Vormittagssitzung.

[618] VORSITZENDER: Ich habe folgendes bekanntzugeben: Der Antrag der Verteidigung auf eine Vertagung kann nicht genehmigt werden. Als die Unterbrechung zu Weihnachten angeordnet wurde, gab der Gerichtshof den Verteidigern bekannt, daß keine weitere Vertagung bewilligt werden würde.

Wie der Anklagevertreter erklärte, haben die Verteidiger bereits mehrere Monate zur Verfügung gehabt, innerhalb welcher Zeit sie ihre Verteidigung in einem Prozeß vorbereiten konnten, der sich in erster Linie auf deutschsprachige Dokumente stützt, welche von den Angeklagten selbst oder ihren Vertretern verfaßt worden sind. Sie hatten außerdem ständig die Hilfe des Gerichtshofs und der Anklagevertretung zu ihrer Verfügung gehabt, soweit Dokumenten- und Zeugenbeweise in Frage kommen.

Der Gerichtshof hat die Beobachtung gemacht, daß eine ganze Reihe von Verteidigern die Möglichkeit gefunden hat, häufig vom Gericht abwesend zu sein, was ganz in der Ordnung ist, doch sieht das Gericht keinen Grund, warum ein Teil der Zeit, die bis zur Beendigung des Anklagevortrages verstreichen muß, von den Verteidigern nicht dazu benutzt werden könnte, ihre Verteidigung außerhalb des Gerichtssaales vorzubereiten.

Der Gerichtshof trifft daher die Entscheidung, daß mit Beendigung des Anklagevortrages gegen die einzelnen Angeklagten die Verhandlung gegen die Gruppen und Organisationen, die als verbrecherisch erklärt werden sollen, stattfinden wird. Danach wird über Anträge auf Vorlage von Dokumenten und Ladung von Zeugen seitens jener Angeklagten, hinsichtlich deren Zeugen und Dokumente noch nicht entschieden worden ist, in öffentlicher Sitzung verhandelt werden. Auf diese Weise werden einige Tage vergehen, während welcher viele von den Verteidigern vom Gericht abwesend sein können, und sie können daher während dieser Zeit ihre Verteidigung außerhalb des Gerichtssaales vorbereiten. Das ist alles, was ich bekanntzugeben habe.

Fahren Sie fort, Herr Oberst!


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Präsident! Gestern wurde ich von Ihnen gefragt, wer im Januar 1942 der Chef des Wehrwirtschafts- und Rüstungsamtes der deutschen Armee war. Ich konnte Ihnen gestern nicht antworten. Heute nun kann ich Ihnen sagen, daß der Leiter dieses Amtes der General der Infanterie Thomas war.

[618] Was die andere Frage anbetrifft, und zwar welche Maßnahmen bezüglich der Korrespondenz, die im Zusammenhang mit dem Bericht von Major Rösler steht, getroffen wurden, so kann ich Ihnen sagen, daß ich in Moskau, wo diese Korrespondenz aufbewahrt wird, angefragt habe, und daß im Moskauer Archiv nur ein Auszug dieses Briefwechsels vorliegt. Der andere Teil dieser Korrespondenz wird in einem anderen Archiv aufbewahrt. Wir haben bei diesem Archiv angefragt, und, sobald feststeht, was mit dem Briefwechsel geschah, werde ich darüber berichten. Es wird ein oder zwei Tage in Anspruch nehmen.

Bevor ich meine Rede fortsetze, muß ich folgendes bemerken: Ich muß heute meine Beweisführung beenden. Ich habe noch eine ziemliche Anzahl von Dokumenten vorzulegen; deswegen muß ich mich beeilen und werde versuchen, mich nicht in Einzelheiten zu verlieren und auch nichts mehr zu zitieren, was bereits von anderen Anklagevertretern zitiert wurde. Es wird ein wenig hastig sein, aber ich bitte, dies in Betracht zu ziehen und zu entschuldigen. Ich setze fort.

Dem Gerichtshof ist bereits als Nummer USSR-48 der Bericht der gerichtsmedizinischen Sachverständigen vorgelegt worden. Dieses Gutachten ist von einem bekannten russischen Arzt, dem Präsidenten der Medizinischen Akademie und Mitglied der Außerordentlichen staatlichen Kommission, Akademiker Burdenko in Smolensk verfaßt worden. Der Sachverständigenkommission gehörte unter anderem auch Dr. med. Prosorowsky, der medizinische Hauptsachverständige des Volkskommissariats für das Gesundheitswesen an. Zu den von meinem Kollegen Pokrowsky vorgelegten Dokumenten bitte ich das Gericht, auch die Originaldokumente der gerichtsmedizinischen Gutachten hinzuzufügen. Aus ihnen kann das Gericht nicht nur die Endresultate, sondern auch die Methoden der Untersuchung ersehen. Das Gericht wird sich überzeugen können, mit welcher Genauigkeit und Sorgfalt jede Stelle der Gräber und jede herausgegrabene Leiche untersucht wurde. Ich werde die Stellen, die bereits teilweise von Oberst Pokrowsky zitiert wurden, übergehen und lasse deswegen vier Seiten meines Vortrages aus. Ich gehe zur Seite 213 über, und zwar finden die Herren Richter auf Seite 307 ihres Dokumentenbuches, zweiter Band, zweiter Absatz die Stelle, die ich zitieren möchte. Die Experten beschreiben hier das typische Aussehen eines Begräbnisplatzes der Opfer von 1941 und Anfang 1942. Ich beginne mein Zitat:

»Die Gruben, aus denen die Leichen ausgegraben wurden, sind keine ›Gemeinschaftsgräber‹. Die Leichen wurden nicht eine neben die andere in eine Reihe gelegt, sondern stellten manchmal eine vielreihige und manchmal eine kompakte Masse kreuz und quer durcheinander liegender männli cher [619] und weiblicher Leichen dar. Unter dieser Masse von ausgestreckten, gebückten oder halbgebückten Leichen, die auf der Seite oder auf dem Rücken, in kniender Lage oder aufrecht, mit dem Kopf nach oben oder nach unten, mitverflochtenen Armen und Beinen dort lagen, war es unmöglich, die Umrisse jeder einzelnen Leiche zu erkennen, bevor sie aus der Grube entfernt wurde.«

Jedoch wird diese charakteristische Lage der Leichen meistens nur bei den Ausgrabungen der ersten Opfer der Massenerschießungen von 1941 und Anfang 1942 festgestellt. Im folgenden wurden bei den Exhumierungen von den Gerichtsmedizinern eine ganze Reihe von Gräbern gefunden, wo die Leichen ordentlich in Reihen und Schichten lagen. Ein typisches Bild solcher Gräber können die Herren Richter in dem Album über das Lager Lemberg finden. Auf Seite 15 dieses Albums befindet sich das Bild einer Grabstätte der späteren Zeit. Die Leichen liegen in ordentlichen Reihen, dabei ist die Erklärung dafür nicht...

VORSITZENDER: Welches Album ist dies?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Es ist das Album über das Lager Lemberg. Es wurde gestern vorgelegt, und das Bild, von dem ich spreche, befindet sich auf Seite 15. Diese Photographie wurde im Hause der Gestapo in Lemberg gefunden.

Wodurch diese reihenmäßige Lage der Leichen bedingt war, wird dem Gerichtshof aus dem Auszuge des Berichts der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die Greueltaten klar werden.


VORSITZENDER: Ist es eine Aufnahme von den Leichen, wie sie im Grabe liegen, oder handelt es sich um eine Aufnahme, nachdem die Leichen fortgeschafft waren?


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Nein, das ist die Aufnahme, die seitens der Gestapo von den Leichen gemacht worden ist, und aus dem Archiv der Gestapo Lemberg stammt. Sie sehen hier die Leichen in regelmäßigen Reihen liegen. Wodurch diese regelmäßige Lage der Leichen hervorgerufen wurde, werden die Herren Richter auf Seite 290 ihres Dokumentenbuches finden, und zwar 2. Spalte, 8. Absatz. Es ist der Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die deutschen Greueltaten in Rovno und seiner Umgebung. Ich zitiere:

»Der bei den Deutschen unweit der Straße Belaya arbeitende Zeuge Karpuk erzählte: ›Ich habe verschiedene Male gesehen, wie die Hitler-Leute Sowjetbürger umbrachten, Ukrainer, Russen, Polen und Juden. Es ging meistens folgendermaßen vor sich: Die deutschen Henker brachten die Opfer zum Hinrichtungsort und befahlen ihnen, einen Graben auszuheben. [620] Dann mußten sie sich nackt ausziehen und sich mit dem Gesicht nach unten in den Graben legen. Dann wurden sie durch Schüsse aus automatischen Pistolen in den Nacken erledigt. Danach legte sich eine andere Gruppe genau so auf die Leichen der Erschossenen und wurde in der gleichen Weise erledigt. Es folgte eine dritte Schicht, und so fort, bis die Grube gefüllt war. Danach wurden die Leichen mit Chlorkalk übergossen und der Graben zugeschüttet‹.«

Wie weit diese Methode der grausamen Massenerschießungen verbreitet war, werden die Herren Richter aus dem kurzen Auszug aus dem Bericht über die Erschießungen von Maidanek feststellen können. Ich zitiere aus dem sowjet-polnischen amtlichen Bericht, der dem Gerichtshof schon als Nr. USSR-29 vorgelegt worden ist. Die Herren Richter werden die Stelle auf Seite 65 ihres Dokumentenbuches, 1. Spalte, 14. Absatz finden. Ich beginne das Zitat:

»Am 3. November 1943 wurden im Lager 18400 Leute erschossen. Aus dem Lager selbst wurden 8400 Leute genommen und 10000 wurden aus der Stadt und anderen Lagern dorthin gebracht.«

Ich lasse den nächsten Satz aus.

»Die Erschießung begann am Morgen und endete am späten Abend. Die nackt ausgezogenen Menschen wurden von den SS-Leuten in Gruppen von 50 bis 100 zu den Gruben geführt, auf die Sohle des Grabens mit dem Gesicht nach unten gelegt und mit automatischen Gewehren erschossen. Auf die Leichen wurden dann neue lebende Menschen gelegt, die genau so erschossen wurden, und so ging es weiter, bis die Gruben gefüllt waren.«

Ich habe mich speziell mit der Frage beschäftigt, ab wann diese Methode praktisch angewandt wurde. Sowjetische Beweisstücke bezeugen, daß es in der zweiten Hälfte des Jahres 1942 anfing. Aber im allgemeinen kann man sagen, daß die gleichen Erschießungsmethoden schon von den deutschen Polizeieinheiten im Jahre 1939 in Polen angewandt wurden.

Dank der Liebenswürdigkeit unserer britischen Kollegen lege ich dem Gerichtshof ein britisches Dokument vor, das unserer Delegation von der Britischen Anklage zur Verfügung gestellt wurde, und zwar die Photokopie eines Dokuments, dessen Original sich in dem Archiv der Britischen Delegation befindet. Ich glaube sagen zu dürfen, daß, falls das Gericht das Original brauchen sollte, dieses vorgelegt werden kann. Die Echtheit der Mitteilungen dieses Briefwechsels ist unzweifelhaft. Es ist ein deutscher Bericht, dem Archiv von Hitlers Adjutanten entnommen. Ich zitiere eine Stelle, die auf Seite 391 des Dokumentenbuches, Band II, Absatz 2, zu finden ist. (Dokument [621] USSR-342.) Die deutschen Stabsärzte hielten es für notwendig, Hitler über diese Erschießungen zu berichten, da

»wenn diese Erschießungen öffentlich stattfanden, die Feindpropaganda solches Material erhalten könnte...«

Aus diesem Briefwechsel verlese ich noch einen Auszug der Vernehmung eines Gefreiten Paul Kluge. Paul Kluge war in der Stadt Schweiz und gehörte einer Sanitätsabteilung an.

Er hörte, daß am Sonntag auf dem jüdischen Friedhof Erschießungen von Polen vorgenommen werden, und aus Neugier beschloß er, hinzugehen. Ich zitiere nur den Teil des Verhörs, der von den Methoden der Erschießung spricht. Der Gerichtshof wird dieses Zitat auf Seite 393 im Dokumentenbuch, Band II, Absatz 2, finden. (Dokument USSR-342.) Ich beginne das Zitat:

»Wir glaubten, daß es nur Gerüchte seien, und waren bereits im Begriff, in die Kasernen zurückzugehen, als ein großer Omnibus voll mit Frauen und Kindern in den Friedhof einfuhr. Wir gingen zum Friedhof zurück. Dann sahen wir, wie aus dem Omnibus eine Gruppe, bestehend aus einer Frau und drei Kindern im Alter von 3 bis 8 Jahren, an ein bereits ausgeschaufeltes Grab von ungefähr 2 m Breite und 8 m Länge hingeführt wurde. Die Frau mußte in das Grab hineinsteigen und nahm dabei ihr jüngstes Kind auf dem Arm mit. Die beiden anderen Kinder wurden ihr von 2 Männern des Exekutionskommandos gereicht. Die Frau mußte sich nun mit dem Gesicht zur Erde ins Grab legen. Ihre 3 Kinder zur Linken in derselben Weise angereiht. Danach stiegen 4 Männer des Komman dos ebenfalls in das Grab, legten ihre Gewehre so an, daß die Mündung etwa 30 cm vom Genick entfernt war und erschossen auf diese Weise die Frau mit ihren 3 Kindern.

Ich wurde dann von dem aufsichtführenden Sturmbannführer aufgefordert, beim Zuschütten der Leichen zu helfen. Ich kam diesem Befehl nach und konnte daher aus nächster Nähe sehen, wie die nächsten Gruppen von Frauen und Kindern in derselben Weise erschossen wurden wie die erste. Im ganzen wurden etwa 9 bis 10 Gruppen von Frauen und Kindern, zu viert jedesmal, in demselben Massengrab erschossen.«

Also sehen wir, wie weit diese Methode der Massenmorde bereits zurückliegt. Ich lasse die nächste Seite des Vertrages aus, da dort von einem anderen Protokoll mit gleichen Mitteilungen die Rede ist, und lege den Beweis für andere noch schlimmere Methoden der Massenerschießungen vor, die von den Hitler-Verbrechern vom Jahre 1943 bis Ende des Krieges angewandt wurden. Es handelt sich um die Tarnung der Spuren der Verbrechen, die die Hitler-Banditen von 1943 an durch verschiedene Methoden, insbesondere durch Verbrennen der Leichen, zu verwirklichen suchten. Es ist dokumentarisch [622] festgelegt, daß die Hitler-Leute ihre Opfer zwangen, Holzstämme aufzustapeln, sich dann auf dieses Holz zu legen, um so erschossen zu werden. Die nächste Gruppe, die dann erschossen wurde, brachte wieder Holz heran, stapelte es auf die Leichen auf und legte sich auf die neue Holzschicht, dann wurde auch diese Gruppe erschossen. Ich bitte die Herren Richter, sich dem Album über das Auschwitzlager zuzuwenden, wo Sie auch Aufnahmen aus dem Lager Kloga finden werden. Sie werden dort ein typisches Bild solcher grausamen Erschießungsmethoden sehen. Zur Bestätigung wende ich mich dem Dokument zu, das bereits als Nr. USSR-39 vorgelegt wurde. Die Stelle, die ich verlesen möchte, finden Sie auf Seite 233 des Dokumentenbuches, Spalte 2 des Textes, letzter Absatz. Ich beginne das Zitat:

»Am 19. September 1944 begannen die Deutschen das Lager Kloga zu liquidieren. Der Unterscharführer des Lagers, Schwarze, und der Chef der Kanzlei, Hauptscharführer Max Dalmann, wählten 300 Häftlinge aus und zwangen sie, Brennholz auf eine Waldlichtung zu tragen. Weitere 700 Menschen wurden gezwungen, Scheiterhaufen zu errichten. Als die Scheiterhaufen fertig waren, begannen die deutschen Henkersknechte, die Gefangenen in Gruppen niederzuschießen. Diejenigen, die das Brennholz gebracht und die Scheiterhaufen errichtet hatten, wurden zuerst erschossen; dann kamen die anderen an die Reihe. Die Erschießungen wurden folgendermaßen durchgeführt:

›Mit vorgehaltener Pistole zwangen die deutschen Polizeileute vom Sicherheitsdienst die Gefangenen, sich mit dem Gesicht nach unten auf die vorbereiteten Scheiterhaufen zu legen und erschossen sie dann mit Maschinenpistolen. Die Erschossenen wurden dann auf dem Scheiterhaufen verbrannt.‹«

Ich lasse aus Zeitersparnis den nächsten Absatz aus. Um Beweise dafür anzuführen, daß die Erschießungsmaßnahmen in anderen Lagern noch schrecklicher, noch grausamer als die oben erwähnten waren, bitte ich den Gerichtshof, sich dem bereits vorgelegten Dokument USSR-38 zuzuwenden, das von den Greueltaten der deutschen Eindringlinge in der Stadt Minsk spricht. Die Stelle, auf die ich mich beziehe, werden die Herren Richter auf Seite 215 des Dokumentenbuches, letzter Absatz, zweite Spalte finden. Im ersten Teil des Zitats wird beschrieben wie, um ihre Verbrechen zu verbergen, die deutsch-faschistischen Eindringlinge neben dem Lager in Maly-Trostinetz primitive Verbrennungseinrichtungen aufgestellt hatten. Ich zitiere den Teil des Dokuments, wo von den Erschießungen gesprochen wird, die unmittelbar neben diesen primitiven Verbrennungseinrichtungen durchgeführt wurden. Für die Dolmetscher teile ich mit, daß ich 3 Seiten ausgelassen habe und mich jetzt auf Seite 223 des russischen Textes meiner Rede befinde. Ich beginne [623] das Zitat aus dem Bericht der Zeugin Savinsky. Sie hat folgendes ausgesagt:

»Nachdem wir ungefähr 10 km von Minsk entfernt waren, hielt das Lastauto unweit des Dorfes Maly- Trostinetz vor einem Schuppen. Hier wurden wir uns darüber klar, daß wir hierher gebracht wurden, um erschossen zu werden... Auf Befehl der deutschen Henkersknechte stiegen die gefangenen Frauen zu viert aus dem Lastwagen. Ich kam bald an die Reihe. Ich kletterte mit Anna Golubovich, Julia Semaschko und noch einer Frau, deren Name ich nicht kenne, auf den Haufen von Leichen. Schüsse ertönten, ich war leicht am Kopf verletzt und fiel nieder.«

Ich lasse jetzt einen Teil aus, da darin die weitere Rettung der Frau beschrieben ist und fahre mit dem letzten Absatz des Zitates fort:

»Die gerichtsmedizinischen Sachverständigen fanden Schußwunden in der Kopf- und Nackengegend der Leichen. Die Deutschen haben im Schuppen und auf Holzstapeln 6500 Menschen erschossen und verbrannt.«

Ich lasse 3 Seiten des Textes aus und lege dem Gerichtshof die Beweisstücke der Organisation der deutsch-faschistischen Eindringlinge von.....

VORSITZENDER: Oberst Smirnow, die Übersetzung, die ich durchs Mikrophon bekomme, spricht von 65 getöteten Leuten, während es laut der schriftlichen Übersetzung 6500 sind.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Die schriftliche Übersetzung ist richtig, Herr Vorsitzender. Als Beweis dafür kann das Originaldokument – Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission – verwendet werden. Es ist ein grober Fehler der Dolmetscher. Sie haben die Zahl der Erschossenen 10000-fach verringert.

Ich lasse die nächsten drei Seiten aus und gehe zur Vorlage von Beweisen für das Bestehen besonderer Orte von Massenerschießungen über. Die Zahl der Ermordeten beläuft sich dort auf Hunderttausende. Dorthin wurden die zum Erschießen vorgesehenen Leute nicht nur aus der Umgebung des Vernichtungsortes, sondern auch aus anderen Teilen Europas gebracht. In kurzen Auszügen lege ich dem Gerichtshof den Beweis für zwei solche Orte vor, die ganz besonders unheilvoll sind, und zwar erstens der Massenerschießungsort Panary, 8 km von Wilna entfernt, zweitens der Ort, der unter der unheilvollen Benennung Fort Nummer 9 oder »Todesfestung« bei Kowno bekannt wurde. Ich zitiere jetzt den dem Gerichtshof bereits vorgelegten Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die Greueltaten und Verbrechen der Hitler-Eindringlinge in Litauen. Die Herren [624] Richter finden diese Stelle auf Seite 294 des Dokumentenbuches, zweite Spalte, letzter Absatz. Für den Dolmetscher möchte ich sagen, daß ich mich auf Seite 228 befinde. Ich lasse die ersten drei Absätze aus, wo gesagt wird, daß der Ort der Massenerschießungen Panary im Juli 1941 eingerichtet wurde und bis Juli 1944 funktioniert hat. Ich zitiere vom vierten Absatz an, wo von der Ausrottung, von den Tarnungen und der Beseitigung der Spuren der Verbrechen durch die Hitler-Leute im Orte der Massenerschießungen die Rede ist. Ich zitiere:

»Im Dezember 1943«, so berichtet der Zeuge Saydel, Matfey Fedorowitsch, »wurden wir gezwungen, die Leichen auszugraben und zu verbrennen.«

Ich lasse den nächsten Satz aus und fahre fort:

»Zu diesem Zweck legten wir auf jeden Scheiterhaufen ungefähr 3000 Leichen, begossen sie mit Petroleum und legten an den vier Seiten Brandbomben, die wir dann ansteckten.«

Die Verbrennung der Leichen dauerte vom Ende des Jahres 1943 bis Juni 1944. In dieser Zeit wurden von 9 Gruben, die zusammen 21179 cbm faßten, nicht weniger als 100000 Leichen ausgegraben und auf Scheiterhaufen verbrannt. In den letzten Tagen vor dem Rückzug hatten die Hitler- Leute keine Zeit mehr, die Leichen zu verbrennen....

Ich lasse einige Absätze aus und zitiere die Schlußfolgerungsergebnisse der medizinischen Sachverständigen.

»Die untersuchten Leichen gehören meistens der Zivilbevölkerung an. Eine kleine Anzahl von Leichen war in Militäruniform. Auf einigen Leichen fand man religiöse Gegenstände der Römischen und Griechisch-Orthodoxen Kirche. Auf Grund ge fundener Gegenstände und Dokumente wurde festgestellt, daß unter den Erschossenen sich Ärzte, Ingenieure, Studenten, Chauffeure, Schlosser, Eisenbahner, Schneiderinnen, Uhrmacher, Händler usw. befanden.«

Ich lasse die nächsten 3 Absätze aus und zitiere die Schlußfolgerung:

»Die gerichtsmedizinische Sachverständigenkommission hat festgestellt, daß die deutsch-faschistischen Henker nicht weniger als 100000 Menschen in Panary erschossen und auf Scheiterhaufen verbrannten.«

Ich zitiere weiter und berichte über die Todesfestung in Kowno:

»Das Fort Nr. 9 wurde von den Bewohnern von Kowno die ›Todesfestung‹ genannt. Das Fort befindet sich 6 km nordwestlich der Stadt und ist eine alte Eisenbetonbefestigung. Im Innern gibt es eine Reihe von Kasematten, die [625] von den Deutschen als Haftzellen benutzt wurden. Von allen Seiten ist das Fort von einer Eisenbetonwand und von Stacheldraht umgeben. Schon in den ersten Tagen nach ihrer Ankunft in Kowno haben die Hitleristen ungefähr 1000 Sowjetgefangene in das Fort Nr. 9 hineingetrieben und zwangen sie, auf einem Felde von ungefähr 5 Hektar an der Westwand des Forts Gräben auszuheben. Im Juli und August 1941 wurden 14 Gräben von je 3 m Breite, 200 m Länge und 2 m Tiefe ausgehoben. Keiner, der in diese Festung eingeliefert wurde, blieb am Leben. Zu Tausenden und kolonnenweise wurden dorthin von den Hitleristen Frauen, Kinder, junge Mädchen, Männer und Greise zum Erschießen und Verbrennen hineingetrieben.«

Ich lasse drei Absätze aus und fahre fort:

»Im Fort Nr. 9 wurden Leute verschiedener Nationalitäten erschossen, Russen, Ukrainer, Weißrussen, Litauer, Polen und Juden. In diesem Fort sind erschossen worden: das Mitglied des Obersten Rates der USSR Budjinskiene, der Abgeordnete des Hohen Sowjets der Litauischen Republik Sibertas und andere. Neben sowjetischen Bürgern haben die Hitleristen im Fort Nr. 9 französische, österreichische und tschechische Staatsangehörige vernichtet.«

Der ehemalige Aufseher des Forts Nr. 9, Naudgunas, hat ausgesagt:

»Die erste Gruppe Ausländer, die sich aus 4000 Menschen zusammensetzte, ist in das Fort im Dezember 1941 eingeliefert worden. Ich sprach mit einer Frau, die sagte, daß man sie nach Rußland angeblich zur Arbeit führte. Am 10. Dezember 1941 begann die Vernichtung der Ausländer. Es wurde ihnen befohlen, das Fort in Gruppen zu je 100 Menschen zu verlassen. Angeblich sollten sie zur Impfung geführt werden. Diejenigen, die man zur Impfung herausholte, kamen nicht mehr zurück. Alle 4000 Ausländer wurden erschossen. Am 15. Dezember 1941 kam noch eine Gruppe von ungefähr 3000 Menschen an, die ebenfalls vernichtet wurde.«

Ich lasse jetzt das Zitat auf dieser Seite sowie fast die ganze nächste Seite aus und verlese die Schlußfolgerungen:

»Die Untersuchungskommission hat festgestellt, daß die Hitleristen im Fort Nr. 9 mehr als 70000 friedliche Bürger umgebracht hatten.

In vielen Fällen des Massenmordes der friedlichen Bevölkerung der Sowjetunion griffen die deutschen Faschisten zu den heimtückischsten Methoden.«

[626] Als Beweisstück für diese Methoden greife ich auf Dokument USSR Nummer 1, das bereits vorgelegt wurde, zurück. Es ist der Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über das Stavropol-Gebiet. Die Herren Richter werden diesen Teil auf Seite 268 des Dokumentenbuches finden. Ich zitiere Absatz 2 des Textes:

»Es wurde festgestellt, daß deutsche Soldaten in der Absicht, Sowjetbürger zu vergiften, vor dem Rückzug aus der Stadt Georgievsk auf Befehl des Chefarztes der deutschen Krankenhäuser, Baron von Heimann, am 9. und 10. Januar dieses Jahres (1943) auf dem Stadtmarktplatz Alkohol und Sodawasser verkauft haben, wobei es sich herausstellte, daß es sich um Methylalkohol und Kohlensäure handelte, Es erfolgte eine Massenvergiftung der Stadtbewohner.«

Unter den Greueltaten der deutschen Faschisten in der USSR nimmt die Schreckensherrschaft, die der Leningrader Bevölkerung gegenüber angewandt wurde, eine besondere Stellung ein. Ich habe es gestern bereits teilweise erwähnt, als ich über die Leningrader Kinder sprach. Um die Verhandlungen nicht auszudehnen, verkürze ich das Zitat aus dem Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über Leningrad, obwohl ich als Einwohner dieser Stadt den Wunsch hätte, dem Gerichtshof eine ausführliche Darstellung der Leiden geben zu können, die diese große Stadt durch den deutschen Terror erfahren hat.

Ich werde nur allgemeine Tatsachen vorbringen, die die Zerstörungen und Verbrechen durch die Deutschen betreffen.

Die Herren Richter werden diese Stelle auf Seite 345 des Dokumentenbuches, Band II, finden. Ich beginne das Zitat:

»Während der 900 Tage der Belagerung Leningrads und während der deutschen Besetzung der Vororte, haben die deutsch-faschistischen Räuber ungeheure und unzählige Greueltaten an der friedlichen Bevölkerung begangen. Die Deutschen haben 107000 Spreng- und Brandbomben über Leningrad abgeworfen und 150000 schwere Geschosse abgefeuert. Jeder Leningrader Einwohner hat jeden Augenblick während dieser 900 Belagerungstage geglaubt, sich auf dem Schlachtfelde zu befinden. Jeden Augenblick war er in Todesgefahr. Durch das Bombardement und den Artilleriebeschuß wurden 16747 Menschen getötet und 33782 verwundet.«

Ich beende hier das Zitat, lasse ebenfalls die nächste Seite aus und bitte nur die Herren Richter, ihre Aufmerksamkeit auf Seite 347 des zweiten Bandes des Dokumentenbuches zu lenken, d.h. auf die Auszüge der Tagebücher der deutschen Artilleristen, die Leningrad beschossen. Es sind wahrlich zynische Notizen. Im nächsten Zitat beschränke ich mich auf die Stelle, welche die [627] Anzahl der Menschen wiedergibt, die in Leningrad im Winter 1941 bis 1942 vor Hunger umgekommen sind. Ich zitiere nur eine Zeile:

»Infolge der Hungerblockade der Stadt Leningrad sind 632253 Menschen umgekommen.«

Ich lasse die beiden nächsten Seiten aus und gehe zu dem Beweismaterial über, das sich mit den durch die Hitleristen angewandten Spezialmaschinen für die Vernichtung der Menschen beschäftigt. Die Leute wurden durch ausströmende Benzingase getötet. Diese speziell gebauten Wagen wurden von der Sowjetbevölkerung als »Sondermaschinen«, »Gaswagen« oder »Seelentöter« (Duschegubki) auch »Todeswagen« genannt. Allein die Tatsache, diese Maschinen zur Massentötung von Menschen gebraucht zu haben, ist eine der schwersten Anklagen gegen die Führer des deutschen Faschismus. Diese besondere Einrichtung für die Massenermordung in einem hermetisch abgeschlossenen Wagen, wohin das Auspuffrohr des Motors mit Hilfe besonders beweglicher Bohre hineingeleitet war, wurde von den Faschisten zum ersten Male im Jahre 1942 in der Sowjetunion angewandt.

Ich mache den Gerichtshof darauf aufmerksam, daß diese Gaswagen zum ersten Male in einem Dokument erwähnt wurden, das dem Gericht bereits vorliegt, und das von den Greueltaten der deutsch-faschistischen Angreifer in der Stadt Kertsch berichtet. Es ist Dokument USSR-63, das vom Frühling 1942 handelt. Ich weise das Gericht auf einen Auszug aus der Zeugenaussage der Darya Demchenko hin, die gesehen hat, wie deutsche Soldaten in Kertsch Ermordete aus zwei Gaswagen herausnahmen und in einen Panzersperrgraben warfen.

