7. Kapitel David und Isch-Boschet. (Um 1055-1035.)

[201] Davids Abhängigkeit von den Philistern. Sein Trauerlied um Saul und Jonathan. Er wird König von Juda; Isch-Boschet und Abner in Machanaïm. Verdrängung der Philister aus dem Lande. Fehden zwischen Juda und Benjamin. Zerwürfnis zwischen Isch-Boschet und Abner und beider unnatürlicher Tod. David wird König über ganz Israel. Eroberung der Burg Zion. Entstehung und Anfang der Stadt Jerusalem. Davids Bruch mit den Philistern. Seine Heldenschar. Überführung der Bundeslade nach Jerusalem. Provisorische Einrichtung des Kultus in der Davidsstadt. Davids Beamte und Räte. Die Gibeoniten. Vertilgung des Hauses Saul.


Auch David, auf den das Volk früher so viel Hoffnung gesetzt hatte, schien jetzt vergessen zu sein. Was hatte er getan, während das Vaterland blutete? Mag sein Zug gemeinschaftlich mit den Philistern bekannt geworden sein oder nicht, auffallend mußte es allen geworden sein, daß er in dieser traurigen Zeit, nur auf eigene Sicherheit bedacht, sich fern von jeder Gefahr hielt, dem bedrängten Volke nicht beisprang und an dem Bündnis mit den Philistern festhielt. Freilich war auch er in derselben Zeit in Bedrängnis; aber die Vorgänge, die ihn betrafen, wurden erst später bekannt. Für den Augenblick mußte es denen, die Sinn für die öffentlichen Vorfälle hatten, schmerzlich sein, daß David im Bündnis mit den Feinden stand und während der Abwesenheit des Königs Achisch im Kriege gegen Israel gewissermaßen dessen Grenzen beschützte.

Als David nämlich vom Zuge mit den Philistern wegen des Argwohns der Großen zurückgesandt wurde, fand er seine Stadt Ziklag verbrannt, Weiber und Kinder aber und alle, die nicht mit ausgezogen waren, waren verschwunden. Die Amalekiter, die durch Davids Streifzüge gelitten hatten und in die Wüste geflohen waren, hatten dessen Abwesenheit benützt, um ihrerseits einen Plünderungszug zu unternehmen. [201] Sie überfielen den Süden des Philisterlandes (Negeb der Krethi), worin Ziklag lag, führten alle daselbst angetroffenen Menschen in Gefangenschaft, plünderten alle Wertsachen und verbrannten die Stadt. Dann zogen sie plündernd durch den Süden Judas bis zur Trift Khaleb (oder Khelub), worin Maon lag, und schickten sich an, mit reicher Beute beladen, in die Wüste zurückzukehren1. Als die Mannschaft Davids bei ihrer Heimkehr die Ihrigen nicht vorfand und die Stadt verbrannt sah, war ihr Schmerz so groß, daß sich ihr Unmut gegen David kehrte und ihn mit dem Tode bedrohte, weil es ihr schien, daß er sie als Schweif des philistäischen Heeres gewissermaßen von der Heimat weggelockt hatte. Indessen faßte sie, durch den Gottesspruch des Priesters Ebjathar, daß sie die amalekitische Streifschar erreichen und ihr die Gefangenen und die Beute abjagen würden, wieder Mut. In Eilmärschen traten darauf David und seine Mannen die Verfolgung an und erfuhren durch einen ägyptischen Sklaven, den sie verlassen und krank am Wege fanden, den Lagerplatz des Amalekiterhaufens und überraschten ihn an der bezeichneten Stelle, wie er gerade in großem Jubel zechte und tanzte ob der gemachten Beute. Dieser Jubel wurde ihm schnell in Trauer verwandelt; denn Davids erbitterte Schar schlug ihn so gewaltig, daß die meisten der Feinde auf dem Kampfplatze blieben und nur wenige auf Kamelen entkamen. Alle Gefangenen und die ganze Beute fanden Davids Leute wieder; es fehlte nichts. Außerdem erbeuteten sie noch die Herden der Amalekiter. Siegestrunken kehrten David und seine Mannschaft nach Ziklag zurück und begannen es wieder aufzubauen und sich einzurichten. Von der den Amalekitern abgenommenen Beute sandte David Ehrengaben an die Ältesten Judas und an seine Freunde in viele Städte von Beerseba bis Hebron und auch an die Keniter auf dem Gebirge, die ehemaligen Genossen der Amalekiter. Er beabsichtigte damit, diesen allen Kunde von seinem Siege zu geben und sie zugleich für sich einzunehmen.

Kaum hatte er wieder festen Fuß in Ziklag gefaßt, als ihm die Trauerkunde zukam, daß das israelitische Heer am Gilboa eine schreckliche Niederlage erlitten hatte, und daß auch Saul und seine Söhne gefallen waren. Der Bote, der ihm die Kunde brachte, ein im Lande angesessener Amalekiter, heuchelte zwar Trauer, kam mit zerrissenen Kleidern und Erde auf dem Haupte, erwartete aber von David eine Belohnung für seine Botschaft, indem er ihm Sauls goldene Krone und seinen Schmuck überreichte. Auf Befragen antwortete der Amalekiter, er selbst habe [202] Saul, von ihm dringend gebeten, getötet, weil der König nicht mehr die Kraft zu stehen gehabt hätte. Davids erste Regung bei dieser Kunde war Trauer, tiefe Trauer über den verhängnisvollen Tod des Königs und noch mehr um den Verlust seines Herzensfreundes Jonathan. Und wer wäre so herzlos gewesen, dabei ruhig und kalt zu bleiben! Nach dem Brauch zerriß David seine Kleider, als Zeichen tiefen Schmerzes. In seinem Eifer befahl er, den Boten, welcher eine Belohnung erwartete, zu töten, weil dieser sich gerühmt hatte, den gesalbten König getötet zu haben2. Dann veranstaltete er eine öffentliche Trauer um den Tod des Königs und seines Freundes Jonathan und um die Niederlage des Volkes Gottes. Bei dem Trauerakt trug David ein tiefempfundenes elegisches Lied vor, welches seinem Herzen Ehre macht und von seiner dichterischen Begabung Zeugnis ablegt:


»Soll, o Israel, die Herrlichkeit3

Auf deinen Höhen als Leiche liegen?

Wie sind die Helden gefallen!


Verratet es nicht in Gath,

Verkündet es nicht in Askalons Straßen,

Daß sich nicht freuen die Philistertöchter,

Daß nicht jubeln die Töchter der Unbeschnittenen!


Berge Gilboas! nicht Tau, nicht Regen auf euch,

Ihr Gefilde der Höhen!4

Denn dort wurde besudelt der Schild der Helden,

Der Schild Sauls,

Die Waffe5 des mit Öl Gesalbten,


[203] Vom Blute der Erschlagenen,

Vom Fett des Helden,

Der Bogen Jonathans,

Der nie zurückgeprallt,

Das Schwert Sauls,

Das nie leer eingesteckt ward.


Saul und Jonathan,

Die Geliebten und Beliebten in ihrem Leben,

Auch im Tode sind sie nicht getrennt.

Schneller denn Adler,

Mutiger denn Löwen.


Ihr Töchter Israels,

Weinet um Saul!

Er hat euch in Purpur mit feinem, Gewebe6 gekleidet,

Er hat goldenen Schmuck

Auf Euer Gewand gelegt.

Wie sind die Helden gefallen im Kriege!

Auf deinen Höhen, Israel, als Leichen7!


Weh ist mir um dich,

Mein Bruder Jonathan!

Süß warst du mir gar sehr,

Wunderbar war mir deine Liebe,

Mehr, als die Liebe zu Frauen!


Wie sind die Helden gefallen

Und untergegangen die Waffen des Krieges!«


Das Trauerlied entlockte denen, die es hörten, Tränen des Schmerzes.

