§. [232] 206.

Vor dem Beginnen der Cur eines chronischen Uebels muss nothwendig die sorgfältigste Erkundigung116 vorausgehen, ob der Kranke eine venerische Ansteckung (oder auch eine Ansteckung mit Feigwarzen-Tripper) gehabt hatte; denn dann muss auf diese die Behandlung gerichtet werden und zwar allein, wenn bloss Zeichen der Lustseuche (oder der, seltnen, Feigwarzen-Krankheit) vorhanden sind, dergleichen aber in neuern Zeiten sehr selten allein angetroffen werden. Rücksicht aber, wenn dergleichen[232] Ansteckung vorangegangen war, muss auf sie auch in dem Falle genommen werden, wenn Psora zu heilen ist, weil dann letztere mit ersterer complicirt ist, wie immer, wenn jeder Zeichen nicht rein sind; denn stets, oder fast stets wird der Arzt, wenn er eine alte, venerische Krankheit vor sich zu haben wähnt, eine vorzüglich mit Psora vergesellschaftete (complicirte) zu behandeln haben, indem das innere Krätz-Siechthum (die Psora) bei weitem die häufigste (gewisseste) Grundursache der chronischen Krankheiten ist, auch wohl entweder zugleich mit Syphilis (oder auch Sykosis) verbunden (complicirt), wenn geständig letztere Ansteckungen einst geschehen waren, oder, wie unendlich öfterer vorkommt, die Psora ist die alleinige Grund-Ursache aller übrigen chronischen Leiden, sie mögen Namen haben, wie sie wollen, die durch allöopathische Unkunst so oft noch obendrein verpfuscht und zu Ungeheuern erhöhet und verunstaltet zu werden pflegen.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Organon der Heilkunst. Dresden, Leipzig 51833, S. 232-233.
Lizenz: