Maifeier

[103] zu gedenken, welche die sozialdemokratische Partei seit einigen Jahren am ersten des, wenn es nicht kalt ist, wunderschönen Monats begeht und jetzt darin besteht, daß sich eine große Anzahl Arbeiter weigert, nicht zu arbeiten. Es finden an diesem Tage für die Arbeiter, welche feiern, Volksversammlungen statt, in welchen von den Agitatoren Reden gehalten werden, welche die Arbeiter anzuhören haben. Und das soll keine Arbeit sein? Ist man ein vernünftiger Arbeiter, so wird man antworten: Na ob!

Will man als sozialdemokratischer Agitationsredner den Arbeitern eine schöne Maifeier bereiten, so sage man ihnen, es sei nun bereits mehr als genug geschwätzt, dann halte man den Mund, schweige, rede keine Rede und schließlich sei man stumm. Hierauf lasse man die Arbeiter ungestört in die Werkstatt gehen[103] und wie wir alle arbeiten, weil dies besser bezahlt wird als das Anhören von Agitationsreden, wofür man keine Semmel für die Kinder kaufen kann.

Selbst nicht die bestgesungene Arbeitermarseillaise baut den Kindern Häuser, sondern nach Jes. Sir. 3, 11 des Vaters Segen. Aber das Anhören von Agitationsreden ist kein Segen.

Außer der Maifeier finden in diesem Monat die


Quelle:
Stettenheim, Julius: Der moderne Knigge. Berlin 1905, Bd. II, S. 103-104.
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