§. [243] 228.

Bei den durch Körper-Krankheit entstandenen Geistes- und Gemüths-Krankheiten, welche einzig durch antipsorisch homöopathische Arznei, nächst sorgfältig angemessener Lebensordnung zu heilen sind, muss allerdings auch, als beihülfliche Seelen-Diät,[243] ein passendes, psychisches Verhalten von Seiten der Angehörigen und des Arztes gegen den Kranken sorgfältig beobachtet werden. Dem wüthenden Wahnsinn muss man stille Unerschrockenheit und kaltblütigen, festen Willen, – dem peinlich klagenden Jammer, stummes Bedauern in Mienen und Gebehrden, – dem unsinnigen Geschwätze, nicht ganz unaufmerksames Stillschweigen, – einem ekelhaften und gräuelvollen Benehmen und ähnlichem Gerede, völlige Unaufmerksamkeit entgegensetzen. Den Verwüstungen und Beschädigungen der Aussendinge beuge man bloss vor und verhüte sie, ohne dem Kranken Vorwürfe darüber zu machen, und richte alles so ein, dass durchaus alle körperlichen Züchtigungen und Peinigungen121 wegfallen.[244]

Diess geht um desto leichter an, da beim Arznei-Einnehmen – dem einzigen Falle, wo noch Zwang als Entschuldigung gerechtfertigt werden könnte – in der homöopathischen Heilart die kleinen Gaben hülfreicher Arznei dem Geschmacke nie auffallen, also dem Kranken ganz unbewusst in seinem Getränke gegeben werden können, wo dann aller Zwang unnöthig wird.


Quelle:
Samuel Hahnemann: Organon der Heilkunst. Dresden, Leipzig 51833, S. 243-245.
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