Jedoch mit absoluter Sicherheit wurde die Tatsache der Massentötungen im Gaswagen erst im Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die Greueltaten der deutsch-faschistischen Eindringlinge im Bezirk Stavropol festgestellt. Dieses Dokument wurde von mir dem Gerichtshof als USSR-1 bereits vorgelegt. Die Untersuchung dieser Greueltaten der deutschen Faschisten im Bezirk Stavropol wurde unter der Leitung des jetzt verstorbenen, hervorragenden russischen Schriftstellers und Mitglieds der Außerordentlichen staatlichen Kommission, des Akademikers Alexei Nikolajewitsch Tolstoj durchgeführt.

Das Dokument wurde sehr eingehend geprüft. Große gerichtsmedizinische Sachverständige wurden herangezogen, da der menschliche Geist, welcher den Verbrechen bestimmte logische Grenzen setzt, damals das Bestehen solcher Maschinen kaum fassen konnte. Jedoch durch die Untersuchung und durch die Zeugenaussagen über die Gaswagen und über die damit von den deutschen Faschisten ausgeführten Massentötungen der friedlichen Bevölkerung sind diese Tatsachen lückenlos bestätigt worden.

[628] Der Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über das Gebiet Stavropol gibt zum ersten Male eine genaue Beschreibung von der Konstruktion dieser Gaswagen. Ich zitiere eine Stelle, die die Herren Richter in ihrem Dokumentenbuch auf Seite 268, Absatz 4 finden werden. Ich zitiere gerade diese Stelle, weil hier die technischen Angaben genau mit denen übereinstimmen, die dem Gerichtshof bereits von den Amerikanischen Anklagevertretern so ausführlich dargelegt wurden. Es ist ein bestätigendes und deshalb wichtiges Beweismaterial. Ich zitiere:

»Es ist eine Massenausrottung der friedlichen Sowjetbevölkerung durch die Deutschen in speziell eingerichteten Kraftfahrzeugen – Gaswagen – mit Hilfe von Kohlenoxydvergiftungen festgestellt worden.

Der Kriegsgefangene E. M. Fenchel sagte aus:

In meiner Eigenschaft als Automechaniker hatte ich die Möglichkeit, mich mit den Einzelheiten der Wageneinrichtung, die speziell zur Erstickung und Tötung von Menschen durch Auspuffgase eingerichtet waren, bekanntzumachen. Die Gestapo hatte in Stavropol mehrere solcher Wagen. Der Wagen war folgendermaßen konstruiert: Der Wagenaufbau war ungefähr 5 m lang und 21/2 m breit. Die Höhe des Aufbaus war 21/2 m. Der Aufbau hatte die Form eines Eisenbahnwagens ohne Fenster. Die Innenseite war mit galvanisiertem Eisenblech ausgeschlagen, auf dem Boden, der ebenfalls mit Eisenblech beschlagen war, befand sich ein hölzerner Rost. Die Tür des Aufbaues war mit Gummiplatten beschlagen und war automatisch fest verschließbar. Auf dem Boden des Aufbaues unter dem Rost befanden sich zwei Metallröhren.«

Ich lasse den Schluß des Satzes aus.

»Diese Röhren waren durch ein querlaufendes Rohr gleichen Durchmessers miteinander verbunden.«

Ich lasse wieder den Schluß des Satzes aus.

»Diese Röhren hatten zahlreiche 1/2 cm große Öffnungen. Vom Querrohr aus durch eine Öffnung im Gaswagenboden führte nach unten ein Gummischlauch, an dessen Ende sich eine sechseckige Mutter befand, und dessen Gewinde auf das Gewinde am Ende des Auspuffrohres paßte. Dieser Schlauch war an das Auspuffrohr angeschraubt, und wenn der Motor lief, strömten die ganzen Auspuffgase ins Innere des hermetisch abgeschlossenen Wagens. Infolge der Gasanhäufung war jeder im Wagen befindliche Mensch in kurzer Zeit tot. Der Wagen konnte ungefähr 70 bis 80 Personen fassen. Dieser Wagen hatte einen Saun- Motor.«

Ich lasse jetzt den nächsten Teil aus, da dessen Inhalt dem Gerichtshof bereits bekannt ist, bitte jedoch den Gerichtshof, seine [629] Aufmerksamkeit auf die Stelle auf Seite 270 des Dokumentenbuches, Absatz 1 zu lenken, wo es heißt, daß in Stavropol dieser Gaswagen zur Tötung von 660 Kranken des Ortskrankenhauses gebraucht wurde. Außerdem möchte ich die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf den Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission lenken, der von dem Gebrauch des Gaswagens in Krasnodar spricht. Ich lege es als USSR-42 vor. Dort wird auch die Tatsache von Massenermordung durch Gaswagen berichtet. Ich werde dieses Dokument nicht zitieren und gehe jetzt auf Seite 243 über.

Ich lege weiter dem Gerichtshof ein Dokument USSR-55 vor, das Urteil des Kriegsgerichts der Nordkaukasusfront. Der Zeitersparnis halber lese ich nur einen kurzen Teil dieses Urteils vor. Sie finden diesen, meine Herren Richter, auf Seite 439, Band II, Absatz 2. Ich zitiere:

»Die Gerichtsuntersuchung hat ebenfalls die Tatsache von systematischen Quälereien und Verbrennungen durch die Hitler-Räuber vieler Häftlinge der Sowjetunion, die sich in den Kellern der Ge stapo befanden, nachgewiesen und hat auch die Vernichtung durch Vergasung mit Kohlenoxyd in besonders hergestellten Gaswagen festgestellt. Auf diese Weise wurden mehr als 7000 unschuldige Sowjetbürger, unter ihnen 700 Kranke, die sich in städtischen Krankenhäusern des Gebietes Krasnodar befanden, getötet. Unter ihnen befanden sich 42 Kinder im Alter von 5 bis 16 Jahren.«

Ich lasse eine Seite des Textes aus.

Als Nächstes lege ich dem Gerichtshof den Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission zur Untersuchung der Bestialitäten der Deutsch-Faschisten, die in der Stadt Charkow und Umgebung begangen wurden, unter USSR-43 vor. Ich werde auch dieses Dokument nicht zitieren und wende mich einem anderen zusammenfassenden Dokument zu, und zwar dem Urteil des Kriegsgerichts der vierten Ukrainischen Front. Das Dokument ist bereits dem Gerichtshof als USSR-32 vorgelegt worden. Die Herren Richter werden die zitierte Stelle auf Seite 222, erster Absatz des Dokumentenbuches finden. Ich zitiere:

»Zur Massenermordung von Sowjetbürgern verwendeten die faschistischen deutschen Okkupanten sogenannte Gaswagen, große geschlossene Kraftfahrzeuge, bei den Russen, als ›Todeswagen‹ bekannt. In diese Gaswagen wurden von den faschistischen deutschen Okkupanten Sowjetbürger getrieben und durch Hineinleitung eines speziellen, tödlichen Gases, Kohlenoxyd, getötet. Um die Spuren der begangenen ungeheuerlichen Missetaten und der Massenvernichtung von [630] Sowjetmenschen durch Vergiftung mit Kohlenoxyd im Gaswagen zu vernichten, verbrannten die faschistischen deutschen Verbrecher die Leichen ihrer Opfer.«

Ich beende das Zitat, lasse die nächste und übernächste Seite aus und komme zur Seite 251 meines Textes.

Als Beweis dafür, daß die Gaswagen nicht nur an den Orten, von denen ich sprach, benutzt wurden, möchte ich noch einen Teil des Berichtes der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die Greueltaten in Kiew anführen. Dieser Bericht wurde bereits als USSR-9 vorgelegt. Der Gerichtshof wird dort die Beweise für die Anwendung der »Todeswagen« in Kiew finden.

VORSITZENDER: Uns ist soeben die schriftliche Übersetzung ihres Vertrages vorgelegt worden. Da ist eine Seite 234. Das ist das zweitemal, daß wir eine Seite 234 finden. Wünschen Sie, daß diese Seite mit 234 a bezeichnet werden soll? Ist es nur ein Blatt, das Sie jetzt vorlegen?

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Im englischen Text sind die Seiten anders numeriert und es ist für mich sehr schwer, von Ihrem Text zu sprechen, weil ich die Numerierung der englischen Seiten nicht kenne.

VORSITZENDER: Vielleicht ist es Seite 234-a?


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich befinde mich bereits auf Seite 251 des russischen Textes.


VORSITZENDER: Ich halte es für richtig, wenn wir jetzt die Sitzung unterbrechen und die kleine Verwirrung in der Zwischenzeit beheben.


[Pause von 10 Minuten.]


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ich war bei der Darstellung der weitgehenden Anwendung von Gaswagen in den zeitweilig besetzten Gebieten der USSR stehengeblieben, das heißt bei dem Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission, betreffend die Stadt Rowno und den Rownoer Bezirk.

Der Gerichtshof wird die Stelle auf Seite 291 des Dokumentenbuches, zweite Spalte, Absatz 10, finden. Ich werde das Zitat abkürzen und begnüge mich mit dem Verlesen eines einzigen Absatzes. Ich zitiere:

»Die Ausrottung friedlicher Bürger und Kriegsgefangener in Rowno wurde durch Massenerschießungen aus automatischen Waffen und Maschinengewehren sowie durch Mord mit Kohlenoxyd im ›Todeswagen‹ durchgeführt; in manchen Fällen wurden Leute einfach in die Gruben geworfen und lebend begraben. Ein Teil der Erschossenen, insbesondere solche, [631] die in den Steinbrüchen unweit des Dorfes Wydumka erschossen worden waren, wurden auf den im voraus vorbereiteten und dazu geeigneten Plätzen verbrannt.«

Ich beende mein Zitat und gehe zur Seite 253 des Textes, Absatz 3, über.

Zur weiteren Bestätigung dieser Tatsachen beziehe ich mich auf die Feststellungen der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die Verbrechen in Minsk. Der Gerichtshof wird dieses Zitat auf Seite 215 des Dokumentenbuches finden, zweite Spalte des Textes, Absatz 2.

Ich verlese einen Absatz aus diesem Bericht und beginne mit dem Zitat:

»Von der Hand der deutschen Henker starben Tausende von Sowjetbürgern in den Konzentrationslagern.«

Ich lasse die nächsten vier Sätze aus und zitiere die Aussage des Zeugen Moisievitch.

