Sorge für unsern guten Namen.

[160] Ehre und gut Gerüchte ist ein Schatz, den wir nicht entbehren können, und der weit mehr[160] werth ist, als alle zeitliche Güter. Und es ist ein großes Unglück, wer um denselben gekommen ist. Einige kommen freilich unverschuldeter Weise darum, gleichwie Joseph, der von der Ehebrecherin zum Bösen verführt wurde, und, als sie bei ihm nichts ausrichten konnte und er davon gieng und flohe, seinem guten Namen Schimpf und Schande anthat. O das sind rechte Leiden, die thun sehr wehe! Aber wir müssen sie mit Geduld tragen, und bedenken, daß es unserm Herrn Jesu auch nicht besser gieng, der auch unverschuldet an seinem Namen und Ehre leiden mußte, da er doch den herrlichsten Namen hatte. Aber viele ziehen sich Schande und Schimpf selbst zu durch Thorheit und Sünde, so daß ihr Name ein Gespötte und Gerede der Leute wird. Sie sagen auch wohl, sie machten sich nichts daraus, die Leute möchten denken und reden, was sie wollen. Das sind rechte einfältige Leute, die auch wohl keine Ehre bei Gott haben, wie sie keine bei Menschen haben. Du weißt ja auch nicht, wozu du noch andere Leute brauchst, ob sie dir nicht noch rathen, helfen und beistehen müssen,[161] so du in Nöthen wärest und Trübsale über dich kommen. Ich halte dafür, daß jeder sich befleißigen muß, des Nächsten Liebe zu erhalten, und seinen guten Namen durch einen tadellosen Wandel zu bewahren. Ich weiß zwar wohl, daß man das nicht bei allen Leuten kann, die gerne verläumden und den Nächsten brandmarken, und welchen Gerechtigkeit und Haß des Bösen ein Dorn in Augen ist. Aber bei den guten, edlen und frommen kann man wohl gut Gerüchte und Ehre behalten, wenn man nur will, und muß jeder dahin sehen, daß er es habe. Da giebt es aber auch Heuchler, die kriechen und lügen, daß sie nur einen guten Namen und Schein vor den Leuten haben, auch wohl viele durch ihre Heuchelei äffen und betrügen, daß sie sie für gute und fromme christliche Menschen halten. Aber das ist nicht die rechte Art, wie wir guten Namen suchen sollen, sondern durch Aufrichtigkeit des Herzens und Redlichkeit.

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[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 160-162.
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