Vom Suitcase zum Schrankkoffer.

[44] Verzweifelte Gebärden: »Er geht nicht zu, er ist noch nicht halb voll, ich komme mit den Sachen unmöglich vier Wochen aus, ich weiß nicht, ob es an der Adria jetzt schneit oder hitzt – sechs Paar Schuhe sind viel zu wenig, Georgettekleider kommen nicht in Frage, Pelze bleiben zu Hause –.« In allen Tonleitern wird gejammert, gefragt, telephoniert.

Eigentlich gibt es nur drei Schemata, um zu packen. Bei ruhiger Überlegung ist das sehr einfach. Für etwa acht Tage (darunter fällt alles, was fünf Tage mehr oder weniger ist), für drei Wochen (darunter fällt alles, was eine Woche mehr oder weniger ist), und für ein Halbjahr (darunter fällt alles, was ein Vierteljahr mehr oder weniger ist).

Schema 1. (Acht Tage) Coupékoffer (möglichst Schweinsleder, Autolack geht auch). Inhalt: Ein Paar Abendschuhe (Brokat oder Seide), ein Paar Nachmittagsschuhe (Seide oder leichtes Leder), ein Paar geflochtene Schuhe, sechs Hemdhosen, zwei Garnituren, drei Schlüpfer, drei Nachthemden, ein Pyjama oder Kimono, zwei Unterkleider, ein Straßenkostüm, ein Jumperkleid, einen »trench-coat«, ein Nachmittagskomplet, ein Teekleid, ein kleines Abendkleid, ein großes Abendkleid. Einen Trotteurhut, einen Hut zum eleganteren Kleid. Acht Paar Strümpfe. Angezogen: ein Straßenkostüm, oder Reisemantel mit Wollkleid, ein Paar Reiseschuhe und den Pelz über dem Arm. Inhalt enthebt jeder Gefahr, falsch angezogen zu sein innerhalb dieser Zeitspanne.[44]

Schema 2. (Drei Wochen) Schrankkoffer. Hutkoffer. Necessaire. Mehr wäre vom Übel. Inhalt (paßt bei heutigen Temperaturverhältnissen für alle Gegenden): Sieben Paar Schuhe (ein Paar derbe Schuhe, ein Paar Trotteurschuhe, zwei Paar Spangenschuhe, zwei Paar seidene, ein Paar Brokat). Zehn Hemdhosen, sechs Garnituren, sechs Schlüpfer, acht Nachthemden, drei Pyjamas, zwei Kimonos, zwei Baumwollunterziehjäckchen, Badezeug, zwölf Paar Strümpfe (werden noch ergänzt), vier Unterkleider, zwei Jumperkleider, ein Wollkaschakleid, zwei dünne Strand-Seiden- oder Chiffonkleidchen, zwei Kostüme, ein Komplet, ein Abendcape, ein Abendmantel, ein Schal, zwei Pelze, drei Abendkleider (ad libitum mehr), vier verschiedene Hüte (darunter einen hellen, einen Filz-, einen seidenen Bandhut). Mit diesem Inhalt versehen, ist man allen Gegenden – vom Lido bis zum Nordkap und von Portugal bis Konstantinopel – gewappnet.

Schema 3 zu erörtern – erübrigt sich. Die doppelte Portion von Schema 2 an Koffern und Inhalt käme in Frage. Man müßte gegebenenfalls ein wenig mehr Wert auf warme Kleidung legen. Die jeweilige Sportkleidung (Ski- oder Tennisausrüstung) ist absichtlich unerwähnt geblieben, da deren Utensilien dem Sporttreibenden bekannt sein dürften. Schema 1, 2 oder 3 – das ist hier die Frage; aber – eines steht fest: auf alle Fälle muß unsere auferstandene Dame viel reisen!


Vom Suitcase zum Schrankkoffer

Quelle:
Reznicek, Paula von: Auferstehung der Dame. Stuttgart 7[o.J.], S. 44-46.
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