Während des Tanzes

Während des Tanzes.

[171] Beginnt man nun zu tanzen, so darf der Oberkörper durchaus keine Veränderung in seiner Haltung annehmen, oder[171] gewissermaßen mit arbeiten, sondern er muß dieselbe feste und gerade Haltung beibehalten.

Die Bewegungen müssen an und für sich gleichmäßig, regelrecht und ohne Zug und Stoß geschehen. Die einzelnen Tanz-Schritte müssen genau dem Takte der Musik angepaßt und mit leichter Eleganz ausgeführt werden. Ebenso wie der Oberkörper müssen Hände und Arme beim Tanzen ruhig gehalten werden. Nichts sieht schlechter aus, als das Auf- und Niederbewegen der Arme.

Die Haltung des Tänzers darf aber auch keine zu steife und gezwungene sein. Es würde aussehen, als ob das Tanzen Mühe und Anstrengung verursache.

Nur dann, wenn man sich ein derartiges Verhalten beim Tanz zu eigen gemacht und darin eine gewisse Fertigkeit erlangt hat, wird man so tanzen, wie es eigentlich immer sein sollte, nämlich mit Anstand und Grazie.

Noch zu erwähnen ist, daß man nicht allzulange ohne Unterbrechung tanzen darf, wodurch man seiner Dame eine Anstrengung zumuten würde, die sich durchaus nicht mit der dem weiblichen Geschlecht zu kommenden Rücksicht verträgt. Ebenso unrichtig aber auch ist es, schon nach einigen Umdrehungen wieder aufzuhören, weil man dadurch ausdrücken würde, daß man mit der Tanzart der Dame unzufrieden ist oder daß es dem Herrn an der nötigen Kraft mangelt, die allerdings nur geringe Anstrengung des Tanzens zu ertragen.

Unterbricht man den Tanz, so lasse man die Dame los, trete einen Schritt rückwärts und mache eine leichte Verbeugung gegen die Dame, wodurch man ausdrückt: »Vorläufig meinen besten Dank!« Die Dame erwidert die Verbeugung auf gleiche Weise, der Herr reicht der Dame hierauf wieder seine rechte Hand oder den Arm und schließen sich den anderen Paaren an. Dieses Verfahren wird beim jedesmaligen Anfangen und Aufhören wiederholt.

Einen Tanz während der Dauer gänzlich zu unterbrechen, d.h. mit dem Tanzen aufzuhören und seine Dame zu Platz zu bringen, ist nur bei ganz besonderen Veranlassungen statthaft.[172]

Ebenso ist es zu vermeiden, durch schleppendes oder zu rasches Tanzen den anderen Paaren lästig zu fallen. Bei solchen Gelegenheiten kommt es häufig genug vor, daß die Dame getreten oder gestoßen wird, auch wohl gar niederfällt.

Geradezu ungehörig ist das aus der Reihetanzen.


Quelle:
Samsreither, J. V. & Sohn: Der Wohlanstand. Altona-Hamburg 2[1900], S. 171-173.
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