Wie aufrichtig auch Davids Trauer bei der Kunde von Sauls Tod gewesen war, ausnutzen mußte er ihn doch. Es hielt ihn nicht mehr in dem abgelegenen Winkel von Ziklag, es trieb ihn vielmehr, in den Vordergrund zu treten. Die alte Stadt Hebron, den Sitz des judäischen Adels, wählte er zu seinem Aufenthalte. Aber er wurde nicht von den Ältesten dahin eingeladen, sondern drängte sich gewissermaßen auf. So sehr hatte seine Beliebtheit durch seine Verbindung mit den Philistern, selbst bei seinem eigenen Stamme gelitten. Seine Schar der Sechshundert und die diesem vorstehenden tapferen Streiter (Gibborim) zogen [204] mit ihm und siedelten sich mit ihren Familien in Hebron an8. Diesen Schritt selbständiger Unternehmung tat er, während die Philister noch im Norden mit der Ausbeutung ihres Sieges beschäftigt waren. Erst als David festen Fuß in dem damaligen Vororte des Stammes Juda gefaßt hatte, wählten ihn, auf Anregung der Freunde, die er sich durch seine Zuvorkommenheit erworben hatte, die Ältesten des ganzen Stammes zum Könige. Er knüpfte sofort mit den Stämmen jenseits des Jordans Verbindungen an, um auch diese für sich zu gewinnen. An die diesseitigen dagegen, die noch unter der Gewalt der Philister standen, konnte und durfte er sich nicht wenden. Er drückte den Einwohnern von Jabesch-Gilead seine Zufriedenheit und seinen Dank dafür aus, daß sie ihre Treue gegen die Hülle des gefallenen Königs Saul bewährt und seine Leiche der Schändung entrissen hatten. Er benachrichtigte sie dabei gelegentlich, daß das Haus Juda ihn zu dessen Nachfolger gewählt hatte, und verhieß ihnen sein Wohlwollen wegen ihrer treuen Anhänglichkeit an Saul. Für den Augenblick hatte seine Sendung an die Bewohner von Jabesch-Gilead keinen Erfolg; weder diese, noch die anderen jenseitigen Stämme dachten daran, David als König anzuerkennen. Es muß auch sie tief verletzt haben, daß er noch immer mit den Feinden ihres Volkes im Bündnis stand, ein Vasall der Philister war und keinen Schritt tat, das Vaterland von deren Joche zu befreien. Ein unglückseliges Verhängnis hielt ihn in den Banden der Philister fest; seine Klugheit stand im Kampfe mit seiner Vaterlandsliebe. Diese gebot, alles aufs Spiel zu setzen, um sich von dem unheilvollen Bündnisse loszumachen, jene dagegen riet, den mächtigen Nachbar nicht zu reizen, ihn vielmehr als Leiter zur Erklimmung einer höheren Stufe zu benutzen. Achisch ließ David die volle Freiheit, sich als König von Juda zu geberden und Streifzüge in die Grenzgebiete der Wüste, wo die Wanderstämme hausten, zu machen, von deren Beute er nach wie vor seinen Anteil erhielt; aber darüber hinaus durfte David keinen Schritt tun. Joab, in dem ein Gewaltiges sinnender Feldherr steck te, mußte sich die kleinliche und schmähliche Rolle gefallen lassen, die Raubzüge gegen die Geschuriter oder Kenisiter fortzusetzen9. Mit dem Geschuriterkönig Talmaï hatte David damals entweder ein Bündnis geschlossen, wodurch er dessen Tochter Maacha zur Ehe erhielt, oder er hatte sie in einer Fehde erbeutet. Das war seine dritte Frau neben [205] Achinoam und Abigaïl. Der von ihr geborene Sohn hat später Unheil über David und das ganze Volk heraufbeschworen. Konnte David seine Königswürde nicht durch Machtentfaltung erhöhen, so sollte sie wenigstens durch Vielweiberei glänzen. Er nahm in den sechs Jahren, so lange er in Hebron residierte, zu den drei Frauen noch drei andere hinzu, Chaggit, Abital und Eglah.

Die Befreiung des Landes von den Philistern, an die David nicht denken konnte, weil ihm die Hände gebunden waren, vollzog Sauls Feldherr Abner. Es war ihm gelungen, von der großen Niederlage am Gilboa zu entkommen, und er verlor den Mut nicht, bei dem Schiffbruch des Hauses Saul was noch möglich war zu retten. Mit anderen Flüchtlingen begab er sich in das Ostjordanland, wo sie die Philister nicht erreichen konnten, und wo für das Haus Saul dankbare Herzen schlugen. Die Stadt Machanaïm, nordwestlich vom Fluß Jabbok, die Grenzstadt der Stämme Gad und Halb-Manasse10, wählte Abner zum Sammelpunkt für die Anhänger des Hauses Saul. Die Karawanenstraße, die jenseits des Jordans vom roten Meere nach Damaskus führte, ging durch diese Stadt. Dadurch hatte sie einige Bedeutung erlangt. Hierher führte Abner den überlebenden Sohn Sauls, Isch-Boschet (Eschbaal), und sämtliche Glieder der unglücklichen königlichen Familie und brachte es dahin, daß die jenseitigen Stämme ihn als Nachfolger anerkannten. Nachdem Abner eine wehrhafte Schar aus den jenseitigen Stämmen und den Benjaminiten, die zu ihm gestoßen waren, zusammengebracht hatte, begann er den Kampf gegen die Philister. Diese hatten wohl in den wichtigen Städten des eroberten Gebietes nach ihrer Gewohnheit Steuervögte (Nezibim) mit Truppenbesatzung zurückgelassen, welche die Einwohner im Zaume halten sollten. Abner verdrängte nach und nach die Philister aus dem diesseitigen Lande; aber erst nach vier oder fünf Jahren gelang es ihm, das ganze Land zu befreien (1055 bis 1051). So schwer muß der Kampf gewesen sein. Am schwierigsten war wohl die Zurückeroberung des Stammes Benjamin, weil die Philister dorthin leicht Truppen werfen konnten. Jeder Stamm, den Abner befreite, huldigte freudig dem Sohne Sauls11. Abner hat Außerordentliches geleistet. Er hat nicht nur die Unabhängigkeit erkämpft, sondern auch diejenigen Stämme in das Gemeinwesen gezogen, welche noch unter Saul sich ungefügig gezeigt hatten. Er hat so recht eigentlich das Zehnstämmereich oder das Reich Israel fest begründet und seine Glieder enger aneinander gefügt. Allein nach seinem Siege und seinen [206] Anstrengungen war mit einem Male das Volk in zwei Reiche geteilt, das Reich Israel und das Reich Juda, von zwei Königen beherrscht. Der Stamm Juda, kaum durch die Tätigkeit Samuels und Sauls seiner Sonderheit entzogen und mit den übrigen Stämmen vereint, wurde abermals vom Ganzen getrennt. Der Sieg Abners hatte keine Freudigkeit erzeugt, weil er die Zwiespältigkeit gebracht hatte. Schnell eilte der Griffel des Geschichtsschreibers darüber hinweg und deutete ihn nur mit wenigen Strichen an.

An eine Verschmelzung des Hauses Israel mit dem Hause Juda war nach Lage der Sache gar nicht zu denken. Nicht nur widerstrebten die beiden Könige David und Isch-Boschet einer freiwilligen Einigung der Glieder, weil dann einer von ihnen auf seine Königswürde hätte Verzicht leisten müssen, sondern vielleicht noch mehr ihr Anhang und besonders die beiderseitigen Feldobersten Joab und Abner, die einen hohen Grad von Eifersucht aufeinander hegten. Auch die beiderseitigen Untertanen waren einer Verschmelzung nicht geneigt; die Jehudäer und die übrigen Stämme standen einander fremd gegenüber, wie zwei räumlich nahe, aber im Leben und Geschichtsgange verschiedene Völkerschaften; ihr Zusammenwirken unter Saul war nur von kurzer Dauer gewesen. Die Jehudäer wurden von den übrigen Stämmen als ein Bauernvolk geringschätzig angesehen. Da auf keiner Seite ein fester Wille vorhanden war, sich um der Einheit willen freiwillig unterzuordnen, mußte das Schwert entscheiden. Bei einem Kriege zwischen den beiden Gliedern des Volkes waren die Jehudäer im Vorteil, obwohl sie der Zahl nach kaum dem dritten Teil der Israeliten gleichkamen. Sie waren unter sich geeinter, während die übrigen Stämme widerstrebende Elemente enthielten. Die Ephraimiten mögen mit Unwillen die Herrschaft des winzigen Stammes Benjamin, dem der König angehörte, geduldet haben. David hatte ferner mehr treue und kriegslustige Anhänger als Isch-Boschet; endlich war seine Heldenschar der Sechshundert und ihre Obersten, die Gibborim, kriegserprobt und kühn. Der israelitische König konnte ihnen keine gleiche Kriegerschar entgegenstellen. Was aber ganz besonders ins Gewicht fiel, war die Tatsache, daß der Stamm Juda von einem mutigen und kriegstüchtigen König geführt wurde, der vom Propheten Samuel gesalbt war und daher als geheiligte Person galt, während Isch-Boschet nur dem Namen nach König, keineswegs durch eine Gottesstimme bestätigt war und persönlich wenig kriegerisch gewesen zu sein scheint. Die ganze Macht ruhte in den Händen seines Feldherrn Abner. Isch-Boschet saß in einem abgelegenen Winkel des jenseitigen Landes und war kaum von [207] allem unterrichtet, was zwischen beiden Volkshälften vorging, während David seinen Wohnsitz in der Mitte seines Stammes hatte und von Hebron aus alles leiten konnte.

