Erstes Kapitel

262-247
Das westliche Staatensystem – Rom und Karthago – Politische Stellung Siziliens; Hieron und die Mamertiner – Der erste Punische Krieg – Die östliche Politik – Ägyptens Kriege im Süden – Magas' Tod – Antiochos II. – Der bithynische Sukzessionsstreit – Antiochos in Thrakien – Der zweite Syrische Krieg; Demetrios in Kyrene; Verhältnisse Griechenlands; die Freiheit Ioniens; die Freiheit in Megalopolis, Sikyon; Demetrios' Tod; Frieden – Der seleukidische Osten; das Reich des Ashoka; Atropatene; Gründung Baktriens, Parthiens; Satrapenreiche

Dem östlichen Staatensystem gegenüber, wie es sich mit der ausgehenden Diadochenzeit festzustellen beginnt, steht in eigentümlichster Unterschiedenheit ein westliches, dessen Charakter wir erst an dieser Stelle und in diesem Gegensatz hinreichend zu bezeichnen imstande sind.

Erinnern wir uns der wesentlichen Momente in den Verhältnissen des Ostens. Soweit das Griechentum und die persische Monarchie gereicht hat, war die unmittelbare und natürliche Entwicklung der Völker erschöpft oder zerbrochen, als Alexanders Siege sie zu einem Reiche vereinten, sie, wie es ein alter Schriftsteller ausdrückt, in einem Becher der Einigung zusammenmischte. Ein ungeheurer Gärungsprozeß begann; im wüsten Wechsel riß bald der, bald jener der Diadochen dies, jenes Land, Konvolute von Landschaften an sich, um sie ebenso schnell wieder zu verlieren. Da zerstörten sich die letzten Kräfte des Natürlichen, Herkömmlichen, Nationalen, soweit sie noch Träger der staatlichen Funktionen gewesen waren, die letzten bindenden und bedingenden Momente des Naturstaates wurden überwunden. Je kräftigere Reste davon in den griechischen Politien, in Makedonien, in Epeiros noch vorhanden waren, desto rascher war da der Wechsel, desto gründlicher die Zerstörung, das Resultat endlich, die Durchreißung alles historischen Rechtes, aller natürlich erwachsenen Verhältnisse. Es war ein chaotischer Zustand, aber erfüllt und geschwängert von den Elementen einer neuen Zeit; es kam nur darauf an, daß die Kraft, ihn zu klären, ihm gleichsam Kristallisationspunkte zu bieten, gefunden wurde.[185]

Das, sahen wir, leistete in politischer Beziehung die Bildung jener drei großen Mächte, mit welcher die Kämpfe der Diadochenzeit zu ihrem Resultat zu kommen begannen. Sie hörten auf, zufällige Bildungen, willkürliche Konglomerate zu sein, sie begannen Staaten zu sein, individuelle Gestalt und Charakter zu gewinnen; sie versuchten, Organismen bestimmter politischer Prinzipien zu werden, und sobald sie sich in dieser bestimmenden Weise erfaßten, eilte sich auch das Zwischenliegende zu klären, anzuschließen oder, sich aussondernd, eigene analoge Gestalt zu gewinnen. Man beachte den Unterschied dieser und der ehemaligen staatlichen Bildungen: sie sind nicht mehr, wie die alten Staaten und Reiche, aus unmittelbarer, aus autochthoner Kraft erwachsen, wie der Kern zum Baum emporwächst und sich mit Blatt und Blüte und Frucht schmückend erst wird, was er sein kann, sich selbst gleichsam erst erläuternd in solcher Entwicklung; es sind vielmehr künstlich erdachte Bauten, gezimmert aus den Scheiten jener gefällten Bäume, aus den Trümmern und Fragmenten jener zerstörten alten Welt. Es sind gemachte Staaten; das Verständnis der Mittel und Zwecke, der Weltlage eines Landes, der Bedürfnisse und Kräfte der darin Wohnenden, der materiellen Interessen und der politischen Beziehungen, mit einem Wort der Scharfblick und die Willenskraft Einzelner gründet sie, oder richtiger, durch sie vermittelt sich das Bedürfnis der neuen rationellen Staatsbildungen, wie die verwandelte Welt sie fordert. Der Staat ist hier nicht ein Gesamtausdruck nationalen Willens, sondern ein Postulat, das sich mehr und mehr auszuführen versucht, ein Schema, das die Masse inkommensurabler Verhältnisse zu umfassen, ein Wille, der die toten, gleichsam unorganischen Stoffe zu durchdringen und möglichst sich anzubilden sucht.

Demgegenüber die westliche Welt. Wie reich und glänzend war einst das Griechentum in Sizilien und Italien gewesen! Dem Mutterland fast in allem voraus, hat es auch jene Resultate hellenischen Lebens, jene Auflockerung des Natürlichen und Unmittelbaren, jene rationelle Bildung früher gewonnen und in tausendfachem Glück und Unglück zu üben Gelegenheit gehabt. Ging auch Agathokles' Reich nicht aus den Siegen Alexanders hervor, so trug es doch denselben Charakter wie die ephemeren Reiche der Diadochen, und so wenig die Politien der Italioten berührt waren von den Erschütterungen, welche die Republiken von Hellas heimgesucht hatten, so waren sie doch nicht minder haltlos, nicht minder in ihren Fundamenten erschüttert, des Gefühls innerer Berechtigung und Notwendigkeit, unmittelbarer Kraft und Sicherung bar.

Gemeinsam war es den Griechen Siziliens und Italiens, den Puniern und Römern, daß sie sich ihres geschichtlichen Anfangs erinnerten; das unterscheidet sie von vielen hellenischen, von den meisten altorientalischen[186] Staaten. Sie sind nicht autochthone Bildungen, sondern ihr Verhältnis zu diesem Boden, zu diesen Umwohnenden ist ein werdendes und je nach der Verschiedenheit seiner Fassung maßgebendes.

Ich übergehe die Mittelstufen. Jene Griechenstädte hatten trotz aller Gemeinsamkeit der Sitte und Bildung nie eine staatliche Gemeinsamkeit dauernd zu gründen vermocht; wie das heimatliche Griechenland erlagen sie der Unfähigkeit, aus ihrer partikularistischen sporadischen Weise da, wo sie in ihren Prämissen zerstört war, zu einem nicht bloß theoretischen Fortschritt staatlicher Organisation zu gelangen. Anders Rom und Karthago: beide halten so entschieden wie nur irgend die hellenischen Städte die Stadtverfassung fest, aber sie haben Entwicklungen zu finden gewußt, die in unmittelbarer und lebendiger Kontinuität sich fortzusetzen vermochten; beide bewahren auch in der stetigen Weiterbildung und Umbildung ihr nationales Prinzip, ja sie gewinnen es da erst recht und werden sich seiner bewußt. Es sind Bildungen von innen heraus, langsam in kernhafter Festigkeit erwachsen. In beiden ist der Staat nicht eine göttliche Institution wie im alten Orient, nicht das Erste und Alleinige wie in den hellenischen Politien, sondern eine menschliche Ordnung, eine Summe der Einzelinteressen und deren Garantie.

Aber in ihrer Fassung sind beide vollkommen verschieden. Rom ist ein durchaus agrarischer Staat, und er bewahrt lange diesen altertümlichen Charakter, eben weil alle Formen des öffentlichen Lebens geschmeidig und zur steten Fortbildung fähig sind. Lange und zäh ringt die Plebs, der Bauer auf freiem Erbe, gegen den patrizischen Vorzug im öffentlichen Recht und an den Erträgen und Gütern des Staats, und die Verfassung der Republik ist das immer nur approximative Gleichgewicht aller persönlichen Berechtigungen und Verpflichtungen. Gern denkt man sich diese Römer von Anfang her auf den Wegen der Weltherrschaft, sieht in ihrer Politik ein zusammenhängendes System kluger, weit voraussehender Maßregeln, welche alle auf diesen Zielpunkt gerichtet sind. Es war vielmehr die Notwendigkeit der Selbsterhaltung, welche sie zu immer neuen, immer gewaltigeren Kämpfen trieb: von den Etruskern, den Galliern, den Samniten waren sie mit derselben Unterwerfung bedroht, die sie ihnen brachten. Nach dem hart gefugten Wesen dieses Staates war kein anderes nachbarliches Verhältnis möglich, als wenn auch der Nachbar in jenem Organismus von Pflichten und Rechten eine Stelle nahm oder zu nehmen gezwungen wurde. Solange er nicht in eben diesen Bereich der Rechtsbildung übertrat, solange er in seiner rechtlichen Sphäre blieb, konnte er nicht in der Weise kontraktlich verpflichtet werden, wie Rom es für die eigene Sicherung notwendig halten mußte; um den Kern höchster quiritischer Berechtigungen bildete sich eine Mannigfaltigkeit von Abstufungen minderen[187] Rechtes, die immer noch eine lebendige Fortsetzung des Staates selbst waren.

Wie anders Karthago. Seinem Ursprung wie seiner weiteren Entwicklung nach ist es ein Handelsstaat, und vielleicht nie wieder ist in so ausschließlicher Weise und so grandiosem Maße die Handelspolitik die Seele eines Staatslebens gewesen. Wie in Rom das Recht, so waren es hier die materiellen Interessen, welche die Verfassung, Handelsverträge, welche die politische Sphäre des Staates bildeten. Hier hatte die reiche semitische Kultur, die im Osten schon Jahrhunderte lang unter der Gewalt fremder Eroberungen erschlafft und erstorben war, die lebendigste Fortbildung gefunden; eine unbeschreiblich gesteigerte Industrie, eine auf das sorgfältigste und rationellste betriebene Bodenkultur und Viehwirtschaft, eine durch alle Klassen verbreitete Betriebsamkeit, ein ungeheurer Warenumsatz mit dem Inneren Afrikas wie mit den Küsten des westlichen Mittelmeeres und den diesseitigen des Ozeans, das waren die materiellen Grundlagen dieses Staates. Ihn leitete zunächst die Aristokratie reicher Kaufherren, und sie leitete ihn ganz nach der wohlverstandenen Politik der materiellen Interessen. Es galt, den Markt für den punischen Handel möglichst auszudehnen, jede bedeutende Konkurrenz zu ersticken, vor allem die Bildung einer Handels- und Seemacht in den westlichen Gewässern zu hindern: Zwecke, welche zu erreichen der Staat die größten materiellen Opfer und die kühnsten militärischen Wagnisse nicht scheute; er hatte nicht eher gerastet, als bis die anderen phoinikischen Kolonien in ein abhängiges Bundesverhältnis gebracht, als bis die kühnen Phokaier, die Massalioten, die Etrusker entweder gänzlich vom Meere verdrängt oder auf den engen Bereich der nächsten Küsten eingeschränkt waren. Nachdem einmal die merkantilisch wichtigsten Punkte, die Syrte, Malta, die Balearen, Elba, die Westspitze Siziliens und vor allem Sardinien gewonnen, durch eine bedeutende Seemacht die Überlegenheit zur See gesichert war, konnte die Notwendigkeit neuer Kriege, neuer Eroberungen nur dann eintreten, wenn die Handelspolitik sie gebieterisch forderte. Man mied den kostspieligen, dem Wesen des Handelsstaates wenig zusagenden Krieg solange als irgend möglich, war aber seine Notwendigkeit einmal erkannt, dann zeigte diese besonnene und vorsichtig berechnende Regierung eine Energie, eine Umsicht, eine Nachhaltigkeit ihrer materiellen Mittel, ein rücksichtsloses Aufopfern ungeheuerster Geldmittel, wie es seitdem nur in der englischen Politik des achtzehnten Jahrhunderts wieder gesehen worden ist.

Nirgends zeigt sich dieser Charakter der punischen Politik deutlicher als im Verhältnis zu Sizilien. Nie, darf man behaupten, griff sie hier ein, wenn das Griechentum auf der Insel schwach war, stets, wenn es sich kräftig[188] erhob, und besonders, wenn es sich zu einigen drohte. Die Natur der Sache schloß den punischen Handel von den östlichen Gewässern und den hellenischen Häfen aus, der Besitz der dorthin handelnden Häfen war für denselben fast wertlos; die Insel ganz zu unterwerfen, konnte, abgesehen von der Schwierigkeit, ein freies, hochgebildetes, politisch regsames Volk mit den Mitteln eines Handelsstaates untertänig zu machen, schon an sich nicht dessen Interesse sein, sondern nur die Einigung zu hindern, deren Wirkung eine sizilische Konkurrenz, eine neue Seemacht in den westlichen Gewässern gewesen wäre. Eine durchaus andere Wendung mußte die punische Politik nehmen, seit die Römer mehr und mehr die italischen Völker überwältigten und mit der latinischen Küste auch die etruskische, die kampanische, beide mit bedeutenden Häfen, mit nicht geringem Verkehr, mit mannigfaltiger und gesuchter Fabrikation, unter ihrer Gewalt hatten. Seit dem dritten Samnitenkrieg, da auch schon das Schicksal des übrigen Italiens nicht mehr zweifelhaft sein konnte, war das Bemühen der Punier sichtlich auf eine möglichst vollständige, zunächst politische Okkupation Siziliens gerichtet. Aber boten sie nicht gleich im ersten Jahre des Pyrrhischen Krieges den Römern glänzenden Beistand? Pyrrhos trat mit ungeheuren Erfolgen auf, er kam, die Griechen Italiens zu einem Reich zu vereinen; dann fiel ihm Sizilien von selbst zu, dann war eine Machtvereinigung da, welche Karthago im Handel, in der Seemacht, ja in seinen Besitzungen bedrohte. Pyrrhos mußte in Italien gehemmt, punische Hilfe in Italien gewährt werden. Die Römer wiesen sie zurück. Desto eifriger waren die Punier, die letzte noch nicht von ihnen besetzte oder dominierte Stadt Siziliens an sich zu reißen. Fast war Syrakus' Schicksal schon entschieden; im Augenblick des letzten Widerstandes erschien Pyrrhos, und mit einem Schlage war alles verwandelt. Und als sich nun Stadt für Stadt ihm anschloß, als seinen Siegeslauf die größten Anstrengungen nicht zu hemmen vermochten, als die ganze Insel bis auf Lilybaion schon in seinem Besitz war, da boten sie ihm – denn schon hatten die Römer seine Okkupationen in Italien durchrissen – einen Frieden, in dem sie auf die Insel verzichteten, nur jenes sizilische Gibraltar sich vorbehielten. Pyrrhos wies sie zurück; mit dem Versuch, eine sizilische Seemacht zu bilden und nach Afrika zu führen, stürzte seine ephemere Eroberung zusammen.

Auch in Italien erlag Pyrrhos; schon war die ganze Halbinsel von der Gewalt der Römer umschlossen. Ist es nicht unbegreiflich, daß Karthago Tarent und Rhegion an die Römer kommen ließ, unbegreiflicher, daß es nicht gleichzeitig Sizilien vollständig unterwarf, daß es die Mamertiner in Messana, Hieron in Syrakus bestehen ließ? – Unbegreiflich, wenn man sich nicht deutlich die Zwecke und die Mittel ihrer Politik vergegenwärtigt.[189] Sie konnten nicht verkennen, was für sie die Vereinigung Italiens unter römischer Herrschaft bedeute, welche Gefahr ihrem Handel drohe, da nun alle die tätigen Griechenstädte der Küste unter römischer Obhut standen, welche Rivalität ihrer Seeherrschaft bevorstehe, da die Notwendigkeit, jenen Handel nicht bloß, sondern auch die ferneren Küsten zu schützen, Rom über lang oder kurz zur Bildung einer Seemacht führen mußte, zu der Städte wie Tarent eine nicht verächtliche Grundlage boten; und daß die punische Flotte selbst einen Übergang nach Sizilien nicht unmöglich machen konnte, hatte Pyrrhos' Beispiel gezeigt. Aber die Politik Karthagos, wie die jedes Handelsstaates mehr berechnend als stolz, mehr zäh nachhaltig als rasch zur Hand, lieber den Schein der Rechtlichkeit und notgedrungener Abwehr bewahrend als zu dreister Initiative geneigt, war durch die Verhältnisse übereilt worden. Als Pyrrhos aus Sizilien zurückging, war Rom von neuem ernstlich gefährdet, und die punische Politik konnte sich begnügen, fast die ganze Insel wieder zu gewinnen; Syrakus und die Mamertiner, kleine Gebiete und in stetem Hader, sicherten ihr eine stets entscheidende Einmischung. Nun siegten die Römer bei Benevent, Pyrrhos ging aus Italien. Aber die Römer ruhten das ganze Jahr, auch im folgenden noch ließen sie Tarent und die Räuber in Rhegion ungefährdet; man konnte sich in Karthago über die Absichten Roms täuschen. Man erkennt noch deutlich die Verschiedenheit der Ansichten, welche im dortigen Rat widereinander standen. Als Rom sich 272 gegen Tarent wandte, erschien die punische Flotte von Sizilien vor der Stadt, aber auf die Reklamationen der Römer erklärten später die Karthager, der Feldherr habe ohne Befehl jene Expedition unternommen. Die Frage über die italischen Verhältnisse mußte im punischen Senat ausführlich erörtert worden sein, und jener Feldherr handelte im Sinne der Minorität, welche wenigstens dieselbe Unabhängigkeit, welche Karthago in Sizilien der Stadt Syrakus und den Räubern von Messana gelassen, in Italien den Tarentinern und den Räubern von Rhegion garantiert wissen wollte. Warum war diese Ansicht nicht durchgegangen? Die versuchte Beschützung Tarents mußte Karthago in einen Krieg verwickeln, welcher die Römer unzweifelhaft nach Sizilien führte. Karthago wollte um keinen Preis den Krieg begonnen zu haben scheinen; er mußte erst dann begonnen werden, wenn Rom einen Versuch machte, sich als See macht zu konstituieren, dann aber auch mit aller Energie. Trat man jetzt feindlich auf gegen Rom, so war Karthago zu einem Landkrieg genötigt, um Tarent zu behaupten. Mit den unberechenbaren Verlusten und Geldopfern, die solch ein Krieg erwarten ließ, konnte der zu gewinnende Vorteil in keinem Verhältnis zu stehen scheinen. Man mußte sich nur der entschiedenen Übermacht in Sizilien vollständig versichern. Man mochte endlich auf eine Wiederaufnahme[190] des italischen Krieges seitens des Epeirotenkönigs um so eher rechnen, je bedeutender sich dessen Macht jenseits des Jonischen Meeres entwickelte. Überhaupt aber lag es nahe, die sizilische Meerenge als die natürliche Grenze des gegenseitigen Machtbereiches zu bezeichnen, und man mochte sich eben in dem Augenblick, da man Italien den Römern zu überlassen für unvermeidlich erklärte, auf das bestimmteste gegen eine eventuelle Einmischung Roms in die sizilischen Angelegenheiten verwahren1.

