Das Turnen.

[63] Nicht jedem aber ist Gelegenheit gegeben, dem Turnen obliegen zu können. Bei manchem werden einzelne Turnübungen[63] durch die Art und Weise der zu verrichtenden Arbeit ersetzt, wie ja auch die Heilgymnastik zum Teil die Arbeitsbewegungen der verschiedenen Handwerker imitiert.

Dem Manne ist im großen und ganzen viel mehr Gelegenheit zu Bewegung und zu körperlichen Anstrengungen geboten als der Frau, daher sollte diese ganz besonders ihren Muskeln eine wohltuende Beschäftigung geben. Eine Dame, welche die Verrichtung ihrer häuslichen Arbeiten den dienstbaren Geistern überläßt, beschäftigt sich somit fast ausschließlich mit Lesen, Handarbeiten, schönen Künsten, sodaß für eine, wenn auch noch so geringe Anspannung der Muskeln nichts übrig bleibt.

Gerade für solche Damen eignet sich der Turnunterricht ganz besonders, ja er ist sogar, wie aus dem vorhin Gesagten ersichtlich, notwendig, doch ist es Bedingung, daß das Turnen fachmännisch geleitet wird.


Quelle:
Samsreither, J. V. & Sohn: Der Wohlanstand. Altona-Hamburg 2[1900], S. 63-64.
Lizenz:
Kategorien: