Beilage 14.

[68] Beschreibung

des

Leichenbegängnisses Ihrer Majestät der Königin Friederike Luise, hinterlassenen Wittwe Seiner Majestät des Königs Friedrich Wilhelm II. von Preussen, im Dom zu Berlin am 4. März 1805.

Nachdem Ihre Majestät die Königin Frau Mutter noch bei Dero Lebzeiten verschiedene Male geäussert hatten, dass Allerhöchstdieselben bei eintretendem Todesfälle still und ohne allen Pomp beigesetzt werden wollten, so haben Sich Seine Königliche Majestät verpflichtet, gehalten, diese Allerhöchste Willensmeinung der Königin Frau Mutter Majestät genau zu erfüllen.

Am andern Morgen nach dem am 25. Februar 1805 erfolgten Ableben Ihrer Majestät ward der entseelte Leichnam in einem Einsetzsarge unter Begleitung des Hofstaates und der Ehrenwache aus Monbijou nach dem Königlichen Schlosse getragen und dort in den von Ihrer Majestät bewohnten Kammern bis zur Beerdigung niedergesetzt. In den zu beiden Suiten unmittelbar daran grenzenden Zimmern hielten die Hofdamen und die Kammerfrauen Ihrer Hochseligen Majestät Tag und Nacht abwechselnd die Wache; in dem weiter vor belegenen Zimmer befanden sich, so wie zuvor auch in Monbijou, zwei Stabs-Offiziere, und in dem an dieses Zimmer anstossenden Saal hielten zwei Garde-du-Corps, Unteroffiziere von der Infanterie und Kammer-Lakaien unablässig Wache.

Am 4. März, als an dem zur Beisetzung bestimmten Tage, um 12 Uhr Mittags, während des Trauer-Geläutes der Dom-Glocken, verfügten die wachhabenden Stabs-Offiziere sich in die Kammer vor der Courkammer. Die Garde-du-Corps besetzten die nach dieser letzteren führenden Thüren, 6 Unteroffiziere von der Ehrenwache postirten sich am Eingänge, indess die Königliche Leiche in dem mit schwarzem Sammet bezogenen und mit 20 silbernen Griffen und Rosetten versehenen Paradesarge in folgender Art nach der Cour-Kammer gebracht ward:


1. der Ober-Hofmeister Fürst von Wittgenstein eröffnete den Zug: ihm folgten:

2. der Hofmarschall Freiherr von Zeuner,

3. der Kammerherr Chevalier de Verdy du Vernois und der Kammerherr Graf von Brühl. Hierauf kam:

4. die Königliche Leiche, getragen von der mit der Gala-Livree bekleideten Dienerschaft.

Nach dein Sarge gingen:

5. die Ober-Hofmeisterin Frau von Gaudy,

6. die Hofdamen: Fräulein von Bischoffswerder, Fräulein von Hagen, Fräulein von Drieberg, die ehemalige Hofdame Frau Hofmarschall von Massow, Fräulein von Eichstaedt, Gräfin von Brühl, Fräulein von der Goltz und die Gesellschaftsdame Frau von Hill; sodann:[69]

7. die Kammerfrauen,

8. die Kammerdiener.


Die Königliche Leiche ward nun unter dem Thronhimmel auf eine violett sammetne, mit Hermelin verbrämte und mit goldenen Tressen besetzte Decke niedergesetzt, und neben derselben nahmen von dieser Zeit an auf beiden Seiten des Sarges 2 Hofdamen, 2 Cavaliere, 1 Kammerfrau und 1 Kammerdiener ihre bestimmten Plätze ein, sämmtliche Livrée-Bedienten aber blieben in der Entrée versammelt. Von 7 Uhr Abends an stellten sich der Ober-Hofmeister an den obern Theil des Sarges, in der Mitte, und der Hofmarschall eben so an den unteren Theil des Sarges, beide mit Marschalls-Stäben, bedecktem Haupt und vom Hute herunterhangendem Flor. Auf beiden Seiten des Sarges standen die Ober-Hofmeisterin und sämmtliche Damen, die Cavaliere, die Kammerfrauen und die Leibpagen. An der Thür der Cour-Kammer befanden sich zwei Kammerdiener, sämmtliche Offizianten aber waren im Saale versammelt. In dem Zimmer, in welchem die Stabs-Offiziere sich befanden, stellten sich die zum Tragen der Königlichen Leiche bestimmten 24 Kammerherren ein, die Prinzen und die zu ihrem Gefolge gehörigen Cavaliere aber theils in dieser, theils in den daran stossenden Nebenkammern u.s.w. Von nachbenannten 24 Kammerherren: den Herren von Schilden, von Buch, von Sydow, von Görtz; den Grafen von Maltzahn, von Wartensleben und von Lottum; den Herren von Bernstorff, von Marschall, von Aubié, von Medem, Graf von Neale, Herren von Oppeln-Bronikowski, Schilling von Canstatt, Graf von Schlippenbach, Herren von Berg, von Katte, Graf von Hardenberg, Herren von Haacke, von Egloffstein, von Voss, von Rothkirch, von Byern und von Oelssen ward mit dem Glockenschlag 8 Uhr der Sarg mit der Königlichen Leiche durch die Kammern und den Parole-Saal Friedrichs des Grossen und von da unter Vortretung von 6 Hofjägern mit brennenden Fackeln wach dem grossen Portal hinunter getragen und auf den dort befindlichen Leichenwagen gesetzt.

Nunmehr ging der Zug nach der Domkirche in folgender Ordnung vor sich:


1. ein Commando von der Garde-du-Corps,

2. der Königliche Hof-Fourier Bork,

3. ein Secretair des Erbprinzen von Oranien Durchlaucht, als Marschall, führte den Hofstaat Seiner Durchlaucht und den Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Erbprinzessin, nämlich die Lakaien, die Kammerbedienung etc.,

4. der Hofstaats-Secretair Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm, als Marschall, führte den Hofstaat Ihrer Königlichen Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Wilhelm, nämlich die Lakaien, die Kammerbedienung, die Leibpagen etc.,

5. der Hofstaats-Secretair Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Heinrich, als Marschall, führte den Hofstaat des Prinzen, die Lakaien, die Kammerbedienung etc.,

6. ein Hofstaats-Secretair (Meinert) Seiner Majestät des Königs, als Marschall, führte den Hofstaat Ihrer Majestäten des Königs und der regierenden Königin, nämlich die Königlichen Kammerlakaien, die Königlichen Leibjäger, die Königlichen Kammerdiener und die Königlichen Leibpagen,

7. der Kriegsrath Spitzbarth, als Marschall, führte die sämmtliche Dienerschaft der Hochseligen Königin Frau Mutter Majestät, nämlich die Stallleute, die Unterbedienten, die Damen-Lakaien, die Heiducken und[70] die Läufer, die Kammerlakaien, die Stall-Offizianten, die Silberkammer- und Kellerei-Offizianten, den Kastellan und den Gärtner, die Küchen- und Conditorei-Offizianten, die Kammerdiener und die Leibpagen, sämmtlich paarweise, mit links von den Hüten herunterhangenden Floren,

8. die Kammerherren: Chevalier de Verdy du Vernois und Graf von Brühl,

9. der Hofmarschall Freiherr von Zeuner,

10. der Ober-Hofmeister Fürst von Wittgenstein,

11. der Leichenwagen mit der Königlichen Leiche, mit 8 Pferden bespannt, welche mit schwarz sammetnen Paradedecken behangen waren und von acht Königlichen Kutschern geführt wurden. Zu jeder Seite des Leichenwagens gingen 12 der vorgenannten Kammerherren,

12. die Kammerfrauen der Hochseligen Königin Majestät zu beiden Seiten am Obertheil des Sarges,

13. die Ober-Hofmeisterin Frau von Gaudy,

14. die Damen paarweise, nämlich: dame d'atour Fräulein von Bischofswerder und dame d'atour Fräulein von Hagen; dame d'atour Fräulein von Drieberg und die ehemalige Hofdame Frau Hofmarschall von Massow; die Hofdamen: Fräulein von Eichstädt und Gräfin von Brühl; die Hofdame Fräulein von der Goltz und die Gesellschaftsdame Frau von Hill.

Die Königlichen Hofchargen, nämlich:

15. der Königliche Hofmarschall von Massow, als Marschall,

16. der Ober-Stallmeister Graf Lindenau, der Maître des spectacles Freiherr von der Reck, der Ober-Jägermeister Graf Moltke,

17. Seine Majestät der König und Seine Königliche Hoheit der Prinz Heinrich,

18. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz Wilhelm und der Prinz Louis Ferdinand,

19. Seine Königliche Hoheit der Prinz August Ferdinand und Seine Durchlaucht der Erbprinz von Oranien,

20. die General-Adjutanten Seiner Majestät des Königs: der General von Köckritz, der Oberst von Böltzig und der Major von Kleist,

21. die Flügel-Adjutanten Seiner Majestät des Königs: Major Graf von Dönhoff und Major von Jagow, Major von Bronikowski und Major von Götz,

22. der Adjutant Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Heinrich, Major von Haack,

23. der Hofmarschall Baron von Maltzahn und der Adjutant Major von Jannewitz Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm,

24. die Adjutanten Ihrer Königlichen Hoheiten der Prinzen Louis und August Ferdinand,

25. die Generale Seiner Durchlaucht des Prinzen von Oranien, die Grafen von Bylandt und von Bentinck, und zwar sämmtliche Personen mit von den Hüten herunterhängenden Floren.


Dieser Trauerzug ging vom grossen, zunächst der langen Brücke gelegenen Schlossportal durch den Schlosshof nach dem Dom auf einer zu dem Ende um 5 Zoll vom Steinpflaster erhöhten hölzernen, mit schwarzem Tuch bedeckten, 24 Fuss breiten Brücke zwischen einer Chaine, welche von der hiesigen Garnison formirt worden war, und innerhalb welcher auf der kurzen Strecke vom Schloss bis zum Dom 100 Mann mit brennenden Fackeln postirt waren.

Beim Eintritt in die Kirche besetzte das Commando der Garde-du-Corps, welches den Zug eröffnete, die Gruft, der Hof-Fourier blieb im Eingange des Domes stehen, die Hofstaats-Secretaire, als Marschälle, formirten, so weit es[71] der Platz erlaubte, vom Eingange des Domes bis unter die Königliche Loge das von ihnen geführte Personal in zwei Reihen, der Kriegsrath Spitzbarth aber, als Marschall, ging vom Eingang des Domes mit der von ihm geführten sämmtlichen Dienerschaft nebst den Kammerfrauen der Hochseligen Königin Frau Mutter Majestät in das Gewölbe und formirte dort an den Pfeilern herunter zwei Reihen; die Kammerfrauen aber stellten sich unweit der Versenkung.

Die Königliche Leiche ward unterdess von den 24 Kammerherren heruntergenommen und mit Vortretung der Kammerherren de Verdy du Vernois und Grafen von Brühl, des Hofmarschalls von Zeuner und des Ober-Hofmeisters Fürsten von Wittgenstein in den Dom getragen, daselbst am Eingange von der Geistlichkeit empfangen und unter deren Mitbegleitung auf das über der Gruft befindliche Gerüst gesetzt, wohin die Ober-Hofmeisterin, sämmtliche Damen der Hochseligen Königin Frau Mutter Majestät, Seine Majestät der König, die übrigen Prinzen nebst deren Suiten folgten. Der Hofmarschall von Zeuner stellte sich auf das Gerüst neben den Sarg, und liess sich mit der Königlichen Leiche hinab. Indem dies geschah, verfügten sich der Ober-Hofmeister, die Kammerherren, die Ober-Hofmeisterin, die Damen und die Gesellschaftsdame Frau von Hill, desgleichen die 24 Kammerherren, welche die Königliche Leiche getragen hatten, nach dem Gewölbe, empfingen dort die Königliche Leiche, und die zuletzt gedachten 24 Kammerherren trugen dieselbe, unter Vortretung der Kammerherren, des Hofmarschalls und des Ober-Hofmeisters, indess die Ober-Hofmeisterin und sämmtliche Damen folgten, nach ihrer letzten Ruhestätte neben den Särgen Friedrich Wilhelms II. und der Gemahlin Friedrichs II.

Auf dem Deckel des Parade-Sarges befindet sich eine silberne Platte mit folgender Inschrift:

Friederike Luise Königin von Preussen aus dem Hause Hessen-Darmstadt, hinterlassene Wittwe des Königs Friedrich Wilhelm des Zweiten, geboren den 16. October 1751, gestorben den 25. Februar 1805.

Nachdem der Sarg hier niedergesetzt worden war, wurde derselbe nochmals in Gegenwart des Hofstaats geöffnet und sodann fest verschlossen. Der Trauerzug verfügte sich nunmehr in der vorbeschriebenen Ordnung wieder nach dem Königlichen Schlosse zurück und ging von da auseinander.

Die von der Garnison formirte Chaine blieb noch so lange in Parade stehen, bis das zu Bedeckung des Bretterganges gelegte schwarze Tuch wieder abgenommen worden war.

Die Anordnung des ganzen Leichenbegängnisses war von Seiner Majestät dem Könige dem Ober-Hofmeister Fürsten von Wittgenstein übertragen worden.

Quelle:
Stillfried-Alcántara, Rudolf von: Ceremonial-Buch für den Königlich Preußischen Hof I. - XII. Berlin 1877, S. 68-72.
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