7.

[14] An Besuchen von Kindern oder Frauen hatte ich wenig Ergötzen; nur wenn Männer kamen setzte ich mich still neben meine Mutter und horchte auf das Gespräch. Meistens war die Rede von Politik, da zu jener Zeit der Krieg ganz Europa beschäftigte und auf unsere Provinz einen großen Einfluß hatte. Der Enthusiasmus für den König von[14] Preußen glich einer Flamme, welche alles ergreift, was ihr nahe kömmt. Wir Kinder wurden begeistert, wenn von ihm gesprochen wurde, und selbst die Knaben auf den Straßen führten den Namen Friedrich in Kriegsgesängen täglich auf. Oft wurden Kriegsgefangene in die Stadt gebracht, und sie lobten den König und tranken auf sein Wohl. Die schönsten Festtage des Bürgers waren die Feier seiner Siege, wobei selbst der Geitzige sich nicht karg zeigte. Dies waren meine Freuden und die glücklichsten Stunden in meinem sechsten und siebenten Jahre. Ich hätte mich schon damals gern den Erwachsenen gleich beschäftigt; und ich ergriff die Nähnadel und lehrte mir selbst die Stiche. Ich suchte alle mögliche Schnitzel auf, um meine neue Kunst daran zu versuchen. Ich hatte einmal gehört, die Menschen bekämen böse Gedanken, wenn sie müßig blieben, und da man mir keine[15] Beschäftigung gab, so zerschnitt ich das Hemd meiner Puppe, und nähete es wieder, machte derselben auch neue Kleidungsstücke, aus allen Schnitzeln, die ich finden konnte. Dabei saß ich mit einem Eifer, in welchem ich mich durch nichts stören ließ. Ein Fabrikant, der mit meinem Vater Geschäfte hatte, bemerkte meinen Fleiß, und sagte lächelnd: Du willst wohl gar schon nähen, kleine Puppe? Mögtest du wohl etwas für mich nähen? O ja, recht gern, war meine Antwort. Einige Tage darauf brachte mir der Fabrikant drei leinene Tücher zu säumen, welche ich auch mit dem größten Sporn von Ehrgeitz allein fertig nähete, so gut es angehen wollte, und wobei mir meine Arbeit recht wichtig vorkam, da der Mann sich den Spas machte, mich ordentlich dafür zu bezahlen. Dies kleine Verdienst war mir süßer, als mir das größte Geschenk gewesen wäre.

Quelle:
[Klencke, Karoline von]: Leben und Romantische Dichtungen der Tochter der Karschin. Als Denkmal kindlicher Liebe herausgegeben von Helmina, Frankfurt a. M. 1805, S. 14-16.
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