36.

[21] Der solide Mann bildet und bestimmt dieses feine sittliche Gefühl in sich, durch Lektüre, durch Nachdenken, und durch Beobachtung anderer, denen diese Feinheiten und diese wahre Solidität des Umgangs eigenthümlich ist. Er studirt vor Allen sich selbst genau, und merkt sichs, was bei ihm unangenehme Eindrücke machte; geht seine Gedanken- und Ideenreihe zurück, prüft genau seine etwanigen Prätensionen dabei, und setzt dann immer fest, daß es bei den mehresten Menschen auch leicht einen übeln Eindruck machen könne, weil sie leicht in ähnlichen Lagen gewesen seyn könnten, und wo die Association der Ideen leicht dieselbe seyn möchte.

Quelle:
Siede, Johann Christian: Versuch eines Leitfadens für Anstand, Solidität, Würde und männliche Schönheit. Dessau 1797, S. 21.
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