Aber wie anders stand die Römermacht in Italien als die punische in Sizilien! Dort eine rasch und energisch zentralisierte Gewalt über die neu unterworfenen Völker und Städte, römische Kolonien an den militärisch wichtigsten Punkten, hier neben punischem Gebiet zwei kleine Staaten, die keineswegs dem punischen Einfluß sich willig fügten. Solange die empörte Legion in Rhegion sich hielt, waren die Mamertiner in Messana mit derselben in Bündnis gewesen, hatten sich viele Plätze Siziliens zinsbar gemacht. Karthago hatte nichts gegen sie getan, nicht einmal das eigene Gebiet geschützt; es mochte ersprießlich scheinen, daß Syrakus sich im Kampf gegen diese Räuber erschöpfte. In Syrakus war Zwietracht; das Söldnerheer stand wider die Bürger, lagerte sich außerhalb der Stadt, erwählte sich Artemidor und Hieron zu Feldherren. Einstimmig ist das Altertum im Lob dieses Hieron: Einsicht, Adel der Gesinnung, Energie des Willens, allgemeine Achtung befähigten ihn, Syrakus zum Retter zu werden. Aus dem Lager eilte er heimlich in die Stadt, er entwaffnete die Verschworenen, und so viel Mäßigung und Geistesgröße offenbarte er in der Ordnung der Verhältnisse, daß auch die Bürger ihn einstimmig zum Feldherrn erwählten. Um der noch währenden Bewegung in der Stadt Meister zu werden, die sich, so oft die Truppen abwesend waren, wiederholte, verband er sich mit dem wackeren und unter allen Männern der Stadt einflußreichsten Leptines und vermählte sich mit dessen Tochter, der vielgefeierten Philistis. So in seiner Stellung zur Bürgerschaft gesichert, ging er daran, sich der trotzigen und übermütigen Söldner, die immer von neuem Unfrieden stifteten, zu entledigen. Er führte sie gegen die Mamertiner, er ließ sie, während er mit den Syrakusiern, die er bewaffnet hatte, die Hinterhut bildete, den Feind angreifen, bewältigt und vollkommen aufgerieben werden. Nun begann er, zurückgekehrt, ein neues Heer zu werben, zugleich die Bürger in den Waffen übend. Schon früher ist berichtet worden, daß Hieron den Römern, als sie die Empörer in Rhegion angriffen,[191] Lebensmittel und Hilfstruppen sandte; es war der erste und wichtigste Schritt, sich der politischen Dependenz von Karthago zu entziehen. Jetzt, gleichzeitig mit dem Angriff der Römer auf Rhegion, als die durch die Vernichtung der Söldner dreist gewordenen Mamertiner ihre Raubzüge in das syrakusische Gebiet und ins Innere der Insel erneuerten, brach Hieron rasch gegen Messana auf, und als sie zum Entsatz ihrer Stadt zurückeilten, warf er sich auf das von ihnen besetzte Mylai auf der Nordküste der Insel und erstürmte den Platz. Wie es scheint, mit dem nächsten Jahr 270 begann der Angriff auf die im Inneren der Insel von den Mamertinern besetzten Städte; eine nach der andern wurde genommen, schon schloß die Besetzung von Tauromenion, Tyndaris und Mylai die Gegner auf die äußerste Ostspitze der Insel ein. Eine Schlacht am Longanos in der Ebene von Mylai entschied zugunsten Hierons: die Anführer der Feinde wurden gefangen, ihre Macht war gebrochen, und Hieron ward, da er heimkehrte, von den dankbaren Syrakusiern und Bundesgenossen als König begrüßt2.

Hier in dieser Spitze der Verhältnisse werden die Nachrichten unklar; es folgen fünf Jahre, über welche wenig Zusammenhängendes berichtet wird. Hier nur die Hauptmomente: Warum versuchte Hieron nicht, statt heimzukehren, nach jenem Siege sofort die Erstürmung Messanas? Es wäre um so natürlicher gewesen, da die ehemaligen, von den Mamertinern vertriebenen Messanier nicht wenig zum Erfolg des Tages von Mylai beigetragen hatten. Aus Rücksicht auf die Punier mußte Hieron es unterlassen; nimmermehr hätten sie es ansehen können, daß er auch noch Messana befreite und seine Herrschaft so über mehr als ein Drittel der Insel[192] verbreitete, er, der Verbündete der Römer. Hieron selbst konnte ebenso wenig beabsichtigen, etwas zu unternehmen, wodurch seine Verbündeten, die Römer, Anlaß gewinnen konnten, sich in die sizilischen Angelegenheiten zu mischen. Seine Unabhängigkeit hing davon ab, daß er die Eifersucht zwischen Rom und Karthago für sich zu benutzen verstand. Er spielte ein gewagtes Spiel; das Natürlichste wäre gewesen, daß er sich mit den Mamertinern verbündet hätte, aber das hätte weder Karthago zugegeben, noch Rom gutgeheißen, noch Syrakus ohne Abscheu angenommen, und die Mamertiner selbst, obschon unter sich uneins über das, was weiter zu tun, stritten doch nur darum, ob man sich den Römern oder den Karthagern in die Arme werfen sollte. Kurz, unter den vorliegenden Verhältnissen war kein Fall außer dem, daß nichts geschah, denkbar, der nicht zum Kampf führen mußte, und das Temporisieren selbst konnte doch den Ausbruch des Kampfes, der zwischen Rom und Karthago eine Notwendigkeit geworden war, nur aufhalten, nicht beseitigen.

Sowohl in Rom wie in Karthago sah man deutlich, was kommen müsse; man traf alle Vorbereitungen, welche möglich waren. Karthago verstärkte seine Station bei der Insel Lipara, seine Heeresmacht im punischen Sizilien, während Rom sich beeilte, die Beruhigung Italiens zu vollenden und durch mehrere Kolonien das Innere und die Küsten zu sichern. Mit der größten Vorsicht ging man zu Werke, jeder jede Bewegung des andern beobachtend.

Den nächsten Anlaß zum Kriege wissen wir nicht, Polybios übergeht ihn, und was von anderen Autoren angegeben wird, ein neuer Angriff Hierons habe die Mamertiner veranlaßt, punische Besatzung zu nehmen, ist so unmöglich richtig. Die Mamertiner hatten schon nicht mehr freie Entscheidung, ihr Schicksal hing von den Verhandlungen ab, die unzweifelhaft zwischen Rom und Karthago sehr lebhaft geführt wurden. Jetzt war es, daß sich Rom über jene vor Jahren bei Tarent erschienene Flotte der Punier beschwerte. Der eidlichen Beteuerung, es sei ohne Befehl des Staates geschehen, fügte der punische Rat Beschwerden über das Bündnis Roms mit Hieron hinzu; vielleicht wurde dessen Aufhebung gefordert, zu der sich Rom natürlich nicht verstehen konnte. Hier eben fehlt uns das entscheidende Faktum. Es kann fast nur in einer Demonstration der Punier gegen Messana bestanden haben, der ebenso notwendig eine drohende Bewegung von seiten Hierons folgen mußte. Die Mamertiner sahen, daß sie unvermeidlich entweder einem Angriff Hierons oder Karthagos erliegen würden; für die Karthager sprach eine Partei in der Stadt, aber die Mehrzahl fürchtete sie. Man wandte sich hilfebittend an Rom; die römischen Konsuln empfahlen die Bitte.

Nie hat der römische Senat denkwürdigere Verhandlungen gepflogen.[193] Allerdings waren diese Mamertiner Räuber, wie die ebenso hart gestraften Kampanier in Rhegion, an deren Plünderungen und Gewaltsamkeiten sie teilgenommen hatten; nahm man ihre Anträge an, so verletzte man gröblich den verbündeten Hieron, der bei der Belagerung von Rhegion wacker Hilfe geleistet, aber andererseits trieb eine Zurückweisung die Mamertiner in die Arme der Punier, gab diesen nicht bloß ganz Sizilien preis, sondern überließ ihnen diejenige Position, welche die Fahrt in der Meerenge beherrschte und von wo aus eine Invasion nach Italien in jedem Augenblick zu bewerkstelligen war. Man beriet lange; endlich bestätigte der Senat den Antrag der Konsuln nicht. Sie brachten ihn an das Volk. Durch die bisherigen Kriege hart mitgenommen, sagt Polybios, jeder Art von Förderung des Wohlstandes bedürftig, zugleich von dem Gewinn, den der Krieg dem Staat versprach, und von den großen und offenbaren Vorteilen für jeden einzelnen, wie sie die Konsuln darlegten, überzeugt, beschlossen die Tribus die Hilfesendung, und der Konsul Appius Claudius empfing die Weisung, nach Messana überzusetzen. Eine ewige Schande für Rom hat man diesen Beschluß genannt, ein Anzeichen beginnender demokratischer Verderbnis – er war eine politische Notwendigkeit, es war der großartigste und kühnste Entschluß, den das Volk je gefaßt hat.

War es diese Entschließung oder das Vorrücken Hierons oder das Begehren der punischen Partei unter den Mamertinern oder alles das zugleich, der punische Feldherr rückte in Messana ein, legte eine Besatzung auf die Burg. Dies war etwa im Frühling 264. Hieron seinerseits konnte, da ihn jener Beschluß der Römer auf das verletzendste beiseite geschoben, das Entgegenkommen der Punier nicht anders als gern sehen; er verbündete sich mit ihnen zur gemeinsamen Abwehr der Römer. Es währte geraume Zeit, ehe römische Truppen sich zeigten. Endlich erschien vom Konsul gesandt der Legat C. Claudius mit wenigen Triremen und einigen Truppen in Rhegion. Die punische Flotte in der Meerenge hinderte den Übergang. Der Legat versuchte Unterhandlungen: auf einem Boot fuhr er nach Messana hinüber; seine Mitteilungen hatten, wenn auch Hanno ihn abwies, bei den Mamertinern eine bedenkliche Bewegung hervorgebracht. Er kam zum zweiten Male, er sprach in der Versammlung: die Römer hätten keine andere Absicht, als die Stadt zu befreien, der Besitz von Messana könne ihnen nicht wünschenswert sein; er werde, wenn die Angelegenheiten der Stadt geordnet seien, sofort heimkehren, aber die Entfernung der Punier müsse er fordern, und wenn sie rechtliche Ansprüche zu haben glaubten, hätten sie dieselben zur schiedsgerichtlichen Beurteilung vorzulegen. Er schloß mit dem Versprechen, den Mamertinern teils wegen ihrer italischen Herkunft, teils weil sie Roms Schutz angerufen hätten, Hilfe zu bringen.[194]

Hannos Lage war schwierig. Er war in Messana nur kraft der Aufforderung der Mamertiner; wollten sie sich nun an Rom anschließen, so war dies nur durch einen Gewaltakt zu hindern, und den Schein des Friedensbruches glaubte er um jeden Preis von Karthago fernhalten zu müssen. Der Legat versuchte mit seinen Triremen überzusetzen; die Strömung und ein heftiger Wind trieb mehrere Fahrzeuge den Schiffen der Karthager zu, die in der Meerenge kreuzten, und Hanno schickte Schiffe und Mannschaft unversehrt zurück mit der Ermahnung, des Friedens zu achten. Der Legat achtete der Mahnung nicht, noch weniger des Schwures, mit dem Hanno beteuerte, er werde nicht leiden, daß sich die Römer auch nur die Hände im Meere wüschen. Durch den mißlungenen Versuch nur noch begieriger, erneuerte ihn der Legat: ungehindert landete er im Hafen von Messana, von den Mamertinern mit Jubel empfangen. Er berief sie zur Versammlung: nicht der Waffen bedürfe es, sie selber hätten zu entscheiden, ob sie die Punier in der Stadt behalten wollten oder nicht. Hanno hielt sich verpflichtet, von der Burg herab in die Versammlung zu kommen, sich über die angeblich gewaltsame Besetzung der Stadt zu rechtfertigen. Nach heftigem Wortwechsel befahl Claudius, ihn zu ergreifen, und unter dem Beifallrufen der Mamertiner ließ er ihn, den Feldherrn Karthagos, in das Gefängnis abführen. Erst nachdem er den Abzug der punischen Besatzung befohlen, ward er freigelassen, um daheim seine Halbheiten mit dem Tod am Kreuze zu büßen.

Sofort erhielt die punische Streitmacht in Sizilien Befehl vorzurücken. Hanno, Hannibals Sohn, führte sie von Lilybaion, zugleich im Süden das wichtige Agrigent mit einer starken Besatzung sichernd, auf der Nordküste gen Messana; er lagerte sich bei Euneis, während die Flotte unter dem Pelorischen Vorgebirge ankerte. Zugleich rückte Hieron, nachdem er ein förmliches Bündnis mit den Puniern abgeschlossen, von Süden heran und lagerte sich auf der anderen Seite der Stadt, auf dem chalkidischen Berge. Messana war vollkommen eingeschlossen, alle Zufuhr abgeschnitten. Täglich wurden Angriffe auf die Stadt gemacht; man mußte wünschen, sich ihrer vor Ankunft des Konsularheeres zu bemächtigen. Aber schon war Appius Claudius in Rhegion. Unter dem Schutze der Nacht schiffte er sich ein, kam unerwartet glücklich in Messana an. Aber was nun? Auf beiden Seiten der Stadt fest verschanzte Lager, drinnen Mangel an Lebensmitteln, die Verbindung mit Italien gesperrt, die Feinde Herren zu Wasser und zu Lande, – der Konsul schien in die Falle gegangen zu sein. Er sandte in beide Lager: »Rom fordert nichts weiter als die Einstellung der Feindseligkeiten gegen die Mamertiner«. Seine Anträge wurden zurückgewiesen. Es gab keinen Ausweg, als schnell zu siegen, und noch standen die Verbündeten voneinander getrennt. Er warf[195] sich auf die Syrakusier; es wurde lange und hartnäckig gekämpft, endlich behaupteten die Römer das Feld, verfolgten Hieron bis an die Verschanzungen seines Lagers. Entscheidend war es, daß der König – mochte er in der Überfahrt, die die Punier nicht gehindert, in der Zurückhaltung einer Hilfesendung während der Schlacht, die er erwartet hatte, Verrat argwöhnen – das Lager aufgab und sich über die Berge nach Syrakus zurückzog. Der Konsul verfolgte ihn nicht, er wandte sich am folgenden Tage gegen die Punier3. Umsonst versuchte er in ihre feste Stellung einzudringen, aber bei seinem Rückzug, da sie sich verfolgend vorwagten, warf er sich auf sie, tötete viele, zwang die übrigen zur Flucht in das Lager zurück.

Auch die Punier scheinen ihre Stellung aufgegeben zu haben; verwüstend durchzog der Konsul das Gebiet beider Feinde – sein Zug bis Egesta konnte nur den Zweck haben, die den Puniern untertänigen Griechenstädte zum Abfall zu treiben –, dann wandte er sich gegen Hierons Herrschaft. Eine Stadt nach der andern bat um Frieden. Schon lag das Römerheer vor den Mauern von Syrakus; es kamen die neuen Konsuln (263) mit vier Legionen ungehindert an. Hieron war in einer falschen politischen Stellung; die Umstände hatten ihn zum Bündnis mit Karthago getrieben, und jetzt erhielt er von dorther keine Unterstützung: erst da es zu spät war, näherte sich eine Flotte. Die Sikelioten waren mutlos, weiterer Kampf konnte unmöglich auch nur die geringste Aussicht gewähren; wohl aber durfte Hieron erwarten, daß die Konsuln, nicht sowohl wegen früherer Befreundung als aus Rücksicht auf Versorgung ihrer Armee, die bei der Seemacht Karthagos höchst schwierig war, einen leidlichen Frieden gewähren würden. Er knüpfte Unterhandlungen an. Die Konsuln forderten Zurückgabe der römischen Gefangenen, eine Kontribution, Abtretung der den Mamertinern entrissenen Städte. Unter diesen Bedingungen wurde der Friede geschlossen, Hieron Bundesgenosse Roms.

Den weiteren Verlauf des ersten Punischen Krieges zu verfolgen liegt[196] außer dem Bereich dieser Darstellung. Karthago kämpfte mit dem höchsten Aufwand materieller, Rom mit noch größerem moralischer Kräfte; zwanzig Jahre währte der Krieg ununterbrochen, mit den mannigfachsten Wechseln, mit den erstaunlichsten Ereignissen. Bei seinem Ausgang werden wir ihn wieder aufzunehmen haben.

Mit dem Pyrrhischen Krieg war das Griechentum Italiens unter römisches Joch oder Bündnis gekommen; in diesem Punischen Krieg verödete das griechische Sizilien bis auf das kleine Gebiet, das unter Hierons sorgsamer Pflege4 blühte, freilich politisch nur insoweit von Bedeutung, als es den römischen Heeren zur Verpflegung wichtig war.


Wie nun verhielten sich zu diesem großen Krieg die östlichen Staaten? Die Überlieferung verläßt uns hier vollkommen, auch keine Spur des Zusammenhangs, einer Berücksichtigung, die wir angedeutet fänden, so daß man meinen könnte, die östlichen Staaten hätten in gedankenlosester Gleichgültigkeit die Verwicklungen im Westen mit angesehen. Dies ist unmöglich, wenn unsere früheren Beobachtungen über die politische Stellung des Ostens nur einigermaßen gegründet sind; und die Vorgänge, um nicht Timoleon und den Molosser Alexandros und die spartanischen Sendungen zu nennen, aus Agathokles', Demetrios', Pyrrhos' Zeit zeigen nicht minder deutlich als das Bündnis, das Ptolemaios Philadelphos mit Rom geschlossen, welche Beziehungen der Osten zum Westen hatte. Das Interesse dieser westlichen Griechenstaaten war durch die politischen Flüchtlinge aus dem nun römischen Italien, dem wieder punischen Sizilien an den verschiedenen Höfen gewiß lebhaft genug vertreten; man erinnere sich an jenen Italioten Lykinos, der nach Antigonos' Sieg über Athen als dessen Phrurarch dort befehligte.

Aber welche von den östlichen Mächten sollten sich einmischen? Die Zeit war vorüber, da die Stadt Korinth der Tochterstadt Rettung zusenden und durch ruhmwürdigen Kampf gegen die Punier zugleich den Pflichten der Pietät und dem Interesse des eigenen Handels hatte genügen können. Sparta, sonst stets bereit, Führer und Söldner an Sizilien und Italien zu überlassen, war eben in der Zeit, da Entscheidendes hätte geschehen können (270-263), in der Peloponnes selbst auf das vielfältigste in Anspruch genommen, und wenn ein Jahrzehnt später unter dem Heere griechischer Söldner Karthagos ein Spartaner als Feldherr erscheint, so ist der Staat dabei weiter nicht beteiligt. Den nächsten Anlaß, sich in die westlichen[197] Verhältnisse einzumischen, hätte Pyrrhos' Sohn Alexandros gehabt, und seine spätere Verschwägerung mit Hieron kann in Ermangelung anderer Angaben als Beweis gelten, daß noch immer sein Blick auf jene Gegenden gerichtet war, in denen er selbst unter den Augen des Vaters seinen ersten Feldzug gemacht hatte. Aber irgend etwas zu unternehmen hinderten ihn die heimischen Angelegenheiten, erst der Kampf gegen die Dardaner, dann der wechselreiche Verlauf des Chremonideischen Krieges, der ihm den Besitz Makedoniens zu gewähren schien, um dann sein Reich zu zerreißen und fast zur Bedeutungslosigkeit hinabzudrücken.

Die einzige Macht, welche in den Kampf um Sizilien entscheidend einzutreten vermocht hätte, war Ägypten. Aber die Interessen Ägyptens forderten möglichste Ausbreitung des Handels, möglichste Entwicklung einer überlegenen Seemacht. In beiden Beziehungen war der punische Staat für Ägypten um so hinderlicher, je mehr, seit die phoinikischen Städte unter ägyptischer Herrschaft am Handel des Südens – so wird man voraussetzen dürfen – wieder Anteil nahmen, deren alte Verbindungen mit dem ferneren Westen wieder in Aufnahme kommen mußten. So wichtig für Alexandrien und Kyrene der Verkehr mit Syrakus sein mußte – wie dies schon der erste Lagide anerkannt, zeigt die Vermählung von Magas' Schwester mit Agathokles von Syrakus –, so wenig konnte Ägypten ein Interesse haben, die Bildung einer selbständigen sizilisch-italischen Griechenmacht zu fördern, die im besten Fall die Punier zum eigenen Vorteil zurückgedrängt haben würde. Es war eine vollkommen verständige Maßregel, daß Ptolemaios nach dem Abzug des Pyrrhos ein Bündnis mit Rom schloß, das natürlich die Häfen Italiens dem ägyptischen Verkehr öffnete, dessen Hauptstation früh Puteoli geworden zu sein scheint. Die Konkurrenz der italischen Industrie war um so weniger zu fürchten, da die tätigen Griechenstädte fast ohne Ausnahme durch die letzten Kriegsjahre gebrochen waren; die Rohstoffe Italiens, namentlich Wolle, mochten dagegen für die ägyptische Fabrikation, da die Kultur der Baumwolle, wie es scheint, in Ägypten eben erst im Anfang war, höchst wichtig sein. Wir finden die merkwürdige Notiz5, daß im Verlauf des Krieges, da beide kriegführenden Staaten durch die immer neuen Flotten, die in See geschickt wurden, äußerst erschöpft waren, Karthago eine Anleihe von 2000 Talenten bei Ptolemaios zu negoziieren versucht habe, daß der König, mit beiden Mächten in freundlichem Verhältnis, einen Frieden zu vermitteln sich bemüht und, da es mißlungen sei, auf den Antrag der Karthager entgegnet habe, Freunden sei man verpflichtet gegen Feinde, nicht gegen Freunde zu helfen. Man darf zweifeln, ob er sich zu demselben Grundsatz[198] bekannt haben würde, wenn Rom so bedrängt gewesen wäre, wie es schon Karthago war; mit beiden in Bündnis hatte er den ganzen Vorteil einer Neutralität, welche den Schiffen seines Reiches auch den punischen Bereich des Meeres öffnete; und die steigende Bedrängnis der Punier konnte nur zu einer Schwächung ihrer Seemacht führen, ohne daß die Eigentümlichkeit des römischen Staates ernstliche Besorgnis über die Bildung einer römischen Seeherrschaft und Merkantilmacht mochte aufkommen lassen. Ja fast möchte man aus der auffallenden Bezeichnung der Insel Korsika und Sardinien in den Versen eines damaligen alexandrinischen Hofdichters auf die Vermutung kommen, daß in Alexandrien die Aufmerksamkeit auf dieselben gerichtet war6.

In diesem Zusammenhang scheint das Verhalten der östlichen Welt während des großen Krieges im Westen seine Erklärung zu erhalten. Wenn, woran nicht zu zweifeln, dem Chremonideischen Krieg und dem Tode Antiochos' I. mehrere Friedensjahre folgten, so war eben diese Zeit für[199] Ptolemaios günstig, die vielleicht schon früher begonnenen Unternehmungen nach Arabien und Aithiopien hin fortzuführen, welche nicht bloß als Erweiterung des Besitzes, sondern mehr noch für die Förderung und Sicherung des Verkehrs mit Indien und dem südlichen Afrika von unberechenbarer Wichtigkeit waren. Der zweite Ptolemaios, heißt es in summarischer Angabe, habe zuerst die Troglodytenküste erschlossen. Eine Reihe merkwürdiger Gründungen an der Küste des Roten Meeres hinab sicherte den neu erworbenen Besitz. Man fand in den südlicheren Gegenden Elefanten in Menge, und der zweite Ptolemaios begann sie zum Kriegsgebrauch einfangen zu lassen, seiner militärischen Macht so eine Mehrung schaffend, durch welche man der Übermacht, welche die syrischen Heere durch ihre indischen Elefanten hatten, völlig gewachsen zu sein hoffen konnte. Merkwürdiger als diese Unternehmungen, welche sich auch auf einzelne Punkte der arabischen Küste, wenn man dem dortigen Vorkommen griechischer Namen und der naheliegenden Wahrscheinlichkeit trauen darf, ausdehnten, ist die Expedition nach dem binnenländischen Aithiopien, welche Ptolemaios Philadelphos unternommen hat. Leider ist über die Zeit und den Zusammenhang dieses Zuges nirgends eine Notiz. Wir haben schon früher erwähnt, daß ein griechisch gebildeter Mann, Ergamenes, die Hierarchie von Meroë stürzte und eine militärische Herrschaft errichtete7; das Vorkommen seines Namens in den Hieroglyphen von Dakkeh zeigt, bis wie nah an die ägyptische Grenze sich seine Macht ausgedehnt hatte. War gegen ihn Ptolemaios' Feldzug gerichtet, oder erhob er sich, nachdem durch jenen Feldzug des Lagiden der Priesterstaat erschüttert war? Von diesem Feldzug an begann das aithiopische Land sich der griechischen Wissenschaft und dem Eindringen griechischer Bildung zu öffnen8. Griechische Forscher hielten sich in Meroë auf und drangen von dort aus nach den höheren Gegenden hinauf. Von hier und von den Kolonien am Meere aus zugleich entdeckte man die Nachkommen der ägyptischen Krieger wieder, welche vor vier Jahrhunderten, als der König Psammetich griechische Abenteurer geworben und als Kriegsleute angesiedelt hatte, ausgewandert waren und sich hier angesiedelt hatten, und an eben jener Küste, in dem späteren Adulis, hat ein Mönch der byzantinischen Zeit eine griechische Inschrift aufgezeichnet, welche die ungeheuren[200] Eroberungen des dritten Lagiden zu verewigen bestimmt war. Kurz, die Doppelexpedition des Ptolemaios Philadelphos hat einen Kreis von Entdeckungen, Eroberungen, Handelsverbindungen eröffnet, welcher, so fragmentarisch unsere Kenntnis von demselben ist, einen Beweis von der Machtentwicklung Ägyptens auch nach dieser Seite hin gewährt9. So im Süden stark begründet und unangreifbar stand Ägypten, durch den Besitz von Koilesyrien und Kypros wie mit vorgeschobenen Bastionen gegen die Seleukiden geschützt. Nur Kyrene fehlte noch zur Vollendung dieser Arrondierung, und der Vertrag mit König Magas, nach dem dessen einzige Tochter und Erbin, noch ein Kind, mit dem jungen Thronerben Ägyptens verlobt war, sicherte wenigstens die Aussicht auf diesen Besitz, durch den Ägyptens Macht die stärkste Konsolidierung, völlige Unangreifbarkeit, die gefährlichste Überlegenheit erhalten mußte. Das Interesse der Politik mußte sich notwendigerweise auf Kyrene konzentrieren; es mußte seitens des makedonischen und syrischen Hofes alles geschehen, um die Vereinigung Kyrenes mit Ägypten zu hintertreiben. Magas starb, als seine Erbin noch ein Kind war; von ihrer Vermählung konnte so bald noch nicht die Rede sein. Kyrene stand indessen unter vormundschaftlicher Regierung, in der natürlich die Königin-Witwe bedeutenden Einfluß haben mußte; und sie war aus dem Seleukidengeschlecht: jenes Verlöbnis, jener Friede war wider ihren Willen gemacht. Wenn auch in der Pentapolis eine bedeutende Partei sein mochte, welche die Vereinigung mit Ägypten wünschte, so hatte die antiägyptische Politik Makedoniens und Syriens in der Königin-Witwe eine sichere Stütze. Sie folgte ganz dem Interesse ihres Bruders und ihres Oheims: beim nächsten Anlaß zerriß sie die Beziehungen, welche der alternde Magas mit Ägypten geknüpft hatte.

Aber welcher Anlaß war dies? Grund genug zu neuen Zerwürfnissen zwischen den drei großen Mächten lag in der allgemeinen Machtentwicklung und der politischen Stellung Ägyptens, wie sie früher dargelegt worden ist. Wie der Krieg von neuem entbrannte, wird nicht überliefert. Suchen wir die einzelnen Vorgänge, welche ihm vorhergingen, festzustellen.

Daß trotz des Thronwechsels in Syrien die freundschaftliche Beziehung dieses Hofes mit dem makedonischen blieb, wie sie die Lage der politischen[201] Verhältnisse erforderte, ist unzweifelhaft. Eine neue Verschwägerung knüpfte sie noch enger: des jungen Syrerkönigs Schwester Stratonike wurde mit dem Thronerben Makedoniens, dem Neffen ihrer Mutter, vermählt10. Aber freilich jene vorsichtige und gehaltene Weise, welche unter Antiochos I. die syrische Politik ausgezeichnet hatte und welche dem verbündeten Hofe von Makedonien allein genehm sein konnte, scheint unter der neuen Regierung keineswegs beibehalten zu sein.

Antiochos II. wird, freilich von zwei nicht eben unverdächtigen Zeugen, als ein wüster Trunkenbold geschildert. Selten sei er, sagt Phylarch, nüchtern gewesen, den größten Teil der Geschäfte habe er in vollem Rausch abgemacht; er habe die Leitung der Angelegenheiten ganz in die Hände zweier Brüder, Aristos und Themison, gelegt, welche, geborene Kyprier, beide sich dem König in schändlicher Liebe preisgegeben hätten11. Und Pythermos von Ephesos erzählte12, daß eben dieser Themison sich des Königs Antiochos Herakles habe nennen lassen, bei Festen und Opfern mit der Löwenhaut, der Keule und dem skythischen Bogen erschienen sei und als Themison Herakles Opfer von den Untertanen entgegengenommen habe13. Fratzenhaft genug ist dies Bild, und man wird es nicht für ganz erlogen halten können. Aber ebenso sicher sprechen die Unternehmungen des zweiten Antiochos, von welchen wir wissen, dafür, daß er sich[202] keineswegs weibischer Untätigkeit hingab. Eher könnte man in demselben die Unruhe wüster Heftigkeit, den Charakter jäher Gewaltsamkeit zu erkennen glauben, der sich auch in jenen rohen Leidenschaften auszusprechen scheint. Aber auch diese Auffassung ist nicht hinreichend durch die vorliegenden Überlieferungen unterstützt, und es ist wohl möglich, daß das ganze Bild jenes Fürsten uns nur noch in verzerrter Gestalt vorliegt. Vielleicht darf auch darauf aufmerksam gemacht werden, daß Themison einst eines kyprischen Königs Name war. Einem König Themison hatte Aristoteles eine Schrift gewidmet. Auch dessen Geschlecht hatten die Lagiden seines angestammten Königtums beraubt. Seine Enkel konnten jene beiden Brüder sein, die, wenn sie irgend noch Hoffnungen auf ihre väterliche Herrschaft hegten, sie nur durch Hingebung an den syrischen König zu erfüllen hoffen konnten.

Gleich beim Regierungsantritt des Königs14, wie es scheint, war die Ruhe Kleinasiens durch einen Sukzessionsstreit gestört, der in die politischen Beziehungen einen deutlichen Blick tun läßt. Nikomedes von Bithynien, der noch 264 seine neue Residenz Nikomedia auf das glänzendste gegründet hatte, war gestorben. Er hatte, von den Ränken seiner zweiten Gemahlin bestimmt, für deren noch unmündige Kinder mit Ausschließung der erwachsenen aus einer früheren Ehe testiert und die Aufrechterhaltung des Testaments den Königen Ptolemaios und Antigonos, den Städten Byzanz, Herakleia und Kios übertragen. Aber der älteste der enterbten Söhne des Königs, Ziaëlas, der schon früher zum armenischen König geflüchtet war, eilte bei der Nachricht vom Tode seines Vaters, mit Gewalt seine Ansprüche geltend zu machen; mit einem Heere, in dem sich auch tolistobogische Galater befanden, erschien er an den Grenzen des Landes. Die Bithynier erhoben sich für das Testament des Königs; sie vermählten die königliche Witwe mit dem Bruder des Verstorbenen und rüsteten, von jenen garantierenden Staaten mit Truppen unterstützt, ein Heer gegen Ziaëlas. Es folgte eine Reihe wechselvoller Kämpfe, bis endlich die Herakleoten eine Übereinkunft vermittelten. Wie die Bedingungen[203] waren, wird nicht überliefert, aber Ziaëlas ist fortan König, und seinen Halbbruder Zipoites, dem die Nachfolge bestimmt gewesen, finden wir, später wenigstens, in Makedonien. Jenes Testament zeigt deutlich das diplomatische Verhalten jener Zeit: Nikomedes stellt es unter die Garantie zunächst der drei benachbarten freien Städte, sodann zweier Großmächte, und zwar nicht der einander befreundeten, um nicht dem Prätendenten den Beistand des entgegenstehenden Hofes zuzuwenden. Ebenso vermeidet er alle drei zuzuziehen, um in der einfachen Gleichstellung garantierender Großmächte die Möglichkeit einer entscheidenden Majorität zu hindern; er wählt nicht Syrien, sondern Makedonien zu Ägypten, weil Syrien als unmittelbar angrenzende Macht weniger Garantie gibt, ohne eigenes Interesse zu verfahren. Daß unter den Truppen, welche seitens der garantierenden Staaten geschickt wurden, sich auch ägyptische und makedonische befunden haben, darf, so auffallend es erscheint, kaum in Zweifel gezogen werden, wennschon die herakleotische Hilfsmacht als die bedeutendste erscheint, wie sich denn auch die Galater nach der ihnen zu schnellen Beendigung des Krieges plündernd gegen das Gebiet von Herakleia wenden. Die Herakleoten, heißt es, vermittelten den Frieden, und doch ist Zipoites nicht im Lande geblieben. Später tritt er mit Ansprüchen auf die bithynische Herrschaft hervor, in Makedonien hat er seinen Aufenthalt genommen. Nicht undeutlich zeigt sich hier eine Trennung der garantierenden Mächte; jene Vermittlung, welche die Herrschaft an Ziaëlas übergab, bewirkte gerade das Gegenteil von dem, was zu garantieren das Testament die fünf Staaten aufgefordert hatte, und Zipoites' Aufenthalt in Makedonien spricht deutlich genug dafür, daß Antigonos des jungen Prinzen Recht anerkannte, jener Vermittlung nicht beistimmte, welche doch wieder ohne Billigung wenigstens der anderen Großmacht unmöglich als hinreichend gesichert wirksam werden konnte. Ägypten gewann durch die Anerkennung des Ziaëlas natürlich den Einfluß über Bithynien allein, den es nach dem Testament mit Makedonien hätte teilen müssen. Es erhielt zugleich ein gemeinsames Interesse mit dem bedeutenden Handelsstaat Herakleia, und daß sich Byzanz ihrer gemeinschaftlichen Politik angeschlossen, ist bei der nahen Befreundung der beiden Freistaaten unzweifelhaft. In der Tat, Ptolemaios verstand es, seinen politischen Einfluß auszubreiten: Bithynien, Herakleia, Byzanz trat nun zu den schon früher gewonnenen Befreundungen mit Rhodos, Pergamon, Pontos hinzu, Kleinasien wurde der syrischen Politik mehr und mehr entfremdet.

Unter den Fragmenten des Phylarch aus demselben sechsten Buch, in welchem er eine Charakteristik des Königs Antiochos gegeben hatte, und dessen Inhalt bis gegen 258 gereicht haben wird, finden sich zwei auf Byzanz bezügliche: in dem einen wird gesagt, daß die Byzantier über[204] ihre Bithynier in ähnlicher Weise herrschten, wie die Spartaner über die Heloten; in dem andern, daß die Byzantier ein üppiges und trinklustiges Volk seien, in den Schenken förmlich Wohnung machten, die eigenen Wohnungen und ihre Frauen dazu an die Fremden vermieteten; die Kriegstrompete möchten sie auch nicht einmal im Traum hören. Gewiß bei Gelegenheit eines den Byzantiern drohenden Krieges hatte Phylarch von ihrem unkriegerischen Charakter gesprochen, gesprochen im Zusammenhang der Begebenheiten, die zwischen 262 und 258 lagen. Und eben jenen Krieg erwähnt das Exzerpt aus Memnons Geschichte von Herakleia, in welchem unmittelbar nach jenem bithynischen Erbstreit die Angabe folgt: da Antiochos gegen die Byzantier kämpfte, leisteten ihnen die Herakleoten mit vierzig Triëren Beistand und machten, daß der Krieg mit den Drohungen ein Ende hatte. Freilich scheint die Belagerung begonnen worden zu sein. Die Byzantier waren sonst wohl an Raubanfälle der keltischen Nachbarn gewöhnt: wenn ihre Äcker in voller Frucht standen, kamen jene raubend und sengend, und nur mit neuen Tributen konnte man sie los werden, aber ernstlich die stark ummauerte Stadt selbst zu bedrohen oder gar eine Belagerung zu wagen vermochten sie nicht. Die Nachricht von einer förmlichen Belagerung, die sich vorfindet15, scheint sich nur auf diese durch Antiochos beziehen zu können. Die lustigen Bürger von Byzanz waren zu dem anstrengenden Wachtdienst auf der Mauer, die der Feind in regelmäßiger Belagerung gefährdete, nicht eben aufgelegt, sie konnten nicht umhin, nach alter Gewohnheit in die Weinhäuser und Tabagien zu laufen, und ihrem Feldherrn Leonidas16 blieb, um wenigstens die Mauern nicht ganz entblößt werden zu lassen, nichts übrig, als Schenken hinter den Zinnen aufschlagen zu lassen; und auch so vermochte er die braven Republikaner kaum beieinander zu halten. Nicht ihre Gegenwehr, wohl aber die bedeutende Hilfesendung von Herakleia mochte den König zum Abzug bewegen.

