Siebenter Abschnitt
Der Sozialstaat der Legende und das sozialistische Naturrecht

[80] Die Annahme eines agrarischen Kommunismus als Ausgangspunktes der ganzen sozialen Entwicklung Spartas würde eine wertvolle Stütze gewinnen, wenn wirklich, wie man gemeint hat, in Sparta eine »alte« Tradition bestand, daß die Grundeigentumsordnung hier prinzipiell auf Gütergleichheit angelegt gewesen sei, daß von Rechts wegen jeder Spartiate einen Anspruch auf gleichen Anteil an Grund und Boden der Gesamtheit, am »Bürgerland« besessen habe. »Als eine Eigentümlichkeit des spartanischen Staatswesens – sagt Polybios an einer vielbesprochenen Stelle – bezeichnen sie (d.h. die von Polybios genannten ›alten Autoren‹) das Prinzip der Agrarverfassung, demgemäß keinem Bürger mehr Grundbesitz zukommt als dem andern, sondern alle den gleichen Anteil am Bürgerland haben sollen.«248

Läge hier eine wirkliche und unverfälschte historische Erinnerung vor, so wäre in der Tat die Annahme einer strengen agrarischen Gemeinschaft[80] für die älteren Zeiten Spartas unabweisbar. Zur Verwirklichung einer prinzipiellen Gleichheit des Grundeigentums genügte ja nicht bloß eine einmalige gleiche Verteilung der Hufen, wie sie z.B. Plato u.a. bei der Gründung des Staates annehmen, sondern es hätte diese Teilung periodisch wiederholt werden müssen, um die durch die Veränderlichkeit der Bürgerzahl, die Zufälligkeiten der Vererbung und andere Momente entstandenen Ungleichheiten immer wieder zu beseitigen, den Anspruch eines jeden auf gleichen Anteil zur Wahrheit zu machen: ein Verfahren, bei dem von einem Sondereigentum am Grund und Boden nicht die Rede sein kann.

Freilich tritt auch hier wieder die Unsicherheit unserer Erkenntnis, die Schwierigkeit, zu einem entscheidenden positiven Ergebnis zu kommen, klar zutage. In der Erörterung des Polybios über die spartanischkretische Verfassung, in der sich der obige Satz findet, werden nur solche Quellen genannt, die im Verhältnis zu den hier in Frage kommenden Zeiten sehr jungen Ursprunges sind, Plato, Xenophon, Ephoros und Kallisthenes; und was insbesondere die Bemerkung über die prinzipielle Gütergleichheit Spartas betrifft, so wird gerade sie überaus problematisch dadurch, daß als ihr Gewährsmann ohne Zweifel Ephoros zu betrachten ist,249 dessen Unzuverlässigkeit und Unklarheit über die ältere spartanische Geschichte, dessen falscher Pragmatismus und künstliche Zurechtmachung des geschichtlichen Stoffes von vornherein Mißtrauen gegen seine Angaben erwecken.

Dazu kommt, daß es sich hier um eine Frage von durchaus aktuellem Interesse handelte, welche sowohl die Theorie, wie die praktische Politik der Zeit auf das lebhafteste beschäftigte. Ein Moment, welches von jeher Veranlassung gegeben hat, die Geschichte in den Dienst von Zeitanschauungen zu stellen. – Die Literatur, mit der wir es zu tun haben, ist entstanden unter den Einwirkungen einer Epoche, in der sich der spartanische Staat in einer tiefgehenden Bewegung und Umwandlung befand. Die um die Wende des 5. und 4. Jahrhunderts errungene Großmachtstellung hatte die Traditionen des altspartanischen Staats- und Gesellschaftslebens auf das stärkste erschüttert. Der demoralisierende Einfluß, den der in Sparta zusammenströmende Reichtum auf die Gesinnung der[81] Bürgerschaft ausübte, äußerte sich in überhandnehmender Üppigkeit und Habsucht, und in derselben Richtung wirkte die ohnehin längst fühlbare, aber durch die Verminderung der Bürgerzahl in der langen Kriegszeit noch gesteigerte Tendenz zunehmender Vermögensungleichheit. Während das Sparta des 4. Jahrhunderts als die reichste Stadt von Hellas gepriesen wird,250 erscheint anderseits die Proletarisierung breiter Volksschichten soweit fortgeschritten, daß für sie die Erfüllung der staatlichen Leistungen zur Unmöglichkeit geworden war und innerhalb der Bürgerschaft selbst eine recht- und landlose Masse der kleinen Zahl derer gegenüberstand, in deren Händen sich der Grund und Boden mehr und mehr konzentrierte.251 Dazu kam der Geist gewissenloser Gewaltsamkeit und kühner, vor dem Umsturz der Verfassung selbst nicht zurückscheuender Neuerungssucht, wie wir sie besonders in Lysanders Person verkörpert sehen; Erscheinungen, deren zersetzender Einfluß um so gefährlicher war, als gleichzeitig die fortdauernde Gärung in der Hörigen- und Untertanenbevölkerung, wie in den unteren Schichten der Bürgerschaft selbst unausgesetzt an der Unterwühlung des Staatsgebäudes arbeitete. Gegenüber diesen Verhältnissen war eine Reaktion unausbleiblich. Sie mußten nicht bloß bei denen, die unmittelbar unter ihnen litten, sondern bei allen patriotisch Denkenden das Verlangen nach Reformen wachrufen und dieses Reformbedürfnis suchte dann – so wie die Dinge hier lagen – naturgemäß seine Befriedigung in dem Hinweis auf die Ordnungen und Lebensnormen der guten alten Zeit, auf denen die innere Stärke Spartas beruht hatte.252 Es entsteht eine Publizistik, die die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit des »lykurgischen« Sparta verherrlichte und die auch außerhalb Spartas, z.B. in den lakonisierenden Kreisen Athens, für die Altsparta ein Musterstaat war, ihre Vertreter hatte. Eine Publizistik, die für uns noch dadurch ein besonderes Interesse erhält, daß sie von Ephoros als Autorität für spartanische Dinge benützt worden ist. Hier tauchen auch zuerst jene angeblich von Delphi ausgegangenen Orakel auf,253 durch welche man die grundlegenden Normen des altspartanischen Staatslebens in idealem Gewande kodifizierte und als göttliche[82] Offenbarung (νόμοι πυϑόχρηστοι) hinzustellen versuchte,254 um ihnen eine für alle Zukunft verbindliche Autorität zu vindizieren. Konnte es ausbleiben, daß diese publizistischen Tendenzen auf die Vorstellungen über das Wesen der ursprünglichen Staats- und Gesellschaftsordnung Spartas umgestaltend einwirkten, zu einer mehr oder minder weitgehenden Idealisierung der Vergangenheit führten?

Bewußt oder unbewußt verschmolzen hier die Ideale und Wünsche der Gegenwart mit den traditionellen Anschauungen über die Vergangenheit, in der diese Wünsche ihre Rechtfertigung suchten, wie zu allen Zeiten, in denen die Gegner des Bestehenden sich bemühen, die Gewalt der geschichtlichen Wirklichkeit durch die Macht der Legende zu brechen.

Und was war anderseits natürlicher, als daß die Legendenbildung sich mit besonderer Intensität derjenigen Erscheinungen des Volkslebens bemächtigte, welche im Vordergrunde des öffentlichen Interesses standen? Das war eben die soziale Frage, die schon im Anfang des 4. Jahrhunderts durch die Verschwörung des Kinadon in ihrer ganzen Bedeutung zutage trat. In der Tat können wir gerade auf diesem Gebiete das Eindringen tendenziöser Erfindungen deutlich verfolgen. Das angeblich schon dem Lykurg erteilte Orakel,255 welches sich gegen das Geldkapital wendet (»die Geldgier wird Sparta verderben«), ist gewiß das Produkt einer recht späten Zeit und offenbar nicht älter als die geschilderte Reaktion gegen die Ausschreitungen des Kapitalismus und die Überflutung Spartas mit Edelmetallen seit dem Ende des 5. Jahrhunderts.256 Ebenso ist es eine Entstellung der geschichtlichen Wahrheit, wenn sich damals mit den Anschauungen über die gute alte Zeit die Ansicht verband, daß die bewegliche Habe früher bei den Spartanern gar keine Rolle gespielt habe,257 oder wenn wir in der Literatur über die Revolutionszeit des 3. Jahrhunderts258[83] lesen, daß die angeblich von Lykurg geschaffene Gleichheit des Grundbesitzes, ja die Zahl der von ihm mit einem Gut ausgestatteten Familien sich bis auf das genannte Gesetz des Ephors Epitadeus unverändert erhalten habe. Vorstellungen, deren volkswirtschaftliche Absurdität von selbst einleuchtet, auch wenn sich die Gegensätze von arm und reich in Sparta nicht soweit zurück verfolgen ließen, wie es tatsächlich der Fall ist. Liegt da nicht von vornherein der Verdacht nahe, daß auch die Angabe über die prinzipielle Gleichheit des Grundeigentums, die mit jenen nachweislich ungeschichtlichen Vorstellungen in engem Zusammenhang steht,259 der sozialpolitischen Romantik einer späteren Zeit ihren Ursprung verdankt und ebenso Tendenzerfindung ist, wie die Orakel der Göttin Pasiphaa, welche den Zeitgenossen des Königs Agis die Wiederherstellung jener gepriesenen Gleichheit befahlen?260

In einer von den Gegensätzen des Mammonismus und Pauperismus zerrütteten Gesellschaft ist das Auftauchen kommunistischer Tendenzen eine so selbstverständliche Erscheinung, daß man sich wundern müßte, wenn dieses Schiboleth sozialer Unzufriedenheit in dem damaligen Sparta gefehlt hätte.

Übrigens ist es ja keineswegs bloß Sparta selbst, wo wir die Entstehung und Ausbildung der Legende zu suchen haben. Wir sehen vielmehr die Literatur des 4. Jahrhunderts überhaupt von der Tendenz beherrscht, die kommunistischen und sozialistischen Ideale der Zeit an das »lykurgische« Sparta anzuknüpfen, das Bild desselben nach diesen Idealen zu gestalten.

Es ist daher für eine allseitige Beurteilung der Frage unerläßlich, daß wir uns die sozialgeschichtlichen Konstruktionen dieser Literatur im allgemeinen, wie in ihrer besonderen Anwendung auf Sparta vergegenwärtigen. Auch sind ja diese Konstruktionen, so unergiebig sie für die Geschichte des praktischen Kommunismus sind, um so bedeutsamer für die Geschichte der kommunistischen und sozialen Ideen.

Die Schilderung idealer Volkszustände tritt uns als eine überaus bezeichnende Eigentümlichkeit der hellenischen Geschichtschreibung schon frühzeitig entgegen. Man denke nur – von Herodot ganz abgesehen – an die in den Geschichtswerken des Theopomp und des Hekatäos von Abdera enthaltenen Schilderungen völlig frei geschaffener Staats- und Gesellschaftszustände, förmliche »Staatsromane«,261 die auf die ganze[84] geistige Atmosphäre der Zeit, in der die Legende von dem Sozialstaat Sparta erwuchs, ein überaus bedeutsames Licht werfen.

Wie muß die Luft mit Fabeleien dieser Art erfüllt gewesen sein, wenn selbst die Geschichtschreibung dem Reize nicht widerstehen konnte, in ernsten historischen Werken das große Problem der Zeit in rein dichterischem Gewand zu behandeln!262 Ist es zu verwundern, daß eine solche Geschichtschreibung auch in der Darstellung des wirklichen Lebens sich mehr oder minder frei gehen ließ, wo sich ihr ein Anknüpfungspunkt für ihre Spekulationen darbot. Auf die Frage, ob die bestehende Gesellschaftsordnung die allein mögliche oder berechtigte sei, vermochte man ja eine noch ungleich wirksamere Antwort zu geben, wenn man an der Hand der Geschichte selbst die Durchführbarkeit und Vernünftigkeit der Gleichheitsideale darlegen konnte. Die Tatsachen der Geschichte und des Völkerlebens allein konnten die Gegenprobe zu den allgemeinen Folgerungen der sozialen Theorie und damit den Beweis liefern, daß dieselben auch eine bestimmte Gestaltung vertrugen und wirklich lebensfähig seien. Eine Probe, die um so überzeugender wirken mußte, je schärfer und klarer der Allgemeinheit der Theorie hier die lebendige Einzeltatsache gegenübertrat, d.h. je mehr die Geschichte zur Dichtung wurde. Allerdings ist der erste bedeutsame Schritt in dieser Richtung nicht von der Geschichtschreibung selbst gemacht worden, sondern von der sozialen Theorie, allein sie ist derselben doch alsbald auf dem Fuße gefolgt.

In erster Linie kommt hier in Betracht die Lehre vom Naturzustand, wie wir sie zuerst bei Plato ausführlich formuliert finden. Diese Lehre wurzelt in der von der Sozialtheorie der Zeit vielfach erhobenen Forderung einer Rückkehr zu möglichst einfachen, »naturgemäßen« Formen der Volkswirtschaft, zu einem Zustand, der sich mit der Produktion des »Notwendigen« begnügt und durch möglichste Annäherung an die Naturalwirtschaft dem wirtschaftlichen Egoismus und Spekulationsgeist die engsten Grenzen ziehen soll. Während kühne soziale Idealbilder unendlich weit über alles geschichtlich Gewordene in eine bessere Zukunft hinausweisen, schweift hier anderseits der Blick zurück in die Vergangenheit, die, je mehr sie sich von dem »künstlichen« Bau der gegenwärtigen Gesellschaft entfernt, je primitiver, je »naturgemäßer«[85] sie ist, um so mehr die Vermutung für sich zu haben scheint, daß bereits hier das Ideal Wirklichkeit gewesen. Die Zustände der Vergangenheit werden zum Gegenstande sozialphilosophischer Konstruktion, romantischer Verklärung und Vergeistigung. Man sucht das ersehnte Neue in dem Alten und trägt so die Ideale des eigenen Herzens in die Vergangenheit hinein, um gegen die verdorbene und verkehrte Gegenwart die ganze Autorität der Tradition heraufbeschwören zu können. So wird in den Gesetzen Platos jene selige Urzeit geschildert, in welcher die gefährlichen Konsequenzen des Privateigentums noch nicht hervorgetreten sein sollen, weil bei der geringen Dichtigkeit der Bevölkerung alle notwendigen Bedürfnisse mit Leichtigkeit ihre Befriedigung gefunden, alle Menschen die gleiche Möglichkeit gehabt hätten, sich in den Besitz der unentbehrlichen Güter zu setzen. In diesen glücklichen Anfängen der heutigen Menschheit, in denen der Besitz der einen noch nicht die Ausschließung der anderen von den Gütern der Erde bedeutete, gab es auch, wie Plato meint, noch keine Rivalität, keinen wirtschaftlichen Daseinskampf unter den Menschen. In ihrer einfachen Hirtenexistenz ahnten sie noch nichts von den sittlichen Verheerungen der Erwerbsgier und des Konkurrenzkampfes, wie sie mit der Entwicklung städtischer Kultur Hand in Hand gehen.263 Daher empfanden sie nur Liebe und Wohlwollen füreinander. Sie kannten eben weder den Mangel der Armut, welcher die Menschen notgedrungen in einen feindlichen Gegensatz zueinander bringt, noch auch den Reichtum.264 »Eine Gemeinschaft aber, der Reichtum sowohl wie Dürftigkeit ferne ist, möchte sich wohl der größten Sittenreinheit erfreuen; denn hier erzeugt sich kein Frevel und kein Unrecht, keine Scheelsucht und kein Neid.«265 Es ist ein Zustand seliger Unschuld, der wohl hinter der Zivilisation späterer Zeiten zurückstand, aber dieselben in Bezug auf die grundlegenden sozialen Tugenden, sittliche Selbstbeschränkung und Gerechtigkeitssinn, weit übertraf,266 und dem anderseits die Schattenseiten: Krieg, innerer Zwist, Rechtshändel und[86] alle die Kunstgriffe (μηχαναί), die der Mensch zum Schaden der Mitmenschen ersann, vollkommen fremd waren.

Es leuchtet ein, daß auch für diejenige Vorstellungsweise, aus welcher die sentimentale Idylle dieses unschuldigen Naturzustandes entsprang, ganz wesentlich das Institut des Privateigentums als Quelle menschlichen Elends erscheinen mußte. Wenn nur die völlige Bedeutungslosigkeit des Privateigentums das höchste Glück der Menschheit verbürgt, so hatte dieses Glück eben von dem Momente an ein Ende, wo infolge der Zunahme der Bevölkerung und der Bedürfnisse der gemeinsame Naturfond den Charakter der Unerschöpflichkeit verlor und die Aneignung der Güter durch den einzelnen immer mehr als Ausschließung und Verkürzung anderer empfunden wurde. Wenn der auf diese Weise entstehende Wettbewerb um die wirtschaftlichen Güter zugleich das Grab der Sittlichkeit und des sozialen Friedens sein soll, so ist eben die wesentlichste Entstehungsursache aller Demoralisation das Privateigentum, welches diesen Wettbewerb entfesselt. Es ist daher ebenso für diese Lehre vom Naturzustand, wie für die früheren Ausführungen über die beglückenden Wirkungen des Kommunismus zutreffend, wenn Aristoteles die Grundanschauung Platos dahin kennzeichnet, daß nach ihr der Ursprung aller Übel eben im Privateigentum liege.267 Jedenfalls ist die Lehre vom Naturzustand in ihrer weiteren Ausbildung damals ebenso, wie später im 18. Jahrhundert bei der prinzipiellen Negation des Privateigentums, bei der Proklamierung der Gütergemeinschaft als des allein wahren und naturgemäßen Zustandes angelangt.

Eine bedeutsame Stellung nimmt in dieser Frage der bekannte Schüler des Aristoteles ein, Dikäarch von Messana, der in seiner griechischen Kulturgeschichte (βίος Ἑλλάδος) bei der Darstellung der stufenweisen Entwicklung der Zivilisation nicht nur die Lehre vom Naturzustande im allgemeinen verwertete,268 sondern auch insbesondere die Entwicklung des[87] Privateigentums als einen Abfall von diesem glücklichen Zustand, von dem »Gesetze der Natur« zu erweisen suchte.

