13. Simon ben Schetach, Alexander Jannaï und Salome Alexandra

[705] 1) Im Talmud wird ausdrücklich bezeugt, daß Simon ben Schetach, der eine so wichtige Rolle in dieser Zeit spielte, Bruder der Königin Salome, also Schwager des Königs Alexander war (Babli Berachot 48 a: יאני הוחא חטש ןב ןועמשל היתיתייא) .... אתכלמו אכלמ. – In Midrasch zu Kohelet (p. 102 c. zu V. V. 12) und in Genesis Rabba c. 91: (חטש ןב ןועמשה) היתחא ותימלש רמא חלשו אלימ יל בה היל הרמא ,היתיאו יחלש יאניד היתתנא אתאו היתקזע היל חלשו אלימ הל בהי ,יתא אוהו ךתקזע. (So lautet es vollständig in beiden Midraschim, nur in Genesis Rabba ein wenig korrumpiert). In Jerus. Berachot V. p. 11 b; Nasir II. p. 54 b ist das Wort היתחא »die Schwester« des Simon ben Schetach, ausgefallen und es findet sich von dem Passus nur das Bruchstück: היתיתיאו הילימ היל בהיו חלש, das gar keinen Sinn gibt. Nimmt man noch dazu den mächtigen Einfluß, welchen die Königin während ihrer Alleinherrschaft den Pharisäern eingeräumt hat (jüd. Krieg I, 5, 2): ἐκράτει δὲ τῶν ἄλλων αὐτὴ (ἡ Ἀλέξανδρα) Φαριοαῖοι δὲ αὐτὴν, auch Altert. XIII, 16, 2), daß sie nur den Namen [705] Königin, die Macht aber die Pharisäer gehabt haben, so gewinnt die Nachricht, daß sie S. b. Sch.'s Schwester gewesen sei, an Wahrscheinlichkeit. Damit stimmt auch Josephus' Angabe, daß die Königin die Übertreter des Gesetzes, d.h. die Sadducäer, aus den Ämtern gewiesen hat (das. 1 τοὺς πλƞμμελοὺς ... ἐξ ἀρχῆς ἀπεβάλετο) mit dem Scholion des Megillat Ta'anit, daß Simon b.S. das Synhedrion von den sadducäischen Mitgliedern gesäubert hat (o. S. 567). – Es braucht Kennern nicht gesagt zu werden, daß die L.-A. ןויצ לש oder המצלש oder ותימלש הכלמה eine Korruptel ist und dafür gelesen werden muß: ןונימלש, Salominon; die richtige L.-A. hat Megillat Ta. erhalten: הכלמה ןונימלש. Aber interessant ist die Notiz, aus welcher hervorgeht, daß die Spätern die Zeit nach dem Namen der Königin und dem Simon ben Schetachs bezeichnet haben: ןב ןועמש ימיב השעמ דע תותבש ילילב ןידרוי םימשג ויהש הכלמה וצמלש ימיבו חטש תוילככ םיטח ושענש (Siphra zu Bechukothai Anf.; b. Ta'anit p. 23 a, hier fehlt der Name der Königin, ist aber erhalten in Tossaphot zu Sabbat 16 b). Auch die letzte Stelle ist nicht uninteressant, sie beweist, wie sehr sich Alexandra den Aussprüchen der Pharisäer gefügt hat. הנבל התשמ התשעש הכלמה ןויצ לשב השעמ ורמאו םישדח םילכ ןהמ השעו ... ןתרבשו הילכ לכ ואמטנו הנשיה ןתאמוטל ורזחי םימכח. Unter den םימכח wird das. Simon b. Schetach verstanden, welcher verunreinigte Metallgeräte auch nach dem Umschmelzen für unrein erklärt hat. Das ist die Bedeutung der Angabe: רזג תכתמ ילכ לע האמוט.