So sehen wir den zweiten Antiochos auf europäischem Boden kämpfen; nicht über den Bosporos war er gen Byzanz gekommen – die bithynische Herrschaft und die Besitzungen von Herakleia sperrten ihm jenen Weg –, er kann nur über den Hellespont nach der Chersones gegangen sein. Auf seinem Weg lagen jene Griechenstädte des vorderen Asiens, die, durch Seleukos' Sieg über Lysimachos an das syrische Haus gefallen, aber in der wilden Invasion der Galater preisgegeben, dann nur mit der Anerkennung[205] ihrer Autonomie, gleichsam als Reichsstädte, von neuem an das Haus der Seleukiden geknüpft worden waren. Ihre Freiheit machte sie nicht stärker, sich der Raubzüge zu erwehren, die die Galater bald dahin, bald dorthin unternahmen. Das rasche Umsichgreifen des ägyptischen Einflusses in Kleinasien mußte den Hof in Antiochien daran erinnern, daß Ägypten jenen stets von neuem gefährdeten Städten nur Hilfe zu bieten brauche, um sie dem Reiche, das sie bisher ohne Schutz gelassen, völlig zu entreißen. Und weder Makedonien noch Syrien konnte ohne Besorgnis an die Möglichkeit denken, das seemächtige Ägypten in diesen Landschaften, die an Makedonien grenzten und den Hellespont beherrschten, Besitz ergreifen zu sehen. Diese Gründe müssen den syrischen Hof bewogen haben, ernstlich an die Besitzergreifung Thrakiens zu denken. Ob und inwieweit Antigonos an diesem Krieg Anteil genommen, ist nirgends erwähnt. Aber aus dem Kampf der Syrer hat sich eine lehrreiche Notiz erhalten: Antiochos, heißt es, belagerte die thrakische Stadt Kypsela. Er hatte in seinem Heere viele thrakische Adlige, unter Führung des Tiris und Dromichaites, die mit goldenen Ketten und silbernen Rüstungen geschmückt zum Kampf erschienen. Als die in der Stadt ihre Landsleute so geschmückt sahen, von ihnen in der Landessprache angerufen, wurden sie inne, wie einträglich der Dienst bei den Seleukiden sei, warfen die Waffen hin, wurden Freunde des mächtigen Königs. Also nicht mit Galatern hatte hier Antiochos zu kämpfen, nicht bis hieher reichte das von Komontorios gegründete Reich von Tylis. Hier hielten sich Thraker, die meisten ihrer Stammesgenossen mögen bei der keltischen Invasion unterworfen worden sein. Das Getenreich des Dromichaites, das einst so glänzend gegen Lysimachos gekämpft hatte, war verschwunden; vielleicht war dieser Dromichaites in Antiochos' Heer aus dessen Geschlecht. Die beraubten Fürsten und die »Eupatriden« Thrakiens hatten wohl beim Einfall der Galater die Heimat verlassen. Was daheim blieb, ward von den Galatern verknechtet oder suchte hinter den Mauern fester Städte sich zu behaupten. Jetzt schlossen sie sich gern dieser syrischen Macht an, in deren Heer ihres Landes alter Adel mit so vielem Glanz diente.

Also von Kypsela bis Byzanz schon können wir Antiochos' Macht sich entwickeln sehen. Daß die Griechenstädte der Küste, die nicht wie Byzanz durch die bithynischen Verhältnisse in feindseliger Stellung gegen Syrien waren, also Lysimacheia, Ainos, Maroneia usw., vielleicht auch Perinthos sich an Antiochos anschlossen, wird man erwarten dürfen. Ebenso ist wohl kaum zu bezweifeln, daß gegen die thrakischen Galater gekämpft wurde17; die Belagerung von Byzanz konnte sonst kaum versucht werden.[206] Jedenfalls wurde der Süden des thrakischen Landes bis an das Gebiet von Byzanz auf der einen, bis an die makedonische Grenze auf der anderen Seite von Syrien endlich in wirklichen Besitz genommen.


Nach Antiochos' thrakischem Kriege gehen uns die Nachrichten so gut wie völlig aus. Für einen Zeitraum von sechs oder acht Jahren haben wir nichts als die armseligen Worte eines ziemlich späten Schriftstellers: »Er (Antiochos) führte mit dem zweiten Ptolemaios sehr viele Kriege und kämpfte mit den gesamten Kräften Babylons und des Orients. Endlich, da Ptolemaios nach vielen Jahren den lästigen Krieg enden wollte« usw. So vollkommen vereinzelt steht diese Angabe, daß gründliche Forscher haben glauben können, der Krieg sei chimärisch. Aber für denselben spricht das freilich indirekte Zeugnis eines gleichzeitigen Dichters: in einem Gedicht Theokrits, das eben während des Krieges, da dessen glänzendste Erfolge schon gewonnen waren18, zu Ehren des Königs gedichtet ist, heißt es: »Ptolemaios beherrscht das herrliche, städtereiche Ägypten; er nimmt sich von Phoinikien, Arabien, Syrien, Libyen und den schwarzen Aithiopen, seines Winkes achten die Pamphylier alle, die tapferen Kilikier, die Lykier, die kriegslustigen Karer, die kykladischen Inseln. Denn ihm fahren die trefflichsten Schiffe auf dem Pontos, das ganze Meer und das Land und die rauschenden Ströme beherrscht Ptolemaios; viele Reiter, viele Schildträger, in glänzendem Erz geharnischt, lassen ihm ihre Waffen klirren, während friedlich und in sicherer Ruhe das Volk seine Arbeit fördert; denn kein feindliches Heer kommt über den Nil, mit wüstem Geschrei die Dörfer zu durchtoben und kein Feind, aus schnellem Schiff an das Ufer springend, kommt, die Herden Ägyptens zu stören19. So hält Ptolemaios Wacht in den weiten Gefilden, kundig die Lanze zu schwingen; überall sorgt er, des Vaters Erbe zu bewachen wie ein guter König, anderes erwirbt er selber hinzu.«[207]

In der Tat, er hatte hinzuerworben; die überlegene Seemacht Ägyptens, die schon im Kriege gegen Antiochos Soter die Küsten des Syrischen Reiches so ernstlich gefährdet hatte, war nun mit entscheidendem Erfolg zur völligen Okkupation der Küstenlandschaften verwandt worden, und wenn sich dieselbe auch nicht überall tief landeinwärts erstreckte, so zeigt doch die Gründung von Berenike, Philadelpheia, Arsinoë in Kilikien, von Ptolemais in Pamphylien, die wahrscheinlich, von Arsinoë Patara in Lykien, die gewiß in diese Zeit gehört, daß eine dauernde Besitzergreifung beabsichtigt wurde. Und nicht bloß mit den Waffen kämpfte Ptolemaios; »Von seinen unendlichen Schätzen«, sagt Theokrit, »schenkt er reichlich den starken Königen, reichlich den Städten«. Wohin seine Schiffe und seine Scharen nicht reichten, dahin drang sein Gold. So erhob sich in Milet Timarchos als Tyrann20. Vor allem wichtig aber war, daß Ephesos in die Gewalt der Ägypter fiel; des Königs Bastard Ptolemaios erhielt dort den Befehl21. Und die Eroberung von Magnesia durch Kallikratidas von Kyrene22 sicherte auch die Landverbindung von Ephesos nach Milet. Die schönen Ebenen des Kaystros und Maiandros standen nun den ägyptischen Heeren offen, während die nahe Insel Samos die gelegenste Station für eine Flotte darbot.

Was von seiten Syriens in diesem unglückseligen Krieg geschah, davon ist kaum eine einzige Spur zu finden. Hatte Antiochos nach den glücklichen Erfolgen in Thrakien tollkühn den Krieg begonnen? Versuchte er, wie einst sein Vater und durch dessen Erfahrung nicht gewitzigt, durch eine Invasion nach Ägypten den Besitz Phoinikiens und Palaistinas wiederzugewinnen? Verlockte ihn der Heereszug, den Ptolemaios fern im Süden nach Aithiopien hin unternommen hatte? Trieb ihn der stark und stärker um sich greifende Einfluß Ägyptens, von dem er sich allerorten umgarnt sah, zum Angreifen? Denn daß er der Angreifende war, ist nicht bloß aus Ptolemaios' Charakter, sondern namentlich aus der Lage der Verhältnisse zu vermuten; Ägypten hätte nicht füglich vor völliger Besitzergreifung Kyrenes einen Krieg beginnen können, der am Ende doch nicht[208] eben viel größeren und jedenfalls unsicheren Gewinn brachte als jene allmähliche Benutzung politischer Konjunkturen. Doch auf alle jene Fragen ist keine Antwort mehr möglich. Nur an einem Punkt zeigt sich ein schwacher Schimmer von Zusammenhang. Arados, die einzige bedeutende Stadt Phoinikiens, die bisher noch bei Syrien geblieben war, datiert fortan nach einer Ära23, deren erstes Jahr 259/8 ist; was anders kann der Grund sein als die in jenem Jahre begründete Freiheit der Stadt? Von Ptolemaios erobert, hätte sie sie nicht gewonnen; sie blieb mit den syrischen Königen in bestem Vernehmen, erhielt in nächstfolgender Zeit höchst günstige Zugeständnisse. Man kann nicht anders als vermuten, daß Antiochos ihr volle Freiheit und Autonomie schenkte, entweder weil er sie gegen die ägyptische Seemacht zu behaupten verzweifeln mußte, oder um durch ihre Freiheit die anderen phoinikischen Städte zu gleichem Verlangen zu reizen. Gelang es, so war allerdings der ägyptischen Macht ein bedeutender[209] Schaden zugefügt und für Syrien vielleicht, wenn auch nicht der alte verlorene Besitz, so doch eine Bundesgenossenschaft gewonnen, durch welche man der Überlegenheit Ägyptens zur See gegenübertreten zu können hoffen durfte. Ja noch mehr: das phoinikische Mutterland war stets noch in naher, namentlich religiöser Verbindung mit Karthago; bei Alexanders Belagerung von Tyros hatte man die Weiber und Kinder dorthin gerettet, von dort Hilfe erwartet; seit Agathokles mit Heeresmacht vor den Toren Karthagos gestanden, war diese Beziehung nur noch lebhafter geworden, man hatte die Götter der Mutterstadt mit reichsten Geschenken und eifrigem Dienst geehrt, man hatte die alte Stamm- und Blutsgemeinschaft geflissentlich hervorgekehrt. Jetzt war durch die Niederlage von Mylai, durch den Angriff auf Sardinien und Korsika die punische Seemacht in ihren Fundamenten erschüttert, der König, unter dessen Herrschaft Phoinikien stand, war in Bündnis mit Rom und, wenn auch im Kampf beider Mächte neutral, so doch den Römern offenbar geneigt. Unmöglich konnten diese Verhältnisse außer dem Gesichtskreis des syrischen Hofes liegen; sie mochten die Hoffnung erhöhen, in den Städten Phoinikiens eine Bewegung gegen Ägypten hervorzurufen, zumal wenn die Herstellung der alten Freiheit in Arados auch den alten, einst politisch so bedeutenden Geschlechtern sidonischer, tyrischer Kaufherren eine gleiche Aussicht eröffnete.

Es ist möglich, daß schon die phoinikischen Verhältnisse für Ägypten schwierig genug waren, um den Ausdruck des heiligen Hieronymus zu rechtfertigen, der syrische Krieg sei für Ptolemaios höchst beschwerlich gewesen; gewiß aber brachte derselbe Krieg an einem anderen Punkte eine Verwicklung hervor, welche für die ägyptische Politik trotz der glänzenden Erfolge in Kleinasien gefährlich zu werden drohte.

Schon nach der Analogie des früheren großen Krieges und aus der allgemeinen Lage der politischen Verhältnisse muß man vermuten, daß Antigonos von Makedonien die Erfolge Ägyptens nicht ruhig wird angesehen haben. Den Verlauf der bithynischen Angelegenheit und das Umsichgreifen des ägyptischen Einflusses in Kleinasien vor dem Ausbruch des großen Krieges konnte der umsichtige Monarch unmöglich so hinnehmen; mochte er den Krieg wünschen oder nicht, jedenfalls mußte er, sowie er unvermeidlich war, mit Entschiedenheit an demselben teilnehmen.

Und er tat es mit ebensoviel Klugheit wie Erfolg; an der verletzbarsten Stelle wußte er die ägyptische Politik zu treffen. Früher ist die Lage Kyrenes nach dem Tode des Magas dargestellt worden, dessen kleine Tochter Berenike mit dem ägyptischen Thronerben verlobt worden war. Jetzt, so heißt es in dem allein noch vorliegenden Bericht, sandte die königliche Witwe, eben jene syrische Apame, nach Makedonien, um Demetrios dem[210] Schönen, dem Bruder des Königs Antigonos, ihrer Tochter Hand und das Reich von Kyrene anzubieten24. Es war derselbe Demetrios, der, wie früher wahrscheinlich gemacht worden, vor wenigen Jahren im Kampf gegen den Epeiroten Alexandros Makedonien gerettet hatte25; seine Mutter war jene ägyptische Ptolemais, welche in Sardes wie im Exil gelebt hatte, gleich ihrem Bruder Keraunos vom Vater um des geliebteren Philadelphos willen zurückgesetzt. Jetzt kam dieser junge Demetrios, gewiß nicht in abenteuerlicher Brautfahrt; eben daß er kam, ehe Berenike erwachsen war, zeigt, daß nur politische Motive sein so frühes Erscheinen veranlaßten. Daß ihn Antigonos entließ oder sandte, während doch nach dem Frieden des Magas über die Zukunft Berenikes und Kyrenes Hinreichendes bestimmt war, zeigt, daß die Brautfahrt selbst in feindseligem Sinn gegen Ägypten unternommen wurde26. Die Sendung des Demetrios war die kühnste Diversion, welche Antigonos gegen Ägypten machen konnte, und[211] sie gelang vollständig. Ganz anders als der alternde Magas im früheren Kriege mußte dieser junge und kühne Demetrios, den keine Erinnerungen, wenn nicht die kränkenden seiner Mutter, an Ägypten knüpften, dessen Hoffnungen nur soweit gesichert waren, als er die Ägyptens zu vernichten verstand, den Lagiden beunruhigen. Allerdings scheint sich Ptolemaios mit Anstrengung gegen Kyrene gewandt zu haben; in jenem Gedicht Theokrits wird auch Libyen unter seinen Erwerbungen genannt, und Libyen war, wie wir früher dargestellt, von Magas bis über Paraitonion hinaus erobert und im Frieden von 263 behauptet worden; nur durch einen ernstlichen Kampf gegen Demetrios konnte Ptolemaios dies Land bis zur Grenze von Kyrene gewonnen haben. Und doch scheint es nicht, daß Ägypten hier mit dauerndem Erfolg kämpfte, wenigstens wird von Demetrios gesagt: »Er nahm ganz Libyen und Kyrene und gründete dort monarchische Gewalt«.

Für Ägypten war es ein unbeschreiblicher Verlust. Nicht bloß, daß die Aussicht auf den Besitz der Pentapolis, die mit der Abtretung Libyens erkauft worden war, nun ein Ende hatte: daß sich dort eben jener Fürst aus dem verhaßten Antigonidenhause festsetzte, drohte noch weiteren Verlust. Dazu kam, daß man nicht wie in dem früheren Krieg in Griechenland eine Bewegung gegen Makedonien hervorzurufen vermochte; diejenigen Staaten, welche sonst dem ägyptischen Einfluß gefolgt waren, hielten sich jetzt den politischen Verwicklungen fern. In Epeiros war Alexandros nicht mehr, er war vergiftet worden27. Seine Gemahlin und Schwester Olympias führte die vormundschaftliche Regierung für ihre unmündigen Kinder Pyrrhos und Ptolemaios. Sie konnte um so weniger daran denken, in den Kriegswirren der Zeit eine Rolle zu spielen, als der Besitz des epeirotischen Anteils von Akarnanien, nach welchem es die Aitoler zu gelüsten begann, ihr nur durch die sichernde Befreundung mit Makedonien erhalten werden konnte. Auch Sparta war für Ägypten jetzt ohne Nutzen; der Sohn jenes Areus, der im Chremonideischen Kriege gegen Makedonien gekämpft hatte, Akrotatos, fiel28 in höchst blutigem Kampf[212] gegen Aristodem von Megalopolis. Sparta hatte eine empfindliche Niederlage, einen unersetzlichen Verlust an Männern erlitten, und während aus dem anderen Königshause noch immer der unbedeutende Eudamidas II. den Königsnamen trug, übernahm für das eben erst geborene Knäbchen des Gefallenen Leonidas die Vormundschaft, der Sohn jenes Kleonymos, der, um das Königtum für sich zu erwerben, feindliche Heere gegen Sparta geführt hatte. Leonidas selbst war in jungen Jahren in Asien am Hofe des alten Seleukos und seiner Satrapen gewesen; er leitete nun die Geschäfte nach der dem Areus und Akrotatos entgegengesetzten Politik, wie es scheint, nicht ohne Gewaltsamkeiten gegen diejenigen, welche der Verbindung mit Ägypten zugetan waren. Ob mit diesen Vorgängen in Sparta auch des kriegsgewaltigen Xanthippos Auftreten in Karthago im Jahr 255 zusammenhängt, muß dahingestellt bleiben; wir werden ihn zehn Jahre später in höchsten Ehren beim ägyptischen König wiederfinden.