Er sagt aus:

»Ich war Augenzeuge, wie die Deutschen Menschen im Gaswagen töteten. In jeden Gaswagen wurden 70 bis 80 Leute zwangsweise hineingestoßen und in eine unbekannte Richtung abgefahren.«

Ich beende mein Zitat und bitte den Gerichtshof, seine Aufmerksamkeit auf die Tatsache zu lenken, daß in Minsk das Prinzip der Todeswagen auch bei stationären Gaskammern angewandt wurde, die von den Verbrechern in gewöhnlichen Bädern eingerichtet worden sind.

Auch davon ist in diesem Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission die Rede.

Schließlich beziehe ich mich auf das Urteil des Kriegsgerichts des Militärbezirkes Smolensk, datiert vom 15./19. Dezember 1945, das der Gerichtshof auf Seite 72 des Dokumentenbuches finden wird. Dort heißt es, daß in Smolensk die Deutschen zur Ausrottung der Bevölkerung ebenfalls spezielle Todeswagen benutzten, in denen sie Leute mit Kohlenoxyd umbrachten. Es scheint mir, daß dies kein Zufall ist, daß diese Gaswagen im Gebiet der Sowjetunion im Jahre 1942 auftauchten. Zu dieser Zeit glaubten die Verbrecher noch an den Sieg und fuhren mit der Durchführung ihrer vorgefaßten Pläne zur Ausrottung der Bevölkerung Europas fort. Sie haben sich damals noch nicht vor der Verantwortung für ihre Verbrechen gefürchtet. Das ist der Grund, warum im Jahre 1942 neue Glieder in der Kette von Verbrechen der Führer des deutschen Faschismus auftraten. Die faschistische Technik der Ausrottung war wieder in vollem Gange. Diese Technik schuf Todeswagen, Gaskammern in den Konzentrationslagern, spezielle elektrische [632] Apparate, Verbrennungsöfen und Zyklongasflaschen für die Massenausrottung der Verurteilten.

Nun gehe ich zur Vorlage meines nächsten Materi als über: die Konzentrationslager für die friedliche Bevölkerung. Da dieses Thema schon weitgehend von den Vertretern der Anklage, die vor mir zu Wort gekommen sind, behandelt worden ist, werde ich den Text meines Vertrages soweit wie möglich abkürzen und mich darauf beschränken, entweder vollkommen neues Material oder nur den Text derjenigen Dokumente vorzubringen, die zur Aufklärung des Films, der heute gezeigt wird, nützlich sein könnten.

Ich bitte den Gerichtshof, seine Aufmerksamkeit darauf zu lenken, daß während des Zeitraums von Ende 1941 bis Ende 1942 die deutsch-faschistischen Verbrechen eine ganz große Ausbreitung erfahren haben, und zwar insbesondere in den Konzentrationslagern. Um dies zu beweisen, führe ich den Bericht der Polnischen Regierung an. Auf Seite 138 des Dokumentenbuches werden die Herren Richter Zeugnis dafür finden, daß im Jahre 1942 eine beschleunigte Errichtung eines der furchtbarsten Lager vorgenommen wurde, und zwar des Lagers Treblinka 2 – die Deutschen nannten es Treblinka B. Weiter beziehe ich mich auf den Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über das Lager Auschwitz. Die Herren Richter werden aus diesem Bericht das, was ich zitieren werde, auf Seite 353, Band II, zweite Spalte des Textes, Absatz 2 finden. Ich zitiere einen kurzen Auszug auf Seite 257:

»Im Jahre 1941 wurde im Lager Auschwitz zur Verbrennung von Leichen ermordeter Leute das erste Krematorium errichtet. Dieses Krematorium hatte 3 Öfen. Neben dem Krematorium befand sich ein sogenanntes Badehaus zur besonderen Verwendung, das heißt, eine Gaskammer zur Vergasung von Menschen. Das erste Krematorium existierte bis Mitte 1943.«

Ich lenke die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf folgenden Satz:

»Im Sommer 1942 hat Reichsführer-SS Himmler eine Inspektion des Lagers Auschwitz gemacht und die Verfügung getroffen, daß es weitgehend ausgebaut und technisch vervollkommnet werde.«

Ich lenke die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf eine Stelle, die die Herren Richter auf Seite 136, Rückseite, im Dokumentenbuch finden werden. Es ist ein Bericht der Polnischen Regierung, welcher zeigt, daß das Lager Sobibur während der ersten und zweiten Liquidation des jüdischen Ghettos errichtet wurde, jedoch ging die Hauptvernichtungswelle durch dieses Lager Anfang 1943. In dem gleichen Bericht im letzten Absatz, auf Seite 136 des Dokumentenbuches, finden wir eine Feststellung darüber, daß das Lager[633] Beldjitze im Jahre 1940 errichtet wurde; jedoch wurden im Jahre 1942 die besonderen elektrischen Anlagen für die Massenvernichtung von Menschen installiert. Unter dem Vorwand, die Leute zum Bade zu führen, zwang man sie, sich vollkommen auszukleiden und trieb sie dann in das Haus, wo der Fußboden mit elektrischem Strom geladen war; dort wurden sie getötet.

Gewöhnlich werden die deutschen Konzentrationslager in zwei Gruppen eingeteilt, die »Arbeits«-Konzentrationslager und die Vernichtungslager. Es scheint mir, daß diese Zweiteilung ungerecht ist, denn die »Arbeitslager« haben ebenfalls zur Ausrottung der Massen gedient. Ich überspringe die nächsten zwei Seiten und gehe auf Seite 260 über. Zur Bestätigung des Obenerwähnten berufe ich mich auf den Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission, bezüglich des Lagers Yanov in der Stadt Lemberg. Der Gerichtshof wird dies auf Seite 59 im Dokumentenbuch, Absatz 5, erste Spalte des Textes finden. Zu gleicher Zeit bitte ich die Herren Richter, ihre Aufmerksamkeit auf Seite 6 des Bilderalbums des Lagers Lemberg zu lenken. Dort finden Sie eine Photographie, »Der Graben im Tal des Todes« betitelt. Der Boden im Graben ist in einer Tiefe von 11/2 m mit Menschenblut getränkt. Auf den nächsten Seiten sieht man das Eigentum der getöteten Menschen. Diese Aufnahmen wurden von medizinischen Sachverständigen ungefähr 2 Monate nach den Massenexekutionen gemacht.

Aus dem Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die Verbrechen im Lager Yanov ist ersichtlich, daß in dem Lager, das der Form halber als gewöhnliches Arbeitslager bezeichnet wurde, auf Grund der Feststellung der gerichtsmedizinischen Sachverständigen mehr als 200000 Sowjetangehörige getötet wurden.

Ich zitiere nur den ersten Absatz des russischen Textes auf Seite 261:

»Angesichts des Beerdigungsplatzes der über 2 Quadratkilometer verstreuten Asche und Knochen glaubte die medizinische Kommission, daß über 200000 Sowjetbürger im Lager Yanov vernichtet wurden.«

Ich lasse den nächsten Teil meines Berichtes aus, der sich auf das Erschöpfungsregime in den Konzentrationslagern bezieht. Er wurde schon sehr gut von dem Britischen Anklagevertreter, Sir David Maxwell-Fyfe, dargestellt, und ich glaube nicht, daß es notwendig ist, irgendwelche weiteren Ausführungen darüber zu machen. Ich bitte um Erlaubnis, die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf ein Lager zu lenken, das erst im letzten Stadium des Krieges ins Leben gerufen wurde. Ich gehe zu Seite 265 meines Berichts über.

Die Lager Maidanek und Auschwitz haben nur zur Vernichtung derjenigen geführt, die dorthin verbracht worden sind. Diese zwei Lager waren keine direkte Bedrohung für diejenigen, die außerhalb [634] der Lagerzäune waren. Aber im Verlauf des Krieges, nachdem die Deutschen bereits schwere Niederlagen erlitten hatten, begannen die Faschisten eine neuartige Vernichtung der friedlichen Bevölkerung durchzuführen. So wurden in Weißrußland Todeslager errichtet, die nicht nur der Tötung der Menschen, die sich im Lager befanden, sondern auch der Verbreitung von ansteckenden Krankheiten unter der friedlichen Bevölkerung und den Soldaten der Roten Armee dienten. Dort gab es keine Krematorien und keine Gaskammern, jedoch müssen diese Lager gerechterweise zu den grausamsten gezählt werden, welche die Faschisten zur Menschenausrottung errichteten.

Ich unterbreite dem Gerichtshof Dokument USSR-4. Es ist ein Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die Ermordung von Sowjetbürgern durch Ansteckung mit Flecktyphus. Solche Beweise sind noch nicht vorgelegt worden, und ich erlaube mir, einige ausführliche Auszüge aus diesem Bericht zu verlesen. Ich fange mit dem Zitat auf Seite 454 des Dokumentenbuches, erste Spalte, erster Absatz, an; letzter Absatz der Seite 266 des russischen Textes.

Ich beginne mit dem Zitat:

»Am 19. März 1944 haben vorrückende Truppenverbände der Roten Armee im Gebiet der kleinen Stadt Ozaritschi in der Polessigegend der Weißrussischen Sowjetrepublik drei Konzentrationslager am vorderen Rande der deutschen Verteidigungslinie entdeckt; in diesen Lagern befanden sich mehr als 33000 Kinder, arbeitsunfähige Frauen und alte Männer.«

Ich unterbreche das Zitat und lese einen Absatz weiter:

»Die Lager bestanden aus einem mit Stacheldraht umzäunten freien Gelände; die Wege, die hinführten, waren miniert. Keinerlei Gebäude standen auf dem Lagergelände, nicht einmal Hütten.«

Ich lenke die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs darauf, daß es März war, eine Jahreszeit, in der es in Weißrußland sehr kalt ist.

»Die Gefangenen lagen auf der bloßen Erde. Viele hatten die Fähigkeit verloren, sich zu bewegen und lagen bewußtlos im Schlamm. Es war den Gefangenen verboten, Feuer zu machen oder Gestrüpp zu sammeln, um sich darauf hinzulegen. Die Hitleristen erschossen Sowjetbürger, wenn sie den geringsten Versuch machten, diesen Befehlen zuwider zu handeln.

