2. Kapitel. Das Haus David und die Jehuiden. (887-805.)

[47] Athalia und ihr Eifer für die Einführung des Götzenthums in Juda. Verschwörung gegen sie. Der Hohepriester Jojada und das königliche Kind Joasch. Athalia's Sturz. Reinigung des Cultus in Jerusalem. Der Prophet Elisa und die Prophetenschulen. Ausbesserung des Tempels. Die Tempelspenden. Stellung des Hohenpriesters zum Könige. Schwäche des Zehnstämmereiches unter Jehu und Joachas. Ermordung Joasch's von Juda. Amazja's Eroberung Edom's. Die Bedeutung des Propheten Elisa. Die Wundersagen von ihm. Krieg zwischen Amazja und Joasch. Erste Eroberung Jerusalems. Erweiterung des Zehnstämmereichs unter Jerobeam II. und Schwächung des Reiches Juda nach Amazja's Tode. Erste judäische Gefangene von den Joniern nach dem Abendlande gebracht.


Es ist eine auffallende Erscheinung, daß die Frauen, welche doch geborene Priesterinnen der Zucht und Keuschheit sein sollten, im Alterthum einen besonderen Hang zum unzüchtigen Kultus des Baal und der Astarte hatten. Maacha, die Königin-Mutter in Juda, hat ihm in Jerusalem, Isebel in Samaria und nun wieder Athalia in Jerusalem eine Stätte geschaffen. Es war aber nicht Athalia's einziger und auch nicht ihr größter Frevel. Isebel's Tochter übertraf ihre Mutter bei Weitem an Grausamkeit und Blutdurst. Jene hatte nur Propheten und starre Anhänger der väterlichen Lehre hinrichten lassen, jedenfalls nur solche, die sie als ihre Feinde betrachtete. Athalia aber ließ das Blut ihrer eigenen Verwandten, wenigstens das der Verwandten ihres Gatten und Sohnes, vergießen. Sobald sie die Kunde von dem gewaltsamen Tode ihres Sohnes Achasja auf der Steige von Gur bei Jibleam (o. S. 43) vernommen hatte, ließ sie durch die ihr ergebenen Trabanten sämtliche noch in Jerusalem zurückgebliebenen Glieder des Hauses David hinrichten, wahrscheinlich auch Achasja's Frau Zibja aus Beerseba. Auch der jüngste, kaum ein Jahr alte Königssohn Joasch sollte zum Opfer fallen, wurde aber auf eine eigenartige Weise gerettet. Was hat diese blutdürstige Tochter Isebel's mit dem Gemetzel beabsichtigt? Hat sie bloß aus Ehrgeiz [47] gefrevelt, um sich des Thrones zu bemächtigen und ohne Nebenbuhler regieren zu können? Oder hat Athalia, eine eingefleischte Anhängerin des Baalcultus, diesen in Jerusalem und Juda befestigen und ausbreiten wollen, und hat sie deswegen die Ueberbleibsel des davidischen Hauses aus dem Wege geräumt, um freie Hand zu haben? Wollte sie, was ihrer Mutter mißlungen war, durch ihre Alleinherrschaft dem götzendienerischen Wesen Phöniciens von Jerusalem aus Nachdruck geben? Gleichviel aus welchem verruchten Beweggrunde Achab's und Isebel's würdige Tochter auch gehandelt haben mag, sie erfüllte das judäische Volk mit solchem Schrecken, daß sich Niemand fand, ihren Frevelthaten Widerstand entgegenzusetzen. Volk und Priester beugten ihr Haupt vor ihr. Selbst der Hohepriester Jojada, welcher mit dem Königshause verschwägert war, hüllte sich in Schweigen. In Jerusalem wurde ein Bildniß des Baal nebst Spitzsäulen und Altären aufgestellt, gerade zur selben Zeit als Jehu diese Zeichen des Götzenthums in Samaria zerstören ließ, und ein Oberpriester Matthân mit einer Schaar untergeordneter Priester angestellt und angesiedelt, wahrscheinlich in der Unterstadt (Millô), in der Nähe der königlichen Paläste. Hat Athalia den Tempel auf Moria unangetastet und unentweiht gelassen? Es scheint, daß sie, weniger folgerichtig in ihrer Verwegenheit und furchtsamer als spätere Könige, nicht gewagt hat, in das von Salomo erbaute Heiligthum ein Bildniß des Baal zu bringen. Aber den Gottesdienst in demselben scheint sie gestört zu haben. Die von Athalia unterhaltenen Miethstruppen der Karier (Khari) und die von Alters her den Königen zur Verfügung stehenden Trabanten scheinen als Wache an der Pforte des Tempels gestanden zu haben, um das Volk von demselben fern zu halten. Je der dritte Theil dieser Miethlinge und Läufer pflegte am Sabbat den Wachtposten zu besetzen, um den Besuch des Tempels zu verhindern; er wurde am darauffolgenden Sabbat von einem andern Dritttheil abgelöst und so abwechselnd Sabbat um Sabbat1. Sechs Jahre (um [48] 887-881) beherrschte Athalia das Volk politisch und religiös mit Gewalt; die vornehmen judäischen Familien standen wahrscheinlich zu ihrer Partei. Nur der Nächste zum Königshause, der Hohepriester Jojada, hielt fest an der alten Lehre und an dem davidischen Hause. Er hatte eine Tochter des Königs Joram von Juda, Namens Josabat (Jehoschabat), aus einer anderen Ehe, zur Frau2; sie war demnach die Schwester des durch Jehu umgekommenen Königs Achasja von väterlicher Seite. Während Athalia die letzten Glieder des davidischen Hauses schonungslos ausrottete, hatte Josabat das jüngste Kind ihres Bruders vom Blutbade gerettet und es mit seiner Amme in ein Gemach des Tempels gebracht, wo die Leviten zu schlafen pflegten3. Hier wurde das königliche Kind lange verborgen gehalten, von seiner Vaterschwester erzogen, da Athalia sich wenig um das, was in dem von Besuchern verödeten Tempel vorging, gekümmer zu haben scheint, und die Ahroniden und Leviten, welche zu Jojada treu hielten, verriethen nichts. Gerade wegen seiner Jugend erregte der letzte Sprößling des davidischen Hauses erhöhte Theilnahme. Während der sechs Jahre, in denen Athalia ihre Willkür-Regierung in Jerusalem entfaltete, blieb Jojada nicht müßig und knüpfte mit den Hauptleuten der karischen Miethssoldaten und der Trabanten vertrauliche Gespräche an und lüftete allmälig den Schleier des Geheimnisses, daß ein junger Königssohn noch am Leben sei, dem die Krone von Juda gebührte. Er fand sie sämmtlich dem Königshause zugeneigt und anhänglich und [49] der Thronräuberin Athalia feindlich. Als er sich ihrer Theilnahme vergewissert hatte, führte er sie in den Tempel und zeigte ihnen den siebenjährigen Joasch, den sie wohl an den Zügen als rechtmäßigen Thronerben erkannt haben. Jojada ließ darauf die Hauptleute einen Eid leisten, dem Kinde treu zu dienen. Mit ihrer Hilfe konnte er den Plan ins Werk setzen, zugleich eine Umwälzung und eine Wiederherstellung herbeizuführen. Da die Hauptleute auf den blinden Gehorsam ihrer Untergebenen rechnen konnten, so wurde Plan und Tag für die Ausführung der Verschwörung festgesetzt. An einem Sabbat bezog eine Abtheilung der wachthabenden Trabanten und Karier ihre Posten, die Uebrigen aber, zwei Dritttheil derselben, besetzten den Eingang des Tempels. Sie alle hatten den gemessenen Befehl, alle diejenigen niederzumachen, welche in feindlicher Absicht die Schranken im Vorhose des Tempels überschreiten sollten. Als das Königskind vor jedem Ueberfall gesichert war, lud Jojada auch die Volksmenge in den Tempelvorhof ein4. In einem erwartungsvollen Augenblicke, als die Karier und Trabanten ihre Schwerter gezückt und die Hauptleute die Ehrenwaffen David's schon in der Hand hielten, führte der Hohepriester das Kind Joasch aus dem Gemache seiner Verborgenheit, setzte ihm die Krone auf, salbte ihn zum Könige und ließ ihn den säulenartigen Sitz besteigen, welcher für die Könige im Tempelhofe angebracht war. Dabei schmetterten die Trompeten, die Trabanten klirrten mit den Waffen, das Volk klatschte in die Hände und alle riefen: »Es lebe der König Joasch!«5 Erst als das Geräusch vom Tempel bis zu Athalia's Palast ertönte, erwachte sie aus ihrer Sorglosigkeit und Sicherheit, in die sie sich im Vertrauen auf die Treue der Miethstruppen gewiegt hatte. Eilig begab sie sich zum Tempelplatz mit einigen Begleitern6. Mit Schrecken gewahrte sie ein junges Kind mit der Krone auf dem Haupte, ihre Truppen in seiner Umgebung zu seinem Schutze und die Volksmenge in srendiger Erregung. Sie sah sich verrathen, zerriß ihre Kleider und rief: »Verschwörung, Verschwörung!« Sofort bemächtigten sich ihrer einige Hauptleute, führten sie aus dem Tempelvorhofe auf einem Umwege durch das östliche Roßthor in den Palast und tödteten sie. So schied die letzte Enkelin des Hauses Omri aus dem Leben, schmählich wie ihre Mutter. [50] Das enge Bündniß mit Tyrus hat den beiden Reichen kein Glück gebracht. Mutter und Tochter, Isebel und Athalia, glichen ihrer Göttin Astarte, der Urheberin von Verderben, Tod und Untergang7. Viele Anhänger scheint Achab's Tochter in Jerusalem nicht gehabt zu haben; sie fand in der Stunde ihres Todes keinen Annehmer. Ihre Baalspriester konnten ihr nicht helfen, sie waren selbst hülflos. Auch sie fielen dem Zorn des Volkes zum Opfer.

