Gut gesetzt – ist bald gewonnen ...

[83] Es ist von keinem Jeu, von keinem Rennen, von keinem Zufall die Rede – sondern lediglich von – der Tischordnung! Doch ehe wir soweit sind, heißt es überlegen: Wen lade ich ein?

Es ist ein Irrtum, wenn man glaubt, immer nur Menschen laden zu müssen, die alle aus derselben Interessensphäre stammen, sich seit Jahren so oder so kennen, politisch dieselben Anschauungen haben – im Gegenteil, eine gewisse Mischung verschiedenster Berufe und Kreise wirkt oft anregend und gibt zu Austausch und amüsanten Dialogen Anlaß. Nur darf man nicht outrieren und die ausgesprochen fanatischen Politiker entgegengesetzter Richtungen und untreue Flirts mit einstigen und jetzigen Angebeteten an einen Tisch setzen. Doch im allgemeinen kann man seelenruhig von der Tendenz ausgehen: »Was ich nicht weiß – macht mich nicht heiß«, da man voraussetzen muß, daß die Gäste des Hauses wohlerzogene Leute sind, die, wenn irgendein geheimer Grund sie zur gegenseitigen Abneigung zwingt, diese nicht »coram publico« zur Schau tragen werden ...

Und dann die Regel der Tischordnung! Wie zerbricht man sich oft den Kopf darüber – meist unnötigerweise. Daß die Ehrenplätze der ältesten oder erstmalig Anwesenden neben dem Hausherrn und der Hausfrau sind – ist klar, obwohl an der sogenannten »zweiten Seite« dabei auch manchmal gemogelt werden soll – sonst setze man die Ehegatten nicht zu nah aneinander und nehme nach psychologischen Erwägungen die Paarungen vor! Der Hausherr geht mit seiner Dame zuerst zu Tisch, die Hausfrau mit ihrem Herrn zuletzt. Die Hausfrau hebt als erste die Tafel auf. Die Konversation ist freibleibend – abhängig von Einvernehmen und Stimmung.

Ich weiß nicht, ob es gerade schmeichelhaft aufzufassen ist, wenn vor einigen Monaten bei dem berühmt langweiligen Souper eines Finanzgewaltigen ein bekannter Pressechef launig bemerkte: »Die Tischordnung mag ganz gut sein, aber eine Bettordnung wäre angebrachter ...«[83]


Gut gesetzt - ist bald gewonnen..

Quelle:
Reznicek, Paula von: Auferstehung der Dame. Stuttgart 7[o.J.], S. 83-84.
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