145.

[117] Die Erfordernisse eines Wohnzimmers sind Reinlichkeit, Ordnung, Bequemlichkeit, Geschmack und edle Simplizität; hiernach wollen wir uns ebenfalls wieder ein solches Zimmer, wie es der gebildete Mittelstand bewohnen kann, denken. Pracht ist hier nicht her gehörig; also könnten[117] vielleicht die Holzmeublen alle braun, entweder Mahagoniartig gebeitzt, oder von einem edlen Holze selbst seyn, wo es die Wirthschaftskasse leidet. Ein solches Zimmer, wenn es gehörig rein gehalten wird, und eine gute helle Grundfarbe hat, giebt einen hellen heitern Anblick; nur muß das Braun mehr hell als dunkel seyn; Kommode, Sekretär, Clavier oder Fortepiano, (wo man musikalisch ist), Eßtisch gehören außer einem bequemlichen großen Sofa und den übrigen nöthigen Stühlen, nebst einigen kleinen Seitentischen oder kleinen runden Tischen, die man Servanten nennt, allerdings in die Wohnstube; nur kein großer Zeugschrank, der allemal die Stube entstellt und ihr Helle, Licht und Raum nimmt. Geräthe, Porzellän, Silberzeug und dergleichen auf Kommoden oder Schränken zu stellen, liebt der neuere Geschmack nicht, der überhaupt mit dergleichen nicht prahlen will, und sie zu besserer Bewahrung und Erhaltung lieber in die dazu gehörigen Schränke stellt. Es gehört zur Ordnung einer Wohnstube überhaupt Alles, was leicht beschädigt werden kann, daraus zu entfernen. Kommode und Sekretär sind am schönsten, wenn sie gehörig staubrein sind. Auf der Kommode kann eine Vase oder ein einfacher Aufsatz von Marmor oder Alabaster, so wie aus dem Sekretär ein antiker Kopf stehn; leidet es der Platz, daß man eine Handbibliothek stellt, so können auch auf diesem[118] Repositorio einige antike Gips- oder Bronzeköpfe stehn. Auch hier macht es die Symmetrie nöthig, daß jede Wand eine Hauptmeuble, aber nur eins habe, wenn der Anblick nicht ängstlich werden soll; sind die braunen Meubles mit goldner Bronze dekorirt, so ist es schön, wenn diese Dekorationen an Allen sich gleich sind, wenn z.B. Alle Rosetten, oder Zahnschnitte, Leisten oder Perlen und dergleichen haben, und Alle nach einem Geschmack verfertigt sind; jemehr dies Alles auch in seinen größten Kleinigkeiten übereinstimmt, desto schöner und einfacher ist der Geschmack; wer sich neu einrichtet, hat diese Ordnung gleichsam für ein Geld. Wo es der Bau des Zimmers zuläßt, setzt man das Sofa dem Ofen nahe und nie in diese Nähe Sekretär oder Kommode; ein Seitentischgen steht in seiner Nähe, aber am rechten Orte, und macht daß dieses Plätzchen am Ofen gleichsam traulicher und bequemer erscheint. Nie stellen Sie eins jener Hauptmeubel einer Thüre zu nahe, es engt die Thüre gleichsam ein, und macht einen ängstlichen Anblick; am besten stehn zu beiden Seiten einer in ein anderes Zimmer führenden Thüre, wenn die Thüre die Mitte der Wand hält, Stühle. Wo alle Meubels braun sind, da kann es selbst der Spiegeltisch und der Spiegelrahmen sehr geschmackvoll seyn. Wer der braunen Farbe seiner Meublen etwa durch eine weisse Marmorplatte[119] auf dem Spiegeltisch, oder durch weisse Marmorsäulen am Sekretär, oder durch weisse Alabaster- oder Gipsvasen, einen helleren Blick geben will, der wird es dadurch sehr heben und empfehlen.

Quelle:
Siede, Johann Christian: Versuch eines Leitfadens für Anstand, Solidität, Würde und männliche Schönheit. Dessau 1797, S. 117-120.
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