen... Kommandeure müssen die Mittel finden, um die Ordnung durch drakonische Maßnahmen aufrechtzuerhalten.«

Das Beweismaterial hat ergeben, daß dieser Befehl in den Gebieten der Sowjetunion und Polens rücksichtslos durchgeführt wurde. Ein bezeichnendes Licht auf die tatsächlich angewandten Maßnahmen wirft das Dokument, welches im Jahre 1943 von dem Reichskommissar für die Ostgebiete an den Angeklagten Rosenberg gesandt wurde, in dem er schreibt:

»Wohl aber ist es möglich, Grausamkeiten zu vermeiden und die Liquidierten zu begraben. Männer, Frauen und Kinder in Scheunen zu sperren und diese anzuzünden, scheint mir selbst dann keine geeignete Methode der Bandenbekämpfung zu sein, wenn man die Bevölkerung ausrotten will. Diese Methode ist der deutschen Sache nicht würdig und tut unserem Ansehen stärksten Abbruch.«

Dem Gericht wurde eine eidesstattliche Erklärung vom 10. November 1945 eines gewissen Hermann Graebe vorgelegt, in der die riesigen Massenermordungen beschrieben sind, deren Augenzeuge er war. Er war vom September 1941 bis Januar 1944 Leiter und Chefingenieur einer Filiale der Baufirma Joseph Jung, Solingen in Sdolbunow in der Ukraine. Zunächst beschrieb er den Angriff auf das jüdische Ghetto in Rowno.

[264] »... Daraufhin wurden die in und um das Ghetto errichteten elektrischen Bogenlampen eingeschaltet. SS und Miliztrupps von je vier bis sechs Personen drangen nun in die Häuser ein oder versuchten einzudringen. Wo die Türen und Fenster verschlossen waren und die Hauseinwohner auf Klopfen nicht öffneten, schlugen die SS- oder Milizleute die Fenster ein, brachen die Türen mit Balken und Brecheisen auf und drangen in die Wohnungen ein. Wie die Bewohner gingen und standen, ob sie bekleidet oder zu Bett lagen... Waggon auf Waggon füllte sich, unaufhörlich ertönte das Geschrei der Frauen und Kinder, das Klatschen der Peitschen und die Gewehrschüsse.«

Weiter beschreibt Graebe, wie eine Massentötung, welcher er am 5. Oktober 1942 beiwohnte, in Dubno durchgeführt wurde:

»Jetzt hörte ich kurz nacheinander Gewehrschüsse hinter einem der Erdhügel. Die von den Lastwagen abgestiegenen Menschen, Männer, Frauen und Kinder jeden Alters, mußten sich auf Aufforderung eines SS-Mannes, der in der Hand eine Reit- oder Hundepeitsche hielt, ausziehen... standen in Familiengruppen beisammen, küßten und verabschiedeten sich und warteten auf den Wink eines anderen SS-Mannes, der an der Grube stand und ebenfalls eine Peitsche in der Hand hielt... Da rief schon der SS-Mann an der Grube seinem Kameraden etwas zu. Dieser teilte ungefähr 20 Personen ab und wies sie an, hinter den Erdhügel zu gehen... Ich ging um den Erdhügel herum und stand vor dem riesigen Grab. Dicht aneinandergepreßt lagen die Menschen so aufeinander, daß nur die Köpfe zu sehen waren... Die Grube war bereits dreiviertel voll. Nach meiner Schätzung lagen darin bereits ungefähr tausend Menschen... Schon kam die nächste Gruppe heran, stieg in die Grube herab, reihte sich an die vorherigen Opfer an und wurde erschossen.«

Die erwähnten an der Zivilbevölkerung begangenen Verbrechen sind entsetzlich genug, und doch zeigt das Beweismaterial, daß jedenfalls im. Osten die Massenmorde und Greueltaten nicht nur zu dem Zwecke begangen wurden, um Opposition oder Widerstand gegenüber den deutschen Besatzungstruppen zu brechen. In Polen und in der Sowjetunion waren diese Verbrechen Teil eines Planes, der darauf zielte, die ganze einheimische Bevölkerung durch Austreibung und Vernichtung zu beseitigen, um ihr Gebiet von den Deutschen für Siedlungszwecke verwenden zu können. Hitler hatte in »Mein Kampf« über diese Methode geschrieben, und der Plan wurde von Himmler im Juli 1942 klar dargelegt. Er schrieb damals folgendes:

»Unsere Aufgabe ist es, den Osten nicht im alten Sinne zu germanisieren, das heißt den dort wohnenden Menschen deutsche Sprache und deutsche Gesetze beizubringen, sondern dafür zu [265] sorgen, daß im Osten nur Menschen wirklich deutschen, germanischen Blutes wohnen.«

Im August 1942 wurde das Verfahren für die Ostgebiete, so wie es von Bormann niedergelegt worden war, von einem Mitarbeiter Rosenbergs wie folgt zusammengefaßt:

»Die Slawen sollen für uns arbeiten. Soweit wir sie nicht brauchen, mögen sie sterben. Impfzwang und deutsche Gesundheitsfürsorge sind daher überflüssig. Die slawische Fruchtbarkeit ist unerwünscht.«

Es war wiederum Himmler, der im Oktober 1943 folgendes erklärte:

»Wie es den Russen geht, wie es den Tschechen geht, ist mir total gleichgültig. Das, was in den Völkern an gutem Blut unserer Art vorhanden ist, werden wir uns holen, indem wir ihnen, wenn notwendig die Kinder rauben und sie bei uns großziehen. Ob die anderen Völker in Wohlstand leben, oder ob sie verrecken an Hunger, das interessiert mich nur soweit, als wir sie als Sklaven für unsere Kultur brauchen, anders interessiert mich das nicht.«

In Polen war die Vernichtung der Intelligenzschicht bereits im September 1939 vorgesehen worden; und im Mai 1940 schrieb der Angeklagte Frank in sein Tagebuch, »daß wir die Tatsache, daß die Weltaufmerksamkeit auf die Westfront gerichtet ist, zur Massenliquidation von Tausenden von Polen, der führenden Vertreter der polnischen Intelligenz, zuerst benutzen sollen«.

Zu einem früheren Zeitpunkt war Frank angewiesen worden, »die gesamte Wirtschaft Polens auf das absolut notwendige Minimum für die bloße Existenz zu reduzieren. Die Polen sollen die Sklaven des Großdeutschen Weltreiches sein«.

Im Januar 1940 vermerkte er in seinem Tagebuch: »Billige Arbeitskräfte müssen zu Hunderttausenden aus dem Generalgouvernement herausgeholt werden. Dies wird die biologische Verbreitung der Eingeborenen verhindern«. Die Deutschen führten diese Politik in Polen mit solchem Erfolg durch, daß gegen Ende des Krieges ein Drittel der Bevölkerung getötet und das ganze Land verwüstet war.

Dasselbe ereignete sich in den besetzten Gebieten der Sowjetunion. Zur Zeit des Beginns des deutschen Angriffes im Juni 1941 sagte Rosenberg zu seinen Mitarbeitern:

»Die deutsche Volksernährung steht in diesen Jahren zweifellos an der Spitze der deutschen Forderungen im Osten, und hier werden die Südgebiete und Nordkaukasien einen Ausgleich für die deutsche Volksernährung zu schaffen haben. Zweifellos [266] wird eine sehr umfangreiche Evakuierung notwendig sein, und dem Russentum werden sicher sehr schwere Jahre bevorstehen.«

Drei bis vier Wochen später erörterte Hitler mit Rosenberg, Göring, Keitel und anderen, seinen Plan zur Ausbeutung der sowjetrussischen Bevölkerung und des sowjetrussischen Gebietes, das unter anderem die Evakuierung der Bewohner der Krim und die Besiedlung derselben durch Deutsche einschloß.

Ein ähnliches Schicksal war von dem Angeklagten von Neurath im August 1940 für die Tschechoslowakei geplant. Die Intelligenzschicht sollte »vertrieben«, der Rest der Bevölkerung jedoch eher germanisiert als ausgewiesen oder vernichtet werden, da nicht genügend Deutsche vorhanden waren, um sie zu ersetzen. Im Westen war die Bevölkerung des Elsaß das Opfer einer »Austreibungsaktion«. Zwischen Juli und Dezember 1940 wurden 105000 Elsässer entweder von ihren Heimstätten deportiert oder an der Rückkehr dorthin gehindert. Ein erbeuteter Bericht vom 7. August 1942 über das Elsaß besagt:

»Das rassische Problem wird in den Vordergrund gestellt, und zwar in der Weise, daß rassisch wertvolle Personen in das Altreich und rassisch minderwertige nach Frankreich ausgesiedelt werden sollen.«


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 1, S. 260-267.
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