Wachsamkeit über sich selbst.

[63] Seid nüchtern und wachet, spricht der Apostel, und will damit uns gar sehr ermahnen, daß wir über uns selbst ein wachsames Auge haben sollten. Denn unsere ärgsten Feinde sitzen in uns selbst, und plagen uns ohne Aufhören, als da sind böse Begierden und Lüste und unser eigen Fleisch und Blut. Wer kann aber diese bezwingen, als durch Wachen und Anhalten, denn das sehen wir oftmals, daß man die Feinde durch beständiges Wachen müde machen kann, welche man sonst durch keine Macht und[63] Gewalt hat überwinden können. Denn in Kriegssachen ist das der größten und besten Stücken eines, daß man den Feind immer bewache, und auf alles denke, was der Feind vornehmen könnte. Und so und nicht anders ist es im Christenthume. Denn weil kein Aufhören ist uns zu reizen und locken zur Sünde, so soll auch kein Aufhören sein im Wachen. Aber wer da schläft, den überrumpelt der Feind, und wird alle Augenblicke ein Knecht der Sünde. – Erinnere dich daher oft aller guten Ermahnungen, die du gehört hast, und kommt die Gelegenheit zum Bösen, so waffne dich nur recht fest mit einem Spruche aus Gottes Wort, so wirst du nicht fallen, sondern stehen. – Verlasse dich aber auch nicht allein auf deine eigene Klugheit und Wachsamkeit, sondern eile zum Gebet, und sprich: Herr führe mich nicht in Versuchung, sondern laß mich das Böse mächtiglich überwinden, dazu du mir deine Kraft und Seegen schenken wollest.

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[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 63-64.
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