Jojada, welcher die große Umwälzung geleitet und herbeigeführt hat, war darauf bedacht, Vorkehrungen zu treffen, daß solche traurige Erscheinungen sich nicht in Jerusalem wiederholen sollten. Er benutzte die freudige und gehobene Stimmung des jungen Königs und des Volkes, um die Spuren des Baalkultus zu entfernen und treue Anhänglichkeit an den Gott der Väter in den Gemüthern anzufachen. Im Tempel forderte er König und Versammlung auf, es feierlich auszusprechen, daß sie fortan ein Volk Gottes sein wollten, daß sie ihm treu dienen und keinen Götzen neben ihm verehren würden. Das Versprechen, welches der König und das Volk laut ausriefen, wurde durch ein Bündniß besiegelt8. Jojada scheint noch mehr gethan zu haben, um diesem zum ersten Male in feierlicher Weise abgelegten religiösen Bekenntniß Festigkeit und Dauer zu geben. Das Gesetzbuch und die Lehren, welche auf Mose zurückgeführt wurden, waren bisher nur im Kreise der Ahroniden und Leviten gehegt wor den, das Volk hatte kaum eine geringe Kunde davon; nur durch dunkle Ueberlieferungen war es ihm bekannt, daß der Gott seiner Väter seine Vorfahren aus Aegypten befreit, sich ihnen auf dem Sinaï geoffenbart, für sie Wunder gethan und sie in das Land geführt hat. Es fühlte sich wohl als Volk Gottes, aber es wußte nicht recht, welche Pflichten ihm diese Ehre auferlegte. Selbst das Zehnwort war dem Herzen des Volkes nicht nahe gerückt, die Tafeln, die es enthielten, lagen da in der Bundeslade, im Allerheiligsten, als ein uraltes, heiliges Denkmal. Es betrachtete die Bundeslade aber als Schutzmittel; daß diese Tafeln sein Thun und Lassen regeln sollten, das war ihm nicht recht klar. Es ist erstaunlich, daß die Lehre dem eigenen Träger unbekannt war, aber es ist eine Thatsache. Die Ahroniden und Leviten hatten bisher das Volk mit seinem ehrwürdigen Schriftthume nicht bekannt gemacht. Wie die ägyptischen und vielleicht auch die griechischen Priester eine [51] zweifache Religion bekannten, eine äußerliche, aus Opfern und Riten bestehend, für die Uneingeweihten, und eine innere, gewisse Lehren und Ueberlieferungen enthaltend, für Geweihte, so scheinen auch die israelitischen Priester die ursprünglich für das ganze Volk geoffenbarte Lehre als zu hoch und unverständlich für Uneingeweihte ihnen fern gehalten zu haben. Erst der Hohepriester Jojada scheint diese Schranken ausgehoben und das Volk mit dem Inhalt der Gesetze vertraut gemacht zu haben9. Solche Abschnitte, welche für die damalige Lage passend schienen, hat wohl Jojada bei dieser Gelegenheit aus einer Mose-Rolle vorgelesen. In einem Abschnitte wird von einer zweiten Offenbarung Gottes an Mose auf dem Sinaï erzählt. Als das Volk wegen seiner bundesbrüchigen Verehrung des goldenen Kalbes in der Wüste von Neuem belehrt werden mußte, hat Gott ihm vom Berge zugerufen, daß er zwar gnädig, barmherzig, langmüthig, voll Liebe und Treue sei, seine Gnade Tausenden von Geschlechtern bewahre und sie nicht vernichte, daß er aber auch ein eifervoller Gott sei und die Sünden der Väter an dem dritten und vierten Geschlechte heimsuche. Von Neuem hat Gott mit dem Volke ein Bündniß geschlossen und ihm verheißen, ihm Wunder zu thun, wie sie auf der ganzen Erde und unter allen Völkern nicht vorgekommen sind. Er hat aber gewarnt, mit den götzendienerischen Völkern des Landes einen Vertrag einzugehen, weil ein solcher dem Volk nur zum Unheil gereichen werde. Die Götzenaltäre sollten vielmehr zerstört, die Spitzsäulen zerbrochen, die Astartenbäume umgehauen werden. »Du sollst nicht einen andern Gott anbeten, denn Ihwh ist ein eifervoller Gott.« In Folge des Bündnisses mit den Nachbarn würden Mischehen entstehen und die götzendienerischen Töchter würden die israelitischen Söhne zu ihren Göttern hinüberziehen10. Ueberhaupt soll das Volk keine Götter aus Erz haben. Beim Anhören dieses Abschnittes, sobald er verlesen wurde, mußten die Anwesenden sich von der Wahrheit desselben getroffen fühlen. Jedes Wort paßte auf ihre damalige Lage ganz besonders. [52] Haben nicht Omri und Achab und nach ihm die judäischen Könige ein Bündniß mit den Tyriern geschlossen? Und was war die Folge? Isebel und Athalia haben ihre Gatten zu dem Götzendienst verführt und sie gereichten ihnen zum Unheil.

Die Bewohner Jerusalems machten sofort Anwendung von dem Vernommenen; sie stürzten auf den Baaltempel, den Athalia erbaut hatte, zerstörten die Altäre, zertrümmerten die Bildnisse und vernichteten alle Gegenstände, die zum Cultus gehört hatten11. Das Volk selbst nahm die Wahrung seines ureigenen Bekenntnisses in die Hand. Erst nachdem das erneuerte Bündniß mit Gott vom jungen Könige und dem Volk bestätigt war, wurde Joasch im Triumph von den Truppen, den Trabanten und dem Volke vom Tempelberg durch das Trabantenthor in den Palast geführt und aus den Thron seiner Väter gesetzt, und Jerusalem war in freudiger Aufregung. Die Anhänger der gefallenen Königin verhielten sich ruhig und wagten nicht, die freudige Stimmung zu trüben12.

