Tafel I.

[789] 1) Die Gesamtentwickelung des Buchhandels.


Die feste Linie (–) gibt die Ziffer der Gesamtsumme aller in den Meßkatalogen verzeichneten Bücher an, die gebrochene Linie mit drei Punkten (– · · · – · · · –) den fünfjährigen Durchschnitt, bei den ersten beiden Jahren natürlich nur den zweijährigen. Richtiger wäre es vielleicht gewesen, die Durchschnittslinie als eine Horizontale in gleicher Höhe durch alle fünf Durchschnittsjahre zu ziehen, statt sie austeigen, resp. fallen zu lassen, denn es findet innerhalb dieser Jahre kein Austeigen oder Abfallen statt, sondern alle fünf Jahre sind, da eben die Durchschnittssumme gegeben werden soll, gleich hoch zu denken, und zwar ist das letzte der Jahre das für die relative Höhe maßgebende. Aber das hier eingehaltene Verfahren steht in Übereinstimmung mit dem gewöhnlich beliebten und ist jedenfalls anschaulicher als die balkenförmige Darstellung.

Die erste Zeit bis etwa zum Jahre 1592 bietet wenig Zuverlaß. Im Jahre 1564 liegt nur ein Katalog, der Herbstkatalog vor. Doch war es nicht gestattet, die Ziffer etwa doppelt zu nehmen, da dieser Katalog als der erste keineswegs erst mit Schluß der Ostermesse einsetzt, sondern auch weiter zurückgreift. Auch aus den Jahren 1566 und 1567 ist nur der Herbstkatalog bekannt, und man darf vermuten, daß gar keine Osterkataloge erschienen sind, weil ein Grund für das tiefe Herabsinken der Ziffer nicht erfindlich ist. Bis zum Jahre 1592 sind überdies im »Codex nundinarius« gar nicht die[789] Kataloge der einzelnen Jahre zu Grunde gelegt, sondern die »Collectio in unum corpus« von 1592; das letzte Jahr wird in diesem Buche weniger Berücksichtigung gefunden haben, und wenn auch der Herbstmeßkatalog dieses Jahres zur Ergänzung herbeigezogen ist, wie uns die Vorrede belehrt, so läßt doch sonst unmotivirte Herabsinken der Ziffer auf die Hälfte vermuten, daß hier die Quellen ungenau sind. Von da an steigt die Zuverlässigkeit der Unterlagen, zumal seit Herbstmesse 1598, wo der offizielle »Catalogus universalis« erschien. Auch die Zuverlässigkeit der Arbeit im »Codex nundinaruis« nimmt seit 1593 zu, da fortan wirklich die Meßkataloge selbst, und zwar die verschiedenen Ausgaben einander kontrollierend, benutzt worden sind.

Schon ein flüchtiger Überblick ergibt recht interessante Beobachtungen. Man sieht, wie im Anfang des 17. Jahrhunderts genau bis zu dem Jahre, in welchem der Dreißigjährige Krieg ausbricht, eine kräftig entwickelte buchhändlerische Produktion mächtig an steigt – zu einer Höhe, die selbst am Schlusse der Tabelle, im Jahre 1765, noch nicht wieder erreicht ist –, wie sie dann nach mancherlei Zuckungen im Jahre 1635 auf ein Minimum einschrumpft, dann unter manchen Schwankungen bis zum Jahre 1710 steigt, darauf, wohl infolge der damaligen Kriege, wieder abfällt und dann erst allmählich wieder sich zu heben beginnt. Deutlich ist auch der Einfluß der schlesischen Kriege, deutlich der des Siebenjährigen Krieges erkennbar. Nach dem Hubertusburger Frieden geht es fröhlich aufwärts. Leider bricht die Tabelle bereits mit dem Jahre 1765 ab; gern verfolgte man wenigstens, wie die nun folgenden Friedensjahre bis zu den Stürmen der Französischen Revolution sich darlegten: ich will die Hauptziffern angeben, im Jahre 1775 wird die Ziffer 2000 überschritten, im Jahre 1783 die Ziffer 3000, das Jahr 1790 gibt 3560 gedruckte Werke.


2) Die Beteiligung der Sprachen:

der lateinischen, der deutschen und der lebenden.


Die drei untern Linien unserer Tafel geben die Sprachen an, in denen die aufgeführten Werke abgefaßt waren. Die gebrochene Linie (– – – – –) bezeichnet das Latein, die Linie Strich-Punkt (– · – · – ·) das Deutsche. Man sieht, wie gewaltig das Latein anfangs bis es seit dem Jahre 1680 mit dem Deutschen zu ringen beginnt, um seit 1692 diesem für immer den Vorrang abzutreten und fortan immer weiter herabzusteigen. Die unterste Linie, Strich-Kreuz (– + – + – + –), deutet die Summe der in fremden Sprachen abgefaßten Schriften an. Zu verschiedenen Zeiten haben verschiedene Sprachen prädominiert, am Ende des 16. und im Anfang des 17. Jahrhunderts das Italienische, beim Herannahen des Fridericianischen Zeitalters, seit circa 1735, das Französische, das 1762 nahezu den Umfang des Lateinischen erreicht. Im Jahre 1647 erschienen auch persische und türkische Schriften, zu andern Zeiten sporadisch auch arabische.[790]

Übersichtlicher wäre es vielleicht gewesen, bei den Sprachen von den Jahresschwankungen abzusehen und sich auf den fünfjährigen Durchschnitt zu beschränken, denn wir haben es hier mit langsam und stetig vor sich gehenden Kulturerscheinungen zu thun, bei denen die, allein durch die Jahresschwankungen des Gesamtbuchhandels bedingten Oszillationen der einzelnen Jahre ohne Wert sind. Noch anschaulicher würde es gewesen sein, die Konkurrenz der Sprachen nach Prozenten zu berechnen und dementsprechend graphisch darzustellen. Die Rechnungen sind seiner Zeit von mir gemacht, auch die Tabellen entworfen worden; vielleicht lassen sich dieselben einmal an einem andern Orte veröffentlichen. (Wie mir nachträglich mitgeteilt wird, hat auch Kapp selber die Absicht gehabt, solche Tabellen beizufügen, ist aber durch den Tod an der Ausführung behindert worden.)

Ich lasse nunmehr die Ziffern folgen, die, dem »Codex nundinarius« direkt entnommen oder aus demselben gewonnen, der graphischen Darstellung auf Tafel I zu Grunde liegen. Diese Zusammenstellung enthält neben der Jahreszahl zunächst die Gesamtziffer der in dem betreffenden Jahre in den Meßkatalog aufgenommenen Druckwerke; daran schließ sich die fünfjährige Durchschnittsziffer. Die drei folgenden Kolumnen enthalten die Summe 1) der lateinischen, 2) der deutschen, 3) der in fremden Sprachen verfaßten Werke.


Die Beteiligung der Sprachen: der lateinischen, der deutschen und der lebenden.
Die Beteiligung der Sprachen: der lateinischen, der deutschen und der lebenden.

Die Gesamtentwickelung des Buchhandels von 1564 - 1765 und Anteil der verschiedenen Sprachen an derselben.
Die Gesamtentwickelung des Buchhandels von 1564 - 1765 und Anteil der verschiedenen Sprachen an derselben.

Quelle:
Friedrich Kapp: Geschichte des Deutschen Buchhandels bis in das siebzehnte Jahrhundert. Band 1, Leipzig: Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, 1886., S. 789-793,796.
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