Ueber Schönheit des Mundes

[181] Ueber Schönheit des Mundes.


Rothe, fein geformte Lippen, welche lieber etwas schmal als aufgeworfen seyn dürfen, ein reiner, gesunder Athem, und zwischen diesen Lippen weiße, schöne Zähne – darin bestehet ein schöner Mund; über Gesundheit und Behandlung der Zähne habe ich dem geneigten Leser schon meine Bemerkungen mitgetheilt, es mögen daher einige[181] Worte über die Pflege des Mundes selbst hier eine Stelle finden.

Kein Theil des menschlichen Körpers kann so schön, so reizend seyn, als dieser, um welchen Heiterkeit und Scherz, freundliches Lächeln und entzückende Anmuth, aber auch naives Schmollen und Ausdruck böser Launen ihr liebliches, oder doch ausdrucksvolles Spiel in tausend rosigen Gestalten treiben.

Die Augen mögen nun immerhin der Spiegel der Seele seyn, der Mund ist es, der die Gefühle des Herzens ausspricht, der jedem Worte den eigenthümlichen Charakter giebt, es sey nun ein Wort des Ernstes, oder ein sanftes Wort der Freundschaft, der Liebe.

Der unsterbliche Herder sagt hierüber mit gleichem Scharffinn, wie in jedem seiner Werke, wohl mit Recht in seiner Plastik: »ein reiner, zarter Mund ist vielleicht die[182] schönste Empfehlung des gemeinen Lebens: denn, wie die Pforte, so glaubt man, sey auch der Gast, der heraustritt, das Wort des Herzens und der Seele.«

Jedes einfache Wort, das wir aus einem häßlichen Munde für höchst unbedeutend halten, erhält, von einem hübschen Munde gesprochen, eine eigne anziehende Bedeutung, einen ganz besondern Zauber.

Einen Mund, der von Natur häßlich ist, kann man nun freilich durch keine Mühe, durch keine Kunst schön machen, indessen ist von Natur gewöhnlich jeder Mund, wenn auch nicht reizend, doch selten auffallend widerwärtig, es steht also nur bei uns, ihn in seinem natürlichen Zustande zu erhalten, oder – ihn durch Ziererei, und andre häßliche Gewohnheiten, wie z.B. übertriebenes Muskelspiel, welk, faltig, kurz widerwärtig zu machen. Jeder wird gern das Letztere zu[183] vermeiden suchen, und auf das Erstere die nöthige Sorgfalt wenden.

Man wendet Sorgfalt an auf Erhaltung eines schönen Mundes, wenn man die Gewalt der Leidenschaft mäßigt oder unterdrückt. Jedermann weiß z.B., wie der Zorn oft urplötzlich rothe Lippen bleicht, und ihnen dadurch allen Zauber nimmt, wie der Aerger sie widerlich zusammenzieht, und trotzendes Schmollen sie aufschwellt – wie hingegen die Güte und Ruhe sie rundet, die Freude sie röthet und die Freundschaft und Liebe ihnen einen eignen Anstrich von Lieblichkeit giebt.

Die Dauer ihres angenehmen Colorits hängt freilich meistens wieder, wie überhaupt die Farbe der Haut, von der Gesundheit des ganzen Körpers, ihre Frische vom Alter eines jeden Individuums ab, denn Lippen, welche Alter oder Krankheit welk und blaß gemacht haben, können[184] durch kein Mittel zu ihrer früheren Schönheit wieder gehoben werden, doch trägt eine vernünftige Schonung derselben vor obigen Uebeln nicht wenig zu ihrer Conservation bei, und ist jedenfalls vie vernünftiger, als die eitlen Versuche, welche so mancher zu ihrer Schönfärbung durch Essig oder kosmetische Säuren anstellt, und dadurch nur zu oft in den Fall kommt, daß die Haut austrocknet, und sowohl ihren frischen Glanz als ihre schöne gerundete Form auf immer verliert.

Wenn die Lippen durch Kälte, scharfen Wind oder Erhitzung aufgesprungen und rauh geworden sind, so kann man diesem Uebel leicht dadurch abhelfen, wenn man sie mit einer frischen öhlichten Pomade leicht und öfters einreibt, dieß aber besonders dann nicht unterläßt, wenn man einige Zeit in freier Luft zubringen muß.

In diesem Falle ist es schädlich, wenn[185] man den Versuch machen will, sie durch Speichel zu erweichen, denn dadurch werden sie nur noch rauher. Kleine Geschwüre auf den Lippen entstehen meistens daher, wenn man sie mit den Zähnen öfters zusammenbeißt oder die feinen Häutchen, welche sich von den Lippen ablösen, abreißt. Man vermeide dieß daher, und gebrauche, wenn das Uebel einmal da ist, nichts dagegen, berühre sie nicht mit den Fingern, und lasse sich nicht bereden, sie mit Pomade oder Rahm oder sonst einer Fettigkeit einzureiben, welches, obwohl das Vorurtheil dafür ist, dennoch nichts hilft sondern das Uebel nur ärger macht.

Außer einigen gefährlichen Lippenkrankheiten, welche nur unter Anleitung eines geschickten Arztes geheilt werden können, dürften die oben angegebenen Uebel diejenigen seyn, welche einer Bemerkung verdienen, da sie am häufigsten vorkommen,[186] ich setze daher noch einige Vorschriften zu vorzüglich empfehlungswerthen Lippenpomaden hinzu, welche manchem meiner Leser von Nutzen seyn könnten.


Quelle:
Hoffmann, Karl August Heinrich: Unentbehrliches Galanterie-Büchlein für angehende Elegants. Mannheim 2[1827], S. 181-187.
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