Toiletten-Gebräuche der alten Römerinnen.

[280] Die meisten römischen Damen begaben sich, sobald sie das Bette verlassen hatten, in's Bad; einige begnügten sich bloß am Füße waschen, andre trieben den Gebrauch der Bäder noch weiter. Sie ließen sich die Haut mit Bimsstein sanft abreiben, um sie glätter und welcher zu machen. Dann salbten und parfümirten sie den ganzen Körper mit den ausgesuchtesten Wohlgerüchen. In eine Art Ueberkleid gehüllt, das einem Schlafrocke [280] glich, setzten sie sich an ihren Nachttisch, wo sie, wie unsre Damen, von vielen Kammerfrauen umringt waren. Nie ließen sie den Spiegel aus den Augen, um theils die Verschönerung ihrer Reize durch den Putz selbst zu dirigiren, theils die verführerischsten und wirksamsten Blicke und Mienenspiele zu studiren. Die Eitelkeit der Koketten machte oft ihren Coeffusen ein Verbrechen aus ihrer Häßlichkeit, und ein alter Schriftsteller schildert uns die Toilette mancher dieser Damen so furchtbar als das Tribunal der Tirannen Siciliens. Eine vornehme römische Dame beschäftigte bei ihrer Toilette eine Menge Sclavinnen; jede hatte ein eigenes Amt. Diese theilte die Haare; jene steckte die Locken; eine dritte parfümirte ihre Gebieterinn; eine vierte war bloß da, um ihren guten Rath zu geben. Die Kämme waren von Elfenbein, gemeiniglich aber von Buchsbaum, die Nadeln von Gold und Silber; und die Brenneisen glichen nicht den unsrigen, sondern bestanden aus großen Nadeln, die man in Asche heiß machte, und dann die Haare darum rollte. Jede Locke wurde gesteckt. Weil die Frisur [281] sehr hoch war, so brauchten sie falsches Haar, und überhäuften den Kopf mit so vielen Locken und Rollen, daß das Ganze einem Gebäude glich. Ueberhaupt aber war die Gestalt der Frisur und des Kopfputzes einem eben so großen Wechsel unterworfen, als in unsern Zeiten. Die gelben Haare wurden sehr geliebt. Manche färbten sich daher ihre Haare mit Safran, um ihnen ein recht hohes Goldgelb zu geben.

Die Haare wurden mit kleinen goldenen Ketten und Ringen, und mit purpurfarbenen und weißen, reich mit Steinen besetzten Bändern gebunden. Auch bedienten sich die Damen großer Schmucknadeln mit Perlen. Eine Art Schleier faßte und hielt ihre Haare. Die Mitra, oder unsre heutige Bischofs-Mütze, war ein den römischen Damen eigener Kopfputz, so wie der Hut den Mannspersonen. Aber nach und nach kam sie so in Verfall, daß keine ehrbare Frau sie mehr zu tragen wagte, sondern bloß Buhlerinnen sich damit schmückten. Seltsames Spiel der Mode und des Wechsels, daß jetzt, bei den heiligen Ceremonien [282] der Kirche, ihre ehrwürdigsten Diener durch eben die Zierrathen ausgezeichnet werden, die vor diesem die Tracht der Buhlerinnen waren!

Schon damals kannte man auch die Kunst, sich falsche Zähne einsetzen zu lassen. Die Zahnstocher mußten von Mastixbaumholz seyn; im Nothfalle brauchte man auch Federn, oder silberne. Die Tunika der Damen, die man mit unsern Hemden vergleichen könnte, wich in der Form von der Tunika der Mannspersonen weit ab. Sie hatte Aermel, welche letztre nicht haben durfte. Anfangs schlossen sie ganz knapp am Halse an, nach und nach bekamen sie mehr Ausschnitt, und man fing an, mehr von Brust und Schulter sehen zu lassen. In der Folge trugen die Frauenzimmer drei solcher Tuniken über einander. Ein Gürtel umgürtete sie.

Unvermerkt fing man auch an, den Busen, der vorher nur von der Hand der Natur getragen worden war, durch breite Binden zu stützen, und zu schnüren. Dies ist wahrscheinlich der Ursprung [283] unsrer heutigen Kokette. Der römische Schuh war von Form anders, als der unsrige, und war vorn offen, und geschnürt. Gewöhnlich war er von zubereitetem Leder; auch von Baumrinde. Von den spanischen Hirtinnen kam die Mode, Schuhe von Schilf und Geniste zu tragen. Der Luxus in diesem Kleidungsstücke ging so weit, daß man Schuhe mit massiv goldenen Sohlen trug: mit Edelsteinen waren sie oft über und über bedeckt. Ein griechischer Schuh, der Sycomische genannt, galt für eine leichtere und galantere Fußkleidung, als alle übrige. Mit Kork machte man den Fuß höher, und folglich die Person größer scheinend. Dies thaten die Koketten bei Tänzen, so auch die Akteurs auf der Bühne, besonders in Heldenrollen, und die Priester bei Opfern. Alle Frauenzimmer-Schuhe waren weiß, auch die Bänder, oder von Gold und Purpur.

Quelle:
[Anonym]: Sitten, Gebräuche und Narrheiten alter und neuer Zeit. Berlin 1806, S. 280-284.
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