Auflauf

[104] fern. Man mache einen Umweg, um ihm auszuweichen. Denn man darf überzeugt sein, daß meist[104] die müßigen Zuschauer solcher Aufläufe sehr viel unangenehmes erleben, wenn sie als Augenzeugen mit aufs Polizeibureau müssen.

Wenn der Auflauf dadurch entstanden ist, daß einige Männer das Bedürfnis haben, sich zu prügeln, so störe man sie nicht durch das menschenfreundliche Bemühen, sie zu trennen. Gewöhnlich bekommt man anderenfalls alle Prügel, welche noch übrig sind, und es pflegt gewöhnlich noch ein ziemlich reicher Vorrat vorhanden zu sein.

Wird man von einem Schutzmann aufgefordert, weiter zu gehen, so versuche man nicht, ihm auseinanderzusetzen, daß man nicht der einzige sei, der stehen geblieben, und sich mit ihm über die betreffenden Paragraphen der Verfassung zu unterhalten. Ein Schutzmann ist nur in höchst seltenen Fällen ein Causeur, sondern meint, man möchte arretiert sein. Wenn man es dann schwer findet, ihn von seinem Irrtum zu heilen, ist man gewöhnlich schon verhaftet.

Will man nicht wissen, was los sei, so frage man mehrere, welche an dem Auflauf teilnehmen, alsdann erfährt man es nie.

Hat man unglücklicherweise einige Püffe erhalten, so gehe man befriedigt von dannen und freue sich, daß man nicht noch die weiteren abgewartet hat.

Ist man verheiratet, so teile man seiner Frau nicht mit, daß man als Zuschauer eines Auslaufs übel zugerichtet worden sei. Denn die Gattin behauptet sonst, man sei immer da, wo man nichts zu suchen habe, und das kränkt, da es bekanntlich nicht wahr ist. Ist man verhaftet, so suche man um die Erlaubnis nach, nach Hause telephonieren zu dürfen, und telephoniere dann der Gattin, man habe einen guten Freund getroffen, mit dem man zusammen bleibe, sonst behauptet die Gattin, man sei der einzige Mensch, dem so was[105] passieren könne, und dies kränkt wieder, weil es bekanntlich gleichfalls nicht wahr ist.

Ist der Auflauf beseitigt und hat man etwa eine Stunde bei ihm zugebracht, so entferne man sich und begreife die anderen nicht, welche so dumm sind, die schöne Zeit auf diese Weise zu vertrödeln.

In der schönen Winterszeit steht der


Quelle:
Stettenheim, Julius: Der moderne Knigge. Berlin 41906, Bd. I, S. 104-106.
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