Glauben und Vergebung der Sünden.

[349] Man lehre ja nicht allein vom Glauben, denn sonst lassen die groben fleischlichen Menschen sich alsbald träumen, die Werke seien nicht vonnöthen. Denn das ist wahr, daß Gott nach den Werken richtet, wie Petrus sagt. Wie du nun lebest, so wird es dir gehen. Und da ist kein Glaube, wo nicht gute Werke sind. Gott wird nicht darnach richten, ob du ein Christ heißest oder getauft bist, sondern wird dich fragen: bist du ein Christ, so sage mir, wo find die Früchte, damit du deinen[349] Glauben könnest beweisen. Wo keine Liebe unter einander ist, da wird auch kein Glaube sein, sondern eitel bloßer Schaum und Heuchelei. Darum gilt es schlechterdings nicht, daß man die heilsame Lehre der Gnade Christi und Vergebung der Sünden dahin deuten wolle, daß wir nun fort möchten leben, wie wir zuvor gelebt haben, und thun, was wir wollen, und meinen, es brauche nur des Glaubens an Jesum, so sei alles gut gemacht. Denn dadurch wird der Name Christi und des Evangelii gelästert und verachtet. Es giebt schändliche Leute genug, welche meinen, sie haben Vergebung der Sünden, da sie doch noch nicht anfangen das Böse zu lassen. Das gehet aber stracks wider die Vergebung der Sünden, denn diese will, daß man vom Bösen ablasse. Dabei sie auch ihre Sünden gering machen und sagen: ich weiß nicht sonderliche Sünde, bin kein Dieb, Ehebrecher, Todtschläger! Aber ist auch das Herz rein? Das sind nur grobe und gemalte Sünden. Du mußt auch die bösen Gedanken, Lüste und versteckten Gebrechen ablegen, wenn dir die Vergebung zukommen soll.[350] Und nützt dir es gar nichts, so du Glauben hättest, und doch unbarmherzig gegen deinen Nächsten wärest, und andere Sünden thätest.

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[Verfasser von Luthers Leben]: D. Martin Luthers Sittenbuch. Leipzig 1794, S. 349-351.
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