Wiedergenesung und Dienstanstellung bei einem Engländer

[230] Indes schenkte mir Gott meine Gesundheit und Kraft zur Arbeit wieder, die ich nie gescheuet habe. Zehn andere in meiner Lage hätten mutlos die Hände in den Schoß gelegt und sich dem Schicksal überlassen; ich aber sah ein, daß ich dadurch nichts gebessert, sondern nur meinen Untergang beschleunigt haben würde, deshalb behielt ich Mut und stärkte ihn durch die Sprüchwörter meines Vaters. Mancher, der mir gleich gehandelt hätte, befände sich jetzt nicht in den elenden Umständen, in die ihn Kleinmut und Arbeitsscheue gestürzt hat. Oft fällt uns anfangs eine Arbeit schwer, die uns in der Folge leicht wird und unsern Fleiß doppelt belohnt. – Obgleich ich Offiziant gewesen war, so scheute ich mich nach[230] meiner Wiedergenesung keinesweges, die sich mir darbietende Taglöhnerarbeit zu tun; hierdurch gerade erwarb ich mir neues Zutrauen, und dieses brachte mich und meine Familie bei dem Ritter Doring, einem Engländer, in Dienste, dessen Hauswesen ich mit meiner Familie vorstand, wobei ich doppelt die erlittenen Verluste wiedergewann. Ich lebte mit ihm in Dresden, Karlsbad, Prag und Wien und genoß manches Vergnügen, ohne die Reisebeschwerden zu scheuen, welche mir jedoch endlich unerträglich wurden und mich wegen zunehmender Kränklichkeit nötigten, um meine Entlassung zu bitten. Dieser Herr war so edel, mich nicht nur auf seine Kosten nach Weimar zurückreisen zu lassen, sondern mir auch noch überdies zwölf Karolins, als ein Zeichen seiner Zufriedenheit mit mir, zu schenken.

Quelle:
Sachse, Johann Christoph: Der deutsche Gil Blas oder Leben, Wanderungen und Schicksale Johann Christoph Sachses, eines Thüringers. Von ihm selbst verfasst, Berlin 1977, S. 230-231.
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Der deutsche Gil Blas
Der deutsche Gil Blas oder Leben, Wanderungen und Schicksale Johann Christoph Sachses, eines Thüringers
Der deutsche Gil Blas. Eingeführt von Goethe. Oder Leben, Wanderungen und Schicksale Johann Christoph Sachses, eines Thüringers