Der Griff in den Beutel.

[163] Sie wissen nicht, was Sie schenken sollen, Verehrtester? Diese Ausreden wollen wir Ihnen rauben, wir wollen Sie aufklären, soweit es in unserer Macht steht, wir wollen Ihnen hilfreich zur Seite treten, Ihnen alles das verraten, was den Ihnen nahestehenden Damen Entzücken verursachen und Ihnen selbst die angenehme Beruhigung geben kann, daß Ihre Geldausgaben ihren Zweck erfüllt haben!


Der Griff in den Beutel

Die erste und billigste Dreiteilung lautet: Bücher, Blumen, Konfekt! Schadet nie und nützt immer! Aber so billig kommen Sie uns nicht davon! Denken wir an Weihnachten. Ich weiß schon, Sie zittern vor fertigen Roben, die nie passen, vor Pelzen, die nicht gefallen, und vor Hüten, die nicht kleiden. Sie haben das Pech, stets die krassesten Stoffe auszuwählen und die unmodernsten Hemdhöschen nach Hause zu bringen. Aber ich verstehe Sie nicht, Sie haben doch sonst kleine Stelldicheins mit eleganten Frauen – heutzutage helfen die Evastöchter einander – wenn Sie einen Ihrer scharmanten Tanzflirts mit ins Vertrauen ziehen würden, könnten Sie unerhörte Dinge mit nach Hause bringen, und Ihre Frau würde sich bei Ihrem Flirt noch persönlich bedanken! Geräte für den Haushalt sind zu jeder Zeit willkommen. Nein, nein, machen Sie sich nicht schlechter, als Sie sind, Sie wissen genau, was eine selbsttätige Kaffeemaschine ist, Sie haben sie sich selbst neulich abends von Frau Susi erklären lassen, Sie kennen die Notwendigkeit eines Staubsangers, eines Eiserzeugers, eines Gartenschlauchs, eines Föns, eines Massageapparates, einer[163] Obstbesteckgarnitur, eines ausgefallenen Tafelaufsatzes, und was es da nicht noch alles gibt. Ein Zehnminutenspaziergang in entsprechenden Magazinen – und Haus und Hof bersten vor neuem Zierat.

Ja richtig, Geburtstage sind auch! Da schenkt man fast noch mehr und noch lieber als zu Weihnachten. Es ist ein viel persönlicheres Fest! Denken Sie an die Liebhabereien Ihrer Frau, Ihrer angebeteten Freundin. Ein Abonnement im Golfklub, ein neuer Tennisschläger, vielleicht gar ein kleines Kabriolett oder einen süßen, stachelhaarigen Terrier? Nicht immer Porzellan, nicht immer Sofakissen, nicht immer Eau de Cologne und Modeparfüm! Auch Radio ist schon vorhanden, wie steht es aber um das Reisegrammophon? Sie dürfen auch die Billette zu einer Seereise oder das Modell eines Weekendhauses in Frage ziehen ...

Noch viel mehr Daten existieren, die Sie sich zu merken sozusagen verpflichtet sind! Der Hochzeitstag. Schweig stille, Herz – schenken mußt du etwas. Eine kleine Tabatiere, himmlisch weiche Reiseschuhe (das Symbol mit dem Pantoffel!), eine Kiste Lieblingswein, Balkonbepflanzungen, Autodecken, ach, ungezählt sind die allerliebsten Kleinigkeiten!

Und zur Geburt deiner Kinder – aber das weißt du ja selbst, mein Lieber, daß ein hübsches Schmuckstück gleich einer Ordensauszeichnung die Brust der jungen Mutter zu schmücken berufen ist.

Eines noch, zum Schluß – gestatte, daß ich dich weiter duze, zum Zeichen, wie gut wir uns verstehen: bitte, nicht bares Geld, mein Freund, und wenn es wirklich sein muß, dann in netter Form, – in einer poetischen Hülle, die das Prosaische, wenn auch Praktische des Geschenkes verbirgt.

Typisch für dieses Thema gilt ein Ausschnitt aus dem Tagebuch einer absolut mondänen Frau, der wörtlich lautet:

»Vor vier Jahren hatten wir gar kein Geld. Da kam Peter zu meinem Geburtstag heimlich in mein Zimmer geschlichen, legte mir einen Strauß meiner Lieblingsnelken, ein Paar Handschuhe und ein Täschchen leise aufs Bett und schrieb auf einen Zettel: › ... aber viel mehr Liebe ...‹ Ein Jahr später ging es uns schon gut. Ich bekam einen richtigen Geburtstagstisch mit vielen schönen Dingen, Peter hatte viele Freunde eingeladen, wir haben uns kaum allein gesprochen. Voriges Jahr hatte er schon eine große Stellung in der Fabrik. Er kam ganz eilig zum Mittag auf eine Minute, und ein Bote brachte Blumen und sehr viele Pakete, die ich mir selbst auspackte. Abends waren wir in großer Gesellschaft im Theater eingeladen. Oieses Jahr fiel ihm beim Frühstück plötzlich ein, daß mein Geburtstag war – er sprang entzückt auf, drückte mir einen Kuß auf den Mund, zog mich an den Schreibtisch und schrieb mir einen großen, fetten Scheck. – Und dennoch – ich wüßte nicht, was ich darum geben würde, wenn ich noch einmal meinen ersten Geburtstag erleben könnte ...«[164]

Quelle:
Reznicek, Paula von / Reznicek, Burghard von: Der vollendete Adam. Stuttgart 1928, S. 163-165.
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