36. Die Pesikta.

[460] Auf R. Tanchuma ben Abba werden nicht nur einzelne agadische Sentenzen, sondern auch ganze agadische Stücke zurückgeführt unter der Formel: 'ר חתפ ךכ אבא רב אמוחנת (an vielen Stellen der Pesikta, des M. Tanchuma und Exod. Rabba), oder אמוחנת 'ר שרד ךכ אבא רב (Pesikta 41. 33. Ende). Die Zeit dieses R. Tanchuma läßt sich annähernd ermitteln. Er war ein Schüler des R. Huna ben Abin (Num. Rabba c. S. 25. a.): 'ר ינפל התוא יתדמלו יתלאש ינא אבא רב אמוחנת ר"א ןיבא רב אנוה. Dieser, dem Anschein nach indentisch mit R. Huna, Jünger R. Jeremias', war ein fruchtbarer Agadist und ein jüngerer Zeitgenosse Rabas (אבר), dem er zur Zeit, als man in Judäa durch Gallus' Verfolgung verhindert war, ein Schaltjahr einzusetzen, eine kalendarische Regel zuschickte (ה"ר 21. a.): חלש ו"י דע תבט תפוקת הכשמד תיזח דכ אברל ןיבא רב אנוה בר היל היל שוחת אלו התש יאהל הרבע ןסינב. Folglich lebte sein Jünger R. Tanchuma in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts und war Zeitgenosse R. Papas, und Hillels II. Dieser R. Tanchuma tradiert Halachas im Namen R. Hunas II. [ben Abin] (Stellen in ה"ס) und ist demnach als einer der letzten judäischen Amoräer zu betrachten, welche im Talmud jeruschalmi vorkommen. – Zunz hält diesen R. Tanchuma für eine fingierte Person, weil derselbe mit dem Epitheton יברב genannt wird, welches nach der Ansicht dieses Kritikers ein Sympton der Fiktion sein soll (G. V. S. 320). – Allein יברב ist, wo es bei ihm vorkommt, eine Korruptel für אכא יברב, wie R. Tanchuma an 11 Stellen der Pesikta und anderen Midraschim genannt wird, ebenso wie םולש רב יולה הדוהי 'ר korrumpiert ist für: יול 'ר םשב םולש רב הדוהי 'ר (Pesikta 5. 10. vergl. c. 52. 2.), Überhaupt beruht alles, was Zunz (das.) als Kriteria der Jugend angibt, auf schwachen Gründen. Man muß vielmehr Rapoport vollkommen beistimmen, daß die Pesikta eine der ältesten, wo nicht die älteste Agadasammlung ist (Erech Millin S. 178 f.). Die Spuren der Jugend, welche Zunz darin gefunden haben will, gehören der glossierenden Hand der zwei Sammler an, namentlich die mystischen Stellen vom Messias c. 20 und 34-37. Als Hauptbeweis für das vorgaonäische Alter der Pesikta kann der Umstand gelten, daß, während sie den jerus. Talmud überall reflektiert, sie den Talmud babli nicht nur nicht kennt, sondern oft im Widerspruche mit demselben steht, vergl. c. 2. das Motiv der achttägigen Chanukafeier. Den Charakter der zusammenhängenden, predigtartigen Agada, die von R. Tanchuma repräsentiert wird, vergegenwärtigt ebenfalls die Pesikta; vergl. Kapitel 4. R. Tanchumas durchgeführte Parallele von Mose und Elias; c. 33. die Parallele von Sünde, Strafe und Trost Israels. Den Namen אתקיספ hat diese Sammlung von den Homilien für die außergewöhnlichen Sabbate und Feiertage, deren Perikopen die gewöhnliche Reihe der Vorlesungen unterbrechen, von קספ unterbrechen. Vergl. Mischna Megilla IV. ןירזוחו ... ןיקיספמ ןרדסכל und Talmud dazu p. 30. b.: אוה תוישרפ רדסל רזוח אוה תורטפה רדסל .. רזוח. Vollständig hieß [460] diese Sammlung אתקיספה אתבשל שרדמ »Midrasch für solche die Reihenfolge unterbrechenden Sabbate«. Es läßt sich denken, daß zuerst nur an solchen Sabbaten und Feiertagen gepredigt wurde, aber nicht an jedem Sabbat. Die allsabbatlichen Homilien sind daher der Natur der Sache nach jünger als die Pesikta. [Vergl. dagegen Müller, Haschachar II. 389 ff. und Weiß Dor dor III. 277 ff., nach denen die Pesikta viel später, und zwar nach Genesis Rabba erfolgte. Als die älteste Midraschsammlung, welche ihren Hauptteilen nach noch aus der Zeit des Abschlusses des Talmuds stammt, dürften wir vielleicht mit Buber den von diesem 1885 edierten alten Tanchuma ansehen.]


Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig 1908, Band 4, S. 460-461.
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