Vorrede.

»Es ist doch – sagt Heinze in der Fiormona, S. 227 – eine himmlische Sache um die Dichtkunst! – Aber meinen mögt' ich, bittere Thränen weinen, daß das Vortrefliche so verkannt wird, und jetzt so wenig der Geweihten sind, die den elysischen Tönen horchen. Es ist doch eine allerliebste Zeit die Unsrige! Wahrhaftig, diese große Lehrerin der Menschen (die Dichtkunst), diese Pflegerin alles Großen und Schönen so überhin anzusehen, wie einen eiteln Zeitvertreib, und mit ihr zu tändeln, wie mit einer Kokette! O die Sklaven, die Verworfenen, die in ihrem verschrumpften Sinn keine Faser mehr haben, die für Größe und Freyheit erheben kann! Aber so wills unsere Politik, und anders ist's nicht möglich!«. –

Was hier Heinze in seiner Manier sagt, bestätiget die Erfahrung. Soviel Gutes, Wahres und Empfehlendes auch ein Kant, ein Herder und ein Wieland, von der Dichtkunst gesagt haben, und so ganz eigen die Sammlung erbaulicher Gedichte – auch die vorzügliche Tendenz hatte, nach Wielands Rath, die Humanität befördern zu helfen, so wenig hat die genannte Sammlung den Beyfall des Publikums finden können. An der Sammlung selbst, als welche das Eingreifendste aus unsern besten und bessern Dichtern enthält, um den politischen Vampyrs handgreiflich zu zeigen, was sie sind, aber nicht seyn sollen, liegt die Schuld davon wohl schwerlich. Der Rezensent derselben im 1. Th. des Kosmopoliten nennt sie S. 569 »einen merkwürdigen Beytrag zur Beförderung der Humanität, der zur Erreichung jenes edeln Zweckes sehr geschickt sey und deswegen eine rühmliche Auszeichnung verdiene.« – Die erwähnte Schuld also, wie sich dieß auch bey unsern theuren und finanziösen Zeiten vermuthen läßt, liegt sehr wahrscheinlich wohl nur an dem Preise derselben.

Es ist freilich ein gewöhnlicher Kunstgriff, daß man nicht recht gängigen Büchern, aus welcher Ursache sie dieß immer seyn mögen, einen neuen Titel vordrucken läßt und ihnen eine zweyte Auflage anlügt: allein ich finde dieß unredlich, und will lieber geradezu eingestehen: daß die Sammlung erbaulicher Gedichte, oder der Zuchtspiegel für die politischen Vampyrs, dessen Fünf Aufstellungen entweder nicht alle einem jeden behagten weil für einen jeden nicht alle paßten, oder weil sie zusammen den Meisten zu theuer waren, hier nur vereinzelt geheftet ist, und dieß, um auf diese Art jetzt die Wahl und den Ankauf der einzelnen Aufstellungen des sonst ganzen Zuchtspiegels jedem Menschen- und Dichterfreund nach Wunsch desto eher zu erleichtern.

Dieß aber mag es nun auch entschuldigen, daß die Seitenzahlen nicht nach ihrem Gehalt setzt in den vereinzelten Stücken fortlaufen, und daß der Nachtrag, nebst den Zusätzen, auch noch der sonst fünften Aufstellung des unvereinzelten Zuchtspiegels, anhängt. Die jetzige größere Bequemlichkeit für Wahl und Kauf, denk' ich, wird diese Kleinigkeit leicht übersehen machen.

Auch muß ich noch erinnern, daß die Hauptvorrede, die, als ein Prologus galeatus, der Sammlung sonst vorherging, jetzt – der Proportion wegen – dem Zuchtspiegel für die Adlichen beygefügt ist. Sie enthält wirklich manches Wort, das zur rechten Zeit gesagt ist, und – wie der angeführte Rezensent weiter sagt – »auch mannichfaltiges Gute und die glücklichsten Ideen, die da zeigen, wie gut der Herausgeber es mit der Menschheit meyne.« »Wir wünschen, setzt er S. 570 hinzu, daß Niemand, der die Sammlung in die Hand nimmt, die Vorrede ungelesen und unbeherzigt lassen möge.«

Jetzt weiß Leser und Käufer, woran er ist: und dieß ist der Wunsch jedes ehrlichen Kaufmanns.

Uebrigens wird der Sachkundige bald merken, daß der ganze Zuchtspiegel eben dahin poetisch ziele, wohin Engels Fürstenspiegel prosaisch zielt.


Der Verleger.

Quelle:
Laukhard, Friedrich: Zuchtspiegel für Eroberungskrieger, Advokaten und Aerzte. In: Zuchtspiegel für Fürsten und Hofleute, Paris [i.e. Leipzig] 1799.
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