So brach denn, als Abner sämtliche Stämme außer Juda für Isch-Boschet gewonnen oder zurückerobert hatte, ein Bürgerkrieg zwischen dem Hause Israel und dem Hause Juda aus, oder zwischen dem Hause Sauls und dem Hause Davids, der zwei Jahre dauerte (1051-1049). Joab führte auf der einen und Abner auf der anderen Seite die streitenden Scharen an. Die Einzelheiten der geführten Fehden sind nicht bekannt geworden, es wird nur angedeutet, daß die Israeliten, trotz ihrer Überlegenheit an der Zahl, stets den Kürzeren zogen12. Wie es scheint, haben die Jehudäer sich in dieser Zeit in den Besitz einiger Striche gesetzt, die teils zum Stamme Benjamin, teils zum Stamme Dan gehörten, nämlich der westlichen Seite dieser Stämme, die an das Philisterland grenzte, mit den Städten Zarea und Eschtaol, echt danitischen Städten, mit der Waldstadt Kirjat-Jearim, wo die Bundeslade stand, welche die Philister aus der Gefangenschaft entlassen hatten (o. S. 133), mit dem hochgelegenen Mizpah, wo Saul zum König gesalbt worden war (o. S. 154); und diese und noch andere benjaminitische Städte gehörten fortan zu Juda13. An der Nordwestgrenze dehnte sich infolge der Eroberungen das Gebiet Juda bis Gibeon aus. Um den Besitz dieser Stadt, welche einige Wichtigkeit hatte, wurden öfter Fehden zwischen beiden Häusern geführt. Als beide Scharen schon erschöpft waren, schlug Abner vor, den Besitz der Stadt durch einen Zweikampf zu entscheiden, und dieser Vorschlag wurde von Joab angenommen. Infolgedessen stellten sich von beiden Seiten zwölf Zweikämpfer, gewissermaßen die zwölf Stämme vertretend, und begannen den Kampf Mann gegen Mann. Die Jehudäer trugen auch dieses Mal den Sieg davon. Einer der jehudäischen Zweikämpfer, Aßah-El, Joabs Bruder, durch den Sieg übermütig geworden, heftete sich dem benjaminitischen Feldherrn an die Ferse, um durch den Tod des einzigen Mannes, welcher Isch-Boschets Königswürde stützte, diesen in Ohnmacht zu versetzen. Allein obwohl Aßah-El leicht zu Fuß war, wie ein »Reh auf dem Felde«, konnte er doch vor Abner nicht standhalten und wurde von dessen Speer durchbohrt. Der Tod dieses heldenmütigen Jünglings[208] erregte aber die Jehudäer noch mehr zum Kampfe. Seine Brüder Joab und Abisaï riefen ihre Schar zur Blutrache auf; aber auch die Benjaminiten sammelten sich um Abner, um ihren einzigen Helden nicht zu Falle kommen zu lassen. Es entstand dadurch eine blutige Jagd zwischen beiden Scharen, bis endlich Abner von einem Berge aus Joab zurief, dem Blutvergießen unter den Volksgenossen ein Ende zu machen: »Soll denn das Schwert für immer wüten? Weißt du nicht, daß zuletzt Unglück entstehen wird? Warum befiehlst du nicht deinen Leuten, von ihren Brüdern abzustehen?« Auch Joab fand es zuletzt ratsam, die Waffen ruhen zu lassen, und gebot seiner Schar Stillstand. Er und seine Leute trugen die Leiche Aßah-Els nach Betlehem, um sie im Erbbegräbnis beizusetzen, und begaben sich von da nach Hebron. Abner mit seinen Leuten überschritt den Jordan und begab sich nach Machanaïm14.

Während der eingetretenen Waffenruhe vollzog sich das tragische Verhängnis über dem Hause Sauls. Abner hatte ein lüsternes Auge auf die schöne Kebsin Sauls, auf Rizpa, geworfen, die mit ihren beiden Söhnen auch in Machanaïm wohnte. Obwohl Isch-Boschet sich manches von seinem Feldherrn gefallen lassen mußte, da er ihn nicht missen konnte, durfte er doch dessen Umarmung der Witwe seines Vaters nicht dulden, weil darin die Absicht lag, sich der Königswürde zu bemächtigen. Er erteilte daher Abner eine Rüge. Dieser fühlte sich dadurch verletzt, hielt dem Schattenkönig seine Undankbarkeit vor und kehrte ihm den Rücken. Isch-Boschet vermochte in seiner Ohnmacht nicht gegen den hochmütigen Feldherrn mit Strenge zu verfahren. Dieser knüpfte darauf heimlich mit David Unterhandlungen an und stellte ihm die Huldigung sämtlicher Stämme in Aussicht. Als Gegendienst mag er sich ausbedungen haben, daß er in seinem Feldherrnamte über die israelitischen Stämme verbleiben sollte. Freudig ging David auf diesen Antrag ein, verlangte aber vorher als Unterpfand des Bündnisses, daß seine Lieblingsgattin Michal, die Saul ihm entrissen und an einen Benjaminiten aus Gallim, namens Paltiël, verheiratet hatte, ihm wieder zurückgegeben würde. Isch-Boschet selbst mag die Gerechtigkeit dieser Forderung anerkannt und nichts Schlimmes für sich darin erblickt haben. Darauf verließ Abner seinen König unter dem Vorwande, Michals Trennung von ihrem Gatten durchzusetzen, begab sich in das Gebiet Benjamin und zwang Paltiël, sie zu entlassen. Der aber begleitete [209] sie weinend eine Strecke, bis er auf ein Drohwort Abners traurig umkehren mußte. David hatte die Gattin seiner Jugendliebe wieder. Abner zog darauf unter den Stämmen umher und suchte heimlich Anhänger für David zu gewinnen. Viele Israeliten mögen im Stillen gewünscht haben, daß der unglückselige Bürgerkrieg durch die Unterwerfung unter den judäischen König aufhören möge. Selbst einige Benjaminiten waren einer Vereinigung nicht abgeneigt. Mit zwanzig vertrauten Freunden, die für David gewonnen waren, traf Abner in Hebron ein, immer in Heimlichkeit15. David hatte dafür gesorgt, Joab und seinen Bruder, die eifersüchtigen und mißtrauischen Söhne Zerujas, auf einen Streifzug aus Hebron zu entfernen. Während ihrer Abwesenheit verabredete David mündlich mit Abner und den zwanzig Parteigängern, auf welche Weise die Ältesten der Stämme für die Entthronung Isch-Boschets und die Huldigung für ihn gewonnen werden sollten. Freudig gestimmt, dem Ziel seiner Wünsche so nahe zu sein, gab David den gegen ihren König Verschworenen ein Gastmahl. Schon hatte Abner Hebron verlassen, um einen Aufruf an die Stammesältesten zu richten, daß sie seinem Beispiele folgen und dem König von Juda huldigen möchten, als Joab mit seinen Leuten von dem Streifzuge zurückkehrte. Hier erfuhr er die überraschende Neuigkeit, daß Abner, der Feind des davidischen Hofes, aufs freundlichste empfangen und aufs freundlichste entlassen worden war. Hinter seinem Rücken hatte sein König geheime Unterhandlungen gepflogen, und er selbst sollte dem Bündnis als Opfer dienen; das schien ihm die unausbleibliche Folge zu sein. Schnell entschlossen, wie er war, sandte Joab dem Abner Boten nach, als wenn der König ihm noch etwas mitzuteilen vergessen hätte. Diese holten ihn ein und veranlaßten ihn umzukehren. Am Tore von Hebron lauerten ihm Joab und Abisaï auf, und Abner fiel unvermutet und ungewarnt vom Schwert getroffen zu Boden. Scheinbar hatten die Söhne Zerujas nur den Tod ihres Bruders Aßah-El an Abner gerächt, im Grunde aber wollten sie einen Nebenbuhler beseitigen, der sie in den Schatten zu drängen drohte.

David war vom Tode Abners tief betroffen. Der Mann, der einzig und allein imstande und bereit war, ihm auf friedlichem Wege sämtliche Stämme zuzuführen, am Vorabend zur Verwirklichung des Planes meuchlings ermordet! Wird der Tod nicht ihm zur Last gelegt werden, als wenn er den Feldherrn Isch-Boschets und dessen einzige Stütze, ins [210] Garn gelockt hätte, um ihn aus dem Wege räumen zu lassen? Werden bei diesem Verdacht die Stämme sich noch geneigt fühlen, dem die Hand zu bieten, der ihren Retter hinterlistig das Leben rauben ließ? David war in einer peinlichen Lage. Um den Verdacht von sich abzuwälzen, gab er seiner aufrichtigen Trauer um Abner einen feierlichen Ausdruck. Er veranstaltete ein in die Augen fallendes Leichenbegängnis in Hebron für den gefallenen Helden Israels, befahl allen seinen Hofleuten, der Bahre in Trauerkleidung zu folgen, begleitete sie selbst, mochte am Tage der Bestattung nichts zu sich nehmen und hauchte unter Tränen seinen Schmerz in einem Trauerliede aus, dessen Anfang sich noch erhalten hat:


»Mußte einem Verworfenen gleich Abner sterben?

Deine Hände waren nie gebunden,

Deine Füße nie mit Fesseln in Berührung,

Von Frevlerhand bist du gefallen!«


Dieses Lied machte auf die Anwesenden einen gewaltigen Eindruck, alle brachen in Tränen aus und wurden durch den Ton, mit dem David das Trauerlied vortrug, von der Aufrichtigkeit seines Schmerzes überzeugt. Dagegen scheute sich David, die Söhne Zerujas zur Rechenschaft zu ziehen oder ihnen auch nur einen Vorwurf zu machen; er konnte ihrer nicht entraten. Nur im Kreise seiner Vertrauten ließ er bittere Anklagen gegen sie ergehen. »Wisset, ein großer Fürst in Israel ist heute gefallen, ich bin zu schwach und noch nicht allgemein als König gesalbt, und die Söhne Zerujas sind mir zu überlegen. Möge Gott den Frevlern vergelten16