Jedenfalls waren die beiden bedeutendsten Staaten Griechenlands für die ägyptische Politik jetzt ohne Nutzen, und mit den übrigen konnte nichts Entscheidendes versucht werden. Wohl gab es in Thessalien Gegner des Antigonos – Theodoros von Larissa wird als solcher erwähnt –, aber eben in Larissa selbst mußte der makedonische Einfluß gesichert sein durch die Verschwägerung des Polykletos mit dem königlichen Hause; denn dessen Tochter Olympias war mit jenem schönen Demetrios vermählt gewesen, und ein Kind dieser Ehe, der spätere König Antigonos Doson, um 263 geboren, war ein Band mehr, das die Stadt und die Landschaft an Makedonien knüpfte. Die Aitoler allerdings waren gegen Makedonien feindlich und, wenn überhaupt von äußerem Einfluß bestimmt, so den Lagiden zugewandt, aber noch war ihr Bund nicht so weit, um eine politische Rolle durchzuführen; sie konnten wohl die nachbarlichen Gebiete räuberisch überfallen, aber ohne Mitwirkung eines anderen hellenischen Staates hatte ihre Bundesgenossenschaft für Ägypten keinen anderen Wert als den, für den schweren und andauernden Krieg die ägyptischen Heere mit tapferen Söldnern zu versorgen. Korinth war noch in Alexandros' Händen, in Sikyon gebot noch Abantidas; aber dieser war zu ohnmächtig, um sich auf große Dinge einzulassen, Alexandros mit Makedonien wieder ausgesöhnt29. Bemerkenswert endlich ist, daß Antigonos 255 die makedonische Besatzung, die seit dem Chremonideischen Kriege auf dem Museion von Athen gelegen, zurückzog und die Freiheit wenigstens der Stadt herstellte. Wohl hatte der beginnende Krieg auch in Athen noch einmal Hoffnungen erweckt; wir finden erwähnt, daß der greise Philochoros,[213] der fromme Perieget seiner Vaterstadt, derselbe, der schon gegen Antigonos' Vater die Sache der Freiheit als Seher und Zeichendeuter vertreten hatte, auf Antigonos' Veranlassung den Tod fand, weil er sich dem Ptolemaios zugeneigt hatte30. Leicht mochte der Makedone den ohnmächtigen Versuch Weniger erdrückt haben. Wenn er dann aus dem Museion seine Besatzung zog, so fühlte er sich entweder sicher genug, einen Akt der Großmut auszuüben, welcher nach der damaligen Stimmung in Griechenland ihm den allgemeinen Beifall der Gebildeten sicherte, oder es war nötig, den Griechen zu zeigen, daß Makedonien nicht etwa auf die Knechtschaft Griechenlands denke, sondern nur Ruhe und gesetzliche Ordnung fordere. Es geschah dies in demselben Jahre, da die achaiische Eidgenossenschaft, für die auswärtige Politik noch immer völlig unbedeutend, eine Veränderung in ihrer Verfassung vornahm, durch welche sie an Festigkeit der Leitung gewann: sie bestellte statt der bisherigen zwei Strategen einen; Margos von Keryneia, der wackere Befreier von Bura, war das erste alleinige Haupt des Bundes.

Unter solchen Verhältnissen in Griechenland war es der ägyptischen Politik nicht möglich, dort eine Bewegung hervorzurufen, welche Makedonien in ähnlicher Weise beeinträchtigt hätte, wie Ägypten es selbst durch den Verlust Kyrenes war. Unentschieden muß es bleiben, ob die beiderseitige Seemacht in den aigaiischen Gewässern gegeneinander operierte, ob Andros, das um 251 im Besitz Makedoniens ist, von Antigonos vom früheren Kriege her behauptet oder jetzt erst gewonnen war, ob Ptolemaios die kykladischen Inseln, deren Besitz das theokritische Gedicht erwähnt, in diesem Kriege wiedergewonnen und nur Andros dem Gegner zu entreißen noch nicht vermocht hatte31. Jedenfalls auf der ionischen Küste erlitt Ägypten einen bedenklichen Verlust. Des Königs Bastard Ptolemaios kommandierte in Ephesos; schon die Größe und die Wichtigkeit der Stadt an sich, noch mehr ihre Lage, die sie in Feindes Hand gleich gefährlich[214] für die syrische und makedonische Monarchie machte, und ihre Stellung in der Mitte der ionischen Städte, von denen wenigstens Milet durch den Tyrannen Timarchos unzweifelhaft der syrischen Sache abtrünnig geworden war, mußten Ephesos zu einem Hauptpunkt im ägyptischen Kriegsplan machen. Und nun fiel Ptolemaios, mit Timarchos von Milet verbündet, von seinem Vater ab. Es war ein unsinniges Unternehmen; die Verbindung mit dem Tyrannen von Milet machte es dem Empörer unmöglich, sich an Syrien anzuschließen, und zwischen beiden kriegführenden Mächten eine unabhängige Stellung zu gewinnen, wäre nur durch große Erfolge, durch völlige Hingebung der Söldner, durch begeisterte Erhebung der ionischen Städte möglich gewesen. Wie lange sich der verblendete Bastard hielt, ist nicht überliefert. Dann empörten sich, wohl von Ägypten aus gewonnen, die thrakischen Söldner in Ephesos wider ihn. Er flüchtete mit seiner Maitresse Eirene in den Artemistempel; dort wurden beide ermordet. Daß Ephesos für Ägypten erhalten wurde, zeigt die Erwähnung dessen, der kurze Zeit darauf dort kommandiert.

Und Milet? Antiochos, heißt es, wurde von den Milesiern Gott genannt, weil er sie von dem Tyrannen Timarchos befreite. Also nicht Ägypten vermochte den Genossen des Empörers zu erdrücken und Milet zu gewinnen, Antiochos konnte zuvorkommen, sich, wenn nicht die Stadt, so doch den Dank der Stadt zu erwerben. Selbst wenn er sich ihrer leicht hätte bemächtigen können, mußte er es vorziehen, ihre Selbständigkeit auszusprechen; und wenn nun berichtet wird, König Antiochos Theos habe den Städten Ioniens überhaupt die Freiheit gegeben, so zeigt sich, mit wie sicherer Politik der syrische Hof ein in der Tat großes Opfer von Ansprüchen zu bringen über sich gewann. Allerdings war mit solcher Erklärung nicht bloß das Interesse der Städte an die syrische Politik geknüpft, sondern, was wichtiger war, die Okkupation Ägyptens fand in der Freiheit Ioniens eine Schranke, und nur Ephesos blieb von feindlichen Truppen besetzt32.

Wie seltsam erscheint uns diese Freiheit! So armselig und öde ist unsere Kenntnis jener Zeit, daß man eine Erneuerung städtischer Freiheit für nichts als eine Verkrüppelung mehr in der wüsten Verworrenheit damaliger Verhältnisse zu halten geneigt ist und gleichgültig daran vorübergeht. Aber mißtrauen wir dem Vorurteil; freilich die alte spröde Kernhaftigkeit ursprünglicher Autonomie ist dahin, aber stets wird das kräftige Aufblühen materieller Interessen, allgemeiner auf mannigfaltige Tätigkeit begründeter[215] Wohlstand und die Ansprüche einer rationelleren, an Bedürfnissen und Genüssen reichen Entwicklung einen Zustand hervorbringen, der nur durch zufällige äußere Umstände und nie auf die Dauer von der Forderung politischer Selbstbestimmung zurückgehalten werden kann; und das Beispiel von Rhodos, Byzanz, Herakleia, Sinope, mit denen eben diese Städte Ioniens in mannigfacher Verbindung standen, konnte nicht verfehlen, in ihnen bei ihren analogen inneren Verhältnissen das ähnliche Streben hervorzurufen, das durch die Verwicklung der Reiche so entschieden begünstigt wurde. Überall war im griechischen Leben ein neuer und eigentümlicher Geist nicht erwacht, sondern völlig entwickelt da, die historische Kontinuität der Bildungen war durchrissen. Was über Alexander und seine Welteroberung hinaus lag, war der Gegenwart, wie uns die Zeit vor 1789, vollkommen fern und fremd; wie im Religiösen und in der Wissenschaft, so im Staatlichen hatte sich eine völlig neue Atmosphäre des Daseins entwickelt. Allerdings zu den tieferen Schichten der hellenischen Bevölkerung war bei weitem noch nicht überall diese zersetzende Umwandlung hinabgedrungen. Da hielt sich noch von dem alten Glauben wenigstens der Aberglaube und von der Sitte der Väter wenigstens die herkömmliche Form; und wieviel das Soldknechtsleben beitragen mochte, auch in die fernen Täler und die abgelegenen Gemeinden die Elemente der Nivellierung zu bringen, in den täglichen Gewohnheiten, den Festbräuchen, in der Kleidung, im Dialekt blieb noch immer die altursprüngliche Natur jenes tausendfältig zersplitterten Griechenwesens erkennbar. Aber es waren doch nur die zertrümmerten und verschliffenen Reste jener naturgetreuen Entfaltungen, in denen sich das Griechentum so überreich ausgestaltet und erschöpft hatte; die Zeit der monadischen, nur diesem Ort, diesem Stamm angehörenden Bildungen war vorüber; und wie sie sonst die bedingende Grundlage, gleichsam das Konstitutive im hellenischen Leben gewesen waren, mußten sie nun, sobald erst die Formen für die neuen Bildungsmomente gefunden waren, von diesen subsumiert und allmählich vertilgt oder durchdrungen werden.

Aber woher die Formen, die Prinzipien zu neuen Bildungen gewinnen? Aus den positiven Resultaten der neuen Zeit, aus dem eigensten Geiste derselben mußten sie sich ergeben. An die Stelle des historischen, des Natur-Staates trat der rationale. Die Philosophie in ihren unzähligen Schattierungen war der recht eigentliche Ausdruck jener Zeit. Überall ist sie verbreitet, bis in die kleinsten Griechenstädte hin hat sie ihre Lehrer, ihre Anhänger, in der Umgebung der Könige, wie in den Beratungen der Senate, in der reichen publizistischen Literatur, wie in der Courtoisie der Hetären, überall ist sie die Grundlage; Philosophen sind es, die die Städte von ihren Tyrannen befreien oder von den befreiten berufen werden, die[216] Verfassung neu zu ordnen. In allen Bildungen dieser Zeit erkennt man die vorherrschende Tendenz, an die Stelle der alten organisch erwachsenen Verhältnisse, die nach dem Absterben des alten Geistes irrational und unerträglich geworden sind, neue rationalere zu schaffen, wie sie den Forderungen der Vernunft entsprechend sind. Und selbst wo man die alten Verfassungen im lebendigen Zusammenhang historischer Fortbildung oder Degeneration gerettet hat, oder wo man daran geht, die abgestorbenen, von ihrem vorzüglichen Wert überzeugt, neu zu beleben, vermag man sich dem allgemeinen Zuge der Zeit nicht zu versagen: konservativ wie restaurativ weiß man nicht anders als in eben jener rationalen Weise, welche die Zeit beherrscht, nach heutiger Ausdrucksweise im Sinn des Liberalismus, zu Werke zu gehen. Der allgemeine Zug der Zeit ist auf Schaffung vernunftgemäßer Verfassungen gerichtet. Mehr oder minder gewaltsam werden die noch vorhandenen Reste von Stammesunterschieden, von lokalen Rechten, von Privilegien der Geschlechter, von Gewohnheiten und Herkömmlichkeiten beiseite geschafft; schon beherrscht die innere Politik der Politien nur noch den Gegensatz von arm und reich, und mit der nur rationalen Auffassung des Staatszweckes gewinnen die materiellen Interessen ihre dominierende Wichtigkeit. Wenn auch nur als Scherz in der Komödie wird den Stoikern vorgeworfen, sie seien schlechte Bürger, indem ihre Mäßigkeit den Verkehr mindere. So ganz ist die Lebensansicht verwandelt, daß nun als allgemein anerkannt jene Behauptung des pontischen Herakleides gilt: die Wohlhabenheit und der Luxus mache tapfer und hochherzig, und die Tapferkeit der marathonischen Sieger sei in wesentlichem Zusammenhang mit der Pracht und dem Reichtum des altattischen Lebens gewesen. Nicht ihre Schwelgerei war es, um deretwillen die Epikureer aus Kreta, aus Messenien verwiesen wurden – Männern wie Arkesilaos, Straton, Lykon, Philosophen von unzweideutigem Ruhm und vielseitigster Einwirkung, verargte niemand ihren Reichtum, ihre Lust an Kostbarkeiten, ihren Luxus, ihren Umgang mit Hetären und Knaben –, ihre Ansicht war es, ihr freier rationeller Geist, was ihren Einfluß bestimmte. Jene quietistische Art der Epikureer, ihre egoistische Zurückgezogenheit in die Stille des Gemütslebens, ihr indolentes Hinnehmen der Dinge, wie sie eben waren, ihre unklare, unrüstige, man möchte sagen eschatologische Weise, das und nicht ihre Immoralität oder ihr angeblicher Atheismus machte sie der staatlichen Bewegung jener Zeit unerträglich. Der entsprach die nivellierende Kühnheit des pyrrhonianischen Zweifelns, die begeisternde Macht platonischer Ideen, die geschlossene Energie der Logik und der Willenskraft, wie die Stoa sie lehrte.

Schon im Chremonideischen Krieg sahen wir das Hervortreten dieses neuen Geistes, dem sich überall die Jugend mit Begeisterung hingab. Mit[217] jedem Jahrzehnt erscheint er verbreiteter und energischer; überall unter den Gebildeten ist das Streben nach Verfassung, nach Selbständigkeit, nach vernunftgemäßer Existenz. Die Erhebung des Achaiischen Bundes, die Restaurationsversuche des Agis, des edlen Kleomenes, die neue republikanische Verfassung in Kyrene, die Demokratie in Epeiros, dann Philopoimens schöpferische Kraft, endlich die Republikanisierung Makedoniens und die Gedanken der gracchischen Bewegung in Rom, sie mögen im voraus als die hervorragendsten Punkte in der Entwicklung dieses denkwürdigen Jahrhunderts bezeichnet sein.

Die Dürftigkeit der Überlieferung läßt uns dieselbe zunächst nur in der Peloponnes mit Sicherheit verfolgen. In dem Verlauf des großen syrischkyrenäischen Krieges sehen wir dort die ersten energischen Wirkungen dieses neuen Geistes, in derselben Zeit, da Antigonos sich veranlaßt sieht, den Athenern ihre Selbständigkeit zurückzugeben, und Antiochos Theos die Freiheit der ionischen Städte ausspricht. Nur diese Anfänge, soweit sie noch innerhalb jenes Krieges liegen, haben wir hier zu verfolgen.

Vielleicht die glänzendste Stadt in der Peloponnes war in dieser Zeit Sikyon, nicht mehr jenes alte dorische, das überall noch die Erinnerungen der mächtigen Orthagoriden gezeigt hatte; seit etwa fünfzig Jahren stand die neue Stadt da, von dem Poliorketen Demetrios, nachdem die Besatzung des Lagiden verjagt war, auf der höheren Terrasse, die früher nur die Burg getragen hatte, auf das prachtvollste erbaut, geschmückt mit den Skulpturen und Gemälden der hochberühmten sikyonischen Künstler. Nicht eben groß war das Gebiet der Stadt, aber überaus fruchtbar, reich bebaut, mit Gärten und Fruchthainen, mit kleinen Ortschaften bedeckt, reich durch Verkehr, den eine Doppelmauer von der neuen Stadt zum Hafen hinab schützte; Reichtum, hohe Bildung, Kunstsinn zeichnete die Sikyonier aus. Die sikyonische Kunst hatte Athen überholt, Sikyon war das Florenz jener Zeit. Aber die alte ruhige Festigkeit der Verfassung war dahin. Fast ununterbrochen folgten Tyrannen auf Tyrannen, meist Männer von hoher Bildung, Freunde der Kunst und, wenn dem Bericht eines späteren unparteiischen Schriftstellers mehr als den beteiligten Zeitgenossen zu trauen ist, achtenswerte Regenten33. Die immer neuen Bewegungen gingen sichtlich von der Rivalität der Reichen aus, und sowie ein anderer mit Gewalt oder durch die Gunst der Menge die Leitung der Stadt an sich riß, folgten Verbannungen der Gegner, Gütereinziehungen, willkürliche Vergebung des erledigten Besitzes, die willkürlichsten Entscheidungen des[218] souveränen Demos, wie sie der neue Machthaber forderte; der privatrechtliche Zustand im Staate mußte vollkommen bodenlos sein.

Wir verfolgen nicht die frühere Geschichte der sikyonischen Tyrannis. Endlich, nachdem man sich des Kleon34 entledigt hatte, wurde die Herstellung eines gesetzlichen Zustandes versucht: Timokleidas und Kleinias wurden zu Archonten gewählt, und unter der Leitung dieser allgemein geachteten und einflußreichen Männer begann die öffentliche Ordnung sich zu befestigen. Aber 264, da Timokleidas starb, erhob sich Abantidas, des Paseas Sohn, ermorderte den Kleinias, ermordete und verjagte viele von dessen Anhängern, kaum daß dessen siebenjähriger Knabe Aratos durch Hilfe seiner Muhme, der Schwester des neuen Gewalthabers, nach Argos gerettet wurde zu den Gastfreunden des Vaters, unter deren Obhut er aufwuchs. Geraume Zeit währte die Gewalt des Abantidas. Deinias und Aristoteles der Dialektiker waren in Sikyon; wenn sie auf dem Markt ihre Vorträge hielten, pflegte Abantidas zugegen zu sein und an den Disputationen Anteil zu nehmen; unter solchen Übungen war es, daß sie und ihre Mitverschworenen den Tyrannen ermordeten. Aber ihr Werk gelang nicht: des Ermordeten Vater, Paseas, riß die Gewalt an sich; ihn wieder erschlug Nikokles und ward Herr der Stadt. Er war gewaltsamer als die früheren Machthaber. In der kurzen Zeit von vier Monaten wurden nicht weniger als achtzig Bürger hinweggetrieben. Die Aitoler machten, in das Sikyoner Gebiet einbrechend, einen Versuch, seine Herrschaft zu stürzen und sich der reichen Stadt zu bemächtigen; nur mit Mühe erwehrte er sich ihrer. Je ohnmächtiger der Tyrann erschien, desto unerträglicher mußte seine Gewalt den Bürgern, desto größer die Hoffnung der zahlreichen Verbannten werden.

Und eben jetzt war ein erhebendes Beispiel gegeben. Aristodemos hatte geraume Zeit über Megalopolis gewaltet; nicht bloß im Felde in glänzendem Siege über den Spartanerkönig hatte er sich bewährt; in gerechter Anerkenntnis seiner Verdienste nannten ihn die Bürger der Stadt den Wackeren.[219] Und doch war er Tyrann; nicht selbstsüchtiges Streben, nicht der Haß wider ihn, sondern eben jene Gedanken der Zeit waren es, die die Verschwörung gegen ihn schufen; an ihrer Spitze standen die Megalopoliten Ekdemos und Demophanes, die, aus dem Vaterlande verwiesen, des großen Arkesilaos Unterricht genossen, mit ihm gelebt hatten. Der Tyrann ward ermordet; ein Erdhügel vor dem Westtor der Stadt bezeichnete noch in späterer Zeit sein Grab. So war die Freiheit und die gesetzliche Ordnung der Stadt hergestellt, und jene beiden, die vor allen in jener Zeit, wie ein alter Autor sagt, die Philosophie auf den Staat und die Verwaltung des Staates in Anwendung brachten35, wurden fortan der Mittelpunkt einer staatlichen Entwicklung, deren Preis man nicht würdiger sagen kann als mit dem Namen des Philopoimen, der, in ihren Anfängen geboren, mit ihr emporwuchs, ein Zögling jener Befreier.

Man ermesse, welchen Eindruck es in den hellenischen Landen hervorbringen mußte, wenn die größte arkadische Stadt, die Gründung des Epameinondas, dies Beispiel der Erhebung gab, wenn ein Wackerer, wie jener Aristodem, den Gedanken, die das junge Griechenland begeisterten, zum Opfer fiel, wenn die Stadt ohne Rücksicht auf die seit drei Menschenaltern stets bewahrte, durch die gefährliche Nachbarschaft Lakoniens gebotene Befreundung mit Makedonien nur dem Ruf zur Freiheit und Selbständigkeit folgte, der Macht des Prinzips vertrauend, das der Gefahr zu begegnen Kraft geben werde. Und jene Befreier der Stadt waren nicht etwa unbekannte Männer; in Athen, dem Herd jener neuen Bildung, wo sich die Jugend aus allen Teilen der Griechenwelt um die großen Lehrer der Weisheit versammelte, kannte man sie als die vertrauten Schüler des Arkesilaos; ihre Tat ging gleichsam unmittelbar aus dem Hain der Akademie, aus dem Schoß jener höchsten und edelsten Bildung hervor, auf welche die Blicke der Könige wie der Völker mit Hochachtung gerichtet waren. Die Befreiung von Megalopolis mußte wie ein Weltereignis betrachtet werden. Die Befreier selbst sahen es nur als einen Anfang an; schon hatten sie die Fäden zu einem anderen gleichen Werk angesponnen; es galt die Befreiung von Sikyon.

In Argos, der Tyrannenstadt, war Aratos, des Kleinias Sohn, in frischer Kraft, in den Übungen der Palästra aufgewachsen; die Eindrücke seiner Kindheit, jenes reiche väterliche Haus, jene Verwandtschaft mit den mächtigsten Männern der Stadt, jene Gewöhnungen eines glänzenden geschmückten Lebens wurden nicht verwischt durch den Aufenthalt bei den reichen Gastfreunden in Argos; auch in der Verbannung blieb er reich genug,[220] eine zahlreiche Dienerschaft zu halten und seiner Neigung für Gemälde nachzugehen, deren eines oder anderes wohl dem kunstliebenden König Ägyptens zum Geschenk gesandt wurde; mit ihm wie mit Antigonos unterhielt er die gastfreundschaftliche Verbindung, die ihm der Vater vererbt hatte. Auf Aratos wandten sich die Blicke der Verbannten; er erschien rüstig und wackeren Sinnes und, so jung er war, voller Besonnenheit. Mit begreiflichem Argwohn beobachtete der sikyonische Tyrann ihn durch seine Späher; er besorgte, daß Antigonos oder Ptolemaios in ihm das Mittel finden möchte, Gewalt über Sikyon zu gewinnen. Und in der Tat versuchte Aratos durch sie zum Ziel zu gelangen; aber Antigonos hielt ihn mit Versprechungen hin, und was Ptolemaios hoffen ließ, war im weiten Felde. Und doch war er entschlossen, die Rückkehr in die Heimat zu erzwingen.

Es ist bedeutsam, daß Aristomachos von Sikyon und jener Ekdemos von Megalopolis die ersten waren, denen er seinen Plan mitteilte; er selbst gehört nicht der neuen Richtung an, die Megalopolis befreit hatte; er sucht ihre und der Verbannten Beihilfe erst, als die Aussicht auf die Hilfe des einen oder andern Königs zu täuschen scheint; jene Verbindung selbst gibt von Anfang her seinem Plan und seinem Verhalten ein eigentümliches, seinem persönlichen Charakter fremdartiges Gepräge.

Mit Freuden hören die beiden Genannten des jungen Mannes Plan. Man teilt ihn den übrigen Verbannten mit; die meisten widerraten das tollkühne Beginnen, andere erklären ihren Beitritt. Zuerst ist die Absicht, auf sikyonischem Boden irgend einen festen Punkt zu gewinnen und von da aus den Kampf gegen den Tyrannen zu versuchen. Da kommt ein Sikyonier nach Argos; er ist aus dem Gefängnis entsprungen, hat sich über die Mauer gerettet; er teilt mit, daß es an derselben Stelle leicht sein würde, sie von außen zu ersteigen. Einer der Verschworenen wird ausgesandt, die Örtlichkeit auszukundschaften; er kommt mit günstigem Bericht zurück: allerdings sei die Mauer dort leicht zu ersteigen, doch wohne in der Nähe ein Gärtner, dessen wachsame Hunde das unbemerkte Nahen schwierig machen würden. Das Wagnis wird beschlossen; in aller Stille schafft man Waffen, Sturmleitern; von einem Bandenführer nimmt man einige Soldaten in Lohn; die Verschworenen stellen jeder ein Paar Sklaven, Arat deren dreißig, zur Bewaffnung; die Leitern werden, in Kisten verpackt, auf einem Frachtwagen unbemerkt aus Argos geschickt. Kaphisias und ein paar andere wandern voraus, bei jenem Gärtner als müde Reisende Nachtlager zu bitten, um in der bestimmten Zeit ihn und seine Hunde in Ruhe zu halten; die anderen sollen einzeln aus Argos gehen; bewaffnet sie wandern zu sehen fällt niemanden bei der Unsicherheit der Straßen auf; beim Turm des Polygnot auf dem Wege nach Nemea will man[221] sich zusammenfinden. Da hört Arat, daß Kundschafter des Nikokles in Argos sind; sie zu täuschen, erscheint er auf dem Ringplatz, und nachdem er dort geübt, lädt er sich junge Leute aus der Palästra zum Gelage, und seine Sklaven sieht man auf dem Markt Kränze und Fackeln kaufen, Harfenmädchen und Flötenbläserinnen dingen; die Kundschafter lachen über die Besorgnisse ihres Gebieters, den Knaben zu fürchten, der seinen Zehrpfennig in der Verbannung mit Wein und Mädchen verjubelt. So täuscht sie Arat; am Morgen eilt er hinweg, am Turm des Polygnot findet er die übrigen; rasch geht es weiter; in Nemea wird auch den Söldnern und Sklaven verkündet, was im Werk ist, welcher Lohn ihrer warte, wenn der Plan gelinge. Unter dem Schein des Vollmonds zieht man des Weges; gegen Morgen, da er untergeht, ist man in der Nähe des Gartens, unfern der Mauer. Kaphisias kommt ihnen entgegen: den Gärtner habe er eingeschlossen, aber die Hunde seien entsprungen. Besorgt, durch ihr Bellen verraten zu werden, wollen die meisten, daß man umkehre; mit Mühe ermutigt sie Arat. Ekdemos und Mnasitheos übernehmen es, die Leitern anzulegen. Sie tun es unter dem lauten Bellen der Gärtnershunde; schon beginnt der Morgen zu grauen; Ekdemos steht oben auf der Leiter, als das Wachtglöcklein der Frühwache heranklingt; kaum birgt er sich vor den Posten, die oben her und wieder kommen. Wie sie vorüber sind, steigt er und Mnasitheos zuerst hinauf, sendet eiligst an Arat, daß er nachrücke. In der Nähe ist ein Turm, auf dem ein großer Hund zum Wachen liegt; das fortdauernde Bellen unten läßt ihn endlich auch laut werden, die fernen Wachen werden aufmerksam, sie rufen nach dem Türmer herüber, was es da gäbe; es sei nichts, antwortete er, das Wachtglöcklein habe die Tiere munter gemacht. Unter solchen glücklichen Fügungen ersteigen Arats Leute die Mauer; mehr als vierzig sind sie nun oben. Die Zeit drängt; schon krähen die Hähne in der Runde, und hie und da sieht man schon Landleute nach der Stadt zu Markt ziehen. Das Schwierigste bleibt noch zu tun; die Soldknechte des Tyrannen haben in der Nähe seines Palastes ihr Quartier; die müssen zuerst entwaffnet sein. Aratos eilt mit seiner Schar dorthin; sie werden überfallen, sämtliche gefangen genommen, keiner getötet. Dann läßt er eiligst denen in der Stadt, die er sich befreundet weiß, seine Ankunft melden; schnell verbreitet sich die Kunde durch die Stadt. Bei der Morgensonne strömt die Menge voll froher Erwartung nach dem Theater, und wie der Herold verkündet: Aratos, Kleinias' Sohn, rufe die Bürger zur Freiheit, da eilt alles Volk zum Palast des Tyrannen, wirft Feuer hinein, daß die Flamme hochaufschlagend auf der Burg von Korinth erblickt wird und den Tyrannen Alexandros an schleunige Hilfesendung nach Sikyon denken läßt; doch das wunderbare Glück, das das ganze Unternehmen der Befreier begleitet hat, wendet auch diese Gefahr[222] hinweg. Die Soldaten und Bürger löschen das Feuer; der Tyrann ist entwischt, sein Palast wird der Plünderung preisgegeben, seine übrigen Güter den Bürgern überlassen. Die Befreiung ist vollendet, ohne daß Blut geflossen36. Jede Erinnerung an die Tyrannis wird vernichtet bis zu den berühmten Werken der Kunst, die sie darstellten.

Sofort kehrten die Verbannten zurück, etwa achtzig aus der kurzen Zeit des Nikokles, etwa fünfhundert, die unter den früheren Tyrannen seit Demetrios' Zeit verjagt waren. Da ergaben sich die größten Schwierigkeiten über die Besitzverhältnisse; jene Verbannten, die fast alle zu den reichsten Bürgern gehört hatten und nun als Arme zurückkamen, forderten ihre alten Häuser, Gärten, Felder zurück, während diese in der langen Zeit zum großen Teil schon in die dritte und vierte Hand übergegangen, mannigfach bebaut, zerstückelt, verwandelt waren. Bald war in der Stadt die heftigste Aufregung. Man mußte besorgen, daß Antigonos, dem diese Veränderung in Sikyon nichts weniger als gleichgültig sein konnte, die Verwirrung benutzen werde, die kaum befreite Stadt unter seine Obhut zu nehmen. Um jeden Preis mußte die Unabhängigkeit bewahrt werden; man bedurfte eines nahen und unselbstsüchtigen Beistandes für die gefürchtete Gefahr. Es war ein großer und durchaus praktischer Gedanke, daß Aratos den Eintritt der Stadt in die achaiische Eidgenossenschaft veranlaßte. Die altberühmte Dorerstadt nahm den Namen einer achaiischen an, trat in die Einheit jenes eidgenössischen Staates, dessen Verfassung eben jetzt durch die Einführung des einen Strategen eine größere Konzentration gewonnen hatte. Der Bund trat aus den engen Grenzen des Achaiertums hinaus, um die Selbständigkeit einer sonst gefährdeten Stadt und die ungehinderte Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung in ihr zu sichern; bisher auf ein enges und armes Gebiet beschränkt, gewann er mit Sikyons Beitritt eine reiche, glänzende Stadt mit bequemem Hafen, mit weit verbreitetem Verkehr. Vor allem wichtig war es, daß mit der Aufnahme Sikyons der Bund sofort in eine bestimmte politische Stellung gedrängt war; so weit es auch von seinen Institutionen entfernt lag, Kampf zu suchen, so wenig konnte es den Leitern des Bundes entgehen, daß sie mit dieser Erweiterung desselben und noch mehr mit dem Prinzip, das sich in derselben aussprach, in ein feindseliges Verhältnis gegen diejenige[223] Macht traten, deren ganze Politik auf die Stetigkeit in den hellenischen Verhältnissen und auf die Hinderung größerer Machtbildungen in denselben gerichtet sein mußte.

In demselben Maße war der Bund auf Befreundung mit Ägypten hingewiesen, welche durch die früheren Beziehungen des Aratos mit Alexandrien sich leicht vermitteln mochte. Arat war in das Korps der achaiischen Reiter getreten; er ging seinen Mitbürgern mit dem wackersten Beispiel des Gehorsams und der Hingebung voran, während er zugleich in den Beratungen neue große Projekte, wie sie bisher dort noch nicht gehört sein mochten, aussprach. Und Ptolemaios seinerseits säumte nicht, einer Verbindung entgegenzukommen, welche seinen Interessen gegen Makedonien so großen Vorschub zu leisten versprach. Er sandte Arat ein Geschenk von fünfundzwanzig Talenten, das dieser sofort unter die Armen der Stadt und zum Rückkauf verkaufter Sikyonier verteilte. Noch waren die Besitzverhältnisse in Sikyon in voller und gefährlicher Verwirrung; die einzige Möglichkeit, zu einer endlichen Beruhigung zu gelangen, war, wenn hinreichende Geldsummen zur Ausgleichung der Rechte und Ansprüche beschafft werden konnten. Aratos eilte persönlich nach Alexandrien; er erhielt vom Könige das Gewünschte: vierzig Talente konnte er sofort mit zurückbringen, hundertundzehn wurden in einzelnen Raten nachgesandt. Die Dankbarkeit seiner Mitbürger und die Anerkennung seiner Uneigennützigkeit übertrug ihm die alleinige und unumschränkte Leitung des verwickelten Ausgleichungsgeschäftes; er zog es vor, fünfzehn Männer mit hinzuzuziehen; mit größter Sorgfalt und Umsicht wurde das verwickelte Geschäft zum glücklichen Schluß gebracht; und wohl verdient war die allgemeine Dankbarkeit gegen den besonnenen und tatkräftigen jungen Mann, der die Vaterstadt befreit, nach außen gesichert, im Inneren beruhigt und geordnet hatte.

Man wird annehmen dürfen, daß Arat jene Reise nach Alexandrien so bald als irgend möglich unternahm, da bei Verzug Gefahr war, wohl noch in dem Jahre der Befreiung 251. Auf dieser Reise war es, daß das Schiff, welches ihn führte, nach der Insel Andros verschlagen wurde; sie war in feindlichem Besitz, eine Besatzung des Antigonos lag dort; Aratos mußte sich im Walde verbergen, um den Nachforschungen des makedonischen Phrurarchen zu entgehen; endlich gelang es ihm, auf ein römisches Schiff, das nach Syrien bestimmt war, zu kommen; in Karien ans Land gesetzt, fuhr er dann nach Alexandrien. Lehrreich ist es, daß bei dieser Gelegenheit Andros als feindliche Insel betrachtet, Aratos von dem Phrurarchen als Feind verfolgt wird. Nicht sowohl durch die Befreiung der Vaterstadt war Arat mit Makedonien verfeindet, hatte doch Antigonos selbst seinen Beistand früher wenigstens versprochen; die Verbindung Sikyons mit den[224] Achaiern war erst dadurch ein feindlicher Akt gegen Makedonien, daß sich Aratos unverhohlen dem ägyptischen Interesse zuwandte. Und noch immer währte der Krieg zwischen Ägypten auf der einen, Antiochos von Syrien, Demetrios von Kyrene auf der anderen Seite, ein Krieg, der, so wenig von einer unmittelbar eingreifenden Teilnahme Makedoniens gesprochen wird, doch eben durch Demetrios' Okkupation in Kyrene auch als ein makedonisch-ägyptischer betrachtet werden mußte. Wir sahen, bis zu welchem Stadium derselbe entwickelt war; allerdings waren die Südküsten Kleinasiens von dem Lagiden okkupiert, aber Ionien war bis auf Ephesos wieder verloren und durch die Freiheit der Städte an das syrische Interesse geknüpft. Syrien, schon durch den Kampf gegen Ägypten auf die ernstlichste Weise beschäftigt, war auf seinen östlichen Nordgrenzen eben jetzt in einem Maße gefährdet, daß der Verlust großer Landschaften kaum mehr verhütet werden zu können schien. Hatte Ptolemaios auch Libyen gewonnen, so war und blieb doch das wichtige Kyrene ein unersetzlicher Verlust; der große Vorteil, den Antigonos durch die kyrenaiische Okkupation seines Bruders gewonnen hatte, war durch die unerwartete Entwicklung, welche die Angelegenheiten in der Peloponnes nahmen, mehr als aufgehoben; es war noch nicht abzusehen, welchen Vorteil Ägypten aus derselben ziehen werde. Die drei großen Mächte mußten einen Krieg zu beenden wünschen, in dem jede bisher nur verloren hatte und noch größere Verluste fürchten zu müssen schien. Der Gang, den die Verhältnisse in Kyrene nahmen, begünstigte den endlichen Abschluß37.

Leider haben wir über Kyrene nur den gespreizten Auszug aus einem Geschichtswerk, das den schönrednerischen Phylarch zur Quelle gehabt hat; da heißt es denn: Demetrios habe, sich auf seine Schönheit verlassend, die seiner Schwiegermutter zu sehr zu gefallen begonnen, sich von Anfang her stolz, rücksichtslos gegen die königliche Familie und gegen die Soldaten benommen, habe mit der Mutter ein Verhältnis angeknüpft; dadurch sei er der königlichen Jungfrau verdächtig, den Bürgern und Soldaten verhaßt geworden; allgemein habe man den Blick auf den Sohn des Königs Ptolemaios gewandt; der Untergang des Demetrios sei beschlossen worden: in das Schlafgemach der Mutter seien Mörder gesandt worden; da sie draußen die Stimme der Tochter gehört, habe sie um ihr Leben gefleht, versucht, den Geliebten mit ihrem Leibe zu schützen; aber er sei ermordet worden, und Berenike habe sich dem vermählt, welchem der Vater sie einst bestimmt habe, dem Sohn des Ptolemaios. Eine Kritik des Berichtes[225] ist nicht mehr möglich; bezeugt ist Berenikes Tat durch die Verse eines gleichzeitigen Dichters; kaum den Kinderjahren entwachsen, sagt er, habe sie schon hochherzigen Mut bewährt38. Sie war herangewachsen unter der Buhlschaft ihrer Mutter mit ihrem Bräutigam; ihrem Abscheu mochte sich gern die Partei derer anschließen, welche die Rückkehr zur Verbindung mit Ägypten wünschten.

