Gute Anwendung der Zeit.

[60] Die Zeit vergehet so geschwind, daß man es gar nicht glauben sollte. Ehe du es meinest, ist eine Stunde, ein Tag, ein Jahr dahin, und du weißt nicht, wo es geblieben ist. Und wenn du funfzig und mehr Jahre gelebst hast, so sage: ob sie dir nicht kurz und geschwind vorgekommen sind, und ob du es glauben würdest, wenn du es nicht aus dem Taufbuche sehen könntest. Aber wer gab dir die Zeit? War es nicht der Herr dein Gott, der davon Rechenschaft fordern wird. Wo du jemanden etwas schenkest, so kannst du ja auch wohl fragen, wie es der andere genutzt und gebraucht habe. Also[60] kann wohl auch Gott dich fragen, wie du deine Lebenszeit angelegt hast. Du Sünder nun, so du deine Zeit in Ueppigkeit, Faulheit und Müssiggang zubringst, so du Possen und Narrentheidungen, Gauckeleien zu deinem Handwerke machst und dein Brod mit Sünden issest, wie soll es mit dir werden? Jede Stunde, die du schlecht zubringst, und nichts gutes schaffest, wird dich dort verfluchen und dem Richter darstellen. Denn der Apostel spricht: Lasset uns gutes thun und nicht müde werden, denn zu seiner Zeit werden wir auch erndten ohn Unterlaß. Als wir denn nun Zeit haben, laßet uns gutes thun. Ja wohl, denn die Zeit ist kostbar, und um kein Geld wieder zu erkaufen. Hast du den gestrigen Tag nicht gut angelegt, so magst du Geld und Habe daran setzen, du bringst es nicht dahin, daß er wiederkehre. Darum mußt du wirken, weil es Tag ist, und gutes thun, wie du weißt und kannst, mußt keine Minute versäumen zur Weisheit, zur Erkenntniß, zum Glauben und zur Seeligkeit.

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[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 60-61.
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