Für Konzentrationslager in der Nähe der Verteidigungslinie wählten die Deutschen vor allem Plätze, die zu halten sie kaum hoffen konnten. Dann konzentrierten sie große Massen von Russen in diesen Lagern, in die sie hauptsächlich Kinder, kranke Frauen und alte Männer steckten. Zum Schluß [635] brachten sie in diese Lager, in denen vollkommen erschöpfte und kranke Menschen ohne jede Hygiene lebten, Tausende von Flecktyphuskranken, die eigens zu diesem Zweck aus verschiedenen, zur Zeit besetzten Gegenden der Weißrussi schen Republik gebracht wurden. Unter den aus diesen Lagern Befreiten waren 15960 Kinder unter 13 Jahren, 13072 arbeitsunfähige Frauen, 4448 alte Männer.«

Ich lasse die nächste Seite aus und gehe zur Seite 269 über. Ich zitiere nur einen Absatz, der davon spricht, wie die friedliche Bevölkerung aus allen Teilen Weißrußlands von den Verbrechern in diese Lager getrieben wurde.

Die Zeugin Frau L. Pekarskaya, die aus dem Lager befreit worden war, sagte vor der Kommission aus:

»Gegen Abend des 12. März 1944 wurden alle Einwohner von Chlobin gezwungen, sich innerhalb von 30 Minuten auf der Bahnstation Zolobin- Juzhnaya zu versammeln. Dort wählten die Deutschen die jungen Leute aus und führten sie weg. Dann trieben sie uns in Viehwaggons und verschlossen die Türen. Wir wußten nicht, wohin wir fuhren, hatten aber alle die schlimmsten Vorahnungen. Wie sich später herausstellte, fuhren wir die Rudobelkowski-Zweigbahn entlang, und wurden am 15. März abends ausgeladen. Nachts wurden wir durch knietiefen Schlamm in ein Lager getrieben. Aus diesem Lager wurden wir weiter in ein anderes geführt. Die Deutschen schlugen uns auf dem Wege und erschossen alle, die zurückblieben. Eine der Frauen hatte drei Kinder bei sich. Eines der Kleinen fiel hin. Ein Deutscher erschoß es. Als die Mutter und die beiden anderen ihrer Kinder sich entsetzt umsahen, schoß der tierische Soldat sie nacheinander nieder. Die Mutter stieß einen herzzerbrechenden Schrei aus, welcher jedoch von einem erneuten Schuß zum Verstummen gebracht wurde.

Die Bondarevs waren auch da, Mutter und Sohn. Das Kind konnte die anstrengende Wanderung nicht aushalten und fiel nieder. Die Mutter beugte sich über das Kind, um ihm zu helfen, aber weder die Mutter noch das Kind sind wieder aufgestanden. Sie haben den blauen Himmel nicht mehr gesehen. Beide wurden von den Deutschen erschossen.«

Ich lasse jetzt die nächste Seite aus und gehe zur Vorlage einiger Beweise über, die bestätigen, daß die Deutschen absichtlich in diesen Lagern Leute mit Flecktyphus konzentriert hatten.

Ich lese drei Absätze auf Seite 271 des Textes.

»Die aus dem Lager befreite A. S. Mitrachowich, Einwohnerin des Dorfes Novo-Belitza, sagte aus:

[636] ›Man brachte uns die Flecktyphuskranken in das mit Stacheldraht umgebene Konzentrationslager im Dorfe Mikul-Godorok.‹

Eine Einwohnerin, des Städtchens Novogrudok, Z. P. Gavriltschik, erzählt:

›Während dreier Tage hat man dauernd mit Kraftwagen Flecktyphuskranke in das Lager gebracht. Das hatte zur Folge, daß viele Gesunde im Lager krank wurden.‹«

Ich lasse die nächsten zwei Seiten des Dokuments aus und gehe zu der Stelle über, die der Gerichtshof auf Seite 254, Rückseite des Dokumentenbuches, Absatz 6, zweite Spalte des Textes, findet:

»Das deutsche Armeeoberkommando entsandte in die in den Frontbefestigungslinien befindlichen Lager eigene Agenten, die die Aufgabe hatten, das Umsichgreifen der Typhusepidemie unter der Bevölkerung und in der Roten Armee genau zu beobachten.«

Weiter finden wir die Aussage eines dieser Agenten, des Verräters Rastorgujev. Ich lasse dieses Zitat aus.

Vor Beendigung der Vorlage von Beweismaterial zu dieser Angelegenheit werde ich nur einige Auszüge aus den Untersuchungsergebnissen der medizinischen Sachverständigen für Epidemien anführen. Diese Stelle ist auf Seite 454, Rückseite des Dokumentenbuches, zweite Spalte des Textes, zu finden. Ich bin auf Seite 274 des russischen Textes und beginne das Zitat:

»a) Die deutschen Behörden hielten in Konzentrationslagern gesunde und typhusverseuchte sowjetische Kranke zusammen gefangen.

b) Um das Umsichgreifen des Typhus zu beschleunigen, ließen die Deutschen häufig Typhuskranke aus einem Lager in andere überführen.

c) Wenn Typhuskranke sich weigerten, in die Lager zu kommen, griffen die deutschen Behörden zur Gewalt.

d) Die deutschen Eindringlinge brachten Typhuskranke aus den Krankenhäusern und vermischten sie mit gesunden in den Lagern.«

Und der letzte Punkt:

»e) Die Ansteckung der Sowjetbevölkerung mit Typhus wurde in der zweiten Hälfte Februar und der ersten Hälfte März durchgeführt.«

Das Ergebnis war eine Massenansteckung der Lagerinsassen. Die Bestätigung dafür werden die Herren Richter in den nächsten Absätzen finden, wo gesagt wird, daß das Kommando der Roten Armee 4052 Sowjetbürger, die alle aus Ozaritschi, einer kleinen [637] Ortschaft der Polessjer Gegend befreit worden waren, in Krankenhäuser schickte; unter ihnen waren 2370 Kinder unter 13 Jahren.

Ich überspringe die Teile meiner Ausführungen, in denen ich konkrete Berichte über die schrecklichen Lebensverhältnisse in diesen Lagern bringen wollte, und gehe auf Seite 277 meines Vortrags über, wo ich mich mit den gewöhnlichen Konzentrationslagern beschäftigen werde.

Ich werde sehr kurze Ausschnitte aus dem Bericht der Jugoslawischen Regierung über das Lager Baniytza bei Belgrad vorlegen. Man ersieht daraus, daß das jugoslawische Lager, was die tierischen Verhältnisse betrifft, den Lagern in anderen Gegenden des östlichen Europas vollkommen gleichkam. Die Herren Richter werden auf Seite 263 des Dokumentenbuches, Band II, die Stelle finden, die ich zitieren werde. Ich zitiere den dritten Absatz aus diesem Bericht:

»Das Lager Baniytza bei Belgrad haben die deutschen Besatzungsbehörden bereits im Juni 1941 errichtet. Aus den gefundenen Dokumenten dieses Lagers ist zu ersehen, daß darin 23637 Insassen registriert waren. Aus den Zeugenaussagen von Überlebenden und besonders aus den Aussagen der Angestellten der Quislingbehörden, die in diesem Lager arbeiteten, geht jedoch hervor, daß durch dieses Lager viel mehr Opfer gegangen sind.«

Ich lasse den nächsten Absatz aus und fahre mit meinem Zitat fort:

»Der Zeuge Monchilo Demyanóvitsch, oder Demyánovitsch, ich kenne die Betonung nicht, hat Ende 1943 an der Leichenverbrennung der Opfer des Lagers Baniytza teilgenommen...«

Ich lasse einen Teil des Absatzes aus und fahre fort:

»Bei der Vernehmung am 7. Februar 1945 bezeugte er vor der Jugoslawischen staatlichen Kommission, daß er während der Zeit seiner Arbeit im Lager 68000 Leichen gezählt hat.«

Ich lasse die dem Gerichtshof bereits gut bekannten Mitteilungen aus, und zwar 5 Seiten dieses Dokuments, und gehe zu Seite 283 des russischen Textes über. Ich möchte dem Gerichtshof als USSR-193 einen Auszug aus dem Verzeichnis des Lazaretts des Lagers »Saimischte« bei Belgrad vorlegen.

In dem Bericht der Jugoslawischen Regierung wird mit Recht darauf hingewiesen, daß diese Art von Lazarett eher einer Lagerkapelle vergleichbar ist, wohin die getöteten Menschen für die Totenmesse gebracht worden sind. An manchen Tagen (ich bitte den Gerichtshof seine Aufmerksamkeit der laufenden Nummer 1070 zu schenken) wurden Dutzende, ja Hunderte von Leichen eingeliefert, Leichen von Menschen, die Hungers gestorben waren. So zum Beispiel sehen wir, daß unter der laufenden Nummer 1070 siebenundachtzig Leichen ins Lazarett eingeliefert wurden. Unter laufender [638] Nummer 1272 wurden einhundertundzweiundzwanzig Leichen, unterlaufender Nummer 2041 einhundertundzwölf Leichen eingeliefert. Ich glaube, daß kein weiterer Kommentar nötig ist, um das Regime zu beschreiben, unter dem die Insassen dieses Lagers lebten.

Außerordentlich hart waren die Verhältnisse für die Inhaftierten der Konzentrationslager, die in den vorübergehend besetzten Gebieten der Sowjetunion errichtet wurden.

Ich lege einen kurzen Auszug aus dem Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die Verbrechen in der Litauischen SSR vor. Ich beginne:

»Im Gebiet der Litauischen SSR haben die Hitler- Faschisten in riesigem Ausmaße nicht nur die örtliche Bevölkerung, sondern auch die Einwohner der Gebiete von Orlow, Smolensk, Witebsk und Leningrad ausgerottet. Durch das Lager in der Nähe der Stadt Alitus, das Sie in dem Film sehen werden, der heute nachmittag vorgeführt wird, sind vom Sommer 1943 bis Juni 1944 etwa 200 Menschen gegangen.«

Ich überspringe den nächsten Teil des Zitats und zitiere weiter, indem ich auch den nächsten Absatz auflasse:

»Die besonders gesundheitsschädlichen Zustände, die unglaubliche Enge, der Wassermangel, Hunger, Krankheit und schließlich die Massenerschießungen, all das zusammen hat dazu geführt, daß in 14 Monaten in diesem Lager etwa 60000 Sowjetbürger umgekommen sind.«

Ich lasse die beiden folgenden Seiten des Textes aus und fahre auf Seite 289 meines Textes fort. Hier wird erwähnt, daß für die Familien der Mitglieder der Roten Armee in den Gebieten der Litauischen SSR besondere Konzentrationslager eingerichtet wurden, wobei in diesen Lagern folgender Befehl angeschlagen wurde:

Ich beginne mit dem Zitat:

»Für Äußerungen der Unzufriedenheit mit den deutschen Behörden und für Verstöße gegen die Lagerordnung werden Sowjetleute ohne Verfahren erschossen, in Gefängnisse gesperrt oder nach Deutschland zur lebenslänglichen Zwangsarbeit verschickt.«

Ich lasse einen Absatz aus und fahre fort:

»Die deutsche Leiterin von vier solchen Lagern, Elisabeth Seeling, erklärte den Insassen des öfteren: ›Ihr seid meine Sklaven, ich werde Euch nach meinem Belieben bestrafen.‹«

Ich führe ferner die Berichte der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die deutschen Verbrechen in Kiew an. Die dort verübten Morde werden ebenfalls heute im Film gezeigt werden.

[639] Aus diesem Bericht werde ich nur ein Zitat verlesen, und zwar über die Vernichtungsmethoden im Lager von Siretzk. Es ist auf Seite 289 des russischen Textes, Albsatz 3. Ich zitiere:

»Radomsky und Rieder gingen in der Ausrottung der Sowjetbürger raffiniert vor. Zum Beispiel erfanden sie folgende Mordmethode:

Einige Sowjetbürger wurden gezwungen, auf einen Baum zu steigen und andere mußten diesen absägen. Die Menschen, die mit dem Baum umstürzten, wurden getötet.«

Ich verlese jetzt ein kurzes Zitat aus dem Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die Verbrechen in der Estnischen SSR. Dieser Auszug beschreibt das außerordentlich grausame Regime in den estnischen Lagern. Ich zitiere den letzten Absatz auf Seite 90:

»Täglich wurden in dem Lager öffentliche Prügelstrafen an Lagerinsassen, und zwar auf einer dafür besonders eingerichteten Prügelbank, vollstreckt. Außerdem wurden die Leute für die geringsten Vergehen während 48 Stunden ohne Nahrung gelassen, für zwei bis drei Stunden bei stärkstem Frost an einen Pfahl gebunden usw. Die Mißhandlungen wurden nicht nur von SS-Leuten ausgeführt, sondern es nahmen auch die Verwaltung des Lagers und die deutschen Ärzte daran teil. Ein deutscher Arzt, Botmann, hat persönlich zwei Insassen verprügelt; den Arzt Salkinson und den Arzt Tsetzow. Außerdem hat Botmann die erkrankten Inhaftierten systematisch vergiftet, indem er ihnen Gift, und zwar Evipan, einspritzte. Der Lagersanitäter, Unterscharführer Gent, hat mit einer Axt 23 ältere Gefangene erschlagen. Laut Aussagen des Zeugen J. M. Ranter wurden im Februar 1944 im Lager Kloga zwei Kinder geboren; beide wurden lebend in den Verbrennungsofen geworfen und verbrannt.«

Ich unterbreche hier mein Zitat, da ich glaube, daß damit die Verhältnisse in diesen Konzentrationslagern ausreichend beschrieben sind.

Ich gehe jetzt zu den sogenannten Vernichtungslagern über. Der Gerichtshof hat bereits eine Menge Material vorliegen, und ich kann mich daher darauf beschränken, nur solche Beweise vorzubringen, welche sich auf die dokumentarischen Filme beziehen, die heute nachmittag dem Gerichtshof gezeigt werden sollen. Ich nehme an, daß es dem Gerichtshof schon genügend klar ist, daß in den Konzentrationslagern Bürger aller Länder Europas vernichtet wurden. Dorthin brachte man Leute sowohl aus dem westlichen Europa als aus den Ländern Osteuropas. Als Zeugnis dafür kann außer dem offiziellen Bericht über diese Lager auch die Übersichtstafel einer [640] Abteilung des Lagers Auschwitz dienen, auf der Menschen aller Länder Europas eingetragen sind. Diese Tafel können die Herren Richter im Album über das Lager Auschwitz finden.

Zur Ausrottung der Menschen in den Konzentrationslagern wurde eine besondere Technik angewandt, und ich möchte die Aufmerksamkeit des Gerichtshofs auf ein neues Moment lenken, das ich bei der Analyse des KZ-Materials studiert habe. Ich habe mir die Aufgabe gestellt, die Anzahl der Spezialfirmen im faschistischen Deutschland festzustellen, die mit der Errichtung von Krematorien in diesen Konzentrationslagern betraut waren. Ich lege dem Gerichtshof jetzt Beweise dafür vor, daß das faschistische Deutschland mindestens drei Spezialfirmen ausschließlich mit der Konstruktion und Errichtung von Krematorien und Verbrennungsöfen beschäftigt hat. Dies zeugt von den Ausmaßen der Verbrechen in den Konzentrationslagern.

Ich überspringe die Seiten 295-303 meines Vortrages und gehe zur Vorlage der Beweise für diese Dinge über. Ich bitte den Gerichtshof, seine Aufmerksamkeit dem Bericht der Außerordentlichen staatlichen Kommission über die Verbrechen der deutsch-faschistischen Eindringlinge in Auschwitz zuzuwenden. Ich zitiere die Dokumente, die sich auf Seite 353 des Dokumentenbuches befinden, und beginne mit dem Zitat:

»Die Konstruktion von neuen, mächtigen Krematorien wurde der deutschen Firma Topf & Söhne in Erfurt übertragen, die unmittelbar mit der Konstruktion von 4 mächtigen Krematorien und Gaskammern in Birkenau begonnen hat. Aus Berlin hat man ungeduldig um Beschleunigung der Arbeiten ersucht, die anfangs 1943 beendet sein sollten. In den Kanzleien des Lagers Auschwitz fand man eine umfangreiche Korrespondenz zwischen der Verwaltung des Lagers und der Firma Topf & Söhne und unter ihnen folgende Briefe:

›J. A. Topf & Söhne, Erfurt.

12. Februar 1943.

An das Zentralbauamt der SS und Polizei Auschwitz.

Betrifft: Krematorien 2 und 3 für das Kriegsgefangenenlager.

Wir bestätigen den Empfang Ihres Telegramms vom 10. Februar folgenden Inhalts: ›Wir bestätigen nochmals, daß wir Ihren Auftrag auf 5 Stück dreifacher Muschelöfen erhalten haben, einschließlich zweier elektrischer Aufzüge für den Aufzug der Leichen und eines provisorischen Aufzuges. Ebenso wurde eine praktische Einrichtung zur Kohlen lieferung bestellt, und ferner eine Vorrichtung zum Aschenabtransport. Sie müssen die vollständige Einrichtung für das Krematorium Nr. 3 liefern. Wir erwarten, daß sie dafür Sorge tragen, daß [641] alle Maschinen mit ihren Teilen unverzüglich zum Versand gebracht werden‹‹.«

Ich lasse das nächste Dokument aus, das die »Bäder für besondere Zwecke« (Gaskammern) betrifft, und unterbreite dem Gerichtshof als USSR-64 ein Dokument, das dem Bericht der Jugoslawischen Regierung beiliegt. Es ist die Photokopie eines Dokuments, vorschriftsmäßig beglaubigt, wie es sich bei einer soliden Firma gehört. Es ist die Firma Didier-Werke. Der Briefwechsel bezieht sich auf die Errichtung eines Krematoriums, das für das große Lager in Belgrad vorgesehen war. In dem von mir vorgelegten Dokument preist die Firma Didier ihre Erfahrungen in der Konstruktion von Krematorien an und fügt hinzu, daß sie die Forderungen des Kunden verstehe. Die Firma hatte eine besondere Konstruktion zur Beförderung der Leichen in den Ofen entworfen. Sie war der Meinung, daß sie besser als irgendeine andere Firma den Auftrag ausführen könnte und bat um einen kleinen Vorschuß, um die Konstruktionspläne des für das Lager bestimmten Krematoriums entwerfen zu können. Ich lege einige kurze Auszüge aus diesem Dokument vor.

Ich zitiere die ersten beiden Absätze:

»Wir nehmen Bezug auf den Besuch Ihres Herrn Sohnes und die mit ihm gehabte Rücksprache unseres Sachbearbeiters, Herrn Storl. Wir nahmen davon Kenntnis, daß die Belgrader SS-Formation die Absicht hat, für ein größeres Lager eine Feuerbestattungsanlage zu schaffen und daß Sie beauftragt wurden, gemeinschaftlich mit einem dortigen Architekten die Anlage zu projektieren und zu erstellen.«

Ich unterbreche mein Zitat und lese noch eine Stelle vor:

»Für das Einführen der Leichen in den Ofen schlagen wir eine auf zwei Rollen laufende einfache Rohrgabel vor.

Die Öfen erhalten je einen Einäscherungsraum von nur 600 mm Breite und 450 mm Höhe, da die Verwendung von Särgen nicht geplant ist. Für den Transport der Leichen vom Aufbewahrungsraum bis vor die Öfen empfehlen wir, auf Rädern lautende leichte Transportgestelle zu verwenden und geben wir Ihnen auch für diese eine Maß-Skizze an Hand.«

Ich unterbreche hier mein Zitat und lege dem Gerichtshof als USSR-Beweisstück 225 ein weiteres Dokument vor. Dieses Dokument wird sogleich dem Gerichtshof überreicht werden. Darf ich, Herr Präsident, nach auf dieses Dokument berufen? Es wird in einigen Minuten vorgelegt werden.