Es ist auffallend, daß bei der politischen und religiösen Umwälzung, die sich kurz nach einander in Samaria und Jerusalem vollzogen hat, die eingreifende Hand des Elisa vermißt wird. Er hatte Jehu durch einen Jünger zum Rächer gegen das Haus Omri salben lassen, er selbst hielt sich im Hintergrunde und wohnte nicht einmal dem Sturze des Baal bei. Mit dem König Jehu scheint er gar nicht verkehrt zu haben. War es ihm anstößig, daß dieser, so sehr er auch gegen das phönicische Götzenthum geeifert hatte, doch den Stierkultus in Bethel und Dan – mehr aus Politik als aus Ueberzeugung – bestehen ließ? Und noch weniger hatte sich Eliahu's Hauptjünger an dem Sturze Athalia's und des Götzenthums in Jerusalem betheiligt. Elisa scheint sich mehr mit der Heranbildung von Prophetenjüngern beschäftigt zu haben, um den von Eliahu angefachten Eifer nicht ausgehen zu lassen Er wurde aber nicht gleich Eliahu von allen als Führer anerkannt. Es wurde ihm zum Vorwurfe gemacht, daß er nicht wie jener langes, wildwachsendes Haar trug, daß er also auf das Nasiräerwesen weniger Werth zu legen schien. Knaben von Prophetenjüngern in Bethel riefen ihm nach: »Du Kahlkopf, du Kahlkopf!«13 Nichts desto weniger hat Elisa für die Jünger außerordentliche Sorgfalt verwendet. Brachte ihm ein reicher Verehrer Geschenke, so vertheilte er sie unter dieselben14. War ein Prophetenjünger in[53] Schulden gerathen und der Gläubiger drohte, für die Schuld dessen Kinder zu pfänden, so verschaffte er ihm die Zahlung15. Elisa war auch darin seinem Meister nicht ähnlich, daß er nicht wie dieser sein Leben in der Einsamkeit zubrachte, sondern mit den Menschen in Verkehr trat. In der ersten Zeit, unter den Omriden, hielt er sich allerdings ebenfalls auf dem Berge Karmel auf und pflegte von hier zu den Prophetenjüngern in der Jordangegend hin und her zu reisen, stets von seinem Jünger Gechasi begleitet. In Sunem, wo er in einem gottesfürchtigen Hause Nahrung zu sich zu nehmen pflegte, bot ihm die Frau des Hauses eine kleine Söllerwohnung mit Bett, Tisch, Stuhl und Lampe an, um sich zeitweilig häuslich einrichten und erholen zu können, und er nahm es an16. Später, unter den jehuidischen Königen ließ er sich dauernd in Samaria nieder und war unter dem Namen »der Prophet von Samaria« bekannt17. Durch seinen freundlichen Verkehr mit den Menschen gewann er Einfluß auf sie und brachte ihnen seine Ueberzeugung bei. Angesehene Männer suchten ihn auf, um sich Belehrung bei ihm zu holen18. In der Regel wurde er an den Sabbaten und Neumondstagen vom Volke aufgesucht19. Nur im Reiche Juda und in Jerusalem ließ sich Elisa nicht blicken. Warum hat er dieses Land gemieden? Oder warum haben sich keine Erinnerungen von seinem Verkehr in demselben erhalten? War er doch dem Hohenpriester Jojada sinnverwandt, und hatten doch beide dasselbe Ziel im Auge. Es scheint, daß das stürmische Prophetenthum Eliahu's und Elisa's in Jerusalem nicht besonders beliebt war. Hier herrschte das feste religiöse und sittliche Gesetz, von den Ahroniden und Leviten gehegt, ausgelegt und gelehrt, und dieses war ein Feind der prophetischen Schwärmerei, die sich um Gesetz und Herkommen wenig kümmerte. Daß Eliahu auf dem Karmel einen Altar erbaut und dort Opfer dargebracht, wenn auch im Namen desselben Gottes, der in Jerusalem seinen Tempel hatte, wurde ohne Zweifel von der jerusalemischen Priesterschaft nicht gebilligt; es verstieß gegen das Gesetz. Elisa wäre in Jerusalem kein willkommener Gast gewesen. Das freie Prophetenthum, das seine Ueberzeugung und seine Regel aus den Eingebungen des Augenblickes schöpfte und das an Gesetz und Norm gebundene Priesterthum waren unverträglich mit einander, konnten nicht einen gemeinsamen Weg gehen.

[54] In Jerusalem war das Augenmerk besonders auf das Heiligthum und das Gesetz gerichtet, seitdem Jojada sich als strenger Hüter derselben bewährt hatte. Der Tempel hatte unter Athalia Beschädigungen erlitten. Nicht bloß die Cedernholzbekleidung von Gold war stellenweise zerstört, sondern auch Quadern der Mauer waren gewaltsam ausgebrochen und auch andere Stellen waren schadhaft geworden. Es war daher für den jungen König Joasch im Beginn seiner Regierung eine wichtige Angelegenheit, diese Schäden ausbessern zu lassen, und Jojada hat wohl darauf gedrungen; allein die Mittel fehlten dazu, denn der etwaige Tempelschatz, angesammelt von den Weihgeschenken der früheren Könige und den frommen Spenden, war ohne Zweifel von Athalia daraus entfernt und für den Baalkultus verwendet worden. Der König erließ demzufolge einen Befehl an die Priester, Gelder zur Ausbesserung der Schäden zu sammeln; sie sollten diese Sammlung als eine eigene Angelegenheit mit Eifer betreiben. Regelmäßige Tempelabgaben bestanden damals noch nicht, und es war auch kein Bedürfniß dazu vorhanden; der fromme Sinn Einzelner spendete Weihgeschenke. Sonst war es eingeführter Brauch bei jeder erneuten Volkszählung, daß jeder Kriegsfähige vom zwanzigsten Jahre an eine kleine Münze (einen halben Sekel) als Sühnegabe lieferte zur Verhütung einer Seuche, welche von der Kopfzählung befürchtet wurde. Ferner pflegten Männer und Frauen nach überstandenen Gefahren eine Spende für den Tempel, öfter im Werthe der eigenen Person, zu geloben. Auf Joasch's Befehl sollten die Priester diese eigenartige Kopfsteuer und sonstige Spenden in Folge der Gelübde von den Betreffenden eintreiben, wenn sie in der Leistung säumig waren. Jeder Ahronide sollte von seinen Bekannten diese Gelder an sich nehmen und von der gesammelten Summe sollten die Schäden des Tempels ausgebessert werden20. Indessen sei es, daß die eingelaufenen Gelder nicht genügt, oder daß die Priester sie zu eigenem Bedarf verwendet haben, die Tempelschäden blieben lange unausgebessert. Endlich trug der König dem Hohenpriester Jojada auf (um 864), dem Volke selbst die Angelegenheit an's Herz zu legen. Eine Lade, mit einer Oeffnung versehen, wurde im Tempelvorhofe aufgestellt, in welche Jeder, den [55] seine Frömmigkeit und Freigebigkeit antrieben, je nach seinen Vermögensverhältnissen, eine freiwillige Spende legen oder von einem Priester hineinlegen lassen sollte. Um das Volk zu reichen Spenden aufzufordern, wurde wahrscheinlich abermals aus einer Mose-Rolle an einem Festtage ein Abschnitt aus der Geschichte der Wüstenwanderungen vorgelesen, jener Geschichte vom Bau des Stiftszeltes, worin erzählt wird, wie die Vorfahren, Männer und Frauen, im Wetteifer Silber und Gold, Erz und Purpur spendeten, um das neue Heiligthum würdig und prachtvoll auszustatten und wie der Spenden so viele waren, daß Mose ausrufen lassen mußte, es sei überzählig und zuviel gespendet21. Wahrscheinlich trug die Anregung durch Vorlesung der dem Volke bis dahin unbekannten Einzelheiten von dem Bau des Stiftzeltes aus dem Gesetzbuche, das auf Mose zurückgeführt wurde, ihre Früchte. Die Spenden liefen reichlich ein und sie reichten aus, Holz und Quadern dafür anzuschaffen und Maurer und Zimmerleute davon zu besolden22. Höchst wahrscheinlich hat der Hohepriester Jojada bei dieser Gelegenheit die Ordnung der Priester und Leviten, die Vorschrift für die Gewänder, die sie tragen sollten, für die Art der Opfer, welche dargebracht und für die Gebühren, die den Ahroniden von den Opfern zukommen sollten, erneuert und eingeschärft. Auch dabei berief er sich wohl auf die in dem Gesetzbuch Mose's gegebenen Verordnungen und las die betreffenden Stücke aus demselben vor. Ueberhaupt eryob Jojada das Hohepriesterthum, welches bis dahin auch unter den besten Königen nur eine untergeordnete Stellung eingenommen hatte, zur Ebenbürtigkeit mit dem Königthum. Hatte nicht der Hohepriester durch Eifer und Klugheit das Königthum gerettet? Wäre nicht der letzte Sproß des Hauses David untergegangen, wenn nicht Jojada die blutdürstige Athalia gestürzt hätte? Er konnte daher mit Recht beanspruchen, daß dem Hohenpriester in den Staatsangelegenheiten eine gewichtige Stimme eingeräumt werde23. Jojada mochte [56] sein Ansehen benutzt haben, um dem Gesetze Achtung zu verschaffen und die Wiederkehr der traurigen Zeiten des Abfalles von Ihwh zu verhüten. Aber dadurch konnte ein Widerstreit zwischen dem Königthum und dem Hohenpriesterthum nicht ausbleiben, indem jenes seiner Natur nach auf Launen beruht und dieses sich auf ein festes Gesetz berief. So lange Jojada lebte, dem Joasch Alles verdankte, brach der Widerstreit nicht aus. Aus Dankbarkeit und Hochachtung mag Joasch sich den Anordnungen des Hohenpriesters gefügt haben. Seiner entseelten Hülle erwies Joasch die Ehre, sie in dem Grabmal der Könige in der Davidsstadt beizusetzen24. Nach seinem Tode brach indeß bei irgend einer Veranlassung zwischen seinem Sohn und Nachfolger Zacharia und dem König ein Widerstreit aus, der jenem das Leben kostete. Näheres ist nicht darüber bekannt, berichtet wird nur, auf Befehl Joasch's hätten einige Fürsten Juda's Jojada's Sohn im Tempelvorhof mit Steinen getödtet, und der junge Hohepriester habe in der Todesstunde gerufen: »Gott möge es wahrnehmen und heimsuchen25

Sonst war nach dem völligen Untergang sämmtlicher Glieder des Hauses Omri, welches so viele Zuckungen und Reibungen in Samaria und Jerusalem erzeugt hat, im Innern beider Reiche Ruhe eingetreten. Der Zustand war leidlich, nur daß im judäischen Reiche die Privatanhöhen noch fortbestanden und im Zehnstämmereiche der Gott Israels noch immer unter dem Stierbilde verehrt wurde. Der Baalkultus war aber aus beiden Reichen verbannt. Nach Außen aber waren beide Länder nicht glücklich. Jehu, der kecke Reiteroberst, welcher das Haus Omri in Jesreel und Samaria vertilgt hatte, bewährte nicht dieselbe Tüchtigkeit einem starken auswärtigen Feinde gegenüber. In Damaskus war eine Palastumwälzung vor sich gegangen. König Ben-Hadad, gegen den die Omriden Kämpfe zu bestehen hatten, wurde, wie bereits erzählt, von einem seiner Diener, Namens Chazael, im Bade erstickt, und der Mörder hatte sich zum König aufgeworfen. Dieser war kriegerisch, unternehmend und eroberungssüchtig und plante darüber, das damascenische Reich zu einem mächtigen und gebietenden [57] Staate zu erheben. Am nächsten lag Chazael das Zehnstämmereich, welches seinem Vorgänger einige Zugeständnisse abgerungen hatte (o. S. 33). Ohne sich an das geschlossene Bündniß zu kehren, überschwemmte er das israelitische Land mit seinen Schaaren, nahm die festen Städte mit Sturm, verbrannte die Häuser und schonte weder Kinder, noch schwangere Frauen. Auch die Städte jenseits des Jordans eroberte er und scheint jenen König Mescha, welchen Jehoram von Israel so hart bedrängt hatte, zum Verbündeten gehabt zu haben. Er machte sich von der israelitischen Vasallenschaft los, vertrieb die Israeliten aus den moabitischen Städten und baute die Trümmer seines Landes auf. Zum Andenken an diese Befreiung setzte Mescha ein Denkmal aus schwarzem Stein mit Inschriften, welche die Geschichte derselben verewigen sollten. Dieser Steinblock hat sich mehr als sieben und zwanzig Jahrhunderte erhalten und ist in jüngster Zeit aufgefunden und zertrümmert worden26. Das ganze Gebiet der Stämme Manasse, Gad und Rëuben vom Gebirge Baschan bis zum Arnon wurde dem Zehnstämmereiche entrissen, die Einwohner zu Halbsklaven unterworfen und mehrere derselben noch grausamer unter eisernen Dreschwagen zermalmt27. Jehu war nicht im Stande, Chazael Stand zu halten, vielleicht weil auch der König von Tyrus ihm feindlich war, dessen Verwandte und Verbündete er vertilgt hatte. Noch schlimmer ging es unter seinem Sohne Jehoachas (um 859-845). Das Land wurde so hart von Chazael und seinem Sohne Ben-Hadad III. bedrängt und die israelitische Kriegsmacht wurde so geschwächt, daß nur 10 000 Mann Fußvolk, fünfzig Reiter und zehn Kriegswagen übrig geblieben waren28. Von Zeit zu Zeit machten die Aramäer Streifzüge in das israelitische Gebiet und raubten nicht blos Werthsachen, sondern auch Menschen, die sie als Sklaven behandelten und verkauften29. Jehoachas scheint mit dem Eroberer einen schmählichen Frieden geschlossen und ihm gestattet zu haben, daß dessen Schaaren freien Durchzug durch sein Land nehmen durften. Darauf überzog Chazael das Philisterland mit Krieg, belagerte die Hauptstadt Gath und eroberte sie. Von hier aus gedachte er auch Jerusalem anzugreifen, aber Joasch unterwarf sich ihm freiwillig und erkaufte den Frieden mit Geld30. War es Unzufriedenheit mit seiner Feigheit oder hatte er sonst Veranlassung zu Beschwerden gegeben? Einige Große Juda's verschworen sich gegen [58] Joasch und zwei derselben, Jozachar und Jehozabad, tödteten ihn in einem fremden Hause, wo er zufällig weilte (um 843)31. Erst unter dem israelitischen König Jehoasch (um 845-830) gelang es allmälig. die Obmacht des aramäischen Reiches zu brechen, wahrscheinlich, weil die Nachbarkönige der Chittiter am Euphrat und die Könige von Aegypten, eifersüchtig auf die Ausdehnung des damascenischen Reiches, eine feindliche Haltung gegen dasselbe nahmen32.

Ben-Hadad III. hatte nämlich, um das Zehnstämmereich völlig zu schwächen oder gar aufzulösen, die Hauptstadt Samaria so hart belagert, daß alle Lebensmittel aufgezehrt waren, und daß ein Eselskopf um achtzig Sekel und ein Maß Brenndünger um fünf Sekel verkauft wurden33. Von den Kriegsrossen waren nur noch wenige übrig geblieben, und diese waren so abgemagert, daß sie den Dienst versagten34. Die Hungersnoth trieb zwei Weiber, einen Vertrag mit einander abzuschließen, daß sie gemeinschaftlich an einem Tage das Kind der einen und am darauf folgenden Tage das der anderen schlachten und verzehren wollten35. Aber unerwartet hoben die Aramäer die Belagerung auf, eilten davon und ließen Zelte, Rosse, Esel, Kostbarkeiten und Lebensmittel zurück. Halbverhungerte Aussätzige, welche aus der Stadt gewiesen worden waren, machten zuerst die Entdeckung von dem Abzug des aramäischen Belagerungsheeres, sättigten sich an den vorgefundenen Speisen und machten die Anzeige den Stadtpförtnern. Der König, dem die frohe Kunde gebracht wurde, traute ihr Anfangs nicht und überließ sich erst der Freude, als ausgesandte Boten die Nachricht brachten, daß kein Aramäer zu erblicken sei und daß der ganze Weg von Samaria bis zum Jordan voller Kleider und Waffen gefunden wurde, welche Ben-Hadad's Schaaren auf der Flucht von sich geworfen hatten36. [59] Diese so unerwartet eingetretene Errettung aus der großen Noth ermuthigte Jehoasch, angriffsweise gegen die Aramäer vorzugehen. Drei Schlachten lieferte er gegen Ben-Hadad, sämmtlich in der Ebene Jesreel bei Aphek, und in allen blieb er Sieger. Der König von Damaskus war dadurch genöthigt, Frieden mit dem König von Israel zu schließen und ihm die Städte zurückzuerstatten, welche er und sein Vater Chazael dem Gebiete des Zehnstämmereiches diesseits entrissen hatten37.

