Fußnoten

1 Die bekannte Fabel richtet größtenteils sich selbst; zum guten Teil ist sie aus Beinamenerklärung (Brutus, Poplicola, Scaevola) herausgesponnen. Aber sogar die scheinbar geschichtlichen Bestandteile derselben zeigen bei genauerer Erwägung sich als erfunden. Dahin gehört, daß Brutus Reiterhauptmann (tribunus celerum) gewesen und als solcher den Volksschluß über die Vertreibung der Tarquinier beantragt haben soll; denn es ist nach der römischen Verfassung ganz unmöglich, daß ein bloßer Offizier das Recht gehabt habe die Kurien zu berufen. Offenbar ist diese ganze Angabe zum Zweck der Herstellung eines Rechtsbodens für die römische Republik ersonnen, und recht schlecht ersonnen, indem dabei der tribunus celerum mit dem ganz verschiedenen magister equitum verwechselt (S. 70) und dann das dem letzteren kraft seines prätorischen Ranges zustehende Recht die Centurien zu berufen auf die Kurienversammlung bezogen ward.


2 Consules sind die zusammen Springenden oder Tanzenden, wie praesul der Vorspringer, exul der Ausspringer (ὁ ἐκπεσών), insula der Einsprung, zunächst der ins Meer gefallene Felsblock.


3 Der Antrittstag fiel mit dem Jahresanfang (1. März) nicht zusammen und war überhaupt nicht fest. Nach diesem richtete sich der Rücktrittstag, ausgenommen wenn ein Konsul ausdrücklich anstatt eines ausgefallenen gewählt war (consul suffectus), wo er in die Rechte und also auch in die Frist des Ausgefallenen eintrat. Doch sind diese Ersatzkonsuln in älterer Zeit nur vorgekommen, wenn bloß der eine der Konsuln weggefallen war; Kollegien von Ersatzkonsuln begegnen erst in der späteren Republik. Regelmäßig bestand also das Amtsjahr eines Konsuls aus den ungleichen Hälften zweier bürgerlicher Jahre.


4 Daß die ersten Konsuln 164 Plebejer in den Senat nahmen, ist kaum als geschichtliche Tatsache zu betrachten, sondern eher ein Zeugnis dafür, daß die späteren römischen Archäologen nicht mehr als 136 römische Adelsgeschlechter nachzuweisen vermochten (Röm. Forsch. l, 121).


5 Es mag nicht überflüssig sein zu bemerken, daß auch das iudicium legitimum wie das quod imperio continetur auf dem Imperium des instruierenden Beamten beruht und der Unterschied nur darin besteht, daß das Imperium dort von der Lex beschränkt, hier aber frei ist.


6 Daß die plebejischen Ädilen in derselben Weise den patrizischen Quästoren nachgebildet sind wie die plebejischen Tribune den patrizischen Konsuln, ist deutlich sowohl für die Kriminalrechtspflege, wo nur die Tendenz der beiden Magistraturen, nicht die Kompetenz verschieden gewesen zu sein scheint, wie für das Archivgeschäft. Für die Ädilen ist der Cerestempel, was der Tempel des Saturnus für die Quästoren, und von jenem haben sie auch den Namen. Bezeichnend ist die Vorschrift des Gesetzes von 305 (Liv. 3, 55), daß die Senatsbeschlüsse dorthin an die Ädilen abgeliefert werden sollen (S. 285), während dieselben bekanntlich nach altem und später nach Beilegung des Ständekampfes wieder überwiegendem Gebrauche den Quästoren zur Aufbewahrung in dem Saturnustempel zugestellt wurden.


7 Die Annahme, daß rechtlich den patrizischen Konsulartribunen das volle, den plebejischen nur das militärische Imperium zugestanden habe, ruft nicht bloß manche Fragen hervor, auf die es keine Antwort gibt, zum Beispiel was denn geschah, wenn, wie dies gesetzlich möglich war, die Wahl auf lauter Plebejer fiel, sondern verstößt vor allem gegen den Fundamentalsatz des römischen Staatsrechts, daß das Imperium, das heißt das Recht dem Bürger im Namen der Gemeinde zu befehlen, qualitativ unteilbar und überhaupt keiner andern als einer räumlichen Abgrenzung fähig ist. Es gibt einen Stadtrechtsbezirk und einen Kriegsrechtsbezirk, in welchem letzteren die Provokation und andere stadtrechtliche Bestimmungen nicht maßgebend sind; es gibt Beamte, wie zum Beispiel die Prokonsuln, welche lediglich in dem letzteren zu funktionieren vermögen; aber es gibt im strengen Rechtssinn keine Beamten mit bloß jurisdiktionellem wie keine mit bloß militärischem Imperium. Der Prokonsul ist in seinem Bezirk eben wie der Konsul zugleich Oberfeldherr und Oberrichter und befugt nicht bloß unter Nichtbürgern und Soldaten, sondern auch unter Bürgern den Prozeß zu instruieren. Selbst als mit der Einsetzung der Prätur der Begriff der Kompetenz für die magistratus maiores aufkommt, hat er mehr tatsächliche als eigentlich rechtliche Geltung: der städtische Prätor ist zwar zunächst Oberrichter, aber er kann auch wenigstens für gewisse Fälle die Centurien berufen und kann ein Heer befehligen; dem Konsul kommt in der Stadt zunächst die Oberverwaltung und der Oberbefehl zu, aber er fungiert doch auch bei Emanzipation und Adoption als Gerichtsherr – die qualitative Unteilbarkeit des höchsten Amtes ist also selbst hier noch beiderseits mit großer Schärfe festgehalten. Es muß also die militärische wie die jurisdiktionelle Amtsgewalt oder, um diese dem römischen Recht dieser Zeit fremden Abstraktionen beiseite zu lassen, die Amtsgewalt schlechthin den plebejischen Konsulartribunen virtuell so gut wie den patrizischen zugestanden haben. Aber wohl mögen, wie Becker (Handb. 2, 2, 137) meint, aus denselben Gründen, weshalb späterhin neben das gemeinschaftliche Konsulat die – tatsächlich längere Zeit den Patriziern vorbehaltene – Prätur gestellt ward, faktisch schon während des Konsulartribunats die plebejischen Glieder des Kollegiums von der Jurisdiktion ferngehalten worden sein und insofern die spätere Kompetenzteilung zwischen Konsuln und Prätoren mittelst des Konsulartribunats sich vorbereitet haben.


8 Die Verteidigung, daß der Adel an der Ausschließung der Plebejer aus religiöser Befangenheit festgehalten habe, verkennt den Grundcharakter der römischen Religion und trägt den modernen Gegensatz zwischen Kirche und Staat in das Altertum hinein. Die Zulassung des Nichtbürgers zu einer bürgerlich religiösen Verrichtung mußte freilich dem rechtgläubigen Römer als sündhaft erscheinen; aber nie hat auch der strengste Orthodoxe bezweifelt, daß durch die lediglich und allein vom Staat abhängige Zulassung in die bürgerliche Gemeinschaft auch die volle religiöse Gleichheit herbeigeführt werde. All jene Gewissensskrupel, deren Ehrlichkeit an sich nicht beanstandet werden soll, waren abgeschnitten, sowie man den Plebejern in Masse rechtzeitig den Patriziat zugestand. Nur das etwa kann man zur Entschuldigung des Adels geltend machen, daß er, nachdem er bei Abschaffung des Königtums den rechten Augenblick hiezu versäumt hatte, später selber nicht mehr imstande war das Versäumte nachzuholen (S. 258).