Die Kunde von Abners heimtückischer Ermordung machte auf Isch-Boschet einen niederbeugenden Eindruck. Da er von dem verräterischen Einverständnis seines gefallenen Feldherrn mit David keine Ahnung hatte, so fühlte er nur den Verlust eines vermeintlich treuen und unersetzlichen Helden, der Hauptstütze seines Thrones. Das Volk war nicht minder auf das Tiefste davon betroffen und entmutigt17. Wer sollte es fortan gegen die lauernden Feinde schützen? David war noch immer ein Verbündeter der Philister. Kaum hatte es sich von dieser Schreckenskunde erholt, so traf eine andere ein. Der König Isch-Boschet wurde in seinem Bett ermordet gefunden, das Haus Sauls brach zusammen. Zwei verworfene Brüder, benjaminitische Streifscharenführer des [211] Königs, Rechab und Baana, gedachten seine Verlassenheit zu benutzen, um sich bei David einzuschmeicheln und von ihm zu einer hohen Stellung befördert zu werden. Während Isch-Boschet an einem heißen Tage mittags in seinem Hause in Machanaïm der Ruhe pflegte und nur eine Türhüterin den Eingang zum Hause bewachte oder auch nicht bewachte – denn sie war bei einer Beschäftigung eingeschlafen – waren Rechab und Baana ins Haus gedrungen, hatten den schlummernden König getötet, ihm das Haupt abgeschnitten und waren damit nach Hebron zu David geeilt18. Die Elenden erwarteten, daß sie für das abgeschlagene Haupt, das sie in ihren von Blut noch warmen Händen brachten, von David einen hohen Preis erlangen würden. Dieser aber ließ sie seinen gerechten Zorn empfinden und bemerkte, daß er den Boten, der ihm vom Tode Sauls Kunde gebracht und ihm damit eine Freude zu machen geglaubt, habe umbringen lassen; um so mehr verdienten diese Verworfenen den Tod, welche einen unschuldigen Mann in seinem Hause und auf seinem Lager getötet hätten. Ein Wink an seine Trabanten, und Rechab und Baana hatten aufgehört zu leben. Mit abgehauenen Händen und Füßen ließ er sie am Teich von Hebron aufhängen. Isch-Boschets Haupt aber ließ er im Grabe Abners beisetzen. Die überlebenden Glieder des Hauses Saul fühlten sich indessen durch den Tod des israelitischen Königs, ihres Schutzherrn, verlassen und lebensunsicher. Jonathans Sohn Mephiboschet flüchtete sich zu einem edlen Mann, Machir, in die gaditische Stadt Lo-Debar19. Wohin Rizpa mit ihren beiden Söhnen von Saul, mit Armoni und Mephiboschet, geflüchtet ist, ist nicht angegeben. Schwerlich hat sie sich in Gibeat-Saul aufgehalten.

Nach Isch-Boschets Tode mußte das Zehnstämmereich von selbst David zufallen. Er hatte auch in diesem Anhänger aus alter Zeit, die sich seiner Kriegstaten unter Saul gegen die Philister erinnerten und ihn, als den durch den Propheten Samuel von Gott Erkorenen, verehrten. Andere waren bereits durch Abner für ihn gewonnen. Selbst diejenigen, welche an Davids Bündnis mit den Feinden Israels Anstoß nahmen, konnten sich der Betrachtung nicht entziehen, daß keine andere Wahl übrig bliebe, als ihm zu huldigen. So kamen denn die Ältesten [212] der Stämme nach Hebron, schlossen mit ihm ein Bündnis, versprachen, treu zu ihm zu halten und überreichten ihm Huldigungsgeschenke. Selbst Benjaminiten huldigten ihm, wiewohl nicht wenige unter ihnen mit verbissenem Ingrimm20. Davids Herzenswunsch war erfüllt; von einem winzigen Stammesfürsten oder König wurde er nach so vielen Hindernissen und Leiden König von ganz Israel. Die Spaltung zwischen dem Hause Jakob und dem Hause Israel war für den Augenblick ausgeglichen, die Zeichen waren ihm günstig. Das Priestertum und Prophetentum nahmen nicht, wie gegen Saul, eine feindliche Stellung gegen ihn ein, waren ihm vielmehr mit ganzem Herzen gugetan. Ein Nachkomme des Hauses Eli, Ebjathar, war in seinem Gefolge, hatte seinen Teil an den Prüfungen, die David erlitten hatte21, und die Propheten hatten ihre Freude an ihm; war er doch von Samuel gesalbt worden und gehörte zu dessen Jüngerkreise. Der Prophet Gad war ebenfalls in seinem Gefolge, und ein anderer Prophet dieser Zeit, Nathan, war gewissermaßen Davids Gewissensrat. Bei den beiden geistlichen Mächten fand er also nur Förderung seiner Schritte, und überhaupt waren im Innern ihm die Wege geebnet. Aber nach außenhin waren große Schwierigkeiten zu überwinden, wenn er als freier König herrschen wollte.

Zunächst mußte David mit den Philistern brechen, wenn er Selbstständigkeit erringen und die Liebe des Volkes in vollem Maße wiedergewinnen wollte. Auf einen blutigen Krieg mit seinen bisherigen Bundesgenossen mußte er sich gefaßt machen. Indessen begann er nicht sogleich den Kampf gegen sie; sie waren noch zu mächtig. Zuerst wollte er sich nach einer anderen Seite freie Hand schaffen. Inmitten des benjaminitischen Stammesgebietes war eine Enklave, welche die Jebusiter inne hatten, weil sie bei dem Einzug der Israeliten nicht erobert werden konnte. Der hohe Hügel Zion war von drei Seiten durch schmale Täler und künstliche Bollwerke unzugänglich gemacht. Am schwierigsten war der Zugang von der Südseite, wo die Felswand des Hügels fast steil aus der Schlucht aufsteigt. Von dieser Hügelburg aus beherrschten die Jebusiter das umliegende Gebiet und fühlten sich sicher. Mit den sie umgebenden Benjaminiten und Jehudäern scheinen sie lange in einem Bundesverhältnis gelebt zu haben, da selbst Saul sie auf ihrem Gebiet unangegriffen gelassen hat. David fand es indessen[213] zweckdienlich, ehe er sich auf den Krieg gegen die Philister einließ, in den Besitz der Felsenburg Zion zu gelangen. Er forderte zuerst die Jebusiter auf, sie ihm freiwillig und friedlich abzutreten und mag ihnen dafür Entgelt geboten haben. Sie aber lachten ihn wegen dieser Zumutung aus und erwiderten ihm spöttisch: »Du kannst nicht hierherkommen, es sei denn, daß du die Blinden und Lahmen beseitigt haben wirst,« denn auch diese allein könnten den Zugang streitig machen. Daraufhin schickte sich David zur Eroberung Zions an, rief seine Heldenschar zusammen und setzte einen Preis für die Tapferkeit aus. Derjenige, der von der steilen Südseite aus zuerst die Spitze der Felsenburg erreichen würde, sollte Feldherr werden. Ein Wetteifer entstand infolgedessen unter den Tapfern, diesen hohen Siegespreis zu erringen. Sie kletterten die Felswand hinan, wurden aber selbstverständlich von den Jebusiten mit einem Hagel von Felsstücken und Pfeilen empfangen. Nichtsdestoweniger gelang es Joab, dem viel daran lag, das Feldherrnamt zu erlangen, die Spitze zu erklimmen und die Jebusiter anzugreifen. Mit Hilfe der nachfolgenden Krieger war er imstande die Burg zu erstürmen und die Verteidiger niederzumachen. Sobald die Jebusiter jeden Widerstand vergeblich sahen, baten sie um Frieden, den ihnen David auch bewilligte. Sie durften in ihrer Stadt bleiben, nur nicht in der Burg; er gestattete ihnen, sich im Osten der Stadt auf dem Hügel Morija anzusiedeln. Diese für so schwierig gehaltene und leicht ausgeführte Eroberung, welche mit der spöttischen Bemerkung von den Blinden und Lahmen begonnen hatte, gab zu einem geflügelten Wort Veranlassung: »Blinde und Lahme (bewachen), man wird nicht ins Haus kommen können22