Das Leben der Menschen im Naturstand ist für diesen Vorläufer Rousseaus,269 ebenso wie für Plato, eitel Friede und Eintracht, und er motiviert dies damit, daß bei der Bedürfnislosigkeit einer Gesellschaft, die hauptsächlich von Früchten lebte und noch nicht einmal die Zähmung der Tiere kannte, noch kein Besitz vorhanden war, der als nennenswerter Gegenstand des Begehres und des Kampfes hätte in Betracht kommen können.270 Eine Auffassung, welche der Urzeit allerdings den Begriff des Privateigentums nicht direkt abspricht, aber doch einen Zustand voraussetzt, in welchem dasselbe ohne alle Bedeutung ist. – Erst das Streben nach »überflüssigen Gütern« und der damit verbundene Übergang zu Viehzucht und Ackerbau entfesselte den Kampf unter den Menschen infolge des widerstreitenden Interesses derjenigen, welche den Besitz an diesen Gütern zu erwerben, und derer, welche den schon gewonnenen Besitz zu behaupten suchten.271 Und mit diesem Wettbewerb[88] menschlicher Habgier, des gegenseitigen Mehrhabenwollens272 geht dann Hand in Hand Unrecht und Gewalt, Verfeindung und Fehde.

Ganz besonders scharf gefaßt erscheint endlich diese Anschauung von den verhängnisvollen Folgen der Entwicklung des Privateigentums in einer allerdings späten, an Poseidonios sich anlehnenden Formulierung Senecas, die aber gewiß von Poseidonios im wesentlichen schon der älteren Literatur entnommen ist.273 »Die Habsucht«, heißt es hier, »hat die brüderlichen Bande zerrissen, welche die Menschen ursprünglich vereinigte, solange sie unverdorben dem Gesetze der Natur folgten. Aber dieser Abfall hat ihnen keinen Gewinn gebracht. Denn sie (die Erwerbsgier) ist selbst für die, welche sie am meisten bereicherte, nur eine Quelle der Armut geworden. Man hörte auf, alles zu besitzen, als man ein Eigentum begehrte.«274

Wir sind um so mehr berechtigt, diese Formulierung des Problems für unsere Frage heranzuziehen, als es sich hier um Vorstellungen handelt, deren Spuren sich in der stoischen Schule bis zum Stifter der Lehre, dem Zeitgenossen Dikäarchs, zurückführen lassen. Schon die Ethik des Cynismus, an welche sich die älteste Stoa so enge anschloß, predigte die Rückkehr zur Selbstgenügsamkeit der ersten Menschen, die sie zugleich als einen Zustand wahrer Freiheit pries.275 Auch der von der mystischen Gleichheitsschwärmerei des Cynismus stark beeinflußte Idealstaat Zenos276 ist offenbar von der Idee des Naturzustandes eingegeben. Dieser Staat, in dem es keine Tempel, keine Gerichtshöfe, keine Gymnasien, kein Geld geben sollte,277 der die völlige Weibergemeinschaft278 und möglichste Gleichstellung der Geschlechter verwirklichen und die allgemeine Nivellierung der Menschen bis zu einer Lebensgemeinschaft steigern[89] sollte,279 die ausdrücklich mit dem Gemeinschaftsleben einer Herde280 verglichen wird,281 dieser Staat der Liebe, der Freiheit und Eintracht282 sollte gewiß auch den allgemeinen Verzicht auf das Privateigentum verwirklichen, als die vollendete Verkörperung jener Selbstgenügsamkeit, jener αὐτάρκεια wie sie eben dem cynisch-stoischen Ideal eines wahrhaft freien und naturgemäßen Lebens (τοῦ ἀκολούϑως τῇ φύσειζῆν) entsprach.283

Wie hätte auch der hyperidealistische Kollektivismus und Anarchismus dieses Gesellschaftsideals die Freiheit des Naturzustandes, das freiwillige Zusammenwirken aller aus freier Moralität und Brüderlichkeit mit dem Institut des Privateigentums vereinbar halten können?284 Die Gütergemeinschaft ist ja nur der vollendetste Ausdruck jenes allmächtigen Triebes nach Gemeinschaft (οἰκείωσις!), welcher nach der Lehre der Stoa alle Vernunftwesen verbindet und vermöge dessen »man nicht für sich leben kann, ohne für andere zu leben«.285 Wenn dies Gesetz der Natur, das zugleich das der Vernunft ist, ein derartiges Aufgehen des einzelnen Individuums in der Lebensgemeinschaft des Ganzen und im Dienste für das Ganze fordert,286 wie hätte die Stoa – im Anschluß an die Volkssage vom goldenen Zeitalter – die absolute Herrschaft des Naturrechtes in der glücklichen Urzeit des Menschengeschlechtes lehren können, ohne damit zugleich dem ökonomischen Individualismus des nach ihrer Ansicht aus dem Verderbnis der Welt entsprungenen positiven Rechtes das Ideal eines wirtschaftlichen Gemeinschaftslebens entgegenzustellen?287

[90] In demselben Ideengang wie diese Lehre vom Naturzustand wurzelt die Idealisierung der sogenannten Naturvölker, die wir in den ethnographischen Schilderungen der Literatur der Griechen und zwar ganz besonders bei Ephoros finden.

Eine Anschauungsweise, für welche die Erlösung von den sozialen Krankheitserscheinungen einer hochentwickelten Kultur gleichbedeutend war mit der Rückkehr zur »Natur«, mußte ja das Interesse und die Einbildungskraft vor allem auf jene Völker an den Grenzen der Kulturwelt lenken, deren ganzes Dasein als getreues Abbild des Naturzustandes und der geträumten besseren Vergangenheit des eigenen Volkes erschien. Hier hatte man eine Wirtschaftsstufe vor sich, mit deren Armut und Bedürfnislosigkeit sich von selbst ein hohes Maß sozialer Gleichheit zwischen den freien Volksgenossen verband. Hier sah man demgemäß auch in den sozialen Gemeinschaften, welche den Charakter dieses primitiven Völkerlebens beherrschten, in Familien, Sippen, Stämmen noch ein außerordentlich starkes Gemeinschaftsgefühl288 lebendig, welches naturgemäß innerhalb dieser Kreise zu sehr weitgehenden Forderungen wirtschaftlicher Gerechtigkeit,289 zu einer Organisation der Besitzverhältnisse führte, die sich wenigstens bei den nomadisierenden Skythenstämmen als mehr oder minder ausgeprägter Kommunismus darstellte.290 Was hat nun aber die idealistische Sozialphilosophie der Griechen aus diesen Tatsachen gemacht?

Sie reden von den »Barbarensitten« (»νόμιμα βαρβαρικά«), deren Sammlung Historiker und Philosophen wetteifernd betrieben,291 in einem[91] Ton, als ob hier die höchsten politischen und gesellschaftlichen Ideale des Hellenentums Fleisch und Blut gewonnen hätten! In einer wahrscheinlich auf Poseidonios, vielleicht auch schon auf Ephoros zurückzuführenden Schilderung der Skythen heißt es, daß ihnen die Natur gegeben, was die Griechen trotz aller Lehren ihrer Philosophen nicht zu erreichen vermochten.292 Der rohe Maßstab wirtschaftlicher Gerechtigkeit, den das Gleichheitsgefühl einer niedrigen Kulturstufe und das Gemeinschaftsleben im engsten sozialen Kreise dem Naturmenschen aufdrängt, wird ohne weiteres mit der hohen Idee der jedem das Seine gebenden Gerechtigkeit identifiziert, zu welcher sich eine viele Jahrhunderte alte moralische Kulturarbeit durchgerungen hat. Die Gerechtigkeit erscheint als Grundtrieb des skythischen Volkscharakters, als leitendes Motiv des ganzen Lebens dieser »gerechtesten aller Menschen«,293 genau ebenso, wie sie von Plato als das Grundprinzip des Idealstaates oder von einem bekannten Schüler der Stoa, von Arat, als das Lebenselement jener seligen Urzeit hingestellt ward, in der die Göttin des Rechtes (Dike) noch leibhaftig auf Erden waltete.294 Und an diesem Mustervolk der sozialen Gerechtigkeit muß sich dann natürlich all das reichlich erfüllt haben, was der Idealismus der damaligen Sozialtheorie als notwendiges Ergebnis einer wahrhaft gerechten Lebensordnung ansah. Wenn Plato von dem Kommunismus der guten Verfassung seines Staates (der »εὔνομος πόλις«) erwartet, daß er allen Haß und Streit beseitigen würde, der sich an den Kampf um den Besitz zu knüpfen pflegt,295 so erscheint einem Geschichtschreiber, wie Ephoros, dieses Ideal durch die eben als eine »gute« (d.h. als εὐνομία) gepriesene Gesellschaftsordnung gewisser skythischer Stämme tatsächlich verwirklicht. Ihre gemeinwirtschaftlichen Institutionen gewähren nach seiner Ansicht[92] der Erwerbsgier keinen Spielraum und sind daher frei von allen sozialen Übeln, welche Plato als Folgezustand der Bereicherungssucht (des χρηματισμός) beklagt.296 Haß, Neid und sklavische Furcht sind diesen Menschen fremd.297

Ja Ephoros geht noch weiter. Nachdem die Spekulation über das »Gerechte« und den Naturzustand als wesentlichen Zug desselben auch die Schonung der Tiere und Enthaltung von Fleischnahrung hingestellt298 und die ältere Geschichtschreibung diesen Zug bereits für die idealisierende Schilderung nördlicher Fabelvölker adoptiert hatte,299 trägt Ephoros ebenfalls kein Bedenken anzunehmen, daß die »frommen« Volksgenossen des weisen Anacharsis das gleiche Lebensideal verwirklicht hätten.300 Die alte Bezeichnung dieser Nomaden als »Milchesser« genügt ihm, ohne weiteres der Geschichte diese Legende einzuverleiben, für die er sonst keinen Anhaltspunkt hatte.301

Noch tiefgreifender sind die idealisierenden Schlußfolgerungen, die man aus den bei verschiedenen unzivilisierten Völkern, z.B. bei den Skythen u.a., beobachteten Formen der Promiskuität des Geschlechtsverkehrs302 gezogen hat, indem man damit ohne weiteres in derselben[93] Weise, wie bei Plato, die Idee einer ungetrübten Harmonie der Gesellschaft, eines ungestörten sozialen Friedens verband. Wie schon Herodot von einem Nachbarvolk der Skythen berichtet hatte, daß es völlige Frauengemeinschaft hatte, »damit alle unter sich Brüder und Verwandte seien, die weder Neid noch Feindschaft gegeneinander hegen«,303 so weiß auch Ephoros von seinen »Galaktophagen« zu erzählen, daß bei ihnen infolge derselben Gemeinschaft jeder ältere Mann Vater, jeder Jüngere Sohn, jeder Gleichalterige Bruder genannt worden sei,304 genau entsprechend der Sitte im platonischen Idealstaat.305 Kein Wunder, daß Ephoros bei seinem Mustervolk auch auf wirtschaftlichem Gebiete ein Ideal sozialer Gerechtigkeit verwirklicht sieht, welches hinter den kühnsten Träumen der sozialökonomischen Metaphysik seines Jahrhunderts nicht zurückbleibt. Wir begegnen in der Schilderung des skythischen Volkslebens bei Ephoros der unklaren Idee des reinen Kommunismus, der Vorstellung von einem Gesellschaftszustand, in dem alles und jedes Privateigentum – am Grund und Boden sowohl, wie an Gebrauchs- und Nutzvermögen – fehlt und die wirtschaftliche Lebenslage und die Bedürfnisbefriedigung für alle Individuen oder Familien die absolut gleiche ist. Selbst Plato, dessen kommunistisches Ideal hier offenbar mit Vorbild war, hat an die Möglichkeit einer vollkommenen Verwirklichung dieses Kommunismus nicht zu glauben gewagt. Er beschränkt ihn – als allgemein gültige Lebensnorm – nicht bloß auf eine besondere Klasse der Bevölkerung seines Idealstaates, sondern gibt auch bei dieser die Möglichkeit zu, daß Abweichungen von dem rein kommunistischen Prinzip unvermeidlich werden könnten.306 Ephoros kennt solche Bedenken nicht. Ihm[94] macht es keine Schwierigkeit, ohne weiteres ein ganzes Volk in einem solchen Zustand zu denken. Aus der einfachen und klaren Tatsache nomadischer Gemeinwirtschaft wird unter der Hand dieser Geschichtschreibung ein rein phantastischer Kommunismus, der nichts ist, als das Gedankengespinst einer ungeschulten und verworrenen Spekulation über wirtschaftliche Dinge. –

Von einer Geschichtschreibung, die sich selbst über Erscheinungen des gleichzeitigen Völkerlebens derartiger Selbsttäuschungen hingab, wird man nicht erwarten, daß sie sich ernstlich bemühte, der wirklichen Geschichte ins Auge zu schauen,307 zumal wo es sich um Zeiten handelte, deren Überlieferung ohnehin von der Legende völlig überwuchert wurde. Was die historische Phantasie auf einem Gebiete zu leisten vermochte, das für sie gewissermaßen ein unbeschriebenes Blatt war, dafür ist nun gerade die im 4. und 3. Jahrhundert so massenhaft anschwellende Literatur über das »lykurgische« Sparta ein überaus charakteristisches Beispiel. Es sei nur auf die bekannte Tatsache hingewiesen, daß man z.B. nach Plutarchs ausdrücklichem Zugeständnis308 über Lykurgs Leben und Gesetzgebung absolut nichts Unbestrittenes wußte, und daß Plutarch trotzdem aus jener Literatur die anschaulichste und in alle Einzelheiten eingehende Erzählung über den Gesetzgeber und sein Werk entnehmen konnte. Das sprechendste Zeugnis dafür, daß die Quellen dieser und anderer Erzählungen über die ideale Urzeit Spartas mehr oder minder ein romantisches Gepräge gehabt haben müssen, soweit sie nicht etwa selbst Staatsromane gewesen sind. Und wie hätte auch in einer Epoche, in der das republikanische Hellenentum aus einem rein politischen Interesse (in dem xenophontischen Staatsroman der Kyrupädie) selbst das Idealgemälde eines Königs schuf, der im Geiste der Nation lebendige bildnerische Trieb nicht aufs mächtigste angeregt werden sollen durch eine Staats- und Gesellschaftsordnung, welche mit den allerdringendsten Lebensfragen und Lebensinteressen mit all den genannten sozialpolitischen und wirtschaftsphilosophischen Ideen des Zeitalters die innigsten Berührungspunkte darbot?

Hier hatte man eine sozialpolitische Schöpfung vor sich, in welcher die sozialistische Grundanschauung der damaligen Staatslehre wesentliche ihrer Forderungen längst verwirklicht sah, in welcher die Suprematie[95] des Staates über die Gesellschaft in früherer Zeit wenigstens mit beispielloser Energie gewahrt erschien. Durch die Gleichheit und Strenge seines öffentlichen Erziehungssystems hatte dieser Staat die Entwicklung der heranwachsenden Generationen von den Einflüssen des Besitzes und seiner Verteilung möglichst unabhängig zu machen gewußt. Auch im Leben der erwachsenen Bürger hatte hier dasselbe Gemeinschafts- und Gleichheitsprinzip, welches dem einzelnen und seinem Besitze weitgehende soziale Pflichten auferlegte, hatte das Prinzip der Unterordnung unter die Zwecke der Gesamtheit, welches dem Expansionstrieb des individuellen Egoismus überall hemmend entgegentrat, mit so intensiver Kraft sich betätigt, daß selbst inmitten der Reize und Genüsse einer weit fortgeschrittenen Kulturwelt die soldatische Bedürfnislosigkeit und Einfachheit der alten Sitte verhältnismäßig sehr lange bewahrt blieb. Mit welch gewaltiger Hand endlich hatte dieser »männerbändigende«309 Staat in das Güterleben selbst hineingegriffen und dasselbe durch zähes Festhalten an einem primitiven, die Kapitalbildung aufs äußerste erschwerenden Münzsystem, durch eine strenge Gebundenheit des Agrarbesitzes und die Ausschließung aller Erwerbsarbeit mit den Lebensbedingungen und Zwecken des Staates in Übereinstimmung zu erhalten gesucht!

Es leuchtet ein, daß eine Gesellschaftstheorie, für welche die Entfesselung der individuellen Kräfte, insbesondere des Erwerbstriebes, und die Entwicklung des Reichtums gleichbedeutend war mit der Zerstörung des sozialen Glückes und der nationalen Sittlichkeit, nächst den Naturvölkern kein geeigneteres Objekt für die geschichtliche Exemplifizierung ihrer Ideale finden konnte, als eben Sparta. An seinem Beispiele ließ sich die Möglichkeit einer Gesellschaftsordnung erweisen, in welcher das Privateigentum nicht bloß den Privatzwecken des Individuums dienstbar war, sondern vor allem der soziale Charakter desselben gewahrt erschien. Hier ließ sich zeigen, daß auch die Eigentumsordnung der fortgeschrittensten und freiheitlichsten Gemeinwesen der hellenischen Welt noch nicht die letzte und vollkommenste sei, sondern daß das Privateigentum im Interesse einer harmonischen Entwicklung des Ganzen starke Einschränkungen erfahren müsse. Die spartanischen Institutionen boten ferner ganz ähnliche Anknüpfungspunkte für idealistische Fiktionen dar, wie das Leben jener Naturvölker. Wenn man sich eine Epoche vorstellte, wo die geschilderten, im zeitgenössischen Sparta allerdings stark abgeschwächten oder in ihr Gegenteil verkehrten Tendenzen[96] einer zentralistischen oder staatssozialistischen Politik310 in ursprünglicher Kraft und Reinheit wirksam waren, und wenn man sich bei der Ausgestaltung dieser Vorstellung im einzelnen nur einigermaßen von den Ideen beeinflussen ließ, die man sich von dem sozialen Musterstaat gebildet hatte, so war es für ein Zeitalter sozialer Utopien ein leichtes, Altsparta als Träger einer Eigentums- und Gesellschaftsordnung zu denken, welche selbst hinter platonischen und cynisch-stoischen Idealen nicht allzuweit zurückblieb und das Prinzip wirtschaftlicher Gleichheit und Gerechtigkeit in radikaler Weise verwirklichte.

Sehr bezeichnend für diesen Prozeß der Idealisierung sind die Vorstellungen über den ethischen und sozialpolitischen Wert der altspartanischen Institutionen, wie sie in der griechischen Literatur – besonders seit dem 4. Jahrhundert – zum Ausdruck kommen. Nach der Schrift vom Staate der Lacedämonier war hier jenes sittlichschöne Leben, wie es die griechische Staatslehre als höchsten Zweck des Staates aufgestellt hat, in vollendetster Weise verwirklicht. Dank einer einzig dastehenden Pflege der sittlichen Interessen ist Sparta nach dieser Anschauung eine Verkörperung der Bürgertugend (der ἀρετή) geworden, wie sonst kein Staat in der Welt. Seinen Institutionen wohnt eine geradezu unwiderstehliche Kraft inne, alle und jede Bürgertugend zur Entfaltung zu bringen,311 während die gefährlichsten sozialen Verirrungen, Erwerbsgier und Bereicherungssucht, hier von vornherein undenkbar sind.312 Natürlich muß ein solches Gemeinwesen auch verschont geblieben sein von dem Elend des Interessenkampfes und Klassenhasses, das die übrige Welt zerrüttete, und es ist doch keine bloße Trivialität, sondern in der tiefen Sehnsucht nach sozialem Frieden begründet, wenn besonders dieser Friede, die »bürgerliche Eintracht« unter den idealen Zügen des spartanischen Staats- und Volkslebens hervorgehoben wird.

Isokrates ist es, der für uns als einer der ersten diesen Ton angeschlagen[97] hat. Die Art von Gleichheit und Freiheit, wie sie in Sparta verwirklicht worden sei, gewährte nach seiner Ansicht eine unbedingte Bürgschaft für die Aufrechterhaltung inneren Friedens.313 Und sein Schüler Ephoros hat dann denselben Gedanken wieder aufgenommen, indem er zugleich das Moment der wirtschaftlichen Gleichheit besonders hervorhob. In der Erörterung des Polybios über den spartanischen Staat, der ohne Zweifel die Meinung des Ephoros getreu wiedergibt,314 heißt es von dem mythischen Gesetzgeber und sozialen Heiland Spartas, daß er auf Erden der einzige gewesen sei, der das, worauf es im Staate hauptsächlich ankomme, richtig erwogen habe, nämlich die Wehrhaftigkeit und die bürgerliche Eintracht. In seinem Staate sei die Pleonexie, das Bestreben mehr zu haben und mehr zu sein, als andere, mit der Wurzel ausgerottet, so daß die Spartaner von innerem Zwist dauernd verschont geblieben und bürgerlicher Zustände teilhaftig geworden seien, deren glückliche Harmonie in ganz Hellas nicht ihresgleichen habe.315

Eine ähnliche Idealisierung würde uns ohne Zweifel auch in den verlorenen politischen Schriften der Stoa entgegentreten, die den spartanischen Staat gewiß nicht bloß deshalb zum Gegenstand literarischer Verherrlichung gemacht hat, weil er ihrer Lehre von der besten Verteilung der politischen Gewalten entsprach, sondern mindestens ebensosehr wegen der Berührung mit den sozialökonomischen Idealen der Stoa.316 In dem sechsten Buche des Polybios, dessen politische Erörterungen[98] ganz von stoischem Geiste durchdrungen und teilweise unmittelbar aus der Literatur der Stoa geschöpft sind,317 heißt es von dem spartanischen Staate unter anderem, daß hier die Vorzüge und Eigentümlichkeiten der besten Verfassungsarten so glücklich miteinander verbunden waren, daß niemals durch das Überwuchern eines Teiles das für die Gesundheit des Staates unentbehrliche Gleichgewicht aller politischen Faktoren gestört werden konnte;318 – und weiter: »Zur Bewahrung der Eintracht unter den Bürgern, zur Erhaltung des Gebiets und Sicherung der Freiheit hat Lykurg in Gesetzgebung und Voraussicht der Zukunft so meisterhaft gehandelt, daß man versucht ist, eher an göttliche, als menschliche Weisheit zu denken. Denn die Gleichheit der Güter, die Gemeinsamkeit desselben einfachen Lebenswandels mußte die Bürger zur Selbstverleugnung erziehen und dem Staate unerschütterlichen Frieden sichern.«319 Hier, meint Polybios, war die Selbstgenügsamkeit Lebensprinzip,320 jene αὐτάρκεια, die wir bereits als stoisches Lebensideal kennen gelernt haben.321 Daher gab es auch in dem lykurgischen Sparta keinen Handel über See, den Bringer des Luxus und verderblicher Sitten. »Kein Schiff mit Kaufmannsgütern lief in Spartas Häfen ein,«322 genau so wie in dem von dem Stoiker Arat besungenen Kronosreich.323

Dieselben Anschauungen gibt endlich die analoge Darstellung in Plutarchs Lykurgbiographie wieder, in der höchstens die Form Eigentum des Verfassers, aber gewiß kein einziger neuer Zug zu dem überlieferten Idealbild hinzugefügt ist. Es wird hier den lykurgischen Institutionen nachgerühmt, daß durch sie Überhebung und Neid, Luxus und die noch älteren und schlimmeren Krankheitserscheinungen[99] der Gesellschaft: Armut und Reichtum aus dem Staate verbannt worden seien. Die Tendenz dieser Institutionen gehe dahin, daß alle Bürger gleichen Loses und gleicher Stellung miteinander leben sollen, daß sie nur einen Unterschied anerkennen sollen, den der Tugend.324 – Besonders das Institut des Eisengeldes hat nach dieser Auffassung Wunder gewirkt. Mit dem Gold- und Silbergeld soll eine Unsumme von Immoralität von vornherein in Wegfall gekommen sein. Diebstahl und Bestechung, Betrug und Raub seien völlig gegenstandslos geworden, weil es keine Werte gab, welche die Habsucht reizen konnten!325 In ebenso naiv übertreibendem Ton wird – im Anschluß an eine Äußerung Theophrasts, also wieder eines Schriftstellers des 4. Jahrhunderts – von den Syssitien gerühmt, daß durch sie der Reichtum allen Reiz verloren habe und selber zur Armut geworden sei, daß Sparta – wie das Sprichwort sage – das einzige Land sei, wo der Reichtum keine Augen habe und daliege gleich einem Bilde ohne Seele und Leben.326 In der Tat ein Staatswesen, dessen Schöpfer wohl dieselbe Freude über sein Werk empfinden konnte, wie Gott, als er den Kosmos schuf!327 Und die Pythia hatte vollkommen recht, wenn sie in den – schon von Ephoros in sein Geschichtswerk aufgenommenen – Versen die den Spartanern gewährte »Eunomie« als eine Gabe rühmt, wie sie keinem anderen irdischen Gemeinwesen zuteil werden würde.328

Man sieht, das traditionelle Bild Altspartas zeigt wesentliche Züge des Staatsromanes; und wenn man diese Dichtungsgattung im Sinne Schillers treffend als »sentimentale Idylle« bezeichnet hat, was ist der Musterstaat Sparta anderes, als eine solche Idylle, als »die Ausführung eines poetischen Bildes, in welchem der Kampf, die Spannung, die Not der mangelhaften Wirklichkeit völlig abgeworfen wird und das reine Ideal des Denkers in reiner und stolzer Gestalt sich als das echte Wirkliche[100] darstellt?«329 Es ist vollkommen zutreffend, wenn Montesquieu – allerdings ohne sich der Tragweite seiner Worte bewußt zu sein – von der Lykurgbiographie sagt, er habe angesichts der hier geschilderten Einrichtungen bei der Lektüre selbst den Eindruck gehabt, als lese er die »Geschichte der Sevarambier«, den bekannten Sozialroman von Vairasse.330

In richtiger Erkenntnis der Berührungspunkte zwischen Theorie und Tradition – wenn auch ohne Ahnung von dem legendenhaften Charakter der letzteren, der eben diese Berührungspunkte erklärt,331 – macht Plutarch die Bemerkung, daß das Ziel, welches einem Plato, Diogenes, Zeno u.a. bei ihren Theorien vorschwebte, durch den Gesetzgeber Spartas zur Wahrheit gemacht worden sei, indem er einen über alle Nachahmung erhabenen Staat ins Dasein gerufen und denen, welchen das Ideal des Weisen selbst für den einzelnen unerreichbar erschienen, eine ganze Stadt von Weisen vor Augen gestellt habe.332

Eine Stadt von Weisen! Was könnte bezeichnender sein für die Ideenverbindungen, aus denen der Idealstaat Sparta erwuchs! Wir sehen an dieser Wendung, wie das idealisierte Sparta zugleich als das politische Seitenstück, als Ergänzung zu dem individuellen Idealbild der Sittlichkeit diente, welches die griechische Moralphilosophie seit den Cynikern, insbesondere die Stoa, in dem Begriff des »Weisen« geschaffen hat.333 Wie die stoische Ethik in diesem Begriff eine φαντασία καταληπτική, ein mit unmittelbarer Überzeugungskraft wirkendes Bild, ein »Kriterium« besaß, dem sie die Norm für das individuelle Handeln entnahm, so ist das Idealbild des altspartanischen Staates für sie ebenfalls eine solche φαντασία καταληπτική welche das »Kriterium der Wahrheit« (κριτήριον[101] τῆς ἀληϑείας) für die beste Gestaltung des staatlichen Gemeinschaftslebens enthielt.334

Wenn aber der altspartanische Staat in diesem Maße den Forderungen des Vernunftrechtes entsprach, so lag darin zugleich für die Anschauung aller derer, die, wie die Stoa, in dem »Gesetze der Vernunft« das der Natur selbst erblickten, eine grundsätzliche Übereinstimmung mit den Forderungen eines idealen Naturrechts. In der Tat berührt sich die Lehre vom Naturzustand mit den geschilderten Anschauungen über Altsparta so nahe wie möglich. Finden wir nicht die Hauptzüge desselben – die Bedeutungslosigkeit der wirtschaftlichen Güter, die Freiheit von jeder Pleonexie und allen Störungen des sozialen Friedens, die Genügsamkeit, Gleichheit und Brüderlichkeit, kurz die Harmonie des inneren und äußeren Lebens – in genauer wörtlicher Übereinstimmung in dem Bilde dieses idealen Musterstaates wieder? Daß hier ein Zusammenhang der Ideen besteht, erscheint mir unzweifelhaft. Wie so manche Naturrechtslehrer des 17. und 18. Jahrhunderts ihre Theorien an die Mythen von Adam und dem Paradies anknüpften, so ist es schon von Plato direkt ausgesprochen worden, daß der beste unter den bestehenden Staaten derjenige sei, der in seinen Institutionen möglichst die Lebensformen des Naturzustandes nachahme,335 daß es die höchste Aufgabe der Staatskunst sei, eben jenen Idealen sich zu nähern, welche sich mit der Vorstellung eines glücklichen Urzustandes der Menschheit verbänden.336 Welcher Staat hätte sich rühmen können, dieses Ziel ernstlicher verfolgt zu haben, als Sparta?

Für den angedeuteten Einfluß der Lehre vom Naturzustand ist besonders charakteristisch die Art und Weise, wie die Vorstellungen über Sparta unmittelbar an das Leben der Naturvölker, ja sogar gewisser geselliger Tiere anknüpfen. Für eine Anschauungsweise, welche in dem »Naturgemäßen« die absolute Norm und Richtschnur aller menschlichen Ordnungen sah, lag es ja überaus nahe, sich auf jene merkwürdigen Formen des Gemeinschaftslebens zu berufen, welche wir bei den »von Natur gesellschaftlichen«337 Tieren, wie z.B. bei den Bienen, finden. Der Bienenstaat mit seiner strengen Unterordnung der Individuen unter die[102] Zwecke der Gesamtheit, mit seinen sozialen Einrichtungen von mehr oder minder sozialistischem und kommunistischem Gepräge338 erschien auf diesem Standpunkt – als eine gottgewollte Naturordnung339 – zugleich als Vorbild für den Menschen selbst. Wenn der Mensch das, was hier der Instinkt des Tieres unter dem unmittelbaren Antrieb der »göttlichen Natur« schuf, in seinem vernunftgemäßen Handeln nachbildete und zur Vollendung brachte, folgte er da nicht dem Gebote der großen Lehrmeisterin selbst? Je besser daher Staat und Gesellschaft geordnet sind, um so mehr werden sie nach dieser Anschauung in ihren Einrichtungen jenen Gebilden einer unverfälschten Natur gleichen,340 die den Romantiker wie ein leibhaftiger Überrest aus der glücklichen Urzeit selbst anmuteten. Eine Auffassung, mit der wohl auch die Ansicht zusammenhängen wird, daß die Bienen und der Bienenstaat ihre Entstehung dem Zeitalter des Kronos zu verdanken hätten.341

So dürfen wir uns nicht wundern, daß man selbst die strengste und einseitigste, eben an den Tierstaat erinnernde Form, welche das Gemeinschaftsprinzip im stoischen Gesellschaftsideal annahm, ein herdenartiges Gemeinschaftsleben, in Sparta verwirklicht fand. Nach Plutarchs Lykurgbiographie waren die Spartaner mit ihrem Gemeinwesen verwachsen, wie die Bienen mit ihrem Stock (ὥσπερ μέλιτται τῷ κοινῷ συμφυεῖς).342 Sie werden geradezu als ein »vernunftbegabter Bienenschwarm von Bürgern« (λογικὸν καὶ πολιτικὸν σμῆνος) bezeichnet.343

Nicht minder nahe lag es bei der angedeuteten Ideenverbindung Sparta und die Naturvölker unter einem Gesichtspunkt zu betrachten. Wird doch schon bei Äschylos das Land der Skythen, der typischen Repräsentanten des Naturzustandes, und gemeinsam mit ihm Sparta als »Wohnsitz[103] der Gerechtigkeit« gepriesen!344 Und es liegt gewiß nur an der Lückenhaftigkeit unserer Überlieferung, daß wir diese Parallele nicht weiter verfolgen können.

Ja schien nicht in diesem »Wohnsitz der Gerechtigkeit« die selige Urzeit eines unverfälschten Naturdaseins selbst wieder aufzuleben? In der Tat, wie den Schilderungen eines goldenen Zeitalters in der attischen Komödie und den platonischen Staatsidealen eine Reihe von Zügen des spartanischen Staats- und Volkslebens als Vorbild gedient hat,345 so hat ganz unverkennbar die geschichtsphilosophische Spekulation umgekehrt die theoretischen Anschauungen über den Naturzustand und eine naturgemäße Gesellschaftsordnung ohne weiteres auf Sparta übertragen. In der Lykurgbiographie Plutarchs werden z.B. die eigentümlichen Ehegebräuche Spartas ausdrücklich als »naturgemäße« (πραττόμενα φυσικῶς) hingestellt.346 Ganz im Sinne des unschuldigen Naturzustandes, in dem es kein Blutvergießen und kein Töten der Tiere gab und der Mensch sich mit einfacher vegetabilischer Nahrung begnügte, wird hier ferner der Lebensordnung des lykurgischen Staates die Absicht einer möglichsten Beschränkung, wenn nicht völligen Beseitigung der Fleischnahrung zugeschrieben. Es kommt in dieser Auffassung die an sich ja sehr berechtigte Ansicht zum Ausdruck, daß die soziale Not der Zeit und die Verschärfung der sozialen Gegensätze zum Teil wenigstens in einer falschen Lebensweise und deren Folgen: der Genußsucht, der fortwährenden Steigerung der Bedürfnisse und der enge damit zusammenhängenden allgemeinen Unzufriedenheit wurzle, daß die Rückkehr zu einfacheren, natürlicheren und gesunderen Lebensverhältnissen eine Hauptbedingung aller sozialen Reform sei. Und wie man von dieser richtigen Einsicht aus alsbald zur einseitigen Verherrlichung einer rein vegetarischen Lebensweise fortschritt,347 so sah man auch dieses Ideal in dem Staat, der ja[104] tatsächlich auf eine natürliche und gesunde Lebensweise seiner Bürger am folgerichtigsten hingearbeitet hatte, mehr oder minder verwirklicht.

Bei der Berechnung der Abgabe von Getreide und Früchten, welche die Spartaner von den Helotenhufen bezogen, soll nämlich der Gesetzgeber von der Ansicht ausgegangen sein, daß sie außer diesen Erzeugnissen des Bodens für die Erhaltung des Wohlbefindens und der Gesundheit keiner Nahrung weiter bedürften.348 Mit gutem Grunde hat daher auch das Evangelium des Vegetarianismus, die Schrift des Porphyrios von der Enthaltsamkeit mit der aus Dikäarch entnommenen Schilderung des Naturzustandes eine Verherrlichung Spartas als desjenigen Staatswesens verbunden, in welchem sich die idealen Urzustände von Hellas verhältnismäßig am reinsten erhalten hätten.349 Eine Beobachtung, die der Neuplatoniker natürlich nicht als der erste gemacht, sondern wohl schon bei seinem Gewährsmann Dikäarch gefunden hat, dessen – in Sparta begeistert aufgenommene – Lobschrift auf den spartanischen Staat gewiß von demselben Gedanken beherrscht war. Ja ich zweifle nicht, daß Dikäarch seinerseits damit nur einer Anschauung Ausdruck gab, die ihm in der vorhandenen Literatur über die älteste griechische Geschichte ebenso fertig entgegentrat, wie die Lehre von der Entwicklung der hellenischen Menschheit aus dem Naturzustand selbst.

Übrigens waren in Sparta ja auch die realen Voraussetzungen für eine Verwirklichung dieses Gesellschaftsideales in ganz hervorragender Weise gegeben. Dieselbe Freiheit von der Mühsal und Sorge der Arbeit, welche nach der Lehre vom Naturzustand die älteste Menschheit ihrer Bedürfnislosigkeit und ihrer Beschränkung auf die freiwillig dargebotenen Gaben der Natur verdankte, gewährte den Spartiaten die Organisation der Gesellschaft, welche dem Vollbürger alle Erwerbsarbeit abnahm und diese auf die Schultern einer abhängigen außerhalb der Gemeinschaft stehenden Bevölkerung abwälzte.350 Ein großer Teil der wirtschaftlichen Schwierigkeiten,[105] die sich der Realisierung gesellschaftlicher Idealgebilde entgegenzustellen pflegen, kam hier von vornherein in Wegfall.351 Kein Wunder, daß die historische Spekulation das Ideal, welches sich auf diesem günstigen Boden in der Phantasie aufbauen ließ, auch fast bis in die letzten wirtschaftlichen Konsequenzen ausgebildet hat.

Eine völlig getreue Reproduktion des Naturzustandes konnte man ja allerdings selbst in der Eigentumsordnung dieses Mustervolkes nicht erblicken. Während dort der Boden und seine Früchte allen gemein gewesen, wie Luft und Sonnenlicht, war hier auf Grundlage eines fest geregelten Agrarsystems der Boden unter die einzelnen verteilt und selbst dem von der Gemeinschaft ausgeschlossenen Bebauer des Ackers durch die glebae adscriptio ein individuelles Anrecht auf denselben eingeräumt. Aber soweit einem ungeschulten volkswirtschaftlichen Denken und einer ungezügelten Phantasie innerhalb dieser Schranken eine Annäherung an den Kommunismus der Urzeit erreichbar schien, soweit ist die im Zauberring der Romantik gefangene Historie des späteren Griechentums in ihrer Idealisierung der spartanischen Agrarverfassung tatsächlich gegangen. Für ihre Anschauungsweise war ja eine freie Entfaltung der sittlichen Ideen im Volks- und Staatsleben nur verbürgt bei möglichster Gleichheit der Lebenslage aller Bürger. Wie hätte sie sich also eine Gesellschaftsordnung, in der sie den höchsten Triumph der Sittlichkeit über die materiellen Interessen erblickte, ohne die weitgehendste Gleichheit der wirtschaftlichen Güterdenken können! Und wo hätte der Doktrinarismus dieser Zeit sich bedacht, die logischen Folgerungen, die er aus dem Wesen einer solchen Gesellschaftsordnung in Beziehung auf ihre notwendigen Lebensäußerungen zog, sofort in angeblich geschichtliche Tatsachen umzusetzen?352 So erscheint denn für diese Auffassung die Teilung[106] des spartanischen Grund und Bodens ganz selbstverständlich wie eine »Teilung unter Brüdern«; und wenn in der Urzeit – um mit Justin (d.h. wahrscheinlich mit Ephoros) zu reden – eine Gemeinschaft des Besitzes bestanden hatte, als ob »alle insgesamt nur ein Erbe hätten«,353 so konnten die Bürger des spartanischen Musterstaates wenigstens so viel von sich rühmen, daß es auch unter ihnen keine Enterbten gab, daß jeder von ihnen den gleichen Anteil am »Bürgerland« als sein angeborenes Recht beanspruchen durfte.

Wie diese prinzipielle Gleichheit des Grundbesitzes im einzelnen durchgeführt war, ob es überhaupt möglich war, dieselbe bei der wechselnden Bürgerzahl aufrecht zu erhalten, ohne gleichzeitig die Zahl und Größe der Landhufen immer wieder von neuem zu ändern, darüber hat man sich natürlich wenig Gedanken gemacht. Man stellte sich die Sache sehr leicht und einfach vor. Wie im Staate der alten Peruaner jeder Familienvater bei der Geburt eines Kindes ein neues Stück Land zugewiesen erhielt,354 ebenso soll in Sparta jedem neugebornen Knaben, dessen Aufziehung bei der Vorstellung in der Gemeindehalle (Lesche) von den Stammesältesten gebilligt war, eine Landhufe zuerkannt worden sein.355 Wodurch die Ältesten in die Lage versetzt wurden, jedem Anspruch dieser Art zu genügen, wird uns nicht gesagt; wohl aber wissen wir, daß die Angabe in schroffem Widerspruche steht mit allem, was sonst über das spartanische Güterrecht überliefert ist. Denn es leuchtet ein, daß, wenn der Staat jeden neugeborenen Bürger mit einem Landlos ausstatten wollte, der ganze Grund und Boden jederzeit der Gesamtheit zur Verfügung stehen mußte, ein dauerndes Besitzrecht des einzelnen, insbesondere jedes Erbfolgerecht von vorneherein ausgeschlossen war,356 während[107] doch derselbe Plutarch, der die genannte Legende unbedenklich wiedergibt, an anderer Stelle zugestehen muß, daß in Sparta seit uralter Zeit die Landlose regelmäßig auf dem Wege der Vererbung vom Vater auf den Sohn übergingen.357 Ebenso hätte es für eine nüchterne und unbefangene Betrachtung der Vergangenheit klar sein müssen, daß die Legende unvereinbar ist mit der tatsächlichen Entwicklung der sozialen Verhältnisse Spartas, mit der hier bis ins 7. Jahrhundert zurückzuverfolgenden wirtschaftlichen Ungleichheit unter den Bürgern.

Zu solch kritischen Erwägungen war aber freilich die Geschichtschreibung, auf die wir in diesen Fragen angewiesen sind, nicht imstande, am wenigsten diejenige, bei welcher uns die Legende von der prinzipiellen Gleichheit des spartanischen Grundbesitzes mit am frühesten entgegentritt, das Geschichtswerk des Ephoros. Die allgemeine Auffassung des spartanischen Staates bei Ephoros, sowie seine Schilderung des skythischen Naturvolkes ist Beweises genug dafür, was die Rhetorik der isokrateischen Schule in der Idealisierung geschichtlicher Zustände zu leisten vermochte. Der Schüler hat hier dieselben phantasievollen Glückseligkeitsvorstellungen in eine angeblich verlorene Vergangenheit zurückprojiziert, wie sein Lehrer.

Man vergegenwärtige sich nur die Art und Weise, wie Isokrates seinen pseudohistorischen Musterstaat, den athenischen Staat der »πάτριος πολιτεία« schildert!

Dieses Altathen des Isokrates hat den Weg zum sozialen Frieden wirklich gefunden. Der Wettstreit der Parteien, der nicht fehlte, war hier nicht ein Kampf um die Macht oder die Ausbeutung der Herrschaft, sondern ein edler Wetteifer, sich gegenseitig mit Dienstleistungen für das gemeine Beste zuvorzukommen. Wo der Trieb zu genossenschaftlichem Zusammenschluß die Bildung von kleineren Verbänden und Vereinigungen veranlaßte, galt es noch nicht der einseitigen Förderung von Sonderinteressen, vielmehr fühlte sich jeder Einzelverband nur als Organ im[108] Dienste des Volksinteresses.358 Ein Geist wechselseitigen Wohlwollens verband alle Klassen der Bevölkerung.359 Der Arme kannte noch keinen Neid gegen den Besitzenden und Reichen. Im Gegenteil! Die unteren Klassen sahen in dem Wohlstand der höheren eine Bürgschaft für ihr eigenes Gedeihen und waren daher ebenso eifrig bemüht, die Interessen derselben zu fördern, wie die eigenen.360 Die Besitzenden hinwiederum waren so weit entfernt, auf die Armen herabzusehen, daß sie in der Armut vielmehr einen öffentlichen Mißstand erblickten, der den Besitzenden selbst zum Vorwurf gereiche.361 Sie waren daher allezeit bereit, zur Bekämpfung der Not die Hand zu bieten, sei es, daß sie Grundstücke gegen billige Pacht an Dürftige überließen oder ihnen durch Geldvorschüsse die Mittel zum Betriebe eines Gewerbes gewährten. Sie hatten ja auch nicht zu fürchten, daß ihnen die ausgeliehenen Kapitalien verloren gehen würden. Denn damals war das ausgeliehene Geld ebenso sicher, wie daheim im Schranke! – Hier lag in Wirklichkeit die Sache so, daß die Fürsorge für andere sich zugleich dem eigenen Wohle förderlich erwies.362 Es verband sich mit der Sicherheit des Eigentums ein Gebrauch desselben, der es gewissermaßen zum Gemeingut aller Bürger machte, die einer Unterstützung bedurften,363 so daß es damals niemand gab, der so arm gewesen wäre, um den Staat durch Betteln beschämen zu müssen.364 In der richtigen Einsicht, daß die Not auch die Ursache der sittlichen Mißstände ist, hoffte man durch die Beseitigung dieser »Wurzel der Übel« auch der letzteren Herr zu werden. Daher war auch der Areopag in dieser Zeit eine Art staatssozialistisches Arbeitsamt, das jeden Bürger zu der seinen Verhältnissen entsprechenden Tätigkeit anhielt und daher Arbeitslosigkeit und Nichtstun und ihre Folgen: Not und Laster, mit Erfolg bekämpfen konnte.365

[109] In der Tat ein Zustand, dem zur Verwirklichung des »besten Staates« kaum mehr viel fehlt,366 und der selbst die Hoffnungen derjenigen rechtfertigen könnte, die an die Möglichkeit einer radikalen sittlichen Umwandlung des Menschengeschlechtes glauben und davon eine völlige Neugestaltung der Gesellschaft erwarten. Denn wenn die Möglichkeit erwiesen ist, die besitzenden Klassen so weit zu bringen, daß sie die Armut des Nächsten als persönlichen Makel betrachten, warum sollte da nicht noch eine weitere Stufe der Entwicklung denkbar sein, wo man es schon als eine Ungerechtigkeit empfinden wird, überhaupt reich zu sein, während andere darben, wo jedermann freiwillig auf seinen Überfluß verzichten und alles an andere abtreten wird, was in deren Händen mehr nützen kann, als in seinen eigenen?

Jedenfalls besteht eine unmittelbare Kontinuität zwischen dem Ideenkreise, aus dem dieses Idealbild Altathens bei Isokrates erwuchs, und den idealisierenden Anschauungen über den sozialen Musterstaat Sparta, wie sie in dem Geschichtswerk seines Schülers Ephoros zum Ausdruck kamen. Die Grundlage bilden hier wie dort dieselben sozialpolitischen Konstruktionen, nicht die echte Überlieferung.

Ja ich glaube, daß uns Isokrates selbst eine Handhabe bietet, um die Vorstellung von der grundsätzlichen Gütergleichheit in Sparta zu erklären. Die Ansicht des Ephoros von dieser Gleichheit nimmt sich nämlich ganz wie eine Weiterbildung der Anschauung aus, die sein Lehrer Isokrates im Panathenaikos vertritt. Dieser spricht dort von einer angeblich nicht lange nach der Eroberung Lakedämons erfolgten Aufteilung des Landes zwischen Spartanern und Periöken, bei der die ersteren den besten Teil der Ackerflur für sich genommen hätten, obwohl von Rechts wegen alle ohne Unterschied hätten den gleichen Bodenanteil bekommen sollen.367 Also die Anerkennung eines gleichen Rechtes am Land! Wenn es aber so einmal eine Zeit gegeben, die jedem einzelnen einen gleichen Anteil am Boden zugesprochen hatte, warum sollte da die Anerkennung dieser Gleichheit aller mit dem Akt der Landaufteilung ein Ende gehabt haben? Wie nahe lag es anzunehmen, daß auch nachher noch eigentlich jeder Spartiate grundsätzlich denselben Anspruch erheben konnte, wie die Vorfahren bei der Landaufteilung![110] Und es entspricht ja recht eigentlich dieser Vorstellung von einem idealen Ur- und Grundrecht des Spartiaten am Boden des Vaterlandes, wenn die Legende den großen sagenhaften Gesetzgeber Spartas durch eine radikale Neuaufteilung des Landes diesen Anspruch aller verwirklichen läßt.

Man sieht, es handelt sich hier lediglich um Erzeugnisse der Reflexion und Legende, nicht um die Fortdauer eines wirklich vom Gesetz anerkannten Rechtes jedes Spartiaten auf ein Los, um eine »verschollene Satzung«, wie sie E. Meyer annimmt, nach dessen Ansicht »die periodische Verlosung des Landes sich in Sparta mit so vielen Institutionen der Urzeit noch in geschichtlicher Zeit erhalten hat«, ja sogar die Erzählung von der lykurgischen Landaufteilung auf jene verschollene Satzung zurückgehen soll, indem sie »nach griechischer Art die Institution durch einen einmaligen Willkürakt des Gesetzgebers er klärt«.368

Wer sich den Gesamtcharakter der Literatur über den Idealstaat vergegenwärtigt, wird schwerlich glauben können, daß uns in ihr ein so bedeutsamer Niederschlag geschichtlicher Erinnerungen aus der Vorzeit erhalten ist. Die Welt, in der diese Literatur lebt, ist die der historischen Phantasien und der sozialphilosophischen Theorie. Das sieht man ja recht deutlich an der Art und Weise, wie sie die luftigen Spekulationen der Lehre vom Naturzustand in die Geschichte einführte! Wie unendlich leicht hat sie es sich doch gemacht, den Kernpunkt dieser Lehre, die Vorstellung von dem idyllischen Frieden primitiver Volkszustände als geschichtlich zu erweisen! Nach dem Zeugnis Dikäarchs hat sich die Lehre vom Naturzustande äußerlich in der Weise entwickelt, daß man von den Mythen über das goldene Zeitalter das »allzu Fabelhafte« abstreifte und mit Hilfe derjenigen Elemente der mythischen Erzählung, welche sich vernünftigerweise als geschichtlich möglich denken ließen, eine neue Urgeschichte der Menschheit konstruierte.369 Wer wollte anderseits bezweifeln, daß unter den Autoren, auf welche sich Dikäarch bei dieser Gelegenheit beruft, in erster Linie eben Ephoros stand, dessen geschichtliche Methode sich ja durch dieselbe flache Rationalisierung des Mythischen, durch dieselbe Verquickung von Fabel und Geschichte auszeichnet (»συγχεῖν τὸν τε τῆς ἱστορίας καὶ τὸν τοῦ μύϑου τύπον!«)370

[111] Hat doch Ephoros dem spartanischen Staate sogar zugetraut, daß er um der Entvölkerung zu begegnen, einmal in schwerer Kriegszeit eine förmliche Frauengemeinschaft eingeführt habe, die unbeschränkte Promiskuität in der echt rationalistischen Erwägung, daß man eine größere Zahl von Empfängnissen bekommen werde, wenn man jedes Weib zum Verkehr mit mehreren Männern zulasse!371

Doch wozu bedarf es noch eines Hinweises auf die Schwächen dieser Geschichtschreibung? Wer die ganze Frage vom universal-historischen Standpunkt aus betrachtet, der weiß, daß wir es hier mit einer jener Erscheinungen des menschlichen Geisteslebens zu tun haben, die sich – unabhängig von der erreichten Höhe der geschichtlichen Kritik – als das logische Ergebnis gewisser begriffsbildender Seelenvorgänge von selbst einzustellen pflegen. In allen bewegten Zeiten, in denen die bestehenden sozialen und politischen Ordnungen tiefempfundenen Bedürfnissen und Wünschen nicht mehr entsprechen und zu zerbröckeln beginnen, begegnet uns auch dieses Hinausstreben aus dem Zersetzungsprozeß des gegenwärtigen Lebens in die Welt der Ideale. In solchen Übergangsepochen ist es selbst für die strenge Forschung überaus schwierig, sich durch persönliche Wünsche und Hoffnungen nicht den Blick für jene schmale Linie trüben zu lassen, welche die wirkliche Welt von der begehrten scheidet, sich das reale Bild des wirtschaftlichen Lebens und seiner Kausalzusammenhänge nicht durch Idealbilder durchkreuzen zu lassen. Daher ist – von dem antiken Rom ganz zu schweigen372 – auch die historische Spekulation des 19. Jahrhunderts aus ähnlichen Motiven zu völlig analogen Anschauungen über die Vergangenheit gelangt, wie die des 4. v. Chr. Wir begegnen in unserem von sozialreformatorischem Geist durchdrungenen Zeitalter auf sozialpolitischem Gebiete geschichtlichen Konstruktionen, deren quellenmäßige Unterlage kaum weniger problematisch ist, als die Ansicht der Alten über die prinzipielle Gütergleichheit Spartas. Ich erinnere nur an die Rolle, welche die ostslavische[112] Dorfgemeinschaft (der russische Mir) in der modernen Agrargeschichte gespielt hat. Dieser slavische Gemeindekommunismus verwirklicht die genannte Gütergleichheit durch eine periodische Neuaufteilung des Bodens nach der Kopfzahl in radikalster Weise, während die altdeutsche Hufenverfassung keine Spur von einem solchen System erkennen läßt. Trotzdem hat man vielfach, wie z.B. Laveleye, die germanische Dorfverfassung als das vollkommene Abbild der ostslavischen, die germanische Gemeinde als ein vollkommen »kommunistisch organisiertes« Gemeinwesen373 hinstellen können! Die modernen Verkündiger des sozialistischen Evangeliums der »Bodenverstaatlichung« (»nationalisation of land«), der »Rückgabe des Landes an das Volk« reden in derselben Weise von der »Rückkehr zum alten Recht des Gemeinbesitzes am Boden«, wie die Sozialrevolutionäre der Zeiten des Agis und des Kleomenes von der Rückkehr zu der wirtschaftlichen Gleichheit und Gemeinschaft (ἰσότης καὶ κοινωνία) des lykurgischen Sparta.374 Und selbst ein Lorenz v. Stein hat die Behauptung gewagt, daß bei den drei großen Kulturvölkern Europas, Hellenen, Italikern, Germanen, die Gemeinschaft alles Grundbesitzes die Grundlage des gesamten Rechtslebens gewesen sei. Infolge einer ähnlichen Ideenverbindung, wie wir sie bei Ephoros, Polybios, Plutarch fanden, erscheint ihm die prinzipielle »Gleichheit des Anteils an dem gemeinsamen Gut« als die notwendige wirtschaftliche Verkörperung der »Gleichheit und Freiheit«, welche nach ihm die »Anfänge der Geschichte Europas« charakterisiert. »Das Lebensprinzip der drei Völker ist die Freiheit des waffenfähigen Mannes, die zur Gleichheit des Besitzes der einzelnen und zur Gemeinschaft in Besitz und Leistungen aller wird, weil sie nur in der Gemeinsamkeit ihres Besitzes verwirklicht werden konnte. Erst die letztere war es, welche jedem einzelnen die Kraft und das stolze Bewußtsein des Ganzen gab.«375 Man sieht: die Idee einer glücklichen, leider zerstörten Gesellschaftsverfassung der Vorzeit, die Idealvorstellung einer Art prästabilierten Harmonie der Kräfte, um es kurz zu sagen, eines »goldenen Zeitalters«376[113] tritt hier mit demselben Anspruch auf, geschichtliche Tatsachen zu reproduzieren, wie die analogen sozialgeschichtlichen Konstruktionen der Alten.377

Das Ungeschichtliche und Übertriebene in diesem Idealgemälde ist in Bezug auf das germanische Altertum neuerdings zur Genüge klargelegt worden.378 Was die hellenische Welt betrifft, so wird nach dem Gesagten eines weiteren Beweises nur noch derjenige bedürfen, der mit Viollet379 Laveleye,380 v. Stein381 u.a. der Ansicht ist, daß »die antiken Dichter im goldenen Zeitalter einen alten Gesittungszustand schildern, dessen Andenken sich erhalten hatte!« Wer der Ansicht ist, daß das »goldene Zeitalter«, in dem es »noch kein Privateigentum gab«, keine dichterische Fiktion, sondern der »Niederschlag der im Volksbewußtsein sich fortspinnenden (!) Tradition eines primitiven Kommunismus« war,382 und wer schließlich mit Laveleye sogar den bekannten Idealstaat des Euhemeros383 als eine der wirklichen Geschichte angehörige Erscheinung anerkennt, weil seine Institutionen »die echten Züge der primitiven Agrarverfassung an sich tragen«, für den sind diese Ausführungen nicht geschrieben.[114]

Quelle:
Robert von Pöhlmann: Geschichte der sozialen Frage und des Sozialismus in der antiken Welt, München 31925, Bd. 1.
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