9 Ob innerhalb des Patriziats die Unterscheidung dieser, kurulischen Häuser' von den übrigen Familien jemals von ernstlicher politischer Bedeutung gewesen ist, läßt sich weder mit Sicherheit verneinen noch mit Sicherheit bejahen, und ebensowenig wissen wir, ob es in dieser Epoche wirklich noch nicht kurulische Patrizierfamilien in einiger Anzahl gab.


10 Die Armut der Konsulare dieser Epoche, welche in den moralischen Anekdotenbüchern der späteren Zeit eine große Rolle spielt, beruht großenteils auf Mißverständnis teils des alten sparsamen Wirtschaftens, welches sich recht gut mit ansehnlichem Wohlstand verträgt, teils der alten schönen Sitte verdiente Männer aus dem Ertrag von Pfennigkollekten zu bestatten, was durchaus keine Arnienbeerdigung ist. Auch die autoschediastische Beinamenerklärung, die so viel Plattheiten in die römische Geschichte gebracht hat, hat hiezu ihren Beitrag geliefert (Serranus).


11 Wer die Konsularverzeichnisse vor und nach 412 [342] vergleicht, wird an der Existenz des oben erwähnten Gesetzes über die Wiederwahl zum Konsulat nicht zweifeln; denn so gewöhnlich vor diesem Jahr die Wiederbekleidung des Amtes besonders nach drei bis vier Jahren ist, so häufig sind nachher die Zwischenräume von zehn Jahren und darüber. Doch finden sich, namentlich während der schweren Kriegsjahre 434-443 [320-311], Ausnahmen in sehr großer Zahl. Streng hielt man dagegen au der Unzulässigkeit der Ämterkumulierung. Es findet sich kein sicheres Beispiel der Verbindung zweier der drei ordentlichen kurulischen (Liv. 39, 39, 4) Ämter (Konsulat, Prätur, kurulische Ädilität), wohl aber von anderen Kumulierungen, zum Beispiel der kurulischen Ädilität und des Reiterführeramts (Liv. 23, 24. 30); der Prätur und der Zensur (fast. Cap. a 501); der Prätur und der Diktatur (Liv. 8, 12); des Konsulats und der Diktatur (Liv. 8, 12).


12 Daher werden die für den Senat bestimmten Depeschen adressiert an Konsuln, Prätoren, Volkstribune und Senat (Cicero ad fam. 15, 2 und sonst.).


13 Diese Befugnis sowie die ähnlichen hinsichtlich der Ritter- und der Bürgerliste waren wohl nicht förmlich und gesetzlich den Zensoren beigelegt, lagen aber tatsächlich von jeher in ihrer Kompetenz. Das Bürgerrecht vergibt die Gemeinde, nicht der Zensor; aber wem dieser in dem Verzeichnis der Stimmberechtigten keine oder eine schlechtere Stelle anweist, der verliert das Bürgerrecht nicht, kann aber die bürgerlichen Befugnisse nicht oder nur an dem geringeren Platz ausüben bis zur Anfertigung einer neuen Liste. Ebenso verhält es sich mit dem Senat: wen der Zensor in seiner Liste ausläßt, der scheidet aus demselben, solange die betreffende Liste gültig bleibt – es kommt vor, daß der vorsitzende Beamte sie verwirft und die ältere Liste wieder in Kraft setzt. Offenbar kam also in dieser Hinsicht es nicht so sehr darauf an, was den Zensoren gesetzlich freistand, sondern was bei denjenigen Beamten, welche nach ihren Listen zu laden hatten, ihre Autorität vermochte. Daher begreift man, wie diese Befugnis allmählich stieg und wie mit der steigenden Konsolidierung der Nobilität dergleichen Streichungen gleichsam die Form richterlicher Entscheidungen annahmen und gleichsam als solche respektiert wurden. Hinsichtlich der Feststellung der Senatsliste hat freilich auch ohne Zweifel die Bestimmung des ovinischen Plebiscits wesentlich mitgewirkt, daß die Zensoren aus allen Rangklassen die Besten' in den Senat nehmen sollten.


14 Ϝιάρον ὁ Δεινομένεος καὶ τοὶ Συρακόσιοι τοῖ Δὶ Τύραν᾽ ἀπὶ Κύμας


15 Hekatäos († nach 257 [497] Rom) und noch Herodot (270-nach 345 [484]- [409]) kennen den Hatrias nur als das Podelta und das dasselbe bespülende Meer (O. Müller, Etrusker 1, S. 140; geogr. Graeci min. ed. C. Müller 1, p. 23). In weiterer Bedeutung findet sich die Benennung des hadriatischen Meeres zuerst bei dem sogenannten Skylax um 418 [336] der Stadt.


16 Pleraque Gallia duas res industriosissime persequitur: rem militarem et argute loqui. (Cato orig. l. II. fr. 2 Jordan.)


17 Neuerdings ist von kundigen Sprachforschern behauptet worden, daß die Verwandtschaft der Kelten und der Italiker näher sei, als selbst die der letzteren und der Hellenen, das heißt daß derjenige Ast des großen Baumes, von dem die west- und südeuropäischen Völkerschaften indogermanischen Stammes entsprungen sind, zunächst sich in Griechen und Italokelten und beträchtlich später die letzteren sich wieder in Italiker und Kelten gespalten hätten. Geographisch ist diese Aufstellung sehr annehmbar und auch die geschichtlich vorliegenden Tatsachen lassen sich vielleicht damit ebenfalls in Einklang bringen, da, was bisher als gräco-italische Zivilisation angesehen worden ist, füglich gräcokeltitalisch gewesen sein kann – wissen wir doch über die älteste keltische Kulturstufe in der Tat nichts. Die sprachliche Untersuchung scheint indes noch nicht so weit gediehen zu sein, daß ihre Ergebnisse in die älteste Völkergeschichte eingereiht werden dürften.


18 Die Sage überliefern Livius 5, 34 und Iustin 24, 4 und auch Cäsar b.G. 6, 24 hat sie im Sinn gehabt. Die Verknüpfung indes der Wanderung des Bellovesus mit der Gründung von Massalia, wodurch jene chronologisch auf die Mitte des zweiten Jahrhunderts der Stadt bestimmt wird, gehört unzweifelhaft nicht der einheimischen natürlich zeitlosen Sage an, sondern der späteren chronologisierenden Forschung und verdient keinen Glauben. Einzelne Einfälle und Einwanderungen mögen sehr früh stattgefunden haben; aber das gewaltige Umsichgreifen der Kelten in Norditalien kann nicht vor die Zeit des Sinkens der etruskischen Macht, das heißt nicht vor die zweite Hälfte des dritten Jahrhunderts der Stadt gesetzt werden. – Ebenso ist, nach der einsichtigen Ausführung von Wickham und Cramer, nicht daran zu zweifeln, daß der Zug des Bellovesus wie der des Hannibal nicht über die kottischen Alpen (Mont Genèvre) und durch das Gebiet der Tauriner, sondern über die graischen (den kleinen St. Bernhard) und durch das der Salasser ging; den Namen des Berges gibt Livius wohl nicht nach der Sage, sondern nach seiner Vermutung an. Ob die italischen Boier auf Grund einer echten Sagenreminiscenz oder nur auf Grund eines angenommenen Zusammenhangs mit den nördlich von der Donau wohnhaften Boiern durch den östlichen Paß der pöninischen Alpen geführt werden, muß dahingestellt bleiben.


19 Dies ist nach der gangbaren Gleichung 390 v.Chr.; in der Tat aber fiel die Einnahme Roms Ol. 98, 1 = 388 v. Chr. und ist nur durch die zerrüttete römische Jahrzählung verschoben.


20 Die ursprüngliche Gleichheit der beiden Armeen geht schon aus Liv. 1, 52. 8, 8, 14 und Dionys 8, 15, am deutlichsten aber aus Polyb. 6, 26 hervor.


21 Daß in den späteren Bundesverträgen zwischen Rom und Latium es den latinischen Gemeinden untersagt war ihre Kontingente von sich aus zu mobilisieren und allein ins Feld zu senden, sagt ausdrücklich Dionysios 8, 15.


22 Diese latinischen Stabsoffiziere sind die zwölf praefecti sociorum, welche späterhin, als die alte Phalanx sich in die späteren Legionen und alae aufgelöst hatte, ebenso je sechs und sechs den beiden alae der Bundesgenossenkontingente vorstehen, wie die zwölf Kriegstribunen des römischen Heeres je sechs und sechs den beiden Legionen. Daß der Konsul jene wie ursprünglich auch diese ernennt, sagt Polyb. 6, 26, 5. Da nun nach dem alten Rechtssatz, daß jeder Heerespflichtige Offizier werden kann (S. 93), es gesetzlich dem Heerführer gestattet war einen Latiner zum Führer einer römischen wie umgekehrt einen Römer zum Führer einer latinischen Legion zu bestellen, so führte dies praktisch dazu, daß die tribuni militum durchaus und die praefecti sociorum wenigstens in der Regel Römer waren.

23 Dies sind die decuriones turmarum und praefecti cohortium (Polyb. 6, 21, 5. Liv. 25, 14. Sallust. Jug. 69 und sonst). Natürlich wurden, wie die römischen Konsuln von Rechts wegen, in der Regel auch tatsächlich Oberfeldherren waren, vielleicht durchaus, mindestens sehr häufig auch in den abhängigen Städten die Gemeindevorsteher an die Spitze der Gemeindekontingente gestellt (Liv. 23, 19. Orelli inscr. 7022); wie denn selbst der gewöhnliche Name der latinischen Obrigkeiten (praetores) sie als Offiziere bezeichnet.


24 Es wurde ein solcher Insasse nicht wie der wirkliche Mitbürger einem ein für allemal bestimmten Stimmbezirk zugeteilt, sondern vor jeder einzelnen Abstimmung nach Stimmbezirken der, in dem die Insassen diesmal zu stimmen hatten, durch das Los festgestellt. Der Sache nach kam dies wohl darauf hinaus, daß in der römischen Tribusversammlung den Latinern eine Stimme eingeräumt ward. Da der Platz in irgend einer Tribus die Vorbedingung des ordentlichen Centuriatstimmrechts war, so muß, wenn die Insassen auch in der Centurienversammlung mitgestimmt haben, was wir nicht wissen, für diese eine ähnliche Losung festgesetzt gewesen sein. An den Kurien werden sie gleich den Plebejern teilgenommen haben.


25 Regelmäßig stehen bekanntlich die latinischen Gemeinden unter zwei Prätoren. Daneben kommen in einer Reihe von Gemeinden auch Einzelbeamte vor, welche dann den Diktatortitel führen – so in Alba (Orelli-Henzen inscr. 2293), Tusculum 345 A.), Lanuvium (Cicero pro Mil. 10, 27. 17, 45. Asconius in Mil. p. 32 Orell. Orelli n. 2786. 5157. 6086), Compitum (Orelii 3324), Nomentum (Orelli 208. 6138. 7032; vgl. Henzen Bullett. 1858 S. 169) und Aricia (Orelli n. 1455). Dazu kommt der ähnliche Diktator in der civitas sine suffragio Caere (Orelli n. 3787. 5772; auch Garrucci diss. arch. 1 p. 31, obwohl irrig nach Sutrium gesetzt); ferner die gleichnamigen Beamten von Fidenae (Orelli 112). Alle diese Ämter oder aus Ämtern hervorgegangenen Priestertümer (der Diktator von Caere ist zu erklären nach Liv. 9, 43: Anagninis – magistratibus praeterquam sacrorum curatione interdictum) sind jährig (Orell. 208). Auch der Bericht Macers und der aus ihm schöpfenden Annalisten, daß Alba schon zur Zeit seines Falls nicht mehr unter Königen, sondern unter Jahresdiktatoren gestanden habe (Dionys 5, 74. Plutarch Romul. 27. Liv. 1, 23), ist vermutlich bloß eine Folgerung aus der ihm bekannten Institution der ohne Zweifel gleich der nomentanischen jährigen sacerdotalen albanischen Diktatur, bei welcher Darstellung überdies die demokratische Parteistellung ihres Urhebers mit im Spiel gewesen sein wird. Es steht dahin, ob der Schluß gültig ist und nicht, auch wenn Alba zur Zeit seiner Auflösung unter lebenslänglichen Herrschern stand, die Abschaffung des Königtums in Rom nachträglich die Verwandlung der albanischen Diktatur in ein Jahramt herbeiführen konnte. – All diese latinischen Magistraturen kommen in der Sache wie besonders auch in den Namen wesentlich mit der in Rom durch die Revolution festgestellten Ordnung in einer Weise überein, die durch die bloße Gleichartigkeit der politischen Grundverhältnisse nicht genügend erklärt wird.


26 Die Landschaft der Aequer umfaßt nicht bloß das Tal des Anio oberhalb von Tibur und das Gebiet der späteren latinischen Kolonien Carsioli (am oberen Turano) und Alba (am Fucinersee), sondern auch den Bezirk des späteren Municipiums der Aequiculi, welche nichts sind als derjenige Rest der Aequer, welchem nach der Unterwerfung durch die Römer und nach der Assignierung des größten Teils des Gebiets an römische oder latinische Kolonisten die munizipale Selbständigkeit verblieb.


27 Allem Anschein nach ist Velitrae, obwohl in der Ebene gelegen, ursprünglich volskisch und also latinische Kolonie, Cora dagegen auf dem Volskergebirge ursprünglich latinisch.


28 Nicht lange nachher muß die Gründung des Dianahains im Walde von Aricia erfolgt sein, welche nach Catos Bericht (p. 12 Jordan) ein tusculanischer Diktator vollzog für die Stadtgemeinden des alten Latiums Tusculum, Aricia, Lanuvium, Laurentum, Cora und Tibur und die beiden latinischen Kolonien (welche deshalb an der letzten Stelle stehen) Suessa Pometia und Ardea (populus Ardeatis Rutulus). Das Fehlen Praenestes und der kleineren Gemeinden des alten Latium zeigt, wie es auch in der Sache liegt, daß nicht sämtliche Gemeinden des damaligen latinischen Bundes sich an der Weihung beteiligten. Daß sie vor 372 [382] fällt, beweist das Auftreten von Pometia (S. 348A.), und das Verzeichnis stimmt völlig zu dem, was anderweitig über den Bestand des Bundes kurz nach dem Zutritt von Ardea sich ermitteln läßt. – Den überlieferten Jahreszahlen der Gründungen darf mehr als den meisten der ältesten Überlieferungen Glauben beigemessen werden, da die den italischen Städten gemeinsame Jahreszählung ab urbe condita allem Anschein nach das Gründungsjahr der Kolonien durch unmittelbare Überlieferung bewahrt hat.


29 Als latinische Gemeinden erscheinen beide in dem sogenannten cassischen Verzeichnis um 372 [382] nicht, wohl aber in dem karthagischen Vertrag vom J. 406 [348]; in der Zwischenzeit also sind die Städte latinische Kolonien geworden.


30 In dem von Dionysios 5, 61 mitgeteilten Verzeichnis der dreißig latinischen Bundesstädte, dem einzigen, das wir besitzen, werden genannt die Ardeaten, Ariciner, Bovillaner, Bubentaner (unbekannter Lage), Corner (vielmehr Coraner), Carventaner (unbekannter Lage), Circcienser, Coriolaner, Corbinter, Cabaner (vielleicht die Cabenser am Albanerberg, Bull. dell' inst. 1861 p. 205), Fortineer (unbekannt), Gabiner, Laurenter, Lanuviner, Lavinaten, Labicaner, Nomentaner, Norbaner, Praenestiner, Pedaner, Querquetulaner (unbekannter Lage), Satricaner, Scaptiner, Setiner, Tiburtiner, Tusculaner, Tellenier (unbekannter Lage), Toleriner (unbekannter Lage) und Veliterner. Die gelegentlichen Erwähnungen teilnahmeberechtigter Gemeinden, wie von Ardea (Liv. 32, 1), Laurentum (Liv. 37, 3), Lanuvium (Liv. 41, 16), Bovillae, Gabii, Labici (Cic. pro Planc. 9, 23) stimmen mit diesem Verzeichnis. Dionysios teilt es bei Gelegenheit der Kriegserklärung Latiums gegen Rom im Jahre 256 [498] mit und es lag darum nahe, wie dies Niebuhr getan, dies Verzeichnis als der bekannten Bundeserneuerung vom Jahre 261 [493] entlehnt zu betrachten. Allein da in diesem nach dem latinischen Alphabet geordneten Verzeichnis der Buchstabe g an der Stelle erscheint, die er zur Zeit der zwölf Tafeln sicher noch nicht hatte und schwerlich vor dem fünften Jahrhundert bekommen hat (meine unterital. Dial. S. 33), so muß dasselbe einer viel jüngeren Quelle entnommen sein; und es ist bei weitem die einfachste Annahme darin das Verzeichnis derjenigen Orte zu erkennen, die späterhin als die ordentlichen Glieder der latinischen Eidgenossenschaft betrachtet wurden und die Dionysios, seiner pragmatisierenden Gewohnheit gemäß, als deren ursprünglichen Bestand aufführt. Es erscheint in dem Verzeichnis, wie es zu erwarten war, keine einzige nichtlatinische Gemeinde; dasselbe zählt lediglich ursprünglich latinische oder mit latinischen Kolonien belegte Orte auf – Corbio und Corioli wird niemand als Ausnahme geltend machen. Vergleicht man nun mit diesem Register das der latinischen Kolonien, so sind bis zum J. 372 [382] gegründet worden Suessa Pometia, Velitrae, Norba, Signia, Ardea, Circeii (361 [393]), Satricum(369 [385]), Sutrium (371 [383]), Nepete (371 [383]), Setia (372 [382]). Von den letzten drei ungefähr gleichzeitigen können sehr wohl die beiden etruskischen etwas später datieren als Setia, da ja die Gründung jeder Stadt eine gewisse Zeitdauer in Anspruch nahm und unsere Liste von kleineren Ungenauigkeiten nicht frei sein kann. Nimmt man dies an, so enthält das Verzeichnis sämtliche bis zum J. 372 [382] ausgeführte Kolonien einschließlich der beiden bald nachher aus dem Verzeichnis gestrichenen Satricum, zerstört 377 [377], und Velitrae, des latinischen Rechts entkleidet 416 [338]; es fehlen nur Suessa Pometia, ohne Zweifel als vor dem J. 372 [382] zerstört, und Signia, wahrscheinlich weil im Text des Dionysios, der nur neunundzwanzig Namen nennt, hinter ΣΗΤΙΝΩΝ ausgefallen ist ΣΙΓΝΙΝΩΝ. Im vollkommenen Einklang hiermit mangeln in diesem Verzeichnis ebenso alle nach dem J. 372 [382] gegründeten latinischen Kolonien wie alle Orte, die wie Ostia, Antemnae, Alba vor dem J. 370 [384] der römischen Gemeinde inkorporiert wurden, wogegen die später einverleibten, wie Tusculum, Lanuvium, Velitrae, in demselben stehen geblieben sind. – Was das von Plinius mitgeteilte Verzeichnis von zweiunddreißig zu Plinius' Zeit untergegangenen ehemals am albanischen Fest beteiligten Ortschaften betrifft, so bleiben nach Abzug von sieben, die auch bei Dionysios stehen (denn die Cusuetaner des Plinius scheinen die dionysischen Carventaner zu sein) noch fünfundzwanzig meistenteils ganz unbekannte Ortschaften, ohne Zweifel teils jene siebzehn nicht stimmenden Gemeinden, größtenteils wohl eben die ältesten später zurückgestellten Glieder der albanischen Festgenossenschaft, teils eine Anzahl anderer untergegangener oder ausgestoßener Bundesglieder, zu welchen letzteren vor allem der alte auch von Plinius genannte Vorort Alba gehört.


31 Allerdings berichtet Livius 4, 47, daß Labici im Jahre 336 [418] Kolonie geworden sei. Allein abgesehen davon, daß Diodor (13, 6) hierüber schweigt, kann Labici weder eine Bürgerkolonie geworden sein, da die Stadt teils nicht an der Küste lag, teils auch später noch im Besitz der Autonomie erscheint; noch eine latinische, da es kein einziges zweites Beispiel einer im ursprünglichen Latium angelegten latinischen Kolonie gibt noch nach dem Wesen dieser Gründungen geben kann. Höchst wahrscheinlich ist hier wie anderswo, da zumal als verteiltes Ackermaß 2 Jugera genannt werden, die gemeine Bürger mit der kolonialen Assignation verwechselt worden (S. 185).


32 Diese Beschränkung der alten vollen latinischen Rechtsgemeinschaft begegnet zwar zuerst in der Vertragserneuerung von 416 [338] (Liv. 8, 14); da indes das Isolierungssystem, von dem dieselbe ein wesentlicher Teil ist, zuerst für die nach 370 [384] ausgeführten latinischen Kolonien begann und 416 [338] nur generalisiert ward, so war diese Neuerung hier zu erwähnen.


33 Der Name selbst ist uralt, ja der älteste einheimische Name der Bewohner des heutigen Kalabrien (Antiochos fr. 5 Müll.). Die bekannte Ableitung ist ohne Zweifel erfunden.


34 Vielleicht kein Abschnitt der römischen Annalen ist ärger entstellt als die Erzählung des ersten samnitisch-latinischen Krieges, wie sie bei Livius, Dionysios, Appian steht oder stand. Sie lautet etwa folgendermaßen. Nachdem 411 [343] beide Konsuln in Kampanien eingerückt waren, erfocht zuerst der Konsul Marcus Valerius Corvus am Berge Gaurus über die Samniten einen schweren und blutigen Sieg; alsdann auch der Kollege Aulus Cornelius Cossus, nachdem er der Vernichtung in einem Engpaß durch Hingebung einer von dem Kriegstribun Publius Decius geführten Abteilung entgangen war. Die dritte und entscheidende Schlacht ward am Eingang der caudinischen Pässe bei Suessula von den beiden Konsuln geschlagen; die Samniten wurden vollständig überwunden – man las vierzigtausend ihrer Schilde auf dem Schlachtfelde auf – und zum Frieden genötigt, in welchem die Römer Capua, das sich ihnen zu eigen gegeben, behielten, Teanum dagegen den Samniten überließen (413 [341]). Glückwünsche kamen von allen Seiten, selbst von Karthago. Die Latiner, die den Zuzug verweigert hatten und gegen Rom zu rüsten schienen, wandten ihre Waffen statt gegen Rom vielmehr gegen die Paeligner, während die Römer zunächst durch eine Militärverschwörung der in Kampanien zurückgelassenen Besatzung (412 [342]), dann durch die Einnahme von Privernum (413 [341]) und den Krieg gegen die Antiaten beschäftigt waren. Nun aber wechseln plötzlich und seltsam die Parteiverhältnisse. Die Latiner, die umsonst das römische Bürger recht und Anteil am Konsulat gefordert hatten, erhoben sich gegen Rom in Gemeinschaft mit den Sidicinern, die vergeblich den Römern die Unterwerfung angetragen hatten und vor den Samniten sich nicht zu retten wußten, und mit den Kampanern, die der römischen Herrschaft bereits müde waren. Nur die Laurenter in Latium und die kampanischen Ritter hielten zu den Römern, welche ihrerseits Unterstützung fanden bei den Paelignern und den Samniten. Das latinische Heer überfiel Samnium; das römisch-samnitische schlug, nachdem es an den Fucinersee und von da an Latium vorüber in Kampanien einmarschiert war, die Entscheidungsschlacht gegen die vereinigten Latiner und Kampaner am Vesuv, welche der Konsul Titus Manlius Imperiosus, nachdem er selbst durch die Hinrichtung seines eigenen gegen den Lagerbefehl siegenden Sohnes die schwankende Heereszucht wiederhergestellt und sein Kollege Publius Decius Mus die Götter versöhnt hatte durch seinen Opfertod, endlich mit Aufbietung der letzten Reserve gewann. Aber erst eine zweite Schlacht, die der Konsul Manlius den Latinern und Kampanern bei Trifanum lieferte, machte dem Krieg ein Ende; Latium und Capua unterwarfen sich und wurden um einen Teil ihres Gebietes gestraft. – Einsichtigen und ehrlichen Lesern wird es nicht entgehen, daß dieser Bericht von Unmöglichkeiten aller Art wimmelt. Dahin gehört das Kriegführen der Antiaten nach der Dedition von 377 [377] (Liv. 6, 33); der selbständige Feldzug der Latiner gegen die Paeligner im schneidenden Widerspruch zu den Bestimmungen der Verträge zwischen Rom und Latium; der unerhörte Marsch des römischen Heeres durch das marsische und samnitische Gebiet nach Capua, während ganz Latium gegen Rom in Waffen stand; um nicht zu reden von dem ebenso verwirrten wie sentimentalen Bericht über den Militäraufstand von 412 [342] und den Geschichtchen von dem gezwungenen Anführer desselben, dem lahmen Titus Quinctius, dem römischen Götz von Berlichingen. Vielleicht noch bedenklicher sind die Wiederholungen; so ist die Erzählung von dem Kriegstribun Publius Decius nachgebildet der mutigen Tat des Marcus Calpurnius Flamma oder wie er sonst hieß im ersten punischen Kriege; so kehrt die Eroberung Privernums durch Gaius Plautius wieder im Jahre 425 [329] und nur diese zweite ist in den Triumphalfasten verzeichnet; so der Opfertod des Publius Decius bekanntlich bei dem Sohne desselben 459 [295]. Überhaupt verrät in diesem Abschnitt die ganze Darstellung eine andere Zeit und eine andere Hand als die sonstigen glaubwürdigeren annalistischen Berichte; die Erzählung ist voll von ausgeführten Schlachtgemälden; von eingewebten Anekdoten, wie zum Beispiel der von dem setinischen Prätor, der auf den Stufen des Rathauses den Hals bricht, weil er dreist genug gewesen war das Konsulat zu begehren, und den mannigfaltigen aus dem Beinamen des Titus Manlius herausgesponnenen; von ausführlichen und zum Teil bedenklichen archäologischen Digressionen, wohin zum Beispiel die Geschichte der Legion (von der die höchst wahrscheinlich apokryphe Notiz über die aus Römern und Latinern gemischten Manipel des zweiten Tarquinius bei Liv. 1, 52 offenbar ein zweites Bruchstück ist), die verkehrte Auffassung des Vertrages zwischen Capua und Rom (mein röm. Münzwesen S. 334 A. 122), die Devotionsformulare, der kampanische Denar, das laurentische Bündnis, die bina iugera bei der Assignation (S. 345 A.) gehören. Unter solchen Umständen erscheint es von großem Gewicht, daß Diodoros, der andern und oft älteren Berichten folgt, von all diesen Ereignissen schlechterdings nichts kennt als die letzte Schlacht bei Trifanum; welche auch in der Tat schlecht paßt zu der übrigen Erzählung, die nach poetischer Gerechtigkeit schließen sollte mit dem Tode des Decius.


35 Es wird nicht überflüssig sein daran zu erinnern, daß was über Archidamos und Alexander bekannt ist, aus griechischen Jahrbüchern herrührt und der Synchronismus dieser und der römischen für die gegenwärtige Epoche noch bloß approximativ festgestellt ist. Man hüte sich daher den im allgemeinen unverkennbaren Zusammenhang der west- und der ostitalischen Ereignisse zu sehr ins einzelne verfolgen zu wollen.


36 Es sind dies nicht die Einwohner von Satricum bei Antium (S. 346), sondern die einer anderen volskischen, damals als römische Bürgergemeinde ohne Stimmrecht konstituierten Stadt bei Arpinum.


37 Daß zwischen den Römern und Samniten 436 [318]. 437 [317] ein förmlicher zweijähriger Waffenstillstand bestanden habe, ist mehr als unwahrscheinlich.


38 Die Operationen in dem Feldzug 537 [217] und bestimmter noch die Anlage der Chaussee von Arretium nach Bononia 567 [187] zeigen, daß schon vor dieser Zeit die Straße von Rom nach Arretium in stand gesetzt worden ist. Allein eine römische Militärchaussee kann sie in dieser Zeit dennoch nicht gewesen sein, da sie, nach ihrer späteren Benennung der ›cassischen Straße‹ zu schließen, als via consularis nicht früher angelegt sein kann als 583 [171]; denn zwischen Spurius Cassius Konsul 252 [502]. 261 [493]. 268 [486], an den natürlich nicht gedacht werden darf, und Gaius Cassius Longinus Konsul 583 [171] erscheint kein Cassier in den römischen Konsuln- und Censorenlisten.


39 Die Erzählung, daß auch die Römer Gesandte an Alexander nach Babylon geschickt, geht auf das Zeugnis des Kleitarchos zurück (Plin. hist. nat. 3, 5, 57), aus dem die übrigen diese Tatsache meldenden Zeugen (Aristos und Asklepiades bei Arrian 7, 15, 5; Memnon c. 25) ohne Zweifel schöpften. Kleitarchos war allerdings Zeitgenosse dieser Ereignisse, aber sein Leben Alexanders nichtsdestoweniger entschieden mehr historischer Roman als Geschichte; und bei dem Schweigen der zuverlässigen Biographen (Arrian a.a.O.; Livius 9, 18) und dem völlig romanhaften Detail des Berichts, wonach zum Beispiel die Römer dem Alexander einen goldenen Kranz überreicht und dieser die zukünftige Größe Roms vorhergesagt haben soll, wird man nicht umhin können diese Erzählung zu den vielen andern durch Kleitarchos in die Geschichte eingeführten Ausschmückungen zu stellen.


40 Bei dem heutigen Anglona; nicht zu verwechseln mit der bekannteren Stadt gleichen Namens in der Gegend von Cosenza.


41 Diese Zahlen scheinen glaubwürdig. Der römische Bericht gibt, wohl an Toten und Verwundeten, für jede Seite 15000 Mann an, ein späterer sogar auf römischer 5000, auf griechischer 20000 Tote. Es mag das hier Platz finden, um an einem der seltenen Beispiele, wo Kontrolle möglich ist, die fast ausnahmslose Unglaubwürdigkeit der Zahlenangaben zu zeigen, in denen die Lüge bei den Annalisten lawinenartig anschwillt.


42 Die späteren Römer und mit ihnen die Neueren geben dem Bündnis die Wendung, als hätten die Römer absichtlich vermieden die karthagische Hilfe in Italien anzunehmen. Das wäre unvernünftig gewesen und die Tatsachen sprechen dagegen. Daß Mago in Ostia nicht landete, erklärt sich nicht aus solcher Vorsicht, sondern einfach daraus, daß Latium von Pyrrbos ganz und gar nicht bedroht war und karthagischen Beistandes also nicht bedurfte; und vor Rhegion kämpften die Karthager allerdings für Rom.


43 Die Nachweisung, daß die bei Polybios 3, 22 mitgeteilte Urkunde nicht dem Jahre 245 [509], sondern dem Jahre 406 [348] angehört, ist in der Chronologie S. 320 fg. gegeben worden.


44 Es waren dies Pyrgi, Ostia, Antium, Tarracina, Minturnae, Sinuessa, Sena gallica und Castrum novum.


45 Diese Angabe ist ebenso bestimmt (Liv. 8, 14: interdictum mari Antiati populo est) wie an sich glaubwürdig; denn Antium war ja nicht bloß von Kolonisten, sondern auch noch von der ehemaligen in der Feindschaft gegen Rom aufgenährten Bürgerschaft bewohnt (S. 359). Damit im Widerspruch stehen freilich die griechischen Berichte, daß Alexander der Große († 431 [323]) und Demetrios der Belagerer († 471 [283]) in Rom über antiatische Seeräuber Beschwerde geführt haben sollen. Der erste aber ist mit dem über die römische Gesandtschaft nach Babylon (S. 383 A.) gleichen Schlages und vielleicht gleicher Quelle. Demetrios dem Belagerer sieht es eher ähnlich, daß er die Piraterie im tyrrhenischen Meer, das er nie mit Augen gesehen hat, durch Verordnung abschaffte, und undenkbar ist es gerade nicht, daß die Antiaten auch als römische Bürger ihr altes Gewerbe noch trotz des Verbots unter der Hand eine Zeitlang fortgesetzt haben; viel wird indes auch auf die zweite Erzählung nicht zu geben sein.


46 Nach Servius (zur Aeneis 4, 628) war in den römisch-karthagischen Verträgen bestimmt, es solle kein Römer karthagischen, kein Karthager römischen Boden betreten (vielmehr besetzen), Korsika aber zwischen beiden neutral bleiben (ut neque Romani ad litora Carthaginiensium accederent neque Carthaginienses ad litora Romanorum – Corsica esset media inter Romanos et Carthaginienses). Das scheint hierher zu gehören und die Kolonisierung von Korsika eben durch diesen Vertrag verhindert worden zu sein.

47 Die Klausel, daß das abhängige Volk sich verpflichtet ›die Hoheit des römischen freundlich gelten zu lassen‹ (maiestatem populi Romani comiter conservare), ist allerdings die technische Bezeichnung dieser mildesten Untertänigkeitsform, aber wahrscheinlich erst in bedeutend späterer Zeit aufgekommen (Cic. pro Balbo 16, 35). Auch die privatrechtliche Bezeichnung der Klientel, so treffend sie eben in ihrer Unbestimmtheit das Verhältnis bezeichnet (Dig. 49, 15, 7, 1), ist schwerlich in älterer Zeit offiziell auf dasselbe angewendet worden.


48 Daß Tusculum, wie es zuerst das Passivbürgerrecht erhielt (S. 347), so auch zuerst dies mit dem Vollbürgerrecht vertauschte, ist an sich wahrscheinlich, und vermutlich wird in dieser, nicht in jener Beziehung die Stadt von Cicero pro Mur 8, 19 municipium antiquissimum genannt.


49 V. Cervio A.f. cosol dedicavit und Iunonei Quiritei sacra. C. Falcilius L.f. consol dedicavit.


50 Nach Ciceros Zeugnis (pro Caec. 35) gab Sulla den Volaterranern das ehemalige Recht von Ariminum, das heißt, setzt der Redner hinzu, das Recht der ›zwölf Kolonien‹, welche nicht die römische Civität, aber volles Commercium mit den Römern hatten. Über wenige Dinge ist soviel verhandelt worden wie über die Beziehung dieses Zwölfstädterechts; und doch liegt dieselbe nicht fern. Es sind in Italien und im cisalpinischen Gallien, abgesehen von einigen früh wieder verschwundenen, im ganzen vierunddreißig latinische Kolonien gegründet worden; die zwölf jüngsten derselben – Ariminum, Beneventum, Firmum, Aesernia, Brundisium, Spoletium, Cremona, Placentia, Copia, Valentia, Bononia, Aquileia – sind hier gemeint und da Ariminum von ihnen die älteste und diejenige ist, für welche diese neue Ordnung zunächst festgesetzt ward – vielleicht zum Teil deswegen mit, weil dies die erste außerhalb Italien gegründete römische Kolonie war –, so heißt das Stadtrecht dieser Kolonien richtig das ariminensische. Damit ist zugleich erwiesen, was schon aus anderen Gründen die höchste Wahrscheinlichkeit für sich hatte, daß alle nach Aquileias Gründung in Italien (im weiteren Sinn) gestifteten Kolonien zu den Bürgerkolonien gehörten. – Den Umfang der Rechtsschmälerung der jüngeren latinischen Städte im Gegensatz zu den älteren vermögen wir übrigens nicht völlig zu bestimmen. Wenn die Ehegemeinschaft, wie es nicht unwahrscheinlich, aber freilich nichts weniger als ausgemacht ist (oben S. 102; Diodor p. 590, 62. fr. Vat, p 130 Dind.), ein Bestandteil der ursprünglichen bundesgenössischen Rechtsgleichheit war, so ist sie jedenfalls den jüngeren, nicht mehr zugestanden worden.

51 Es ist zu bedauern, daß wir über die Zahlenverhältnisse nicht genügende Auskunft zu geben im stande sind. Man kann die Zahl der waffenfähigen römischen Bürger für die spätere Königszeit auf etwa 20000 veranschlagen (S. 94). Nun ist aber von Albas Fall bis auf die Eroberung von Veii die unmittelbare römische Mark nicht wesentlich erweitert worden; womit es vollkommen übereinstimmt, daß von der ersten Einrichtung der einundzwanzig Bezirke um das Jahr 259 [495] an (S. 278), worin keine oder doch keine bedeutende Erweiterung der römischen Grenze lag, bis auf das Jahr 367 [387] neue Bürgerbezirke nicht errichtet wurden. Mag man nun auch die Zunahme durch den Überschuß der Geborenen über die Gestorbenen, durch Einwanderungen und Freilassungen noch so reichlich in Anschlag bringen, so ist es doch schlechterdings unmöglich mit den engen Grenzen eines Gebiets von schwerlich 30 Quadratmeilen die überlieferten Censuszahlen in Übereinstimmung zu bringen, nach denen die Zahl der waffenfähigen römischen Bürger in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts zwischen 104000 und 150000 schwankt, und im Jahre 362 [392], wofür eine vereinzelte Angabe vorliegt, 152573 betrug. Vielmehr werden diese Zahlen mit den 84700 Bürgern des servianischen Census auf einer Linie stehen und überhaupt die ganze bis auf die vier Lustren des Servius Tullius hin aufgeführte und mit reichlichen Zahlen ausgestattete ältere Censusliste nichts sein als eine jener scheinbar urkundlichen Traditionen, die eben in ganz detaillierten Zahlenangaben sich gefallen und sich verraten. – Erst mit der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts beginnen die großen Gebietserwerbungen, wodurch die Bürgerrolle plötzlich und beträchtlich steigen mußte. Es ist glaubwürdig überliefert, wie an sich glaublich, daß um 416 [338] man 165000 römische Bürger zählte, wozu es recht gut stimmt, daß zehn Jahre vorher, als man gegen Latium und Gallien die ganze Miliz unter die Waffen rief, das erste Aufgebot zehn Legionen, also 50000 Mann betrug. Seit den großen Gebietserweiterungen in Etrurien, Latium und Kampanien zählte man im fünften Jahrhundert durchschnittlich 250000, unmittelbar vor dem ersten punischen Kriege 280000 bis 290000 waffenfähige Bürger. Diese Zahlen sind sicher genug, allein aus einem andern Grunde geschichtlich nicht vollständig brauchbar: dabei nämlich sind wahrscheinlich die römischen Vollbürger und die nicht ›wie die‹ Kampaner, in eigenen Legionen dienenden ›Bürger ohne Stimme‹, wie zum Beispiel die Caeriten, ineinandergerechnet, während doch die letzteren faktisch durchaus den Untertanen beigezählt werden müssen (röm. Forsch. 2, 396).


52 Nicht bloß in jeder latinischen: denn die Zensur oder die sogenannte Quinquennalität kommt bekanntlich auch bei solchen Gemeinden vor, deren Verfassung nicht nach dem latinischen Schema konstituiert ist.


53 Diese älteste Grenze bezeichnen wahrscheinlich die beiden kleinen Ortschaften ad fines, wovon die eine nördlich von Arezzo auf der Straße nach Florenz, die zweite an der Küste unweit Livorno lag. Etwas weiter südlich von dem letzteren heißt Bach und Tal von Vada noch jetzt fiume della fine, valle della fine (Targioni Tozzetti viaggj 4, 430).


54 Im genauen geschäftlichen Sprachgebrauch geschieht dies freilich nicht. Die vollständigste Bezeichnung der Italiker findet sich in dem Ackergesetz von 643 [111] Z. 21; [ceivis] Romanus sociumve nominisve Latini, quibus ex formula togatorum [milites in terra Italia imperare solent]; ebenso wird daselbst Z. 29 vom Latinus der peregrinus unterschieden und heißt es im Senatsbeschluß über die Bacchanalien von 568: ne quis ceivis Romanus neve nominis Latini [186] neve socium quisquam. Aber im gewöhnlichen Gebrauch wird von diesen drei Gliedern sehr häufig das zweite oder das dritte weggelassen und neben den Römern bald nur derer Latini nominis, bald nur der socii gedacht (Weißenborn zu Liv. 22, 50, 6), ohne daß ein Unterschied in der Bedeutung wäre. Die Bezeichnung homines nominis Latini ac socii Italici (Sallust. Iug. 40), so korrekt sie an sich ist, ist dem offiziellen Sprachgebrauch fremd, der wohl in Italia, aber nicht Italici kennt.


55 Die früher aufgestellte Behauptung, daß diese Dreiherren bereits der ältesten Zeit angehören, ist deswegen irrig, weil der ältesten Staatsordnung Beamtenkollegien von ungerader Zahl fremd sind (Chronol. S. 15 A. 12). Wahrscheinlich ist die gut beglaubigte Nachricht, daß sie zuerst 465 ernannt wurden (Livius ep. 11), einfach festzuhalten und die auch sonst bedenkliche Deduktion des Fälschers Licinius Macer (bei Livius 7, 46), welche ihrer vor 450 Erwähnung tut, einfach zu verwerfen. Anfänglich wurden ohne Zweifel, wie dies bei den meisten der späteren magistratus minores der Fall gewesen ist, die Dreiherren von den Oberbeamten ernannt; das papirische Plebiscit, das die Ernennung derselben auf die Gemeinde übertrug (Festus v. sacramentum p. 344 M.), ist auf jeden Fall, da es den Prätor nennt, qui inter civis ius dicit, erst nach Einsetzung der Fremdenprätur, also frühestens gegen die Mitte des 6. Jahrhunderts erlassen.


56 Dahin führt, was Liv. 9, 20 über die Reorganisation der Kolonie Antium zwanzig Jahre nach ihrer Gründung berichtet; und es ist an sich klar, daß, wenn man dem Ostienser recht wohl auferlegen konnte seine Rechtshändel alle in Rom abzumachen, dies für Ortschaften wie Antium und Sena sich nicht durchführen ließ.


57 Man pflegt die Romer als das zur Jurisprudenz privilegierte Volk zu preisen und ihr vortreffliches Recht als eine mystische Gabe des Himmels anzustaunen; vermutlich besonders um sich die Scham zu ersparen über die Nichtswürdigkeit des eigenen Rechtszustandes. Ein Blick auf das beispiellos schwankende und unentwickelte römische Kriminalrecht könnte von der Unhaltbarkeit dieser unklaren Vorstellungen auch diejenigen überzeugen, denen der Satz zu einfach scheinen möchte, daß ein gesundes Volk ein gesundes Recht hat und ein krankes ein krankes. Abgesehen von allgemeineren staatlichen Verhältnissen, von welchen die Jurisprudenz eben auch und sie vor allem abhängt, liegen die Ursachen der Trefflichkeit des römischen Zivilrechts hauptsächlich in zwei Dingen: einmal darin, daß der Kläger und der Beklagte gezwungen wurden vor allen Dingen die Forderung und ebenso die Einwendung in qindender Weise zu motivieren und zu formulieren; zweitens darin, daß man für die gesetzliche Fortbildung des Rechtes ein ständiges Organ bestellte und dies an die Praxis unmittelbar anknüpfte. Mit jenem schnitten die Römer die advokatische Rabulisterei, mit diesem die unfähige Gesetzmacherei ab, soweit sich dergleichen abschneiden läßt, und mit beiden zusammen genügten sie, soweit es möglich ist, den zwei entgegenstehenden Forderungen, daß das Recht stets fest und daß es stets zeitgemäß sein soll.


58 In der späteren Bedeutung als Aphrodite erscheint die Venus wohl zuerst bei der Dedikation des in diesem Jahre geweiheten Tempels (Liv. 10, 31. Becker Topographie S. 472.


59 Nach der römischen Tradition führten die Römer ursprünglich viereckige Schilde; worauf sie von den Etruskern den runden Hoplitenschild (clupeus, ἀσπίς), von den Samniten den späteren viereckigen Schild (scutum, ϑυρεός) und den Wurfspeer (veru) entlehnten (Diodor. Vat. fr. p. 54; Sallust. Cat. 51, 38; Virgil Aen. 7, 665; Festus ep. v. Samnites p. 327 Müll. und die bei Marquardt Handb. 3, 2, 241 Angeff.). Allein daß der Hoplitenschild, das heißt die dorische Phalangentaktik nicht den Etruskern, sondern den Hellenen unmittelbar nachgeahmt ward, darf als ausgemacht gelten. Was das Scutum anlangt, so wird dieser große zylinderförmig gewölbte Lederschild allerdings wohl an die Stelle des platten kupfernen Clupeus getreten sein, als die Phalanx in Manipel auseinandertrat; allein die unzweifelhafte Herleitung des Wortes aus dem Griechischen macht mißtrauisch gegen die Herleitung der Sache von den Samniten. Von den Griechen kam den Römern auch die Schleuder (funda aus σφενδόνη, wie fides aus σφίδη, oben S. 226). Das Pilum gilt den Alten durchaus als römische Erfindung.


60 Auch Varro (de r.r. 1, 2, 9) denkt sich den Urheber des licinischen Ackergesetzes offenbar als Selbstbewirtschafter seiner ausgedehnten Ländereien; obgleich übrigens die Anekdote leicht erfunden sein kann um den Beinamen zu erklären.


61 Die Vermutung, daß der Künstler, welcher an diesem Kästchen für die Dindia Macolnia in Rom gearbeitet hat, Novius Plautius ein Kampaner gewesen sei, wird durch die neuerlich gefundenen alten praenestinischen Grabsteine widerlegt, auf denen unter andern Macolniern und Plautiern auch ein Lucius Magulnius des Plautius Sohn (L. Magolnio Pla. f.) vorkommt.


62 Der wegen seines silbernen Tafelgeräts gegen Publius Cornelius Rufinus (Konsul 464 [290]. 477 [277]) verhängten zensorischen Makel wurde schon gedacht (S. 431). Fabius' befremdliche Angabe (bei Strabon 5, p. 228), daß die Römer zuerst nach der Besiegung der Sabiner sich dem Luxus ergeben hätten (αἰσϑέσϑαι τοῦ πλούτου), ist offenbar nur eine Übersetzung derselben Anekdote ins Historische; denn die Besiegung der Sabiner fällt in Rufinus' erstes Konsulat.


63 Was Dionys (6, 95; vgl. Niebuhr 2, 40) und schöpfend aus einer anderen dionysischen Stelle Plutarch (Camill. 42) von dem latinischen Fest berichtet, ist, wie außer andern Gründen schlagend die Vergleichung der letzteren Stelle mit Liv. 6, 42 (Ritschl parerg. 1, p. 313) zeigt, vielmehr von den römischen Spielen zu verstehen; Dionys hat, und zwar nach seiner Gewohnheit im Verkehrten beharrlich, den Ausdruck ludi maximi mißverstanden. – Übrigens gab es auch eine Überlieferung, wonach der Ursprung des Volksfestes, statt wie gewöhnlich auf die Besiegung der Latiner durch den ersten Tarquinius, vielmehr auf die Besiegung der Latiner am Regillersee zurückgeführt ward (Cicero de div. 1, 26, 55. Dionys 7, 71). Daß die wichtigen an der letzten Stelle aus Fabius aufbehaltenen Angaben in der Tat auf das gewöhnliche Dankfest und nicht auf eine besondere Votivfeierlichkeit gehen, zeigt die ausdrückliche Hinweisung auf die jährliche Wiederkehr der Feier und die genau mit der Angabe bei dem falschen Asconius (p. 142 Or.) stimmende Kostensumme.


64 Erhalten ist davon das Bruchstück:

Bei trocknem Herbste, nassem – Frühling, wirst du, Knabe,

Einernten große Spelte.

Wir wissen freilich nicht, mit welchem Rechte dieses Gedicht späterhin als das älteste römische galt (Macrob. sat. 5, 20. Festus ep. v. flaminius p. 93 M. Servius zu Virg. georg. 1, 101. Plin. 17, 2, 14).


65 Nur die ersten Stellen in der Liste geben Anlaß zum Verdacht und mögen später hinzugefügt sein, um die Zahl der Jahre von der Königsflucht bis zum Stadtbrande auf 120 abzurunden.


66 S. 455. Nach den Annalen kommandiert Scipio in Etrurien, sein Kollege in Samnium und ist Lucanien dies Jahr im Bunde mit Rom; nach der Grabschrift erobert Scipio zwei Städte in Samnium und ganz Lucanien.


67 Diese Richtung der Sage erhellt deutlich aus dem älteren Plinius (h.n. 36, 15, 100).


68 Man rechnete, wie es scheint, drei Geschlechter auf ein Jahrhundert und rundete die Ziffer 2331/3 auf 240 ab, ähnlich wie die Epoche zwischen der Königsflucht und dem Stadtbrand auf 120 Jahre abgerundet ward (S. 462 A.). Wodurch man gerade auf diese Zahlen geführt ward, zeigt zum Beispiel die oben (S. 203) erörterte Feststellung des Flächenmaßes.


69 Auch die ›troischen Kolonien‹ auf Sizilien, die Thukydides, Pseudoskylax und andere nennen, sowie die Bezeichnung Capuas als einer troischen Gründung bei Hekatäos werden auf Stesichoros und auf dessen Identifizierung der italischen und sizilischen Eingebornen mit den Troern zurückgehen.


70 Nach ihm vermählte sich eine aus Ilion nach Rom geflüchtete Frau Rome oder vielmehr deren gleichnamige Tochter mit dem König der Aboriginer Latinos und gebar ihm drei Söhne, Romos, Romylos und Telegonos. Der letzte, der ohne Zweifel hier als Gründer von Tusculum und Praeneste auftritt, gehört bekanntlich der Odysseussage an.


71 In den beiden Grabschriften des Lucius Scipio Konsul 456 [298] und des gleichnamigen Konsuls vom Jahre 495 [259] fehlen m und d im Auslaut der Beugungen regelmäßig, doch findet sich einmal Luciom und einmal Gnaivod; es steht nebeneinander im Nominativ Cornelio und filios; cosol, cesor und consol censor; aidiles, dedet, ploirume (= plurimi), hec (Nom. Sing.) neben aidilis, cepit, quei, hic. Der Rhotacismus ist bereits vollständig durchgeführt; man findet duonoro (= bonorum), ploirume, nicht wie im saliarischen Liede foedesum, plusima. Unsere inschriftlichen Überreste reichen überhaupt im allgemeinen nicht über den Rhotacismus hinauf; von dem älteren s begegnen nur einzelne Spuren, wie noch späterhin honos, labos neben honor und labor und die ähnlichen Frauenvornamen Maio (maios, maior) und Mino auf neu gefundenen Grabschriften von Praeneste.


72 Litterator und grammaticus verhalten sich ungefähr wie Lehrer und Maître; die letztere Benennung kommt nach dem älteren Sprachgebrauch nur dem Lehrer des Griechischen, nicht dem der Muttersprache zu. Litteratus ist jünger und bezeichnet nicht den Schulmeister, sondern den gebildeten Mann.


73 Es ist doch wohl ein römisches Bild, was Plautus (Bacch. 431) als ein Stück der guten alten Kindererziehung anführt:

wenn nun du darauf nach Hause kamst,

In dem Jäckchen auf dem Schemel saßest du zum Lehrer hin;

Und wenn dann das Buch ihm lesend eine Silbe du gefehlt,

Färbte deinen Buckel er dir bunt wie einen Kinderlatz.


74 Eine Nachbildung der ältesten Hausform, wie man wohl gemeint hat, ist der Rundtempel sicher nicht; vielmehr geht der Hausbau durchaus vom Viereck aus. Die spätere römische Theologie knüpfte diese Rundform an die Vorstellung des Erdballs oder des kugelförmig die Zentralsonne umgebenden Weltalls (Fest. v. rutundam p. 282; Plutarch Num. 11; Ovid. fast. 6, 267 fg.); in der Tat ist dieselbe wohl einfach darauf zurückzuführen, daß für die zum Abhegen und Aufbewahren bestimmte Räumlichkeit als die bequemste wie die sicherste Form stets die kreisrunde gegolten hat. Darauf beruhten die runden Schatzhäuser der Hellenen ebenso wie der Rundbau der römischen Vorratskammer oder des Penatentempels; es war natürlich auch die Feuerstelle – das heißt den Altar der Vesta- und die Feuerkammer – das heißt den Vestatempel – rund anzulegen, so gut wie dies mit der Zisterne und der Brunnenfassung (puteal) geschah. Der Rundbau an sich ist graeco-italisch wie der Quadratbau und jener der Kammer eigen, wie dieser dem Wohnhaus; aber die architektonische und religiöse Entwickelung des einfachen Tholos zum Rundtempel mit Pfeilern und Säulen ist latinisch.


75 Novius Plautius (S. 447 A.) goß vielleicht nur die Füße und die Deckelgruppe; das Kästchen selbst kann von einem älteren Künstler herrühren, aber, da der Gebrauch dieser Kästchen sich wesentlich auf Praeneste beschränkt hat, kaum von einem anderen als einem praenestinischen.



Quelle:
Theodor Mommsen: Römische Geschichte. Berlin 1923, Bd. 1.
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