Die Schwächung des damascenisch-aramäischen Reiches kam auch dem judäischen Reiche unter dem König Amazja (um 843-816) zu statten. Jenes hatte den kleinen Gemeinwesen, Moab, Ammon und Edom, welche in einem feindlichen Verhältnisse zu Israel oder Juda standen, Schutz verliehen und Angriffe auf dieselben verhindert. Ben Hadad's Demüthigung machte daher Amazja's Hände frei, die ehemaligen Besitzungen des davidischen Hauses wieder zu erobern. Das Ländchen Edom hatte sich seit einem halben Jahrhundert von der Vasallenschaft dieses Königshauses losgesagt und sich selbstständig gemacht. Einer seiner Könige hatte eine neue Hauptstadt erbaut, auf einer Höhe des Gebirges Seïr, welche auf Kalkstein und Porphyrfelsen mehr als 4000 Fuß über dem Meeresspiegel emporragt. Ein Stufenweg führte von den Thälern zu ihr hinauf. In dieser Felsenstadt (Sela, Petra, in gerader Linie etwa 15 Meilen südlich vom todten Meere) glaubten die Idumäer in Sicherheit gegen feindliche Angriffe zu sein. Stolz sprach Edom: »Wer will mich von der Höhe zur Tiefe hinunterbringen?«38 Amazja hatte die Kühnheit, die Idumäer in ihren Bergsestungen aufzusuchen. Sie zogen ihm zwar mit einem zahlreichen Heere (10 000 Mann) entgegen, in dem Salzthal unweit des Todten Meeres kam es zur Schlacht; aber Amazja schlug sie so kräftig auf's Haupt, daß die Uebriggebliebenen die Flucht ergriffen und ihm den Weg frei ließen, die Felsenstadt zu erobern. Nach ihrer Besetzung verwandelte er ihren Namen, man weiß nicht [60] aus welchem Grunde, nach dem einer judäischen Stadt: Jokteél39. Ohne Zweifel hat dieser glückliche Ausgang des edomitischen Feldzuges reiche Beute eingebracht. Edom war ein sehr reiches Land, nicht blos an Heerden, sondern auch an Metallen. Amazja war daher nicht wenig stolz darauf, diesen Krieg glücklich beendet zu haben. Seine Ueberhebung führte aber sein und seines Volkes Unglück herbei.

Zwischen dem Zehnstämmereich und Juda bestand unter Jehu und seinen Nachfolgern ein friedliches Verhältniß, wenn auch kein solches Freundschaftsbündniß wie früher zwischen den Omriden und Josaphat sammt seinen Nachfolgern. Sie hatten ein gemeinsames Interesse, die Anhänger des Baalkultus niederzuhalten und deren Verbindung mit dem götzendienerischen Ausland zu überwachen. Die Könige Jehoasch von Israel und Amazja von Juda waren der ureignen Lehre zugethan. Der Eine hörte auf die Stimme des Ihwh-Propheten, der Andere auf die des Gesetzes. Es kann nicht hoch genug angeschlagen werden, daß Amazja zwar die Mörder seines Vaters mit dem Tode bestrafte, aber deren Söhne, dem barbarischen Gebrauch zuwider, unangetastet ließ40. Höchst wahrscheinlich hat der Hohepriester oder ein anderer Vertreter des Gesetzes ihm an's Herz gelegt, daß die Lehre Israels verbiete, die Kinder um der Sünden der Väter willen und die Väter um der Sünden der Kinder willen umzubringen41. Der israelitische König Jehoasch zeigte eine tiefe Verehrung für den Propheten Elisa und nahm ihn zum Rathgeber bei wichtigen Vorfällen, und als Elisa nach mehr denn fünfzigjähriger Wirksamkeit (900-840) auf dem Todtenbette lag, suchte er ihn auf, weinte über dessen herannahendes Ende und nannte ihn einmal über das andere: Vater und Beschützer Israels42. Er ließ sich nach Elisa's Tode von Gechazi, dessen stetem Begleiter, alles Wichtige erzählen, was Elisa gethan hatte, und ließ der Sunamiterin, weil sich der Prophet für sie interessirt hatte, ihr Haus und Feld sammt den Erträgniffen[61] zurückerstatten, welches in ihrer Abwesenheit ein Fremder in Besitz genommen hatte43. Wie bedeutend muß Elisa's Persönlichkeit und Wirksamkeit gewesen sein, daß der König sich dessen Leitung gefügt hat. Er hat auch die Lehre vom Gotte Israels ohne sein Hinzuthun und ohne Absicht zu einem Triumphe gebracht. Ein angesehener Götzendiener, der Zweite im aramäischen Reiche nächst dem Könige, der Feldherr Naaman, entsagte freiwillig dem unzüchtigen Kultus des Baal und der Astarte und bekannte sich zu Ihwh, weil er durch Elisa's Wirksamkeit zur Erkenntniß gekommen war, daß nur in Israel ein wahrhafter Gott angebetet werde. Er ließ sich aus dem Lande Israel Erde nach Damaskus kommen, um einen Hausaltar gewissermaßen auf heiliger Erde zu errichten44. Die Erfolge, welche die Propheten Eliahu und Elisa bewirkt haben, waren so überraschend, daß sie wie Wunder angesehen und auf Wunder zurückgeführt wurden In der That, welch ein Umschwung der Zeiten! Zu Achab's Zeit wurden die Propheten Ihwh's blutig verfolgt, und Jehoasch hatte einen solchen Propheten in seiner Nähe, den er zu Rathe zog. Die Jünger Elisa's in Bethel, Jericho oder Gilgal oder die Jünger ihrer Jünger, welche die Thätigkeit ihres Meisters vor Vergessenheit retten wollten, haben daher in überschwenglicher Bewunderung in der Abgeschiedenheit ihrer Zusammenkünfte die seelischen Wunder in übernatürliche verwandelt. Sie erzählten einander, welche Wunderthaten Elisa vollbracht habe. Nicht nur habe er die Zukunft vorausgeschaut, sondern auch schlechtes Wasser durch Salz in gutes verwandelt, giftige Koloquinten unschädlich gemacht, ein in den Jordan gefallenes Beil zum Schwimmen gebracht, gegen ihn beschimpfende Buben Bären aus dem Walde herausgelockt und gehetzt, mit zwanzig Broden hundert Personen gespeist, auf ein Wort von Elisa habe sich wenig Oel in einem Oelkrügchen vervielfältigt, Naaman sei auf des Propheten Wort durch Baden im Jordan vom Aussatz geheilt worden. Elisa habe ebenso wie Eliahu ein Kind vom Tode erweckt, und selbst noch nach seinem Tode habe er ein Wunder bewirkt, daß eine Leiche, welche nur Elisa's Grab berührt, zum Leben erwacht sei45. Die Prophetenjünger haben den Wunderglauben in dem Kreis des israelitischen Volkes, wenn auch nicht eingeführt, so doch gesteigert und ganz besonders [62] dadurch verkehrte Vorstellungen genährt, daß sie Eliahu und Elisa eine übermenschliche Höhe und fast magische Kraft verliehen haben. Wie einfach erscheint Mose, der größte Prophet neben ihnen! Die Wunder, die in seiner Geschichte erzählt werden, haben sämmtlich einen höheren Zweck und greifen nur in den allerdringlichsten Fällen ein. Dagegen lassen die Erzählungen von Eliahu und Elisa sie gewissermaßen spielend wie ein leichtes Tagewerk Wunder ohne besonderen Auftrag und um des geringfügigsten Zweckes willen verrichten. Die Prophetenjünger aus Elisa's Schule haben des Guten zu viel gethan. Die Wundererzählungen haben sie schriftlich abgefaßt und ihnen dadurch noch mehr Ansehen und Gewicht verschafft Sie haben aber nicht bloß ihre Vorgänger allzusehr verklärt und zu Wunderthätern gestempelt, sondern auch andere Persönlichkeiten aus der älteren israelitischen Geschichte, von denen nur schwache, dunkle und schwankende Erinnerungen überkommen waren, verherrlicht. Simson, diesen kecken, handfesten Richterhelden, der ohne Scheu Philistermädchen zu Frauen oder zu Beischläferinnen genommen hatte, machten die Erzählungen, welche aus der Mitte der Prophetensünger hervorgegangen waren, zum Nasiräer, und nur als solcher habe er die erstaunlichen Thaten vollbringen können. Ein Nasiräer, der sein Haar niemals geschoren und keinen Wein getrunken, könne eben dadurch Wunderthäter werden46. Das war die Vorstellungsweise dieses Kreises.