Ich lege also das neue Dokument als USSR-225 vor. Es befaßt sich ebenfalls mit der Konstruktion der Verbrennungsöfen für das Konzentrationslager Belgrad und enthält den Briefwechsel der Firma Kori GmbH. über die Ausführung von Aufträgen. Dies war [642] eine bekannte Firma, die es für nötig hielt, sogar ihre Geschäftskorrespondenz mit den Worten »Heil Hitler« zu schließen. In guter Kenntnis ihrer Auftraggeber fragt die Firma Kori an, ob zwei Öfen auch genügen würden. Sie erinnert unter anderem auch daran, daß sie bereits vier Öfen für Dachau und fünf Öfen für Lublin gebaut habe und versichert, daß sich die von ihr hergestellten Öfen überall in der Praxis ausgezeichnet bewährt haben. Ich verlese jetzt einen sehr kurzen Ausschnitt aus diesem Dokument, den der Gerichtshof auf Seite 471 im zweiten Band des Dokumentenbuches finden wird. Ich zitiere den ersten Absatz. Es ist Seite 38, erster Absatz:

»Im Verfolg der mit Ihnen gehabten mündlichen Rücksprache wegen der Beschaffung einer Einäscherungsanlage in einfacher Ausführung bringen wir Ihnen unsere Reform-Einäscherungsöfen mit Kohlenfeuerung in Vorschlag, die sich bisher in der Praxis bestens bewährt haben.

Wir bringen für das in Aussicht genommene Bauvorhaben zwei Einäscherungsöfen in Vorschlag, empfehlen aber, durch Rückfrage nochmals festzustellen, ob diese beiden Öfen für den Bedarf ausreichend sind.«

Ich lasse den nächsten Absatz aus und setze wie folgt fort:

»Den erforderlichen Platzbedarf der Öfen mit Bedienungs- und Schürstand können Sie aus den beigefügten Zeichnungen ersehen. Die Zeichnung – J. Nr. 8998 – veranschaulicht die Anlage von zwei Öfen, wohingegen auf der Zeichnung J. Nr. 9122 die für das Bauvorhaben Dachau zur Ausführung gelangten vier Öfen abgebildet sind. Eine weitere Zeichnung mit der J. Nr. 9080 zeigt Ihnen die Anlage Lublin mit fünf Einäscherungsöfen und zwei eingebauten Heizkammern.«

Ich lasse den ganzen übrigen Teil des Dokuments aus. Sein Schluß ist charakteristisch:

»Ihrer weiteren Nachrichten gern gewärtig, empfehlen wir uns Ihnen bestens mit

›Heil Hitler!‹ H. Kori G. m. b. H.«

Auf diese Weise haben wir festgestellt, daß mit der Konstruktion und der Errichtung von Verbrennungsöfen für die Konzentrationslager in Deutschland....

VORSITZENDER: Da dem Gerichtshof diese Briefe nicht vorlegen, möchte er gern wissen, an wen sie gerichtet waren.

OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Herr Vorsitzender, dieser Brief war an die SS-Einheiten in Belgrad gerichtet. Diese Dokumente wurden von der Jugoslawischen Regierung beschlagnahmt. Die SS in Belgrad war der Ansicht, daß die in Bandetz und Saimischte gehandhabten Vernichtungsmethoden, die ich dem Gerichtshof [643] bereits beschrieben habe, nicht ausreichten, und sie beschlossen daher, sie zu vervollkommnen. Zu diesem Zweck begannen sie zu bauen, oder besser gesagt, beabsichtigten sie den Bau von Krematorien in den Konzentrationslagern, und aus diesem Grunde begann die lebhafte Korrespondenz zwischen der Polizei und den SS-Einheiten in Belgrad und den verschiedenen deutschen Firmen, von der ich einen Teil vorgelegt habe.


VORSITZENDER: Waren die anderen Briefe, die Sie angeführt haben, auch an SS-Einheiten gerichtet?


OBERJUSTIZRAT SMIRNOW: Ja, Herr Vorsitzender, sie waren ebenfalls an die SS-Einheiten gerichtet. Der erste Brief stammt von der Firma Topf & Söhne und war an die Lagerverwaltung in Auschwitz gerichtet.

Ich lege nunmehr Beweismaterial für die Tatsache vor, daß neben den stationären Krematorien auch fahrbare Krematorien bestanden. Der Gerichtshof hat bereits Kenntnis von den fahrbaren Gaskammern. Dies waren die Mordwagen. Aber auch fahrbare Krematorien wurden gebaut. Ein SS-Mann namens Paul Waldmann bezeugt ihr Bestehen. Er war einer der Mitverbrecher der deutschen Faschisten, die 840000 russische Kriegsgefangene in Sachsenhausen ermordeten. Dem Gerichtshof liegt bereits Dokument USSR-52 vor, das sich auf das Lager Auschwitz bezieht. Ich zitiere diese besondere Stelle aus dem Verhör des SS-Mannes Waldmann, worin er die Massenhinrichtungen in Auschwitz erwähnt:

»Die auf diese Weise getöteten Kriegsgefangenen wurden in vier fahrbaren Krematorien verbrannt, die auf einem Lastkraftwagenanhänger transportiert wurden.«

Ich überspringe die nächsten beiden Seiten meines Vertrags, die sich mit Gaskammern und Krematorien befassen. Ich glaube, daß der Gerichtshof bereits eine klare Vorstellung von dieser Frage erhalten hat, doch bitte ich den Gerichtshof, seine besondere Aufmerksamkeit auf die scheußlichen Methoden zu lenken, die von den deutschen Faschisten eingeführt wurden, und zwar bei der industriellen Verwertung von Leichnamen ermordeter Menschen. Ich werde weiterhin dem Gerichtshof Beweismaterial für eine noch abscheulichere Verwertung von Leichnamen vorlegen. Ich will nunmehr zum Bericht über das Lager Auschwitz übergehen, den der Gerichtshof auf Seite 353, Rückseite des Dokumentenbuches, findet.

Außerdem möchte ich den Gerichtshof auf das Album über Auschwitz hinweisen, wo er auf den Seiten 34, 35 und 36 die Bilder von 7 Tonnen Haar findet, das den toten Frauen für den Versand nach Deutschland abgeschnitten wurde. Ich beginne mit dem Zitat:

»Von 1943 ab begannen die Deutschen die Knochen, die nicht verbrannt wurden, zu industriellen Zwecken zu verwerten, dieselben zu zermahlen und an die Firma Strehm zum [644] Zwecke der Herstellung von Schwefelphosphat zu verkaufen. Im Lager wurden Frachtbriefe an die Firma Strehm über 112 Tonnen und 600 Kilo Knochenmehl menschlicher Leichname gefunden. Die Deutschen benützten auch für industrielle Zwecke das Haar von Frauen, die zur Vernichtung bestimmt waren.«

Ich lasse die nächste Seite meines Vortrags aus und bitte den Gerichtshof, seine Aufmerksamkeit auf den Befund der technischen Sachverständigenkommission zu richten, den es auf Seite 65, Rückseite des Dokumentenbuches, Abschnitt 2, findet.

Besondere Untersuchungen wurden in Gaskammern ausgeführt. Auf Grund genauer chemischer Reaktionen wurde festgestellt, daß die Vergiftung in den Gaskammern mit Zyklon-Gas A, Zyklon-Gas B und Kohlenoxyd durchgeführt wurde.

Ich zitiere nur einen Absatz aus dem Befund der technischen Sachverständigenkommission:

»Die technische und die medizinisch-chemische Analyse der Gaskammern in den Konzentrationslagern von Maidanek«, dies ist Seite 319 des Dokumentenbuches, dritter Abschnitt, »bestätigt und beweist, daß all diese Kammern, besonders die erste, zweite, dritte und vierte dazu bestimmt und benutzt wurden, um systematische Massenausrottungen vorzunehmen, und zwar durch Vernichtung mit Giftgasen, wie Kohlenoxyd und Zyklon.«

Ich lasse weitere Teile meines Vortrags aus, die sich auf die Verhältnisse in den Lagern Auschwitz und Maidanek beziehen. Ich glaube, daß der Gerichtshof bereits eine genügend klare Vorstellung von diesen Dingen hat. Tatsächlich wurde ein Teil der Menschen direkt in die Gaskammern gesandt, während ein Fünftel bis ein Sechstel im Lager belassen wurden, wo sie der völligen Auszehrung und schließlich dem Tode preisgegeben waren. Ich habe die Absicht, viele Dokumente und Auszüge aus Dokumenten vorzulegen, die diese Tatsachen bestätigen, doch will ich sie, um Zeit zu sparen, übergehen und auf Seite 324 meines Vortrags fortfahren. Ich erwähne dies, um es den Dolmetschern leichter zu machen.

Ich zitiere mehrere Auszüge, die sich mit der zynischen und abstoßenden Plünderung von Lagerinsassen befassen, die in Maidanek und Auschwitz sterben sollten. Zu gleicher Zeit möchte ich den Gerichtshof auf das Auschwitzer Album verweisen, wo auf Seite 27 eine Anzahl von Koffern, die den Insassen gehörten, abgebildet sind, auf Seite 28 Koffer mit Etiketten aus verschiedenen Ländern, auf Seite 39 ein riesiges Lager Kinderkleider und auf Seite 33 das gleiche.

Das Dokument, das nicht rechtzeitig vorgelegt wurde – die Korrespondenz mit der Firma Kori – wird nunmehr eingereicht. [645] Ich bitte den Gerichtshof, die Verzögerung zu entschuldigen. Ich zitiere nur den Teil des Berichts über Auschwitz, den der Gerichtshof auf Seite 355, Rückseite des Dokumentenbuches, finden wird, und der Angaben darüber enthält, was von der Kommission in dem Warendepot dieses Lagers gefunden wurde. Ich zitiere einen Abschnitt von Seite 325, den zweiten Absatz:

»Auf dem Gelände des Lagers Auschwitz befanden sich 35 besondere Lagerhäuser zur Sortierung und Verpackung der Habe und der Kleider. 29 Lagerhäuser wurden mit ihrem Inhalt von den Deutschen unter dem Druck der angreifenden Roten Armee vor ihrem Rückzug niedergebrannt. In den verbleibenden 6 Lagerhäusern wurden gefunden:

Männerkleider und Unterwäsche 348820 Garnituren, Frauenkleider und Unterwäsche 836255 Garnituren, Frauenschuhe 5525 Paare, Männerschuhe 38000 Paare, Teppiche 13964 Stück.«

Ich lasse die folgenden beiden Abschnitte aus und zitiere:...

VORSITZENDER: Es ist nunmehr Zeit zu vertagen.


[Das Gericht vertagt sich bis 14.00 Uhr.]


Quelle:
Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Gerichtshof Nürnberg. Nürnberg 1947, Bd. 7, S. 618-647.
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