Pflichten bei besonderen Leiden.

[317] So kömmt auch deine eigene heimliche Noth von Gott, und kömmt dir zum Besten von deinem Gott, der, wie Christus sagt, auch deine Haare auf dem Haupte gezählet hat, und väterlich für dich sorget, auch dich gewiß nicht in der Noth stecken läßt, wie denn das Sprüchwort sagt: wo die Noth am größten, ist Gott am nächsten. Drum verzweifle nicht, murre auch nicht wieder Gott, und Menschen. Denn es gibt wohl Leute, die, wenn sie in Noth sind, auch andern Noth machen durch Ungeduld und Unzufriedenheit, auch es andern entgelten lassen durch Schmähworte, da sie doch nichts dafür können. Denn es ist und bleibt wahr, daß die Leiden dir zu gute kommen. Hast du Nahrungssorgen, so sollst du dabei gedenken, daß von Gott alle Nahrung und Unterhalt kömmt, und daß er wunderbarlich alles erhält, was lebet, auch in der Zukunft ihm mehr danken, wenn er dir Nahrung giebt, und es nicht für ein gemein Ding ansehen. Bist du in der Nacht krank geworden, so sollst du alle Morgen[318] desto mehr Gott lobsingen lernen, wenn er dich väterlich behütet hat. Du leidest Schmerzen an Leibe, o so mußt du lernen an den Tod denken, und daß du wieder zur Erde wirst, wovon du genommen bist, und dich nicht auf deine Gesundheit und Leibestärke verlassen. Oder deine Versorger und Freunde sterben, so sollst du dich in der Hofnung der seligen Auferstehung immer mehr stärken, und dich anschicken, da du einst dort zu ihnen wieder gelangest. Man bestiehlt und beraubt dich, so gedenke der Vergänglichkeit irrdischer Güter, und hänge das Herz nicht daran. Oder deine Freunde verlassen dich, so lerne fortan nicht mehr auf Menschen, sondern auf Gott bauen, der dich nie verlassen wird. Auch spottet und verachtet man dich, so sei nun nicht mehr so stolz und hoffärthig. Siehe, das ist die Besserung, die aus der Noth kömmt. Und hast du denn überdies vergessen, was gesagt ist: Dieser Zeit Leiden sind nicht werth u.s.w.?

Quelle:
[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 317-319.
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