III. Samuel Usque.

[543] Von diesem, vielleicht dem bedeutendsten der drei Usque, ist viel weniger bekannt und eigentlich weiter nichts Bestimmtes, als seine paränetische Behandlung der jüdischen Geschichte in seinem, man kann sagen Meisterwerke: Consolação as tribulações de Israel, gedruckt Ferrara September 5313 bei Abraham Usque und gewidmet mit einer schwärmerischen Dedikation der Doña Gracia. Ohne Zweifel war auch er Marrane, wie aus vielen Äußerungen in seinem Werke hervorgeht, aber seinen marranischen Namen habe ich bisher nicht ermitteln können. Aus einer Notiz bei Isaak Akrisch (in dessen רשבמ לוק gedruckt um 1577) geht hervor, daß Samuel Usque später in Safet gelebt und dort national-romantische Agitationen getrieben hat. Ich gebe wegen der Seltenheit des Buches und anderweitiger Wichtigkeit dieser Notiz hier in extenso wieder: יבר לש תועסמו ןאוז יטשירפ תרגא יתיארש יפ לע ףאו אנידנטשוקל אבש ינבוארהו סופדב םהש ינדה דדלא רפסו ןימינב 'רל םימיה ירבדב בותבש ומכ ב'פר תנש לאגוטרופל ךלהו (?) םיכרב קזחל ואיצמהש תואצמה םהש רמול לבונ ,ןהכה ףסוי רחא בתכמ יניעב ינא יתיארש תחא האצמה טרפבו ... תולשוכ הזו תומה ךאלמו ןטש אוהו ו'שי ומש וליגנא הדוהי תפצמ חלשש תנש םינש םישלשו םינשל בורק םויה הנש ו'ט ןב תויהב היה םיפלאל םהו םיטבשה תפצל בורק ואבש בחכב בותכ היהו ה"שה ומכ םהילגדל םינמס ןתונ היהו ,םירצמ יאצויכ םימעפ 'ע תובברו יד אלו .. םינוכנ וירבד ויהו ןתי ימו .םכלמ םשו םהיעובצו םרויצ העמשנו הערה ינפ תא בבסש אלא (וליגנא) ץצולתמו ץל היהש ומק וירחאו .ונתרות לעו ונילע םיגעול היהו םימעה ןיב העומשה לאומש ינשה םשו יקשוא לאוטש דחאה םש תפצב םיעשר ינש ינא ומצע ינפב דחא לכ רמוא היהו רודה ינציל ויה המה םגו יפרצ םיעשר ינשה ולאו .... םיטבשה ץראמ אבש דחא יברע םע יתרבד תומ ירחאו .םהב םינימאמ ויה תפצ יינעו .... ורבח לע דיעמ דחא םישנא וילע ודיעה ורבחמ רתוי עשר היהש ט"ש יפרצ לאומש .'וכו םיבר26

Daß Samuel Usque von Ferrara nach Safet ausgewandert wäre – vielleicht infolge der kirchlichen Reaktion unter Paulus IV. – ist nicht unwahrscheinlich. Es ist auch möglich, daß er nationalen Hirngespinsten nachhing. Denn er hatte, trotz seiner Bildung und umfassenden Kenntnis der Profanliteratur, auch eine Vorliebe für die Kabbala. In seiner Consolação (p. 228 b) läßt er folgendes Thema zwischen Numeo und Icabo besprechen: Numeo: »Diejenigen Juden, welche im Gewande des Judentums in diesem Leben ihre Sünden abbüßen und an Gott und seinem Gesetze festhalten, erlangen Anteil am jenseitigen Leben, nicht aber diejenigen, welche sich von Israels Körperschaft losgelöst haben. Icabo: »So wären also die Seelen derer verloren, welche durch Zwang und Gewalt das Gesetz aufgegeben, aus Todesfurcht die Maske einer anderen Religion angenommen hätten und in ihr gestorben wären (die Marranen)?« Numeo: »Pera estes outra grande misericordia usa a magestade [543] divina, passando aquellas almas de uns noutros corpos, quenelles se emendem et purgem aquella yncostancia, de que usaram; d.h. die Seelenwanderung soll die im Christentum gestorbenen Marranen läutern. Daraus und aus noch anderen Momenten ergibt sich, daß Samuel Usque von der Mystik durchdrungen war. Die Marranen hatten überhaupt durchschnittlich eine besondere Inklination für die Kabbala. Er mag daher sich in dem Kabbalistennest Safet angesiedelt haben.

Daß Samuel Usque mit Doña Gracia in Verbindung gestanden, bemerkt er wiederholentlich in seinem Werke; er nennt sich in der Widmung »ihr Geschöpf, vossa feitura.« – Nebenher sei hier bemerkt, daß die consolação nicht 1553, sondern ein Jahr vorher erschienen ist; der 27. September 5313 ist 1552. Das Werk ist noch vor dem großen Scheiterhaufen für jüdische Schriften in Italien gedruckt worden, sonst hätte der Verfasser auch diese Kalamität mit aufgenommen, wie es Joseph Kohen zum Schlusse des ירבד םימיה getan. – Bemerkenswert sind die Quellen, welche Samuel Usque für die zum Zweck der Erbauung umgearbeitete Geschichte benutzt hat. In der Einleitung bemerkt er, er habe sich Mühe gegeben, Geschichtsfakta zu sammeln, sie aus authentischen Quellen am Rande angegeben (p. 3): recolhendo (en os tra balhos) por certo nam (não) com pouca fadiga e trabalho de diversos e muy aprovados autores, como nos margens se pode vir et os mais modernos trabalhos autorizados com as memorias dos velhos que en elles se am (hão) achado. Im ersten und zweiten Dialoge ist am Rande öfter angegeben: Josefo das ystorias iudaicas, mit Angabe des Buches und Kapitels. Usque hat also Josephus gelesen, wohl in der damals bereits edierten lateinischen Übersetzung. Von jüdischen Quellen zitiert er bei der Geschichte von Bar-Kochba: livro de Sanhedrin, capitulo que comença, bislossa Perakim (p. 140), ferner Echa Rabbati. Er zitiert Abraham Ibn-Daud: Abrahão Levino livro de Cabala (p. 192 b). Von externen Quellen zitiert er: Coronica dos emperadores Romanos de Dion (p. 142, 154); Ovid, Lucian, Plutarch (p. 151 b). Für die diasporische Geschichte im dritten Dialog meistens fortalitium fidei (Chiffre F. F.) des Alfonso de Spina, öfter Coronica de España, ystoria de Sam Denis de França (p. 109), Coronica (de) Ingraterra (p. 177), Coronica dos emperadores e dos Papas (p. 186). In Band VIII, Note 1, habe ich nachgewiesen, daß er Profiat Durans (Efodis) תונורכזה 'ס vielfach benutzt hat.


Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig 1907, Band 9, S. 543-544.
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