Indessen so sehr auch in beiden Reichen die gleiche Neigung vorhanden war, sich von Fremdem loszumachen und dem Eigenen treu zu bleiben, so war der innere Gegensatz schon so sehr eingewurzelt, daß sie zum selben Ziele nicht einerlei Weg mit einander gingen. Während im Zehnstämmereich das Nasiräerleben gewissermaßen als die höchste Blüthe des religiös sittlichen Lebens bewundert und gepriesen wurde, standen die enthaltsamen, schwärmerischen Nasiräer in Juda und Jerusalem [63] nicht in besonderem Ansehen. Man achtete dort die lebenslänglich Enthaltsamen nicht besonders. Das Gesetz schrieb vor, daß, wenn Jemand das außergewöhnliche Gelübde gethan, sich des Weines zu enthalten und sein Haar nicht scheeren zu lassen, er es allerdings, wie jedes andere Gelübde erfüllen müsse, aber doch nur zeitweilig. Nach Darbringung der vorgeschriebenen Opfer dürfe ein Solcher wieder Wein trinken47. Wenn die Träger der Lehre in beiden Reichen sich nicht verständigen konnten, um wie viel weniger die Träger der Krone, die vor Allem die Machtfrage im Auge hatten. Als Amazja aus dem edomitischen Kriege als Sieger heimgekehrt war, erfaßte ihn der kühne Gedanke, mit seinem im Kriege bewährten Heerbann auch gegen das Zehnstämmereich zu Felde zu ziehen und es zurück zu erobern. Als Vorwand scheint er die Tochter des israelitischen Königs für seinen Sohn zur Ehe verlangt zu haben, um, wenn diese versagt würde, den Krieg anfangen zu können. Spöttisch antwortete ihm Jehoasch auf dieses Ansinnen: »Der Dornstrauch sandte einst zur Ceder des Libanon: ›Gieb deine Tochter meinem Sohne zur Frau.‹ Da ließ diese die wilden Thiere des Libanon losfahren, und diese zertraten den Dornstrauch. Weil du Edom besiegt hast, überhebt sich dein Herz. Behalte deine Ehre und bleibe zu Hause. Wozu willst du dich in's Unglück stürzen? Juda würde nur mit dir zugleich zu Falle kommen« Allein Amazja ließ sich von seinem Vorhaben nicht abbringen. Er ließ sein Heer gegen die Grenze des Zehnstämmereiches ziehen, und Jeboasch, der damals schon durch die Siege über die Aramäer zuversichtlich geworden war, rückte ihm entgegen. In Beth-Schemesch an der Grenze kam es zur Schlacht, und die Jehudäer erlitten eine bedeutende Niederlage und entflohen. Amazja selbst gerieth in des israelitischen Königs Gefangenschaft. Gewiß, man kann es nur als eine ganz besondere Milde auslegen, daß Jehoasch den glänzenden Sieg nicht gemißbraucht, nicht einmal voll ausgebeutet hat. Konnte er nicht den gefangenen Amazja entthronen, das davidische Haus für erloschen erklären und das Land Juda seinem Reiche einverleiben? Das that er aber nicht, sondern begnügte sich, die Mauern Jerusalems im Norden vom Ephraimthor bis zum Zinnenthor – vierhundert Ellen – zu zerstören und die Stadt, nebst Palast und Tempel zu brandschatzen. Jerusalem, dem das geschichtliche Verhängniß so vielfache Zerstörung gebracht hat, [64] wurde zum ersten Mal seit seinem Bestande von einem israelitischen Könige eingenommen und theilweise zerstört. Den gefangenen König dagegen setzte Jehoasch großmüthig in Freiheit, ließ sich aber zur Sicherheit Geißeln stellen48. Die Milde, welche Jehoasch übte, ist wohl dem Einfluß des Propheten Elisa oder seiner Jünger zuzuschreiben49. Nach Jehoasch's Tode (um 830) regierte Amazja zwar noch etwa fünfzehn Jahre (830-816), war aber nicht glücklich.

Das ephraimitische Reich nahm dagegen unter Jehu's Urenkel eine Macht und Ausdehnung an, als sollte die davidische Zeit wiederkehren. Jerobeam II., der dritte Jehuide, besaß mehr Kriegstüchtigkeit als seine sämmtlichen Vorgänger seit der Reichstheilung, und das Glück stand ihm bei. Es vergönnte ihm eine außerordentlich lange Lebensdauer; er regierte mehr als sechs Jahrzehnte50 (um 830-769), und in diesem ausgedehnten Zeitraum konnte er viele Kriege führen und Siege erringen. Zunächst scheint er seine Waffen gegen die Aramäer gekehrt zu haben, die schlimmsten Feinde des Zehnstämmereiches, welche es seit Achab's Zeit beunruhigt, zerstückelt und gefährdet hatten. Die Einzelheiten der Waffenthaten Jerobeam's sind nicht bekannt geworden, nur der Erfolg läßt einen Rückschluß auf ihre Ausdehnung machen. Die Grenzen des Reiches Israel dehnten sich wieder von der Straße, die nach Hamath führt, bis zum Südostflusse, der sich in das todie Meer ergießt, aus51. Ein Prophet dieser Zeit, Jona, Sohn Amitaï's, aus der sebulonitischen Stadt Gath-Chepher, hatte Jerobeam zu diesem Kriege gegen die Aramäer ermuthigt52. Auch die Landschaft Moab scheint er erobert und mit dem Zehnstämmereich wieder vereinigt zu haben53.

Amazja dagegen war durch die Demüthigung, die er erlitten hatte, gelähmt. Da Jerusalem seiner Festungswerke beraubt war, so konnte er keinen Krieg unternehmen und mußte froh sein, von Feinden verschont zu bleiben. Denn ausgebessert durfte die Mauer nicht werden, dafür bürgten die Geiseln, welche in der israelitischen Hauptstadt festgehalten wurden. Wie es scheint, war das Volk und noch [65] mehr die Großen, die Fürsten Juda's, unzufrieden mit ihm. Er hatte durch Ueberhebung das Land geschädigt, Jerusalem war durch seine unüberlegte Eroberungs- und Kriegslust seines Festungsschutzes beraubt, jedem feindlichen Einfall zugänglich. Die Geiseln, welche für die Fortdauer der Demüthigung Bürgschaft leisten sollten, waren ohne Zweifel Söhne der angesehensten Familien und mußten in der Verbannung leben. Diese Unzufriedenheit mit dem König Amazja erzeugte eine Verschwörung der Großen gegen ihn; es scheint ein blutiger Kampf in Jerusalem ausgebrochen zu sein, das Volk nahm entweder Partei für die Verschwörer oder verhielt sich theilnahmlos. Amazja war hilflos und suchte sein Heil in der Flucht. Aber die Verschworenen verfolgten ihn bis Lachisch (etwa 15 Stunden südöstlich von Jerusalem)54, das auf einem Hügel lag, wo er Zuflucht gesucht hatte, und tödteten ihn daselbst55. Es war schon der dritte König aus dem davidischen Hause, welcher durch das Schwert umkam und der zweite, welcher durch eine Verschwörung fiel.

Nach Amazja's Tode erlebte Jerusalem und das judäische Land noch unglücklichere Tage. Die Fürsten Juda's, welche den König gestürzt und getödtet haben, scheinen die Zügel der Regierung, deren sie sich bemächtigt hatten, nicht aus den Händen gegeben zu haben. Der einzige hinterlassene Sohn Amazja's Namens Asarja (Azaria, abgekürzt Usia), war noch ein Kind von etwa vier oder fünf Jahren, und rings herum hatte das Land nichts als Feinde. Diesen Zustand der Schwäche und Hülflosigkeit benutzten zunächst die Idumäer, welche von Amazja geschlagen und gedemüthigt worden waren. Sie unternahmen einen Rachezug gegen das Reich Juda, und Aegypten stand ihnen diesmal eben so zur Seite, wie zur Zeit Rehabeam's (o. S. 7). Sie vergossen viel Blut, machten Gefangene, drangen bis Jerusalem vor, dessen Mauerbreschen noch nicht ausgebessert waren, und führten viele Leute als Gefangene hinweg. Näheres über diesen kriegerischen Einfall der Idumäer ist nicht bekannt geworden. Einige Gebiete scheinen in dieser Zeit von Juda losgetrennt und theils zu Edom, theils zu Aegypten geschlagen worden zu sein. Die rauhen Krieger tauschten judäische Knaben und Mädchen, die sie zu Gefangenen gemacht hatten, [66] um Wein und Buhldirnen um. Die andern Nachbarvölker sahen die Schwächung Juda's mit Schadenfreude, wenn sie nicht thätigen Antheil daran nahmen. Das Zehnstämmereich, das damals von dem dritten Jehuiden Jerobeam II. regiert war, erinnerte sich nur der Feindseligkeit, welche es von Juda erfahren und nicht der Blutsverwandtschaft und der Pflicht, dem bedrängten Bruderstamm beizustehen. Die Philister begingen doppelte Grausamkeit an den Judäern. Die Flüchtlinge, die in ihren Städten Schutz gesucht, lieferten sie an die Idumäer aus und die gefangenen Knaben und Mädchen, die sie den Kriegern um Wein und Buhldirnen abgekauft hatten, verkauften sie weiter an die Jonier, die damals in Wetteifer mit den Phöniciern Sklavenhandel getrieben haben56. Nicht freundlicher machten es die Tyrier, uneingedenk des Freundschaftsbündnisses, das sie lange Zeit mit dem davidischen Hause unterhalten hatten. In dieser Zeit (um 815-805) glich das judäische Reich und das davidische Haus einer eingefallenen Hütte. Damals begann zuerst die Zerstreuung der Judäer in ferne Länder, wohin die Jonier sie als Sklaven verkauft haben. Diese judäischen Sklaven mögen Keime einer höheren Anschauung und Gesittung den westländischen Völkern zugetragen haben57. Denn unter den Gefangenen befanden sich auch edle Jünglinge und schöne Jungfrauen Jerusalems58, welche aus ihrer Umgebung und der reichen Geschichte ihres Volkes eine höhere Erkenntniß besaßen und in der Fremde sie besser schätzen lernten als in der Heimath.


Fußnoten

1 Die wichtige Notiz Könige II. 11, 4-7 ist bisher nicht richtig aufgefaßt worden. Der Text giebt selbst an die Hand, daß von den ירכ und םיצר zwei Drittel, תודיה יתש, am Sabbat den Posten nicht bezogen haben; diese hießen תבשה יאצי, folglich hat nur ein Drittel derselben jede Woche Wache gehalten; dieses wird תבשה יאב genannt. Dieses Drittel wies Jojada an, an drei Stellen Wache zu halten, ein Drittel beim Palaste, ein Drittel beim Roßthore (vgl. I. S. 325) und ein Drittel beim Thore, der vom Palast zum Tempel führte. Statt V. 6 ךלמה תיב תרמשמ ירמשו [weschomrei] muß man nach LXX ורמש [schimru] (φυλάξατε) oder nach Peschito ורמשי [jischmeru] lesen (ןידטנ ןוהנ oder gar ורמשו [weschamru] wie V. 7). [So auch Klostermann a.a.O.] Dagegen die sonst vom Wachedienst frei sind, sollten ausnahmsweise an diesem Tage den Tempel bewachen, wie V. 9 aussagt תבשה יאצי םע תבשה יאב. Ob die Trabanten auch sonst dieselben Wachtposten zu beziehen pflegten, folgt aus der Stelle keineswegs; im Gegentheil scheint es, daß sie sonst nur an einem Thore Wache hielten, da dieses davon den Namen hatte םיצרה רחא רעש oder םיצרה רעש. Nur an diesem Tage hat sie Jojada auf diesen Posten gestellt. Die Benennung תבשה יאב und תבשה יאצי scheinen sie erst in Athalia's Zeit erhalten zu haben. Warum ist die Wache gerade am Sabbat besetzt und abgelöst worden? Höchst wahrscheinlich, um die Tempelbesucher abzuwehren. Das Wort חסמ (V. 6) ist bisher noch nicht ungezwungen erklärt worden. Ob die L.-A. gesichert ist? Es scheint für ץוחמ zu stehen. [Andere Vorschläge bei Klostermann a.a.O.] Die Aufziehenden sollten den Tempel von außen bewachen, die Abziehenden dagegen inwendig. – Die ירכ [kari], die nur hier vorkommen, waren wahrscheinlich Karier, die bekanntlich Semiten waren und als Miethlinge in Aegypten, auf Cypern und in anderen phönicischen Colonien gedient haben. Der tyrische König, Athalia's Großvater, mag ihr oder schon ihrem Gatten Joram solche Soldtruppen überlassen haben. ירכ steht durchaus nicht in Beziehung mit יתרכ. – Daß die Chronik die ursprüngliche Erzählung von diesen ירכ und den Läufern auf Leviten bezogen hat, ist bekannt; ihre Erzählung ist ungeschichtlich. [Vgl. auch noch Benzinger zur Stelle.]


2 Chronik II, 22, 11 hat wohl ursprünglich auch in Könige II, 11, 2 gestanden.


3 Chronik II, 22, 11, wo es deutlicher angegeben ist als in Könige.


4 Folgt aus Könige das. V. 13-11.


5 Das. V. 12 fg.: תודעה תאו in V. 12 ist dunkel, es scheint dasselbe auszusagen wie דומעה לע דמע B. 14. Es muß also gelesen werden דומעה לע והדימעיו. [Ganz anders Klostermann a.a.O.]


6 Folgt aus V. 15 das. ברחב תמה הירחא אבהו oder wie in Chronik ברחב תמו הירחא אבהו.


7 Plautus mercator Act IV. sc. 5:

Diva Astarte, hominum deorumque vis, vita, salus rursus eadem quae est

Pernicies, mors, interitus ...



8 Könige II, 11, 17.


9 Daß der Pentateuch oder auch nur der Tetrateuch zur Zeit der Richter und selbst zur Zeit David's und Salomo's nicht bekannt war, ist so augenfällig, daß die Thatsache nicht bewiesen zu werden braucht. Erst in der Geschichte Amazia's wird auf das Gesetzbuch Mose's hingewiesen. Auf welche Weise war die Lehre dem Volke bekannt geworden? Ein Psalm aus der nach-Usianischen Zeit aiebt den Modus der Belehrung an (Ps. 78, 5-6) לארשיב םש הרותו בקעיב תודע םקיו ןורחא רוד ועדי ןעמל .םהינבל םעידוהל וניתובא תא הוצ רשא םהינבל ורפסיו ויהי ומקי ודלוי םינב. Deutlich genug ist hier angegeben, daß die Belehrung lediglich mündlich war. Aus dem Segen Mose's (Deuteron. 33, 8) geht hervor, daß die Belehrung vom Stamme Levi ausging. Vgl. Note 6.


10 Exodus 34, 16 fg.


11 Könige II, 11, 18.


12 Folgt aus den Worten Könige das V. 20 ריעהו הטקש.


13 Könige II, 2, 23.


14 Das. 4, 42.


15 Das. 4, 1 fg.


16 Das. 4, 8 fg.


17 Das. 5, 3.


18 Das. 6, 32.


19 Das. 4, 23.


20 Könige II, 12, 5-9 ist ein wenig dunkel; der Verf. der Chronik hat die Erzählung entweder geflissentlich geändert oder nicht mehr recht verstanden. רבע ףסכ ist wohl nichts anderes, als das, Exodus 30, 13-15 angegebene םידקפה לע רבעה ... ףסכ, und zwar לקשה תיצחמ. Es ist also eine Kopfsteuer für die Volkszählung. שיא וכרע תושפנ ףסכ entspricht dem in Leviticus 27, 2-8 angegebenen תושפנ ךכרע. Es sind also zweierlei bestimmte Einnahmequellen angegeben: Kopfsteuer für die Zählung und Gelübdeverpflichtung. רשא ףסכ לכ שיא בל לע הלעי sind freiwillige Spenden.


21 Exodus 25, 1 fg., 35, 4 fg., 36, 4-7.


22 Könige das. 12, 11 fg. Statt ורציו das. muß man nach Chronik II, 24, 11 lesen ורעיו (=ורעניו) »sie haben ausgeleert« nämlich die Lade. Diese L.-A. ist bereits von Anderen vorgeschlagen.