Nach der Eroberung der Zionsburg verlegte David seine Residenz von Hebron hierher, und sie wurde fortan die Davidsstadt genannt. Die ganze Stadt erhielt einen neuen Namen Jerusalem (Jeruschalaïm) – dessen Bedeutung23 unbekannt ist – und verlor ihren alten Namen Jebus. Hier ließ jetzt David seine Kriegerschar mit ihren Familien und seine Hofleute sich ansiedeln. Der Platz, wo die tapfersten Streiter ihre Wohnungen hatten, wurde nach ihnen benannt: Haus oder Platz der Helden (Bet ha-Gibborim)24. Das war der Anfang der Stadt, die seit dieser Zeit und für Jahrtausende die heilige werden sollte. Die Wahl dieses Fleckens als Hauptstadt war unter den damaligen [214] Umständen ein glücklicher Griff. Allerdings eignete sich Sichem vermöge seiner Lage in der Mitte der Stämme und seiner fruchtbaren Umgegend vielleicht besser zum Mittelpunkt; allein David konnte unmöglich seinen Sitz in die ephraimitische Stadt verlegen, weil die Einwohner, eifersüchtig wie sie schon darüber waren, daß der aus dem halbbarbarischen Juda stammende König ihnen Gesetze verschreiben sollte, ihm nicht besonders wohlgesinnt waren. Er brauchte aber einen festen Rückhalt an seinem Stamme, und diesen hatte er in Jerusalem, das an der Grenzscheide von Benjamin und Juda lag und ihm bei etwaiger Unbotmäßigkeit der übrigen Stämme zum Schutze dienen konnte. Die Gegend, in welcher die neue Hauptstadt angelegt wurde, ist nicht unfruchtbar, wenn sie auch keinen Vergleich mit der Gegend von Sichem aushält. In den Tälern fließen immerwährende Quellen, die Quellen Siloa und En-Rogel im Südwesten, der Gihon im Westen, welche zur Zeit der Regenlosigkeit die Stadt und die Felder mit Wasser versehen können. An drei Seiten umgibt Jerusalem ein Hügelkranz schirmend und zierend. Im Osten ist ein hoher Hügelrücken (2724 Fuß), der Ölberg, genannt von den Olivenbäumen, die ihn bedecken. Von hier aus kann das Auge das ganze östliche Land bis zum toten Meere und darüber hinaus bis zu den Bergen Gileads überblicken. Zwischen dem Ölberg und der Stadt liegt das schöne, ziemlich breite Kidrontal in einer Tiefe von 444 Fuß, das zur Regenzeit Wasser enthält. Im Süden ist der Hügel niedriger und das Tal zwischen ihm und der Stadt schmäler; es ist das allzu berühmt gewordene Tal Hinnom (oder Ge-Hinnom) nach einem Manne oder einer Familie Hinnom genannt, das der grausigen Hölle den Namen verliehen hat (Geenna). Im Westen ist die Erhöhung noch niedriger und kaum ein Hügel zu nennen; zwischen ihr und der Stadt ist ein breiteres Tal, das Tal Rephaïm genannt, entweder weil dort Glieder des Riesengeschlechts ehemals gehaust haben, oder weil sie dort geschlagen wurden. Im Norden fällt der Hügel in eine sanfte Ebene ab. Durch diese Hügel und Täler ist Jerusalem von drei Seiten geschützt, wie durch natürliche Mauern und Gräben. Innerhalb Jerusalems in dem erhöhtem Umkreise zwischen den drei Tälern im Osten, Süden und Westen ragten drei Hügel aus der Ebene heraus, von denen der Zion im Westen der höchste war, im Norden ein niedrigerer, und ihm gegenüber der dritte, Morija, mit einer südlichen Fortsetzung, Ophel genannt25. Der Morija, obwohl um Vieles niedriger als der Zion, sollte ihn und die höchsten Höhen der Erde an Bedeutung überragen.

[215] Die Philister konnten nicht übersehen, daß die Wahl Davids zum König des ganzen israelitischen Volkes das Bundesverhältnis zwischen ihnen lockern, ihn vielmehr fortan in eine feindliche Stellung gegen sie drängen werde. Allein sie mochten es doch nicht kündigen. Aber die Eroberung der Stadt Jebus-Jerusalem und die Verlegung seines Sitzes hierher sahen sie als Vorzeichen seiner Wandlung an, und beeilten sich, ihn mit Krieg zu überziehen, ehe er noch Zeit gewann, die wehrhafte Mannschaft sämtlicher Stämme kriegstüchtig zu machen. Eine philistäische Schar drang von der Ebene in das Gebirge vor und näherte sich Jerusalem. Sei es, daß David von ihrem Einfall überrascht war oder einem Kampf vor seiner Hauptstadt ausweichen wollte, genug er verließ sie mit seiner Mannschaft und zog sich südlich bis Adullam zurück. Durch diesen fluchtähnlichen Rückzug ermutigt drangen die Philister durch das Tal Rephaïm bis Bethlehem, Davids Geburtsort, vor, befestigten hier ihr Lager und sandten von hier aus Streifscharen, um das Land Juda zu plündern. David zögerte mit dem Angriff auf die Philister; seine Schar war wahrscheinlich zu schwach, und er mag Zuzug von den anderen Stämmen erwartet haben. Um indessen in der Pause vor dem entscheidenden Kampfe seine Helden zur Kraftanstrengung anzufeuern, äußerte er den Wunsch, Wasser aus einer Zisterne bei Bethlehem trinken zu wollen, welche im Besitz der Philister war. Sofort machten sich die drei Haupthelden Jeschobeam, Eleasar und Schamma auf den Weg, drangen bis Bethlehem vor, verscheuchten durch ihre Kühnheit die Philister, schöpften Wasser aus der Zisterne und brachten es David nach Adullam. Trinken mochte David das Wasser nicht, weil die Helden es mit Gefahr ihres Lebens gebracht hatten. Er hatte sie nur auf die Probe stellen wollen. Endlich zog die israelitische Schar den Philistern zum Treffen entgegen und schlug sie bei einem Berge Baal-Perazim so entscheidend, daß dieser Sieg dem bei Gibeon unter Josua (o. S. 58) gleichgestellt wurde. Bei der wilden Flucht ließen die Philister ihre Götzenbilder zurück, und diese wurden von den Israeliten verbrannt26. Die Philister gaben aber ihre Absicht nicht auf, David und sein Volk zu unterjochen. Wiederholentlich machten sie Einfälle, einmal wieder bis zum Tal Rephaïm27, das andere Mal bei Ephes damim im Terebinthentale28, wo David den Goliath im Zweikampf erlegt hatte. Davids Schar und einzelne Helden im Zweikampf [216] taten Wunder der Tapferkeit und schlugen und verfolgten sie bis zur Stadt Geser (Gazer).

Indessen begnügte sich David nicht mit der Abwehr, sondern ging zum Angriff gegen die Philister über. In der Tat, wollte er seinem Volke wirklich vor diesem kleinen, aber mächtigen Völkchen, das auf Ausbreitung und Krieg angewiesen war, Ruhe verschaffen, so mußte er es unschädlich machen oder stets neuer Kriege gewärtig sein. Möglich, daß der erste oder zweite König von Tyrus, Hiram, zur selben Zeit die Philister angegriffen und sie aus dem von ihnen eroberten phönizischen Gebiete (o. S. 147) an der Meeresküste hinausgewiesen hat. David wurde mit Hiram befreundet und mag, im Einverständnis mit ihm und gestärkt durch ihn, endlich gewagt haben, einen Angriffskrieg gegen die Philister zu unternehmen. Er zog mit seiner Mannschaft gegen die damalige philistäische Hauptstadt Gath29, die dem judäischen Lande am nächsten lag. Selbstverständlich setzten ihm die Philister hier einen hartnäckigen Widerstand entgegen, und es entspannen sich blutige Kämpfe, bei denen die Helden Davids Gelegenheit hatten, sich auszuzeichnen. Es scheint, daß die Philister nach ihrer Art Zweikämpfe durch die Überbleibsel ihrer rephaitischen Riesen vorschlugen. Die Zeiten hatten sich aber geändert; während in Davids Jugendzeit in der israelitischen Schar sich nicht ein einziger Krieger fand, der die Herausforderung Goliaths anzunehmen wagte, fanden sich jetzt dreißig und mehr, die vor Eifer glühten, zum Zweikampf zugelassen zu werden. Einer der dreißig Helden Sibchaï aus Chuscha erlegte den Riesen Sipaï aus Gath, ein anderer, Elchanan aus Bethlehem, schlug den Bruder Goliaths, namens Lachmi, der schwerbewaffnet, wie jener, zum Kampf ausgezogen war. Davids Neffe, Jonathan, erlegte einen Riesen, der je einen Finger an jeder Hand und je eine Zehe an jedem Fuße mehr als andere Menschen hatte. Einmal geriet David selbst in die höchste Gefahr, von einem dieser Riesen, Jischbi aus Gath, getroffen zu werden, als er von langem Kampfe erschöpft war. Schnell kam ihm aber Abisaï, Joabs Bruder, zu Hilfe, erlegte den Riesen und tötete mit seinem Speer dreihundert Philister30. Bei dieser Gelegenheit beschworen die Helden ihren König, sich nicht mehr dem Kampfe auszusetzen, überhaupt nicht mehr selbst in den Krieg zu ziehen, damit die »Leuchte Israels nicht erlöschen« möge31.

Endlich gelang es den Israeliten die Philister so nachhaltig aufs Haupt zu schlagen, daß diese ihre Hauptstadt Gath mit ihren Dörfern und [217] ihrer Umgegend ihren Feinden einräumen mußten32. Die Rollen hatten gewechselt. Achisch, einst Davids Lehnsherr, wurde jetzt sein Vasall. Die Stadt, welche Isaïs Sohn zuerst als Hilfeflehenden und Närrischen sah, mußte sich vor ihm beugen. Die Demütigung der Philister war ein höchst wichtiger Vorgang; sie sicherte dem Volke dauernde Ruhe und Bewegungsfreiheit. Denn außer ihnen gab es keine Feinde, die den Israeliten so nahe auf den Fersen saßen. Weiter trieb indessen David die Eroberung nicht; die übrigen wichtigen Städte, Gaza, Askalon, Aschdod und Ekron, ließ er unangefochten; selbst die Stadt Gath scheint er später dem König Achisch wiedererstattet zu haben. Er mag seine Gründe gehabt haben, die Philister nicht bis zum Äußersten zu treiben. Es schien ihm vielleicht richtiger, sie als Tributpflichtige zu beherrschen, als sie zum Verzweiflungskampf zu reizen.