Nach solcher Tat mußte die junge Königin sich ganz in Ägyptens Schutz geben; und Ptolemaios konnte kraft des mit Magas geschlossenen Vertrages die Hand und das Erbe Berenikes für seinen Thronerben in Anspruch nehmen. Aber war zu erwarten, daß Antigonos seines Bruders Tod ungerächt lassen werde? War die ganze Pentapolis bereit, unter ägyptische Hoheit zurückzukehren? Dies war der Zeitpunkt, da ein Friede allein zum Ziele führen konnte; Antigonos konnte unmöglich Neigung haben, sich in weitaussehende Händel zu verwickeln, während die griechische Politik seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, und für den gesicherten Besitz Kyrenes mochte Ptolemaios gern Zugeständnisse an Antiochos machen, der seinerseits trotz dauernder Anstrengung doch nichts Bedeutendes erreicht hatte. So kam der Friede zustande39, von dem nur wenige ausdrückliche Notizen überliefert sind. In Beziehung auf Kyrene[226] muß der frühere Vertrag mit Magas anerkannt worden sein, den bald darauf die wirkliche Vermählung Berenikes mit dem ägyptischen Thronerben erfüllte. Ob in Beziehung auf die hellenischen Verhältnisse irgend etwas bestimmt wurde, etwa die Freiheit der achaiischen Eidgenossen, ist wenigstens nicht darum zu bezweifeln, weil sich nirgend eine Spur derartiger Übereinkunft findet; auch über die Besitzverhältnisse im Aigaiischen Meere muß irgend etwas bestimmt worden sein, mag es auch bei dem, wie es eben war, geblieben sein40. Die Bedingungen, unter denen Ptolemaios mit Syrien abschloß, lassen sich aus der Vergleichung der Länder, welche das theokritische Gedicht, und derer, die die adulitanische Inschrift aufzählt, einigermaßen finden. In dieser heißt es: »Ptolemaios III. habe als Erbe des Vaters Ägypten, Libyen, Syrien, Phoinikien, Kypros, ferner Lykien, Karien und die Kykladen erhalten.« Kyrene, das in dieser Aufzählung mit Recht fehlt, erbte er nicht, sondern gewann er durch Vermählung mit der Herrin des Landes. Also die in jenem Gedichte genannten Länder Kilikien und Pamphylien waren entweder infolge glücklicher Kämpfe oder durch den Frieden an Syrien zurückgekommen. Die Freiheit Ioniens, die Syrien anerkannt hatte, blieb auch nach dem Frieden; aber daß Ephesos eine ägyptische Besatzung behielt, zeigen spätere Vorgänge. Endlich war in dem Frieden die Vermählung des Syrerkönigs mit Ptolemaios' Tochter Berenike beschlossen; unbeschreiblich glänzend ausgestattet, ward sie von dem königlichen Vater bis Pelusion geleitet; mit großem Gefolge zog sie gen Antiochien zur Vermählung41.

War es die Absicht des Lagiden, mit dieser Vermählung einen möglichst dauernden Frieden zu erzielen? Wollte er durch dieselbe Syrien, das bisher stets mit Makedonien gehalten, zur ägyptischen Politik herüberziehen? War das Verhältnis zwischen dem syrischen König und Makedonien etwa durch die Hingabe Kyrenes gestört, Antiochos in der Person seiner Schwester, deren Stellung in Kyrene Antigonos als Rächer seines Bruders vielleicht hätte vertreten sollen, beleidigt? Der Kreis des Möglichen mußte angedeutet werden, um eine Bemerkung hervorzuheben, die sich unwillkürlich aufdrängt. In Beziehung auf die Vermählung mit Berenike erklärte Antiochos seine bisherige Gemahlin Laodike für nicht rechtmäßig, entzog ihren Söhnen damit die Ansprüche auf die Nachfolge im Reiche. In dieser[227] Bedingung – denn der Lagide hätte jene Verstoßung hindern müssen, wenn er sie nicht als Bedingung des Friedens forderte – spricht sich, wie es scheint, der Kern der ägyptischen Politik aus; nicht um Frieden zu gewinnen, sondern um Unfrieden zu stiften, war diese Vermählung in Vorschlag gebracht; und der syrische König, mochte ihn die reiche Mitgift blenden oder persönliche Verhältnisse ihn bestimmen oder die Rücksicht auf sein erschöpftes Reich ihn zwingen, nahm diese verhängnisvollen Bedingungen an. Damit hatte Ägypten einen unberechenbaren Vorsprung gewonnen. Entweder fand Berenike keinen Widerspruch, dann war durch sie und ihre zahlreiche Begleitung, durch den Thronerben, den sie gebären sollte, der ägyptische Einfluß in Antiochien entschieden; – oder es geschah nicht so: wie sollte Laodike und deren Söhne die Zurücksetzung ertragen, die gerechten Ansprüche auf das Reich ohne weiteres hingeben? Schon wuchsen sie heran; Laodikes Vater und Bruder hatten bisher die bedeutendste Stellung neben dem Thron, auch sie mußten dem Einfluß der Ägypterin und ihrer Begleiter weichen.42 Ihr Erscheinen in Antiochien verwandelte alles, mit Bestimmtheit konnte auf gefährliche Spaltungen im Reich gerechnet werden; dann hatte Ägypten volle Befugnis, für die Ansprüche Berenikes sich einzumischen und eine Stellung über das syrische Reich einzunehmen, wie sie dem Ehrgeiz des Lagidenhauses entsprechend war, dann konnte das in zwei großen Kriegen erschütterte, durch immer neue Usurpationen an allen Grenzen schon angebröckelte Reich vielleicht zersprengt, die gelegensten Länder von Ägypten okkupiert, der Rest mit Leichtigkeit in Dependenz von der ägyptischen Politik gehalten werden.

Wenigstens die vorliegenden Nachrichten sowohl wie der weitere Verlauf der Begebenheiten berechtigen uns zu diesen Annahmen; wie es möglich war, daß seitens des Antiochos dennoch der Friede und die Vermählung geschlossen wurden, wie Makedonien nicht alles daran setzte, eine so gefährliche Kombination zu hintertreiben, auf diese Fragen einzugehen verbietet der Mangel an Nachrichten. Ebenso sind wir vollkommen im Unklaren darüber, wie sich die kleineren Staaten Asiens während des großen Krieges verhalten haben; in der Natur der Sache liegt es, daß ihre Bedeutung in demselben Maße wuchs, als sich die Macht Syriens minderte.

Und sie war nicht bloß durch den ägyptischen Krieg gemindert worden; gleichzeitig hatte sie auf ihren entgegengesetzten Grenzen bedeutenden Abbruch erlitten.[228]

In der Einleitung ist erwähnt worden, wie sich eine rein persische Herrschaft im nördlichen Atropatene erhalten, Indien sich unter der Dynastie der Mauryas vereinigt hatte, wie dort das alte reine Parsentum, hier der Buddhismus, dem sich unter Ashoka endlich auch das Königtum hingab, eine nationale Erhebung und Reaktion möglich machte, welche der Natur der Sache nach den Hellenismus bedrohen mußte. Eine dritte Gefahr in jenen östlichen Bereichen war die Nachbarschaft jener turanischen Horden, welche, in den weiten Wüsten des unteren Oxos und Jaxartes hausend, nie aufhörten, die reichen Grenzgebiete Sogdianas und Baktriens, Margianas und Hyrkaniens räuberisch zu bedrohen.

Allerdings hatte bereits Seleukos Nikator die Verhältnisse mit dem großen indischen Reich geordnet; er hatte die Indusländer, so zahlreich in ihnen die hellenischen Ansiedlungen waren, an Sandrakottos abgetreten, so weit, scheint es, als das Stromgebiet des Indus reichte; nur Alexandreia am Kaukasos, zugleich der Stapelplatz für den Handel mit Indien und der Punkt, durch welchen der Eingang zu den Pässen nach Baktrien vom Kabulfluß herauf gedeckt wurde, blieb nach indischen Nachrichten bei den Syrern. Die wenigen Notizen aus griechischen Überlieferungen lassen erkennen, daß Syrien fortan mit den indischen Herrschern in freundschaftlichem Verkehr blieb; von Indien kommen Geschenke an den Hof von Antiochien; syrische Legationen sind in Palibothra; Amitrochates bittet einmal, ihm außer anderen Produkten des Westens auch einen redegewandten Sophisten zu schicken43. Kriegerische Invasionen von dorther mochte man nicht eben zu fürchten haben; jene milde Buddhistenweise im Reich Ashokas – selbst die Todesstrafe wurde durch königliches Edikt abgeschafft – hielt den Gedanken an Kampf und Eroberung weit entfernt. Und doch brachte diese Nachbarschaft eine Gefahr, welche langsam, aber darum nicht minder dem wesentlichsten Interesse des Hellenismus entgegenarbeitete. Es kann keine Frage sein, daß der Bekehrungseifer der buddhistischen Lehre bereits über die Grenze des indischen Reiches hinaus Eingang gewann44; nicht bloß, daß die buddhistischen Missionare in Dekhan vordrangen und auf Ceylon das Rad der Lehre schwangen; auch über den Indus nach Westen drangen sie vor. Ist auch der Name eines Ortes, in welchem chinesische Buddhistenpilger des fünften Jahrhunderts ein buddhistisches Bauwerk aus dieser Zeit anmerken, schwerlich mit Recht auf Kandahar, das arachosische Alexandrien, gedeutet, so lehren[229] doch die Inschriften desselben Ashoka-Priyadarshin unzweideutig, daß der Buddhismus schon in seiner Zeit sich auf die angrenzenden Satrapien des syrischen Reiches ausbreitete; »allenthalben«, heißt es in denselben, und dann nach der Aufzählung mehrerer indischer Länder, »auch in das Königreich des Antiyaka des Javana, dessen Könige des Antiyaka Generale sind, sind die zwei Heilanstalten des von den Göttern geliebten Priyadarshin eingesetzt, eine Menschenheilanstalt und eine Tierheilanstalt, und wo die Heilkräuter, welche für die Menschen hilfreich sind und welche für die Tiere, sich nicht befinden, sind sie überall auf Geheiß bereitet und gepflanzt, und allenthalben, wo sich Wurzeln und Kräuter nicht befinden, sind sie auf Geheiß geliefert und gepflanzt; an den Wegen sind Brunnen auf Geheiß gegraben und Bäume auf Geheiß gepflanzt, zum Genuß der Tiere und Menschen«45. Von diesem Bekehrungseifer des Buddhismus und von der diplomatischen Unterstützung, die der fromme König Ashoka ihm bis in die fernen Westländer hin gewährte, gibt eine andere Inschrift desselben Königs ein merkwürdiges Beispiel46. In dem Maße, als diese Lehre Anhang fand, störte sie die Fortschritte des Hellenismus, der Ineinsbildung des östlichen Volkstums mit dem abendländischen unter der Potenz hellenischer Bildung; und gerade der Hellenismus war die Basis des[230] syrischen Reiches in Asien; nationale Reaktionen waren demselben gefährlicher als selbst die kriegerische und politische Übermacht der Lagiden, gegen welche wenigstens ein Glückswechsel möglich blieb.

In eben diesem Sinne bedrohlich war dem syrischen Reiche die Nachbarschaft des atropatenischen Mediens, wo sich eine rein persische Herrschaft, mit ihr gewiß die Parsenlehre und das Magiertum, in voller Geltung erhalten hatte. Im entferntesten noch nicht ist es möglich, zu erkennen, wie sich in den übrigen iranischen Ländern das Parsentum zu dem fremden Wesen verhielt, in welchem Maße die alte Reichsreligion toleriert oder beeinträchtigt wurde; aber die Erscheinung, welche sich überall in der hellenistischen Welt findet, daß die nationalen Religionen sich eben im Gegensatz gegen die griechische Weise, wenn auch in sich selbst wesentlich modifiziert, zu neuer Bedeutsamkeit erheben, diese Erscheinung mag gerade im Parsismus, wo sie eine politische Basis in Atropatene fand, früher und entschiedener als irgendwo sonst hervorgetreten sein. In dem freilich späten Inhaltsverzeichnis der Teile des Zendavesta heißt es wiederholt: als man nach Alexander die Zendbücher wieder aufsuchte, fand man nur die und die Stücke. Man würde sehr unrecht tun, wenn man annehmen wollte, daß dies »nach Alexander« sich auf die Zeit der beginnenden Sassanidenmacht bezöge; daß die heiligen Schriften schon lange vorher wieder im Gange waren, wird sich schon jetzt vollständig erweisen lassen. Was konnte Anlaß sein, sie »nach Alexander« zu sammeln? Nicht bloß infolge der ungeheuren Siege Alexanders waren sie verloren gegangen; die Entartung des Persertums selbst in dem unseligen Jahrhundert der inneren Auflösung des Reiches, namentlich das Eindringen fremder Dienste und Kulte – so der Anahit – wird die Vernachlässigung und das Vergessen der heiligen Schriften, soweit sie nicht zum täglichen Gottesdienst nötig waren47, das Vorkommen der höheren Parsenbildung veranlaßt haben. Aber der schmachvolle Sturz des Reiches mußte zu einer religiösen Regeneration um so sicherer führen, je bestimmter sich eine rein persische Macht, wenn auch zunächst nur in geringer Ausdehnung, in Atropatene erhielt; dies kleine Reich mußte sich sofort in religiöser, nationaler und politischer Opposition gegen den Hellenismus fühlen und in eben dieser Opposition seine Kraft und den Antrieb, um sich zu greifen, finden. Die tapferen Völker von Atropatene und der Reichtum des Landes an allem nötigen Kriegsmaterial setzten den dortigen Herrscher in den Stand, jede Verwicklung der syrischen Monarchie sofort zu benutzen; und die Lage seines Landes wies ihn auf diejenigen Landschaften, welche die Hauptverbindungen der Ostländer mit dem Westen des Reiches bildeten; die[231] Gegenden von den Kaspischen Pässen bis zum medischen Ekbatana standen seinen Invasionen offen. Eine einzige Notiz gibt uns die volle Bestätigung: »Als die Könige von Syrien und die von Medien widereinander standen«, heißt es bei Strabo, »erhoben sich die Völker außerhalb des Tauros zum Abfall«48. Strabo sagt dies, um den Abfall Baktriens als Folge davon zu bezeichnen; also vor dem Ende des Antiochos Theos fand bereits dies Ankämpfen der Meder gegen Syrien statt. Wahrscheinlich hatte damals das Königtum von Medien jener Artabazanes, der dreißig Jahre später, weil er im Greisenalter war, dem Angriff Antiochos' des Großen durch Unterhandlungen zuvorkam; er galt für den gefährlichsten und tüchtigsten unter den Dynasten; in der vollen Kraft der Jugend mag er kühn genug die verworrenen Verhältnisse des Syrerreiches benutzt haben. Wir finden erwähnt, daß eine Stadt Herakleia, die Alexander in der Nähe von Rhagai gegründet, zerstört und dann unter dem Namen Achais wieder auferbaut worden sei. Sie trägt wie eine andere gleichnamige noch weiter im Osten den Namen ihres Erbauers; es ist derselbe Achaios, dessen Tochter jene Laodike war, die nun verstoßene Gemahlin des Antiochos. Es ist nach den weiteren Vorfällen im Osten und Westen kaum denkbar, daß diese Gegend jetzt wiedergewonnen, die Stadt jetzt wieder gegründet worden; schon früher, so scheint es, unter Antiochos Soter war die feindliche Invasion bis zu diesem Westeingang der Kaspischen Pässe vorgedrungen; und ich zweifle nicht, daß sich die Herrschaft von Atropatene bereits bis jenseits des Amardosflusses, des Sefidrud, auch über die Südwestküsten des Kaspischen Meeres verbreitet hatte49. Die Verbindung,[232] welche Seleukos und der erste Antiochos zwischen dem Kaspischen Meere – das Seleukische und Antiochische Meer nannte man es – und dem Pontos zu begründen versuchten, war durch die Erhebung des atropatenischen Reiches durchbrochen und damit der merkantile Einfluß der Seleukiden auf die pontischen Handelsstädte zerstört; ein Verhältnis, das auch für die politischen Verbindungen des Syrerreiches in den pontischen Gegenden nicht ohne Einfluß bleiben konnte.

Auch östlich vom Kaspischen Meere wurde bereits zu Antiochos' I. Soter Zeit die Grenze des Reiches gefährdet. Die Barbaren der Wüste waren es, welche Alexandrien am unteren Margos, am Saum der Steppe, überfallen und zerstört hatten; Antiochos Soter ließ die Stadt mit seinem Namen größer und geschützter wieder aufbauen; fast scheint es, daß er persönlich in jenen Gegenden war. Dieser Feinde hätte sich das Reich zu erwehren vermocht, wenn es der Treue der eigenen Satrapen sicher gewesen wäre. Aber »da die Könige Syriens und Mediens widereinander standen«, sagt Strabo, »riefen die mit Baktriane Betrauten dies Land zum Abfall, und das benachbarte Land Euthydemos; dann erhob sich auch Arsakes«, der Gründer des parthischen Reiches.

Die Anfänge dieser östlichen Reiche sind voller Schwierigkeiten; Strabo nennt den Statthalter Baktriens, der abfiel, Diodotos; und diese Form des Namens wird nach der Angabe der Numismatiker durch eine Goldmünze des Königs bestätigt, welche auch in dem Porträtkopf vollkommen einer Silbermünze des Antiochos II. entspricht und eben nichts als den Namen Antiochos in Diodotos verändert zeigt, ein Umstand, der gewiß geeignet ist, die aus anderen Gründen sich empfehlende Annahme, daß Baktrien sich bereits unter Antiochos II. empört habe, zu bestätigen50.

Über die Begründung des sogenannten Partherreiches hatte schon Strabo abweichende Angaben vor sich, ein sicheres Zeichen, daß die Anfänge selbst unbedeutend waren. Er sagt, nach dem Abfall Baktriens sei Arsakes, ein skythischer Mann, mit einem Haufen von Daern, welche den Namen Parner führten und am Ochos wohnten, nach Parthyaia gekommen und habe sich der Landschaft bemächtigt; anfangs sei er schwach gewesen[233] und habe gegen diejenigen, welchen er das Land entrissen, kämpfen müssen, und so auch noch seine nächsten Nachfolger. Strabo fügt dann hinzu: »Einige meinten, diese Parner seien ein abgezweigter Stamm der Daer, welche über der Maiotis wohnten, und von jenen stamme auch das Geschlecht des Arsakes. Andere nannten den Arsakes einen Baktrianer51, der flüchtend vor der sich mehrenden Macht des Diodotos Parthyene zum Abfall gebracht habe«. Diese nur zu kurze Notiz über die doppelte Überlieferung – ausführlicher hatte Strabo über die Parther in seinem Geschichtswerk gehandelt, und eben darum hat seine Angabe die Voraussetzung genauer Forschung für sich52 – ist wohl so zu deuten, daß Arsakes mit jener Wanderhorde vom Ochos hinwegzog, seit die baktrischen Grenzen von Diodotos, der nun sein eigenes Reich strenger beschützen mochte als die bisherige Satrapie, nicht mehr mit Gewinn zu überfallen waren. Denn so beschreibt Strabo an einer anderen Stelle die Art dieser Nomaden: »Von den Daern wohnen die Aparner Hyrkanien und dem dortigen Meere am nächsten, die übrigen reichen sogar bis an die Arien gegenüberliegende Landschaft; zwischen ihnen und Hyrkanien und Parthyaia bis Arien ist viele und wasserlose Wüste; diese in weiten Wegen durchziehend, überfielen sie Hyrkanien, Nisaia und die Ebenen der Parthyaier; diese dann sagten einen Tribut zu; der Tribut aber war, daß jene zu bestimmten Zeiten das Land überfallen und Beute davonführen durften; indem sie dann gegen die Verträge Einfälle machten, wurde Krieg geführt; und dann gab es wieder Verträge und neue Kriege; und so ist auch die Art der übrigen Nomaden, stets die Anwohnenden zu überfallen und dann wie der Vertrag mit ihnen zu schließen«53. Wohl dieselbe Überlieferung wird den Angaben Justins zugrunde liegen, der in seiner schönrednerischen Weise mehr im Faktischen als in der charakteristischen Farbe fehl greift;[234] er sagt, nach dem Abfall Baktriens hätten sich »des ganzen Morgenlandes Völker gegen die Makedonen erhoben«; Arsakes, ein Mann zwar von unbekanntem Ursprung, aber von erprobter Tapferkeit, gewohnt von Raub und Stegreif zu leben, sei mit einer Horde Räuber in das Land der Parther eingebrochen, habe den Statthalter Andragoras überwältigt und nach seiner Ermordung selbst die Herrschaft übernommen usw.54.