2) Josephus' Bericht über die erste Veranlassung zum Bruche Alexanders mit den Pharisäern erhält erst Licht durch eine talmudische Nachricht, welche denselben Vorfall erzählt, nur ohne den Namen des Königs dabei zu nennen. Eine nähere Vergleichung beider Relationen läßt keinen Zweifel übrig, daß hier von einem und demselben Vorgange berichtet ist. Josephus erzählt: Als Alexander einst am Hüttenfeste auf dem Altar stand, habe das Volk nach ihm mit den zitronenähnlichen Früchten des Feststraußes geworfen (Altert. XIII, 13, 5): τῆς ἑορτῆς ἀγομένƞς, καὶ ἑστῶτος αὐτοῠ (Ἀλεξάνδρου) ἐπὶ τοῠ βωμοῠ καὶ ϑύειν μέλλοντος κιτρίοις αὐτὸν ἔβαλλον. Die talmudische Quelle erzählt: Als einst ein Sadducäer auf dem Altar am Hüttenfeste das Wasser der Libation, anstatt auf den Altar zu gießen, zu seinen Füßen ausgeschüttet hatte, warf das ganze anwesende Volk die Festfrüchte auf denselben (Succa 48 b): ךסנ דחא םעפ םהיגורתאב םעה לכ והומגרו וילגר יבג לע דחא. In der Boraita (Tossefta) wird dazu bemerkt, daß an demselben Tage eine Spitze des Altars so sehr beschädigt wurde, daß die Lücke durch ein Salzstück ausgefüllt werden mußte. Es wäre sonderbar, daß derselbe Vorfall, das Werfen mit Früchten auf dieselbe Weise sich zweimal wiederholt haben sollte. Man erwäge noch, daß Josephus' Nachricht unmotiviert bleibt, wenn man nicht das im Talmud erhaltene Motiv hinzunimmt. Das Volk warf erst die Etrogim auf ihn, als Alexander bereits auf dem Altar gestanden (ἑστῶτος ἐπὶ τοῠ βωμοῠ). Hätte sich Alexander schon früher so offen zum Sadducäismus bekannt, warum ließ ihn das Volk gar den Altar betreten, warum kehrte sich seine Unzufriedenheit nicht bei seinem Eintritt in den Tempel gegen ihn? Er muß also, auf dem Altar stehend, etwas gegen die pharisäische Norm begangen haben, um den Volksunwillen so mit einem Mal zu reizen. Hier fügt sich der im Talmud erwähnte Zug gut ein. Alexander hatte sich durch das verächtliche Ausschütten der Wasserlibation für den Sadducäismus ausgesprochen. Daher entstand die Erbitterung gegen ihn. Wie Josephus dieses Motiv nicht deutlich genug ausdrückt, so hat der Talmud den Namen des Sadducäers übergangen. Es würde sich also aus dieser Erwägung ergeben, daß Alexander [706] bis dahin – so lange er unglückliche Kämpfe gegen Lathuros zu bestehen hatte – sich äußerlich zum Pharisäismus bekannte, dann aber – im Vollgefühle seiner Macht – mit dieser mächtigen Partei brechen zu können vermeinte und mit dem Ausschütten des geweihten Wassers eine eklatante Demonstration gegen den Pharisäismus beabsichtigte. Er mag zu diesem Behufe seine Soldtruppen von vornherein nach Jerusalem verlegt haben, um sie gegen die erwartete Opposition der Pharisäer in Bereitschaft zu haben. Wie Josephus andeutet, haben die Truppen sofort auf die Aufständischen eingehauen. – Einen anderen Beweis dafür, daß Alexander, äußerlich wenigstens, eine Zeitlang mit den Pharisäern in Eintracht gelebt, liefert der Umstand, daß diese erst infolge von Alexanders Grausamkeit, mit welcher er seine pharisäischen Gegner ans Kreuz schlagen ließ, in großer Menge auswanderten und bis zu Alexanders Tode im Exil blieben (Josephus Altert. XIII, 14, 2; jüd. Kr. I, 4, 6; vgl. S. 130). Unter diesen Flüchtlingen war auch Juda b. Tabbaï, welcher inzwischen in Alexandrien gelebt hat. Also waren die angesehensten Pharisäer während der ersten Hälfte von Alexanders Regierungszeit im Lande geblieben, was wohl schwerlich der Fall gewesen wäre, wenn Alexander gleich beim Antritt der Regierung ein Anhänger des Sadducäismus gewesen wäre und bei seiner grausamen Natur eine Verfolgung gegen die Pharisäer angestellt hätte.


Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig 1906, Band 3.2, S. 705-707.
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