Der Sieg über die Philister verschaffte David in dem Volke ein erhöhtes Gewicht und auch Ansehen bei den Nachbarvölkern. Hiram, der König, der die Macht der Phönizier von Sidon an Tyrus gebracht hatte, sandte Boten an David und bot ihm ein Bündnis und zugleich Zedernholz und Baumaterialien an, um die neue Hauptstadt Jerusalem würdig auszustatten. Er freute sich über die Unterjochung der Philister, wohl weil auch er in deren Schwächung eine Bürgschaft dafür hatte, daß sie nicht mehr ein lüsternes Auge auf die phönizische Küste werfen würden. Es lag dem tyrischen König noch ganz besonders daran, an David einen Bundesgenossen zu haben, damit die phönizischen Karawanen, die mit ihren Waren von Phönizien nach Ägypten hin und her zogen und auch sonst die Straßen durch das israelitische Land benutzten, Sicherheit fänden. David nahm den Antrag willig an, und so entspann sich eine Art Freundschaft zwischen ihm und Hiram33. Er benutzte Hirams Anerbieten, um die von ihm begründete Hauptstadt zu befestigen und durch Baulichkeiten zu zieren. Die Baukunst war damals unter den Phöniziern bereits ausgebildet. Aus dem Schiffsbau entwickelte sich bei ihnen der Städtebau. In ihrem Heimatlande, wie in den Kolonien, die sie gegründet hatten, waren sie darauf bedacht, den Städten, die zugleich Warenlager waren, Festigkeit zu geben, und ihr Reichtum führte sie darauf, den Häusern auch eine gefällige Außenseite zu verschaffen. David ließ sich von Hiram Baumaterial und Baukünstler zusenden, um Jerusalem zum Ansehen einer, mit den großen Städten der damaligen Zeit wetteifernden Hauptstadt zu erheben. Zunächst wurde Jerusalem befestigt und zwar zuerst wahrscheinlich nur von der Nordseite, wo der [218] Zugang leichter war. Der nicht allzu umfangreiche Zionshügel oder die Davidsstadt reichte nämlich nicht aus für die Bewohner, die sich bereits dort niedergelassen hatten, oder wenn er ausreichte, so mußte doch Bedacht auf die wachsende Bevölkerung genommen werden. Aus diesem Grunde wurde der niedrigere Hügel, der nördlich von Zion lag, zur Stadt gezogen. Zwischen dem Zion und dem nördlichen Hügel lief ein schmales Tal, das sich zuerst östlich und dann südlich bis zur Siloaquelle er streckte, später das Käsemachertal genannt. Der nördliche Hügel der Stadt erhielt den Namen Millo (Einfassung)34; er wurde im Verhältnis zur älteren Davidsstadt der zweite Stadtteil. Die Hügel Morija und dessen Abdachung Ophel blieben vorläufig von der Stadt ausgeschlossen und gehörten überhaupt damals nicht zu Jerusalem, da sie von den verschont gebliebenen Jebusitern bewohnt waren. David ließ sich auch einen Palast aufführen aus Zedernholz, welches aus dem Libanon herbeigeschafft war. Auch Joab und die übrigen angesehenen Männer aus Davids Umgebung erhielten geräumige und schön gebaute Häuser, wenn auch nicht aus Zedern, so doch aus Zypressen35.

David dachte aber daran, Jerusalem auch zum Mittelpunkt des religiösen Lebens zu machen, damit die Augen des ganzen Volkes darauf gerichtet seien. Er traf daher Anstalten, die Bundeslade aus Kirjat-Jearim, wo sie seit der Rückkehr aus der Gefangenschaft der Philister (o. S. 133) im Hause des Abinadab geblieben war, abzuholen und richtete ein Prachtzelt in der Davidsstadt ein, um sie darin aufzustellen. In späteren Zeiten erzählte man sich, David habe ein Gelübde getan, nicht eher in sein Haus zu ziehen, nicht eher sein Lager zu besteigen, und seinen Augen keinen Schlaf zu gönnen, bis er eine Stätte für die Bundeslade gefunden haben werde36. Mit einem großen Gefolge begab sich der König nach Kirjat-Jearim (etwa drei Stunden nordwestlich von Jerusalem). In diesem Gefolge waren viele Leviten. Auf einen neuen Wagen mit Rindern bespannt wurde die Bundeslade gesetzt und von zwei Söhnen Abinadabs geführt, von denen der eine, Uza oder [219] Eleasar, welcher die Bundeslade bis dahin bewacht hatte (o. S. 133), neben dem Wagen einherging und der andere Achjo, die Rinder führte. Die Levitenchöre ließen Lieder unter Begleitung von vielerlei Spielinstrumenten erschallen, und David beteiligte sich dabei mit aller Kraft. Indessen kam unterwegs ein Unfall vor. Uza, der neben dem Wagen einherging, fiel plötzlich tot nieder. Dadurch erschreckt, scheute sich David die Bundeslade in Jerusalem einzuführen, weil sie über die Bewohner eben so viel Unglück bringen könnte, wie früher über die Philister und über Bet-Schemesch. Als sie aber im Hause des Mannes, bei dem sie darauf drei Monate untergebracht wurde, keinen Schaden gebracht hatte, traf David zum zweiten Male Anstalten, sie nach der Zionsburg zu bringen: aber sie sollte nicht mehr auf einem Wagen gefahren, sondern von Leviten getragen werden. In Begleitung einer großen Volksmenge unter Freudenrausch, Hörnerklang und Tanz wurde sie unter das dazu eingerichtete Zelt gebracht. Der König selbst, seiner Würde vergessend, sang und tanzte in Begeisterung vor der Bundeslade, worüber seine Frau Michal die spöttische Bemerkung machte, daß er sich gleich einem Schalk öffentlich gezeigt habe37.

Die neue Stadt Jerusalem wurde durch die Bundeslade zum Range einer heiligen Stadt erhoben, wie früher Schilo. Zu einer Kultusstätte gehörte selbstverständlich ein Priester oder eine Priesterschar. Es verstand sich von selbst, daß Ebjathar, der treue Begleiter Davids auf seinen Wanderungen, zum Hohenpriester für die Bundeslade auf Zion erhoben werden sollte. Es gab indessen noch einen andern Hohenpriester in Gibeon, den Saul nach der Ausrottung der Familie Eli in Gibeon eingesetzt hatte (o. S. 191). Sollte David diesen ganz verdrängen? Dann hätte er Zwietracht erzeugt. Er erkannte daher auch diesen als Hohenpriester an und ließ zwei Hohepriester zu gleicher Zeit fungieren, Ebjathar in Jerusalem und Zadok in Gibeon38. Es verstand sich von selbst, daß David, ein Zögling der Levitenchöre und selbst Dichter und Tonkünstler, nach dem Vorgang Samuels Psalmen mit Chören beim feierlichen Gottesdienste eingeführt wissen wollte. Er selbst dichtete Lobpsalmen für Gelegenheiten, wenn sein Herz durch Siege über die Feinde oder durch andere glückliche Erfolge sich zum Dank gegen Gott erhoben [220] fühlte und in dichterischen Schwung versetzt wurde. Von Davids Psalmen haben sich zwar nur äußerst wenige erhalten; aber daß er solche hinterlassen hat, folgt aus dem Umstande, daß die Nachwelt ihm den größten Teil der Psalmensammlung beigelegt hat. Er hat wohl das Muster für diese innige und erhebende Dichtungsart geschaffen. Neben dem königlichen Psalmendichter werden noch zeitgenössische Dichter und Tonkünstler genannt, Aßaph, Heman, ein Enkel Samuels, und Jeduthun. Von ihnen stammten die Aßaphiden und die Korachiden (Bene Korach), welche neben David in der Psalmenliteratur einen klangvollen Namen haben. David traf die Einrichtung, daß Aßaph und sein Chor den psalmistischen Gottesdienst bei der Bundeslade in Jerusalem leitete, und seine beiden Kunstgenossen Heman und Jeduthun dieselbe Funktion vor dem Altar in Gibeon versehen sollten39. Samuels Schöpfung eines geistigen Gottesdienstes erhielt durch David eine dauernde Grundlage, und obwohl auch er dem Opferwesen huldigte, so führte er doch neben diesem die auf das Gemüt wirkende und veredelnde Gottesverehrung durch Psalmen als gleichberechtigt ein. Zur Zeit, als bei den übrigen Völkern der Erde die Dichtkunst noch kaum erwacht war, bildete sie bereits in Israel einen Hauptbestandteil des Gottesdienstes.

Wie David nach der religiösen Seite der Begründer eines heiligenden Gottesdienstes war, so war er auch nach der sittlichen Seite der Schöpfer eines auf Gerechtigkeit begründeten Staatswesens. Er selbst saß zu Gerichte, hörte unermüdlich die Streitigkeiten der einzelnen oder der Stammesgruppen gegeneinander an und sprach mit parteilosem Urteil das Recht40. Sein Thron war nicht nur der Hochsitz zur Ausübung von Herrschaft und Gewalt, sondern auch für Handhabung von Gerechtigkeit und Billigkeit. Er galt daher für die ganze Folgezeit als idealer König, dessen Thron die Stütze des Rechts und dessen Zepter das Richtmaß für den inneren Frieden gewesen sei. Die Stadt Jerusalem wurde durch ihn zu einer idealen Stadt erhoben, in welcher die reine Gottesverehrung und die erhabene Gerechtigkeit ihre Stätte auf Erden gefunden hatten. Ein spät lebender Psalmist sang von ihr:


[221] »Jerusalem ist erbaut wie eine Stadt,

In welcher allesamt Verbrüderung herrscht.

Dorthin wallen die Stämme,

Die Stämme Gottes,

Als Versammlungsstätte für Israel,

Um den Namen Gottes zu preisen.

