Die gut Be»hütete«.

[33] Mit ernstem Augenaufschlag versicherte eine bezaubernde Blondine ihrer erblassenden Freundin vom Land ins Ohr: »Ohne ein Dutzend Hüte bist du in der Großstadt aufgeworfen ...«

Die bezaubernde Blondine ist völlig schimmerlos! Mit drei bis vier Hüten kommt die Dame par excellence aus. Für die Straße der graue, beigerosé oder braun getönte kleine Filztrotteur – der so unerhört kleidsam, unglaublich praktisch –, für den Tee den dunklen seidenen oder Bandhut – und am Abend – wenn überhaupt – (der Hut am Abend ist im Aussterben) wird Chiffon, Samt oder ein Turban aus Brokat, Tüll oder Damast, zum Kleide passend, gewählt.

Nun ja – zwölf Hüte. Man sammelt dies, man sammelt das – warum also nicht Hüte? – Jedoch, die Masse bringt es nicht – sondern Ausführung und Qualität. Das Wesentlichste beim Hut: er muß zu Gesicht stehen, verschönen, verstecken oder hervorheben, ein »formvollendeter« Schmeichler der Anmut sein ...

Ihn aufzubehalten, ist heutzutage nie falsch, selbst zum Lunch im fremden Heim ist es kein faux pas, ihn anzulassen – im Restaurant und Café, überhaupt außerhalb des Hauses gilt er als vorschriftsmäßig und angebracht – nur »heutzunacht« eilen die jungen Damen unseres Jahrhunderts, gänzlich unbe»hütet«, wenn auch nicht kopflos, ihrer Wege ...[33]


Die gut Be»hütete«

Quelle:
Reznicek, Paula von: Auferstehung der Dame. Stuttgart 7[o.J.], S. 33-34.
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