11.

[12] Alle die Lächerlichkeiten des Lustigmachers, z.B. Grimassen zu schneiden, mit burlesken Stellungen die Gesellschaft zu amüssiren, oder andere lächerliche Possen zu treiben, alle Scharlatanerien und Kleingeistereien sind fern von ihm; er macht nicht den flatternden Schmeichler und Aufwärter der Damen, der etwa mit theatralischen Stellungen und mit auswendig gelernten Tiraden aus den Lust- und Schauspielen den Damen die Cour macht, und die Gesellschaft zu unterhalten sucht, immer auf der Erde liegt um ihre Wünsche vom Auge zu sehn oder ihre dienende Creatur zu seyn; er ist artig ohne zudringlich zu seyn und sich weg zu werfen; er vermeidet alles Prahlen; er macht sich überhaupt nie zu laut in Gesellschaft: denn der solide Mann ist auch immer der bescheidene Mann; er hüpft und springt und tanzt nicht beständig; er zieht die stilleren Vergnügen den rauschenderen vor; aber er zeigt regen Sinn für Kunst und Schönheit, ohne deswegen in einen schwärmerischen Enthusiasmus auszubrechen, der den ernsteren und erfahrneren Menschen überhaupt nie gefällt; er macht nicht den unstätten flüchtigen Windbeutel, der etwa immer Zerstreutheiten[12] affektirt, oder ein Kraftgenie seyn will, der auf keinem Platze Ruhe hat, und nur immer von Independenz schwatzt, und dem die Menschencharaktere alle zu flach sind, der nur immer in deklamatorischen Ausrufungen und auch wohl Flüchen seinen hohen Geistesschwung zeigt, und über die gesitteten Manieren der Höflichkeit wohl gar spottet. Alles dies ist dem Soliden ein Gräuel.

Quelle:
Siede, Johann Christian: Versuch eines Leitfadens für Anstand, Solidität, Würde und männliche Schönheit. Dessau 1797, S. 12-13.
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