Dort standen Throne für das Recht,

Throne des Hauses David41


Jerusalem galt als eine treue Burg, voll des Rechtes, in welcher die Gerechtigkeit weilte42. Wegen aller dieser Vorgänge, der Loslösung von der philistäischen Botmäßigkeit, der eingetretenen Sicherheit und der Handhabung der Gerechtigkeit wurde David, wie in seiner Jugend, wieder der Liebling des Volkes. Die treue Anhänglichkeit stellte sich von selbst ein, er brauchte sie nicht zu erzwingen43. Die innere Ordnung des Landes wurde von David teilweise geändert. Die Stammesverfassung ist zwar unverändert geblieben. Die Ältesten standen den Familien vor, und das Oberhaupt der ältesten Familie war zugleich Fürst des ganzen Stammes (Nassi, Bet-Ab). Diese Fürsten vertraten die Stämme bei dem König. Aber die Stammesfreiheit oder richtiger die Willkür wurde in bezug auf das Kriegswesen beschränkt. Jeder Stamm mußte bei einem Kriegsfalle eine Anzahl kriegsfähiger Männer vom zwanzigsten Jahre an zum Heerbann (Zaba) stellen. Über diese Aushebung war ein eigener höherer Beamter gesetzt, der Zähler (Sopher)44 oder der Listenführer, welcher in einer Rolle die kriegsfähige Mannschaft aufzeichnete, für ihr ordnungsmäßiges Eintreffen zu sorgen und die Säumigen zwangsweise auszuheben hatte. Dieses Amt hatte David einem Manne namens Schaïscha übertragen, und es ging auf seine Erben über. War der Heerbann versammelt, so befehligte ihn der Feldhauptmann (Sar ha-Zaba), mit welchem Amte Joab betraut war, während früher jeder Stammesfürst seine Stammesgenossen ins Feld zu führen pflegte. David unterhielt auch eine Schar Soldtruppen, die er aus heidnischen Kriegslustigen mietete, die Krethi, aus der Landschaft Krethi, welche zum Philisterland gehörte, und die Plethi, die Trabanten, unbekannten Ursprunges. Benajahu, Sohn Jojadas, einer der Tapferen, war ihr Anführer45. Diese Krethi und Plethi wurden nicht mit dem israelitischen Heerbann verschmolzen, [222] sondern bildeten im Kriege eine gesonderte Schar; auch mit der Schar der Tapferen waren sie nicht vereinigt46. Einen eigenen Oberbeamten stellte David zuerst an, um wichtige oder wichtig scheinende Vorgänge im Lande, Verdienste um den König oder Vergehungen gegen ihn aufzuzeichnen; er führte den Titel Aufzeichner (Maskhir)47. Das Günstlingswesen ist vom Königtume unzertrennlich. Auch David hatte seinen Günstling, auf den er sich in allen Fällen, besonders in solchen, die nicht für jedermanns Ohr sind, verlassen konnte, namens Chuschaï Arkhi aus einer ephraimitischen Stadt Erekh48. Er hatte auch das Glück, einen Ratgeber an der Seite zu haben, der in Verwickelungen zieltreffende Ratschläge zu erteilen wußte, Achitophel aus der judäischen Stadt Gilo. Man sagte damals, daß seine Ratschläge so unfehlbar gewesen wären, wie Gottessprüche aus dem Munde des Hohenpriesters49. Dieser kluge, allzukluge Ratgeber Davids sollte später in seinen Lebensgang tief eingreifen.

Einmal wurde Davids richterliches Gewissen auf eine schwere Probe gestellt. Es war eine anhaltende Hungersnot im Lande entstanden, weil es zwei Jahre hintereinander nicht geregnet hatte. Die Not wurde noch größer, als im Frühjahr des dritten Jahres noch immer kein Regen gefallen war, und das Volk wandte sich an den König um Abhilfe. Ein so großes Landesunglück galt als schwere Züchtigung von Seiten Gottes wegen eines unentdeckt und ungeahndet gebliebenen Verbrechens. David erforschte daher durch den Hohenpriester Ebjathar, welche öffentliche Verschuldung vorliegen möge, und der Spruch lautete: »Wegen Saul und seiner blutigen Verfolgung der Gibeoniten« (o. S. 172). David ließ hierauf die noch übrig gebliebenen Gibeoniten nach Jerusalem kommen und fragte sie, welche Sühne sie verlangten, damit der Segen des Landes wiederkehre. Sie wollten sich aber nicht mit Sühnegeld abfinden lassen, sondern verlangten als Sühneopfer, daß sieben Nachkommen Sauls in Gibeat-Saul gehenkt werden sollten. Die Forderung der Gibeoniten schien gerecht; denn Saul hatte allerdings den Friedenseid gegen sie gebrochen, und nach der Anschauung der Zeit konnte Blutschuld und noch dazu mit Eidesbruch verbunden, nur durch Blut gesühnt werden, selbst an den Kindern um des Vergehens der Väter willen. Hätte David die Nachkommen Sauls verschonen wollen, so würde das Volk gegen ihn aufgebracht gewesen sein durch die Erwägung, daß er [223] durch die Verweigerung der Sühne das Unglück vom Lande nicht abwenden mochte. Anderseits setzte er sich dem Verdachte aus, daß er aus Rache oder sonstigen selbstischen Absichten die Nachkommen Sauls der Vertilgung weihen wollte. Mit schwerem Herzen mußte er also die Forderung nicht nur der Gibeoniten, sondern auch des Volkes befriedigen. Die zwei Söhne Sauls von seiner Kebsin Rizpa (o. S. 212) und dessen Enkel von seiner Tochter Merab wurden aufgesucht und den Gibeoniten überliefert, und diese hängten sie mit kalter Grausamkeit mit eigenen Händen in Gibeat-Saul, in der Stadt, in welcher deren Vater die Krone getragen, an Pfählen auf50. Verschont hat David nur den Sohn Jonathans Mephiboschet, eingedenk seines Eides gegen seinen Freund, daß er sich seiner Nachkommen stets annehmen werde. Die Leichen der sieben Gehenkten sollten am Galgen bleiben, bis der Himmel Regen senden werde; aber dieser ließ lange auf sich warten. Bei dieser Gelegenheit zeigte die schöne Rizpa, um derentwillen sich Abner mit Ischboschet überworfen hatte, wessen die Mutterliebe fähig ist. Um zu verhüten, daß die Leichen ihrer Söhne den Adlern des Himmels und den Schakalen des Feldes zum Fraß dienten, schlug sie ihr Lager auf dem Felsen auf, wo die Leichen waren, überwachte sie mit gespanntem Blick, trotzte den ganzen Sommer hindurch der Tageshitze und verscheuchte den Nachtschlummer, um die Raubtiere von den Leichen [224] zu verscheuchen. Als endlich im Herbste der Regen fiel, wurden die sieben Leichen abgenommen und ihnen auf Davids Befehl die letzte Ehre erwiesen. Bei dieser Gelegenheit ließ er auch die Gebeine Sauls und Jonathans aus Jabesch-Gilead holen und samt den Gebeinen ihrer Verwandten im Grabgewölbe der Familie Kisch in Zela (wohl unweit Gibeat-Saul) beisetzen51. Es scheint, daß David bei dieser Beisetzung jenes tief ergreifende Trauerlied um den Tod Sauls und Jonathans wiederholen ließ, um kund zu geben, daß der Untergang des Benjaminitischen Königshauses seinem Herzen nahe ging. Er ordnete an, daß dieses Lied überhaupt auswendig gelernt werde52. Jonathans überlebenden Sohn Mephiboschet, der im Hause eines angesehenen Mannes jenseits des Jordans gelebt hatte, (o. S. 212) ließ David nach Jerusalem kommen, in seinem Hause wohnen, zog ihn an seine Tafel und behandelte ihn wie einen seiner eigenen Söhne. Ihm übergab er auch Sauls Felder im Gebiete Benjamin und ließ sie von einem der Haussklaven Sauls, namens Ziba, verwalten; ihm standen seine fünfzehn Söhne und zwanzig Sklaven zur Seite53. Nichtsdestoweniger klagten die Benjaminiten David im Geheimen an, daß er das Haus Sauls vertilgt und nur den zum Regieren unfähigen, lahmen Sohn Jonathans am Leben gelassen habe. Als Davids Glück sich wendete, warfen die erbitterten Benjaminiten Steine nach ihm.


Fußnoten

1 S. Note 10.


2 Vgl. II. Sam. 4, 10. Daraus geht hervor, daß der Amalekiter einen Lohn erwartete. Daher ist der Bericht das. 1, 6-10 als eine Unwahrheit und Ruhmredigkeit dieses Amalekiters und nicht als eine verschiedene historische Relation anzusehen. Statt ישפנ דוע לכ יב Vers 9 muß man lesen דוע לב. [Vgl. jedoch Klostermann z. St., der mit Recht auf Job. 27, 3 hinweist.]


3 יבצה das. 1, 19 Abstractum pro concreto wie הרובג für םירבג, תולג für םילג. Das ה ist als ein fragendes anzusehen (wegen des Schwa ist das צ dageschiert), als Einleitung wie in Davids Trauerlied um Abner II. Sam. 3, 33: ?לבנ תומכה so auch hier: ?יבצה


4 Weil die Ausleger תומורת ידש nicht verstanden, haben einige es aus dem Texte geworfen; es ist gleich הדש ימורמ, Richter 5, 18, und רעי ידש Ps. 132, 6 für Kirjat-Jearim.


5 ןמשב חישמ ילב ist in dieser Gestalt unerklärlich. Liest man dafür ילכ [kli] oder ילכ [klei], so gibt es einen guten Sinn, der Schild der Helden, der Schild Sauls, und die Waffe des gesalbten Königs, der Bogen Jonathans und das Schwert Sauls sind besudelt worden (לעג in seiner Urbedeutung) vom Blute und vom Fett der erschlagenen Israeliten; רוחא גושנ אל und םקיר בושת אל sind Relativa.


6 Über םינדע vgl. o. S. 174 Anmerkung 3.


7 Vers 25 wiederholt noch einmal den Eingang der Klage von Vers 19. Aber dann fehlt das Wort לארשי, dafür steht ןתנוהי, das von dem darunter befindlichen Verse hinaufgekommen zu sein scheint. Diese Strophe betrauert Jonathan allein und erwähnt dessen Verhältnis zum Dichter. So ist das ganze Gedicht durchsichtig, und man braucht nicht mit E. Meier Partien daraus auszuscheiden.


8 II. Sam. 2, 1-3. In Vers 5 muß es heißen ןורבח ריעב statt ןורבח ירעב; Städte, die zu Hebron gehörten, gab es nicht, allenfalls תונב. [So in der Tat Klostermann und bereits in Josephus' Altert.]


9 Folgt aus II. Sam. 3, 22.


10 S. Note 12.


11 S. Note 11.


12 II. Sam. 3, 1.


13 הערצ und לואתשא in Josua 19, 41 und auch anderweitig, zu Dan; 15, 33 zu Juda. הפצמ das. 18, 26 zu Benjamin; 15, 38 zu Juda. Über Kirjat-Jearim vgl. o. S. 142, A. 2. הנמת eine, danitische Stadt das. 19, 43 wird das. 15, 57 zu Juda gerechnet (die griechische Übersetzung liest beidemal Θαμναϑά).


14 II. Sam. 2, 12-32. Aus Vers 26 geht hervor, daß der hier geschilderte Zweikampf und seine Folgen nicht am Anfang des Bürgerkrieges stattfanden, sondern am Ende. 3, 1 resümiert den ganzen Verlauf.


15 II. Sam. 3, 6-20. Der Text dieser fast dramatischen Erzählung ist an manchen Stellen dunkel, so Vers 8 הדוהיל רשא בלכ שאר, Vers 12 ץרא ימל רמאל ויתחת.


16 II. Sam. 3, 21-39. Im letzten Verse ist der Passus ךלמ חושמו ךר dunkel. ךר scheint die Bedeutung von »zaghaft« zu haben, wie die syrische Version es wiedergibt אנאלחד. Vor חושמ scheint etwas zu fehlen.


17 Das. 4, 1.


18 II. Sam. 4, 5-8. Vers 6 ist im hebräischen Text unverständlich. Die griechische Version gibt das Richtige: καὶ ἰδου ἡ ϑυρωρὸς τοῦ οἴκου ἐκάϑαιρεν πυρους καὶ ἐνύσταξεν καὶ ἐκάϑευδεν καὶ Ρ. κ. Β ... διέλαϑον καὶ εἰσῆλϑον εἰς τὸν οἶκον d.h. תרמשה הנהו ונמטנ ויחא הנעבו בכרו ןשיתו םנתו םיטח תטקל תיבה ךות 'וגי תיבה ואוביו


19 Vgl. Note 12.


20 Die Schilderung der vielen Tausende und Zehntausende von jedem Stamm, die zur Huldigung Davids eingetroffen sind, I. Chronik 12, 24-41 ist Glorifikation ebenso wie das Vorhergehende.


21 I. Könige 2, 26.


22 Vgl. Note 13.


23 [Über Alter und Bedeutung des Namens vgl. Riehm-Bäthgen s.v. und Buhl S. 132 ff.]


24 Nehemia 3, 16.


25 Vgl. Note 13.


26 S. über diesen Krieg Note 14.


27 II. Samuel 5, 22.


28 S. Note 9.


29 S. Note 15.


30 S. Note 9 und Note 15.


31 II. Samuel 21, 15-17.


32 Vgl. Note 15.


33 II. Samuel 5, 11; I. Könige 5, 15.


34 S. Note 13.


35 II. Sam. 5, 11 vor םיזרא יצעו ist wie in der Parallele Chronik zu ergänzen םישורב יצע [in I. Chr. 14, 1 steht nichts von םישורב יצע].


36 Ps. 132, 1-5. Der folgende Vers: הונעמש הנה רעי ידשב הונאצמ התרפאב stellt das Verhältnis so dar, als wenn die Bundeslade so verschollen gewesen wäre, daß nur durch ein Gerücht bekannt war, sie habe einmal in Ephrata, d.h. in Ephraim oder Silo (wie Olshausen zu diesem Ps. richtig bemerkt) gestanden, und daß man sie endlich in רעי ידש d.h. in םירעי תירק gefunden.


37 II. Samuel 6, 20 תולגנ תולגה bedeutet nicht »entblößen«, sondern sich öffentlich zeigen. Das דב דופא, das David dabei trug wie Samuel, kann nicht ein Kleidungsstück gewesen sein, das aufgedeckt werden konnte.


38 Das. 8, 17 (wo statt רתיבא ןב ךלמיחא gelesen werden muß ךלמיחא ןב רתיבא), I. Chronik 16, 39. [S. jedoch Klostermann zu II. Sam. 8, 17.]


39 Folgt aus I. Chronik 16, 37 und 40-41. Wegen des Umstandes, daß Aßaph in Jerusalem unter Aufsicht des Königs den Gottesdienst geleitet hat, wird von ihm ausgesagt, das. 25, 2: ךלמה ידי לע אבנה ףסא. Zum Teil in Widerspruch steht damit die Angabe das. 6, 16-18, daß Heman als Chorage neben Aßaph vor der Bundeslade seit ihrer Aufstellung bis zum Tempelbau fungiert hätte.

40 II. Sam. 8, 15, folgt auch aus 15, 2-4.


41 Ps. 122, 3-5.


42 Jesaia 1, 21.


43 Vgl. II. Sam. 20, 18 und weiter unten im folgenden Kapitel.


44 S. Note 19.


45 II. Samuel 8, 17 f.; 20, 23 f.


46 S. Note 9.


47 S. Note 19.


48 Über יכראה vgl. Josua 16, 2.


49 II. Sam. 16, 23.


50 Im Nachtrag II. Samuel 21, 1-5 ist die Zeit dieser Hungersnot und der Hinrichtung der Nachkommen Sauls nicht angegeben. Daß dieser Vorfall indessen noch vor Absaloms Aufstand stattfand, folgt allerdings daraus, daß infolgedessen die Benjaminiten David bei seiner Flucht vorgeworfen haben, daß er das Haus Sauls vertilgt habe, das. 16, 7 ff. Er scheint aber noch viel früher gesetzt werden zu müssen. In der Erzählung, wie David Jonathans Sohn, Mephiboschet, in seine Nähe zieht (das. 9, 1 ff.) ist es so dargestellt, als wenn dieser bereits dem Tode geweiht gewesen wäre. In Vers 7 das. beruhigt nämlich David den von jenseits des Jordans vor ihn geführten Mephiboschet, er möge sich nicht fürchten, er werde um Jonathans willen ihm Liebe erweisen. Das stimmt mit 21, 7: ןתנוהי ןב תשביפמ לע ךלמה למחיו. Es scheint also, daß erst infolge der Forderung der Gibeoniten Mephiboschet geholt wurde, und daß ihn damals David nicht bloß verschont, sondern auch an seine Tafel gezogen hat. Allzulange nach Davids Regierungsantritt kann Mephiboschets Aufenthalt ihm nicht unbekannt geblieben sein. Daraus würde folgen, daß die Hinrichtung der sieben Nachkommen Sauls zugleich mit Mephiboschets rücksichtsvoller Behandlung und der Hungersnot in den ersten Regierungsjahren Davids in Jerusalem stattgefunden haben. In I. Sam. 20, 15 ist schon darauf angespielt, daß David Jonathans Sohn verschonen sollte, wenn Sauls Haus ganz vom Erdboden vertilgt werden sollte: דוד יביא תא 'ה תירכהב המראה ינפ לעמ שיא, d.h. bei der Hinrichtung der sieben Sauliden in Gibea.


51 II. Samuel 21, 1-14. Über עלצ s.o. S. 172, Anmerk. 3.


52 Das. 1, 18. Die griechische Version hat in dem Halbverse תשק הדוהי ינב תא, דמלל דמאיו, das unverständliche Wort תשק nicht, sondern dafür διδάξαι τοὺρ υἰοὺρ ʼιούδα. Der Alexandrinus übersetzt zwar das Wort תשק = τόξον, hat aber υἱοὶ Ισραήλ. Auffallend ist allerdings, warum man das Lied gerade nur die Söhne Judas lehren sollte. Liest man ינב תא דמלל לארשיו הדוהי,, dann sind die Schwierigkeiten gehoben. David befahl, die Söhne Judas und Israels dieses Trauerlied zu lehren, d.h. daß diese es auswendig lernen mögen. Vgl. Deuteron. 31, 19-22.


53 II. Sam. 9, 1-13.



Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig [1908], Band 1, S. 226.
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