23 Sehr richtig hat Racie durch poetische Intuition dieses Verhältniß des Hohenpriesters zum Könige in Juda geahnt und Joad die Worte in den Mund gelegt (Athalie, Acte I. Sc. 2):

»Il faut que sur le tróne un roi soit élevé,

Qui se souvienne un jour qu'au rang de ses ancêties,

Dieu l'a fait remonter par la main de ses prétres,

L'a tiré par leors mains de Ponbli du tombeau,

Et de David éteint rallumé le flambeau.«


24 Chronik II, 24, 16


25 Chronik II, 24, 20 fg. Das Faktum ist wohl historisch, die Motivirung aber, als wenn Zacharia in Folge seines Tadels gegen den König und die Fürsten wegen ihres Abfalls zum Götzenthum getödtet worden wären, ist schwerlich richtig, da im Buch der Könige das. 12, 3 angegeben und das. 14, 3 bestätigt wird, daß Joasch sein Lebenlang nicht götzendienerisch war. Die L.-A. der LXX עדיודי ודרזה רשא ימי לכ statt וימי לכ ist falsch. [Sie stimmt jedoch mit Chronik II, 24, 2 genau überein.]


26 S. Note 2.


27 Könige II, 8, 12; 10, 32-33; vgl. Amos 1, 3-4.


28 Das. 13, 3-7, 22.


29 Das. 5, 2; 6, 8-9, 23.


30 Das. II, 12, 18 fg.


31 Das. 12, 21 fg.


32 Folgt aus das. 7, 6, über die םיתחה יכלמ vgl. B. I, S. 389 fg.


33 Könige das. 6, 24-25.


34 Das. 7, 13


35 Das. 6, 28 fg.


36 Die Relation das. 6, 24 bis 7, 20 kann nur unter Joasch von Israel gesetzt werden, und unter dem daselbst genannten Ben-Hadad kann nur der Sohn Chazael's verstanden sein. Denn Elisa wird als in Samaria weilend dargestellt (6, 32 fg.). Der König wird als fromm geschildert (6, 30). In V. 33 דוע 'הל ליחוא המ spricht sich Gottergebenheit aus, und es ist der König, der es ausspricht. Statt ךאלמה muß ךלמה gelesen werden, wie bereits von Anderen bemerkt. Endlich verkehrt Elisa freundschaftlich mit dem Könige, das kann lediglich von Joasch angenommen werden, denn das. 13, 14 fg. nennt Joasch den Propheten: »Vater, Vater, Wagen und Reiterei Israels!« An einen anderen König ist nicht zu denken und am allerwenigsten an Jehoram von Israel, welchen Elisa nicht einmal anblicken mochte (3, 14). Eben so wenig kann Jehoachas darunter verstanden werden, weil er nicht חצרמה ןב, Sohn des Mörders, genannt werden konnte (6, 32), da Jehu doch im Auftrage eines Prophetenjüngers die Omriden umbringen ließ. Ueberhaupt beziehen sich alle Relationen, in denen von dem König (ךלמה) schlechtweg im Verhältniß zu Elisa erzählt wird, auf Jehoasch, so: 5, 5 fg.; 6, 9 fg.; 8, 4 fg. Alle diese Relationen stammen von den Prophetenjüngern, und diesen war es selbstverständlich, daß der König, welcher auf Elisa's Nathschläge hörte und ihn verehrte, kein anderer als Jehoasch war; darum hielten sie es für überflüssig, ihn zu individualisiren und zu nennen.


37 Das. 13, 14-25. Aus V. 17 geht hervor, daß das Schlachtfeld jedesmal in קפא war.


38 Obadja 1, 3.


39 Könige das. 14, 6. Der Name der Stadt scheint auch in Obadja 1, 9 vorzukommen לטקמ ושע רהמ [... esaw mikatel], vielleicht zusammengezogen aus לאטקימ [mijaktel]= לאתקי.


40 Könige das. 14, 5.


41 Das. V. 6 wird ausnahmsweise darauf verwiesen, daß Amazja dabei nach der Vorschrift der Lehre Mose's verfahren sei. Nun findet sich zwar dieses humane Verbot nur im Deuteronomium [24, 16]; es muß aber schon in einem der drei früheren Bücher Exodus, Leviticus oder Numeri enthalten gewesen sein.


42 Das. 13, 14. Die Dauer von Elisa's prophetischer Wirksamkeit läßt sich dadurch ungefähr fixiren, daß sie nach Eliahu's Tod, etwa zur Zeit Jehoram's von Israel, begann und bis in Jehoasch's Regierung reichte. Sie kann aber nicht allzutief bis in die letzten Regierungsjahre dieses Königs ausgedehnt werden, sonst mußte man Elisa mehr als hundertjährige Lebenszeit geben.


43 Das. 8, 4 fg.


44 Das. 5, 1 fg.


45 Das. 2, 19-25; 4, 2 fg.; 5, 10 fg.; 6, 1 fg. 13, 21 fg. Ewald's Schematismus von einer Zwölfzahl der Wundererzahtungen in Elisa's Leben ist Widersinn, denn genau gezählt sind ihrer mehr als 14 und nach anderer Zählweise weniger als 12.

46 Es ist nicht zu verkennen, daß die Relation von Simson zwei Bestandtheile hat, von denen der eine historisch und der andere sagenhaft ist. Der Letztere ist dadurch kenntlich, daß er einen Nachtrag bildet (Richter, c. 16); nachdem schon vorher der Abschluß angegeben ist (15, 20), wird die Dauer seiner Thätigkeit nochmals wiederholt (16, 31). Zur sagenhaften Relation gehört auch die Einleitung (Kap. 13, 2 fg.), in welcher Simson selbst insofern als Nasiräer dargestellt wird, daß ein Scheermesser niemals sein Haupt befahren habe (V. 5). Freilich scheut sich die Relation, den grellen Widerspruch mit der anderweitigen Relation zu begehen, Simson's Enthaltsamkeit von Wein und Unreinem hervorzuheben; da es bekannt war, daß er sich mit Heidentöchtern verunreinigt hat, so wird das Verhältniß so dargestellt, daß seine Mutter sich des Weines und unreiner Speise enthalten habe. Es ist daher kein Zweifel, daß die zweite Partie aus dem Kreis der lebenslänglichen Nasiräer, d.h. aus Eliahu's und Elisa's Schule, stammt.


47 Numeri 6, 2 fg. Es ist dabei hervorzuheben אילפי רדנ רדנל V. 2 und ןיי ריזנה התשי רחאו V. 20. Auch das wiederholte Pointiren ורזנ ימי לכ »nur so lange« ist beachtenswerth. Die talmudische Auslegung hat mit Recht unterschieden einen zeitweiligen Nasir für 30 Tage von einem lebenslänglichen (םלוע ריזנו). Dieser kam in der älteren Zeit nur im Zehnstämmereich vor.

48 Könige das. 14, 8-14. V. 13 muß man lesen והאיביו (nämlich den Amazja) statt ואביו. Die Geiseln werden in der Quelle das. V. 14 תוברעתה ינב genannt.


49 Vgl Chronik II, 28, 9 fg. Der Kern der Erzählung ist wohl geschichtlich.


50 S. B. I, S. 474, 478.


51 Könige das. 14, 25.


52 Das.


53 Folgt daraus, daß er die Südgrenze bis zum לחנ הברעה ausgedehnt hat, dieser Strich gehörte zu Moab, Jesaia 15, 7. [Könige II, 14, 25 ist von הברעה םי die Rede!]


54 Da Eusebius' Onomasticon angiebt, daß Lachisch, noch zu seiner Zeit ein Dorf dieses Namens, 7 röm. M. südlich von Eleutheropolis (Beit-G'ibrin) lag, so ist wohl die Identificirung desselben mit dem jetzigen Umm-Lakis, etwa 31/2 Stunden südwestlich von Beit-G'ibrin, richtig. Bei Umm-Lakis finden sich noch Ruinen einer alten Stadt. [Vgl. dagegen Buhl, Geographie des alten Palästina, S. 191 fg.]


55 Könige das. 14, 19.


56 Vgl. darüber Note 3.


57 Vgl. Movers, Phönicier II, 3, S. 7.

58 Amos 8, 13.



Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig 1902, Band 2.1, S. 68.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:

Buchempfehlung

Wieland, Christoph Martin

Alceste. Ein Singspiel in fünf Aufzügen

Alceste. Ein Singspiel in fünf Aufzügen

Libretto zu der Oper von Anton Schweitzer, die 1773 in Weimar uraufgeführt wurde.

38 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon