Vom Walzer zum Blackbottom.

[138] Das Alpha und Omega unseres Ballsaalprogramms, doch was sage ich – Ballsaal? Überlebter Begriff! »Tanzplatte« ist Ersatz geworden, volkstümlicher. In welcher Stadt, welchem Dorf, welcher Sommerfrische gibt es kein Rondell, kein glühbirnenumflossenes Steinfliesenviereck, kein Parkettrund, das Tag und Nacht vibrieren, dröhnen und zittern muß?

Sport? Ja! Etwas, das so geübt, so exakt, dabei so individuell und so musikalisch ausfallen muß, kommt nicht von allein.

Die Saxophonfanfaren blasen Alarm. Die Armee der Seidenbeinchen und Baumwollsüße paradiert ausschlagend, die Ohren lauschen verzückt einem mitreißenden Rhythmus, der zum Affekt treibt – berauschend – vergewaltigend.

Und so geschieht es ... Urwaldmelodien kultivieren moderne Tanzsucht. Bananas, Jazz, Blackbottom sind die Pseudos, die diktieren, und nur als Kontrast, als anmutiger »beau reste« einer beschaulicheren Zeit bleibt – der Walzer![138]

Quelle:
Reznicek, Paula von: Auferstehung der Dame. Stuttgart 7[o.J.], S. 138-139.
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