Ehegatten unter sich ...

[169] »Nerven« und »Krachs« sind Schlagworte. Um Gottes willen warum? In unsern Tagen solcher Nonsens! Wenn man zusammenlebt, muß man sich aufeinander einstellen, und, verlassen Sie sich darauf, es geht.

Man ist doch Egoist – aus diesem Grunde altruistisch. Man erspart sich gern Aufregungen, Ärger und Unruhen. Das macht häßlich und unsicher. Ergo: allein leben ist meist zu langweilig, lebt man schon zu zweit, und ist es bisher gegangen, geht es zweifellos auch weiter. Wenn man nur will – aber meistens hat man Lust, zu sticheln oder zu ärgern.

»Aha, die Kohlenrechnung, zum zweitenmal, wer ist der Unordentliche?« »Natürlich, der Hund wieder nicht herausgelassen, man muß nur eine Stunde abends fort sein!« »Die Hausschlüssel liegen immer im Entree – in meiner Tasche?? Jede Werte, daß nicht, dann hast du sie mir eben hineingetan!« »Das Telephon ist nach hinten gestellt, welcher Idiot tat das wieder –?« »Diese persönlichen Beschimpfungen verbitte ich mir« und so fort ... Wir kennen das ja alle.

Aber wenn man will – Höflichkeit voran! Ein verblüffendes Rezept, man wähnt sich dann nicht mehr verheiratet, es liegt eine ganz andere Stimmung in der Luft. Ich kenne einen vollendeten Ehegatten. Dieser ist nie erstaunt, ärgerlich oder aufgebracht. Alles sagt er mit einem gütigen Lächeln, er entwaffnet dadurch, er beherrscht jede Situation. Einmal warf seine temperamentvolle Gattin im Affekt eines Gesprächs, das von seiner Seite ohne jede Erregung geführt wurde, eine Meißner Parfümlampe in die Gegend. Galant sammelte der höfliche Gatte die Scherben, sagte tröstend:


Ehegatten unter sich..

»Sei nicht traurig, ich bringe dir morgen eine neue, es kann leicht passieren, daß einem so ein Ding aus der Hand gleitet!« Am kommenden Tag wird mit einem duftigen Blumengruß eine eiserne Parfümlampe überreicht mit der Anschrift: »Für künftige Fälle unzerbrechlich!« Die gnädige Frau war ein wenig verlegen!

Seht Ihr – so!! Entwaffnet durch Scharm, Höflichkeit, Liebreiz, Ihr erreicht mehr als mit Wut, Raserei und Schreien. Überbrückt die Differenzen mit Anmut, so daß man gewandt zu dem Schluß kommt: die Ehe ist zwar ein Krieg, aber eine wahrhaft ideale Schlacht, wenn sie zu einem »combat de courtoisie« wird![169]

Quelle:
Reznicek, Paula von: Auferstehung der Dame. Stuttgart 7[o.J.], S. 169-170.
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