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Der Sprung ins Ungewisse –

[21] »Gefühl ist alles« – wenn aber mit dieser so erstrebenswerten Liebesgabe der holden Göttin Natur bei diesem oder jenem allzu sparsam umgegangen wurde, heißt es, wohl oder übel, sich an die festgestellten Formen zu halten.

Eine Norm aufzustellen, macht keine Schwierigkeiten. Sich strikte oder lose nach ihr zu richten, ist der Individualität der einzelnen anheimgestellt. Der Unsichere hat nach dem Sittenkodex zu blinzeln und darf sich nicht blindlings seinen Wünschen und Sehnsüchten, Anwandlungen und Ausbrüchen hingeben.

Wenn es Ihnen Ihr Instinkt nicht sagt, mein Lieber, würde ich, nach Regeln gesellschaftlicher Übereinkunft, Ihren Chef nicht ohne weiteres zum Abendessen einladen, wenn sein Entgegenkommen auch noch so jovial ist, sondern erst auf eine Aufforderung warten oder wenigstens zunächst die Karte, etwa zwischen zwölf und ein Uhr, in seiner Wohnung abgeben. Auch kann Ihnen mit gutem Gewissen abgeraten werden, mein Teurer, Fräulein Lissi ohne triftigen Grund beim Verabschieden an der Haustür einen Kuß zu applizieren. Fräulein Lissi könnte ja bereits anderweitig interessiert sein und diese unerwartete Liebkosung für völlig unnötig oder viel zu verfrüht erachten, was Aussichten für immer verdürbe.

Es gilt auch nicht als fair, seine Teevisite im Hause befreundeter Ehepaare immer nur dann zu machen, wenn man genau weiß, daß der Hausherr im Büro sein muß – ein Beginnen, um so gefahrbringender, je gleichgültiger die junge Frau diese Besuche aufnimmt.

Es ist bei allen diesen Grenzfällen genau wie mit dem Skifahren – nur wenn Sie Grundregeln und elementarste Anfänge im Schlafe beherrschen, dürfen Sie den großen »Sprung ins Ungewisse« wagen, dürfen Sie handeln, wie es der Augenblick eingibt, immer wieder werden Sie auf beide Füße fallen. Der Trieb des stärkeren Sexus geht nun einmal zum blinden »Hasard« hin – wir wissen wohl, daß »in jedem Mann ein Kind versteckt ist, das spielen will –«. Sehr recht, spielen Sie so oft und solang Sie wollen, aber geben Sie genau acht, dabei stets den letzten Stich in der Hand zu behalten ...

Ein Cäsar, Heros einer ganzen Epoche, machte die Mitwelt staunen, da er gleichzeitig drei Dinge auf einmal virtuos erledigen konnte – unsere Mitbrüder verrichten andere Rekorde, was Frauenkritik ihnen zugute halten sollte.[21]