Anders der Bericht, den Arrian in seine parthische Geschichte aufnahm: die Parther seien ein skythischer Stamm; von den Makedonen, seit der Bewältigung der Perser ihnen mit untertänig, seien sie folgenden Grundes wegen abgefallen: es waren zwei Brüder Arsakiden, Arsakes und Tiridates, Nachkommen des Phriapites55; da der vom König Antiochos Theos eingesetzte Satrap dieses Landes, Pherekles, dem einen dieser Brüder Gewalt antun wollte, ertrugen sie den Schimpf nicht, sondern töteten den Frevler, und indem sie fünf anderen ihren Plan mitteilten, riefen sie das Volk zum Abfall von den Makedonen und nahmen die Herrschaft. Ein später Chronist beruft sich ebenfalls auf Arrian, wenn er den Frevler Agathokles, Eparch von Persis, nennt, unter dem die beiden Brüder die Satrapie von Baktrien verwaltet hätten56.

Man würde die verschiedenen Angaben zu vereinigen imstande sein, wenn nicht die Namen Andragoras, Pherekles, Agathokles zeigten, daß die Anfänge der Parther auf durchaus abweichende Weise überliefert wurden.

Eine alte Nachricht sagt, daß in unvordenklichen Zeiten, da Sesostris ganz Asien erobert habe, Skythenstämme von ihm in das Land, das nach ihnen den Namen führt, übersiedelt worden seien, und Parther sei die persische Übersetzung des Namens Skythen. Urkundlich erscheint der Name der Parther zuerst in der Inschrift von Bisutun; König Dareios sagt da, daß bei der allgemeinen Empörung, die dem Tode des Kambyses folgte, auch die Parther (Parthwa) und Hyrkaner sich erhoben und zu dem medischen[235] Usurpator Fravarti geschlagen hätten, daß sein Vater Vistaçpa in Parthien gewesen sei, daß er die Aufständischen geschlagen habe.

Bis auf den heutigen Tag ist der Nordrand Irans von den beweglichen Horden Turans bedroht; dorther stammt ein großer Teil der Ilats, der Wanderhorden, aus denen die Hauptmacht der Perserheere hervorgeht, weshalb sie auch wohl als die Kriegerstämme des Perserschahs bezeichnet werden. Es scheint denkbar, daß auch jene alten Parther von derselben Art waren; es wiederholt sich in Iran die teilweise Metamorphose der Nomaden in angesiedelte Stämme immerfort, und nach den heiligen Überlieferungen der Parsen zu urteilen ist der Ursprung des reinen Volkes im iranischen Lande eben kein anderer; auch sie kommen nomadisch aus den nordöstlichen Bereichen endlich nach Iran hinauf, sich anzusiedeln und so sich verwandelnd eine neue Gestalt des Lebens zu gründen. Ausdrücklich heißt es, die Parther jenseits des Gebirges (von Khorassan) würden Nomaden genannt; jene Völker der Wüste sind die Stammverwandten dieser Parther, deren Land Parthyaia eine der ersten Okkupationen des Arsakidenreiches war; ihre sprachliche Verwandtschaft anlangend, ist es auf Grund der Nachrichten der alten Schriftsteller unmöglich, eine Vermutung auszusprechen, man müßte denn dem Ausdruck Justins, ihre Sprache stehe in der Mitte zwischen Medisch und Skythisch, und sei aus beiden gemischt, eine linguistische Sicherheit zutrauen wollen, auf welche die Sprachwissenschaft des Altertums keine Ansprüche machen kann. Nur soviel ist gewiß, daß Parthyene nicht erst mit dem Einbruch der Arsakiden und ihrer Parner parthisch wurde, sondern es seit Jahrhunderten war.

Es wird angegeben, daß Arsakes oder Aschk, wie ihn die Morgenländer nennen, in der Stadt Asaak in der Landschaft Astabene, die am Saum der Wüste und dem Kaspischen Meere nicht fern lag, zuerst als König aufgetreten sei. Das weiter östlich gelegene Parthaunissa mag die nächste Okkupation gewesen sein, dort waren fortan die Gräber der »Aschkanier«. Also, am Saum der Wüste setzten sie sich zuerst fest; dahin hatten sie sich vom Ochos her gezogen, als sich Diodotos von Baktrien zu eigener Herrschaft erhob. Mögen die Brüder Arsakes und Tiridates Baktrianer, mögen sie Parther, vielleicht edlen Stammes, Landflüchtige gewesen sein, mag irgend eine persönliche Verwicklung mit dem Statthalter von Parthyaia oder mit dem Eparchen der oberen Provinzen zu ihrer Flucht zu den Stämmen der Wüste Anlaß gegeben haben, sie begannen ihr Unternehmen, als die wachsende Macht des Diodotos in Baktrien ihnen bedrohlich wurde; es gelang ihnen, die Insurrektion der Parthyene zu bewirken, bald war die ganze Landschaft okkupiert, und in Hekatompylos nahmen die ersten Arsakiden ihre Residenz.[236]

Auch die chronologischen Schwierigkeiten werden sich in diesem Zusammenhang wenigstens einigermaßen aufklären. Justin hat leider das, worauf es ankommt, in Phrasen verhüllt; nachdem er von den Parthern in der Zeit Alexanders und der Diadochen gesprochen, sagt er: »Nachdem wurden sie von Seleukos Nikator und bald von Antiochos und den Nachfolgern desselben besessen, von dessen Urenkel Seleukos sie zuerst abfielen im ersten Punischen Kriege, unter dem Konsulat des L. Manlius Vulso und des Atilius Regulus57; Straflosigkeit für diesen Abfall gab ihnen der Hader jener beiden königlichen Brüder Seleukos und Antiochos, die, während sie sich gegenseitig das Reich entreißen wollten, die Empörer zu verfolgen unterließen; zu derselben Zeit fiel auch Theodotos, der Statthalter der tausend baktrischen Städte, ab und ließ sich König nennen, ein Beispiel, dem folgend des ganzen Morgenlandes Völker von den Makedonen abfielen; es war zu dieser Zeit Arsakes« usw. Hier sind eine Menge auffallender Angaben; ein Abfall der Parther, etwa der Landschaft Parthyaia unter ihrem Satrapen, geht hier der Okkupation des Arsakes vorauf, wovon Strabo nichts weiß; erst infolge dieses parthischen Abfalls erhebt sich der Statthalter der »tausend baktrischen Städte«, eine Bezeichnung, die hier um fünfzig Jahre verfrüht ist58; und zu Seleukos, dem Nachfolger des Antiochos Theos, der wenigstens von Seleukos Nikator ein Urenkel war, paßt keines der beiden Jahre, auf die sich jene Konsulatangabe beziehen kann, 256 und 250. Und doch ist diese mit Zuversicht anzunehmen, eben weil sie so entschieden und bezeichnend ist; sollte es damals gewesen sein, daß Arsakes in Asaak den Königstitel annahm? Erst einige Jahre darauf, als der ägyptische König das Syrerreich fast vernichtete, als die beiden königlichen Brüder um den Rest des syrischen Reiches haderten, als Seleukos unglücklich gegen die Galater in Kleinasien kämpfte, konnte die Eroberung Parthyaias, bald darauf Hyrkaniens und weiterer Nachbarländer versucht werden. Was endlich noch schwankend ist, die Wahl zwischen den beiden Jahren 256 und 250, wird entschieden durch die Angabe der Chronographen, welche den Anfang des Partherreiches[237] Ol. 132. 3, das ist eben 250/49, ansetzen59; eine Angabe, welche zugleich erweist, daß bereits Justin, oder richtiger Trogus, oder richtiger die noch älteren Gewährsmänner, denen er folgte, namentlich Poseidonios, dies Jahr für den Anfang der Arsakiden anerkannten60.

Noch bleibt die Frage übrig, ob in dem Ausdruck Justins, daß nach dem Abfall Baktriens »des ganzen Morgenlandes Völker« von den Makedonen abgefallen seien, mehr als eine Phrase ist; wir dürfen hier, da Justin im allgemeinen die Zeit des Kampfes zwischen den beiden Söhnen des Antiochos Theos bezeichnet hat, ein Jahrzehnt und mehr über den Moment, da Baktrien abfiel, hinausgehen.

Schon Strabos Anzeige zeigt, daß sich in Ländern nahe bei Baktrien Euthydemos der Magnesier unabhängig machte; wir werden ihn um 205 als König in den Gebieten, die einst Diodotos und nach ihm sein Sohn Diodotos II. beherrschte61, wiederfinden. Es ist möglich, daß Euthydemos[238] in der Sogdiana Satrap war62, in eben den Gegenden, als deren Stratege noch unter dem ersten Antiochos Demodamas der Milesier über den Jaxartes hinaus gekämpft hatte.

Man würde auf die bloße Andeutung Justins und bei dem Schweigen des Strabo nicht weiterzugehen wagen dürfen, wenn nicht die Nennung des Namens Agathokles in einer aus Arrian stammenden Notiz, die sich durch die eigentümliche Bezeichnung Eparch empfiehlt, daran erinnerte, daß auf griechischen Tetradrachmen, Drachmen und Kupfermünzen, die dieser Gegend und dieser Zeit angehören, ein König Agathokles genannt wird. Diese Münzen sind von der trefflichsten Arbeit; sie zeigen auf der Vorderseite den Porträtkopf eines Königs, der auch wohl statt des Diadems einen Epheukranz trägt; auf dem Revers einen Panther, bald schreitend, bald mit der vorderen Tatze eine Weintraube hebend; andere den stehenden Zeus, auf dessen ausgestreckter Rechten eine dreiköpfige Artemis mit erhobener Fackel in jeder Hand, in der Linken eine (makedonische) Lanze. In der Artemis hat man die bekannte persische, die Aphrodite Anaitis, wiedererkannt; die dionysischen Symbole fänden ihre Erklärung, wenn angenommen werden dürfte, daß sich Agathokles' Herrschaft auch über Karmanien erstreckte, das weinreiche Nachbarland Persiens, durch das einst Alexander im bakchischen Zuge heimgekehrt sein sollte. Man würde dann etwa annehmen müssen, daß in jener späten Anführung aus Arrian der[239] Name Agathokles nur irrtümlich in so unmittelbare Beziehung mit dem Aufstand des Arsakes gekommen und namentlich die Ermordung durch die parthischen Brüder, die den Pherekles getroffen, fehlerhaft auf seinen Namen übertragen sei, daß er jedoch für die gleichzeitigen Verhältnisse bedeutend gewesen und daher von Arrian irgendwie mit erwähnt worden sei, daß allerdings dieser Eparch der oberen Satrapien sich unabhängig gemacht und wenigstens in den östlichen Satrapien, etwa Arachosien, Drangiana, Gedrosien, Karmania, sich behauptet habe. Indes scheinen andere Münzen desselben Königs alle diese vagen Vermutungen zu zerschlagen; es sind viereckige Kupfermünzen, auf der einen Seite der schreitende Panther mit der griechischen Umschrift des Königs Agathokles, auf der anderen eine weibliche, durchaus indisch nach Art der Bajaderen bekleidete Figur in tanzartiger Bewegung, neben ihr der indisch umgeformte Name des Königs Agathuklayesa, in Buchstaben, welche denen der Ashoka-Inschriften völlig entsprechen. Und daneben andere eckige Kupfermünzen mit dem Bilde einer Stupa auf der einen, einem gegitterten Viereck auf der anderen Seite mit dem Namen des Königs in arianischer Schrift: Akathukrayasa63.

Noch verwickelter wird die Frage durch einen anderen Umstand, aus dem uns zugleich ein vierter Usurpator jener Gegenden bekannt wird.

Es gibt schöne Tetradrachmen, deren Vorderseite einen Königskopf mit der makedonischen Kausia und dem Diadem, die Rückseite einen Poseidon mit dem Dreizack in der Rechten, einem Palmzweig in der Linken zeigt und die Umschrift »Des Königs Antimachos Theos« trägt. Wie seltsam, daß andere Tetradrachmen desselben Antimachos Theos ihn nur als »regierenden« nennen, während das Gepräge ganz das der Tetradrachmen des Diodotos ist, und zwar mit der Umschrift um den diademierten Kopf des Königs: »Des Diodotos Soter«64. Also Diodotos ist sozusagen der Suzerain, die Münze des Unterkönigs bezeichnet ihn, der die Befreiung der Lande begonnen, als »Retter«.65[240]

Sehr bemerkenswert nun ist, daß es von jenem Agathokles drei Typen von Tetradrachmen gibt, auf denen er sich in gleicher Weise nicht als König, sondern als »Regierenden« bezeichnet. Der eine Typus hat um den diademierten Kopf der Vorderseite die Umschrift »Des Diodotos Soter«, der zweite einen anderen Kopf mit der Umschrift »Des Antiochos Nikator«; diese beiden auf der Rückseite den Zeus Promachos, der dritte um den Königskopf die Umschrift »Des Euthydemos Theos«, auf der Rückseite einen sitzenden Herakles mit der Keule; auf allen dreien nennt die Rückseite den »regierenden Agathokles den Gerechten«66.

Man kann nach dem Typus der Münzen nicht mit Sicherheit entscheiden, ob sich Agathokles früher als König und dann erst als bloß »Regierender« bezeichnet habe oder umgekehrt; denn daß der Porträtkopf auf den Münzen, die ihn als König nennen, jugendlich aussieht, kann leicht täuschen. Jedenfalls darf man annehmen, daß die Tetradrachmen, die dem Diodotos, dem Euthydemos, dem Antiochos die höhere Stelle geben, aus sehr verschiedenen Zeiten sind. Freilich heißt unter den Seleukiden keiner offiziell Antiochos Nikator; doch fehlt es nicht an einer Spur, daß Antiochos III. so genannt worden ist.

Wir werden später sehen, wie die Diodotiden von Baktrien nach 235 von Euthydemos beseitigt worden sind, wie Antiochos III. um 212-205 gegen Euthydemos kämpfte, ihm den Königstitel ließ, dann weiter die östlichen Satrapien durchzog und seine Macht als »Großkönig« – denn das wird sein Titel »der große König« bedeuten – herstellte. Daß auch Agathokles unter denen war, die sich seiner Suzeränität unterwarfen, bezeugen dessen Tetradrachmen.

Wenn so in den östlichen Landen die Könige Diodotos, Euthydemos, Antimachos, Agathokles nebeneinander, bald diese drei letztgenannten unter der Suzeränität des ersten erscheinen, so hat Justin nicht so unrecht zu sagen, nach der Erhebung des Diodotos seien des ganzen Morgenlandes Völker von den Seleukiden abgefallen, und zugleich versteht man Strabos Ausdruck, daß die Mehrung der baktrischen Macht unter[241] Diodotos Arsakes veranlaßt habe, die Parther zum Abfall zu bewegen.

Es mag dahingestellt bleiben, ob wir recht hatten, dem Magnesier Euthydemos Sogdiana zuzuweisen; Antimachos muß in einem Gebiet arianischer Schrift, Agathokles in Gebieten arianischer wie indischer Schrift regiert haben. Ob der Agathokles der Münzen mit dem Agathokles, der als persischer Eparch, freilich in sehr unverständlicher Beziehung zu Parthien, genannt wird, zusammenhängt, ob sein Gebiet mit indischer Schrift dem unteren Indus zu, sein Gebiet mit arianischer etwa in Arachosien und Gedrosien lag, darüber ergibt sich aus den Münzen auch jetzt noch nicht Aufschluß67. Daß das große indische Reich des Ashoka nach dessen Tod (226) mehr und mehr in Schwäche versank, bot den neuen hellenistischen Reichen im Osten die Möglichkeit, sich auszudehnen und bald weit über den Indus vorzudringen.

Daß Euthydemos, wo immer sein Anfang gewesen sein mag, in der Zeit Antiochos' III. ein mächtiger König im Osten war, bezeugt die eine der Tetradrachmen des Agathokles. Man wird nicht zweifeln dürfen, daß er mit der Beseitigung der Diodotiden diese große Macht gewann. In den geographischen Angaben über Indien nennt Cl. Ptolemaios am Hydaspes die Stadt Sagala, »die auch Euthydemeia heiße«68. Also bis zum Hydaspes dehnte sich das Reich des Euthydemos aus oder wurden wenigstens Städte ihm zu Ehren genannt.

Mit diesen Vorgängen im fernen Osten begann eine neue Phase in der Entwicklung der hellenistischen Welt. Es mag gestattet sein, an dieser Stelle die Auffassung anzuführen, welche die älteren arabischen Historiker sich davon gebildet haben, eine Auffassung, die zugleich für die orientalische Vorstellung von dem Reiche Alexanders bezeichnend ist.

Al-Bîrûnî sagt69: »Der dritte Abschnitt der Geschichte der Perser reicht von Alexander bis zum Auftreten Ardeschîrs, des Sohnes Bâbeks« (also bis zum Anfang der Sassaniden); »in diesem Zeitraum waren die Molûk-at-tawâ'if, das sind die Könige, welche Alexander in seinen Ländern als Könige einsetzte; auch nicht einer von ihnen gehorcht dem andern. Und[242] in demselben Zeitraum war die Oberherrschaft der Aschkânier; das sind diejenigen, die über Irâq und das Land Mâh, das Gebirgsland (al-Gibal), herrschten. Sie waren eine [der Dynastien] der Molûk-at-tawâ'if, und die übrigen derselben gehorchten ihnen nicht, sondern ehrten sie lediglich hoch, weil sie dem persischen Königshause angehörten, indem der erste von ihnen Aschk bin Aschkân mit dem Ehrentitel Afgûr Schâh70, der Sohn des Balâsch (Valagases), des Sohnes des Sâbûr (Schâhpûr), des Sohnes des Aschkân, des Sohnes« (folgt ein unleserlicher Name), »des Sohnes des Sijawusch, des Sohnes des Kaikaûs war«.

Also bis zum Çjavarsna, »dem schönsten der Söhne des Kava Uç«, bis zu der mythischen Heldenzeit Irans führt diese Genealogie das Geschlecht der Partherkönige zurück; und ihre Dynastie gilt für eine von denen, die aus dem Reich Alexanders erwachsen sind.


Quelle:
Johann Gustav Droysen: Geschichte des Hellenismus. Tübingen 1952/1953, Band 3, S. 183-243.
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