Sorge für unsere irrdische Wohlfarth.

[143] Ob gleich uns gesagt wird: Trachtet nach dem, was droben ist, und nicht nach dem was auf Erden ist, so soll das nicht anzeigen, daß wir gar nicht für das zeitliche Wohl und Beste sorgen sollten. Da könnten es sich die Menschen hübsch leichte machen, könnten locker und lustig leben, und hätten nicht nöthig zu arbeiten und gedächten nur in den Himmel zu kommen. Was wollte da aus der Welt werden? Darum hat das der Apostel nicht so zu verstehen gegeben, daß wir uns um die Welt gar nicht bekümmern sollten, denn da würden lauter Taugenichtse und Müßiggänger, Verschwender und Buben in der Welt herum laufen, wie es[143] so schon genug giebt, die sich ganz auf den lieben Gott verlassen und weder Hand noch Fuß rühren wollen. Das ist nur wider die gesagt, die über das Irrdische und Zeitliche das Himmlische vergessen, und sich in ihre Güter so verlieben und in zeitliche Geschäfte so verwickeln, daß sie nicht heraus kommen können. Ich halte dafür, daß jeder die Schuldigkeit habe, seinem Beruf treu und fleißig zu warten, und zuzusehen, daß er nicht hier in der Welt verderbe. Denn so will es Gott, der da sagt: Bete und arbeite. Aber das Beten muß zuerst kommen, und das Arbeiten nachher. Also muß auch die Sorge für den Himmel vorangehen, und die stärkste sein, und dann die Sorge für zeitliches Glück, das wir ohnedem nicht durch unser Thun allein ausschaffen können. Aber du mußt das deinige thun, so du dir keine Schuld geben willst. Wie denn auch gesagt wird: I Thes. 4, II. Schaffet das eure, und arbeitet mit euern eigenen Händen, wie wir euch geboten haben.

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[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 143-144.
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