Pflichten beim Vergnügen.

[313] Du kannst jede Lust in der Welt haben, die nicht sündlich ist, das verwehrt dir dein Gott nicht, will es vielmehr. Und ist dem lieben Gott eben recht, wenn du einmal aus Herzens Grunde dich freust oder lachest. Aber höre mir nun auch zu, was ich weiter sage, die Lust muß weder dir noch jemand anderm schaden. Wo das ist, da darfst du nicht. Ich will dir ein Exempel sagen: wo einer hingienge zur Lust, und hätte Weib und Kind zu Hause, für die er arbeiten sollte, oder machte es so arg, daß[313] er krank würde, oder fienge in der Lust Zank und Streit an, daß es blutige Köpfe regnete, oder das Schwärmen würde ihm zur Gewohnheit und wollte nachher nicht arbeiten, oder verthäte so viel, davon er und die Seinen eine ganze Woche leben könnten, siehe das hieße Sünde bei der Lust gethan, und wäre der Lust schlecht gebraucht. Auch habe ich wohl gesehen, daß einem der Vater starb und der Sohn gieng hin und tanzte. Das muß ein recht liebloses Kind gewesen sein, wirst du sagen. Aber daraus merke du, daß alles seine Zeit hat, wie Salomo sagt, also auch die Lust. Willst du sie recht brauchen, so darfst du und andere keinen Schaden davon haben, und mußt auch deinem Gott dafür danken, mußt mitten in der Lust einmal bei Seite gehen und sprechen: Herr ich danke dir, daß du mich so fröhlich sein lässest.

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[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 313-314.
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