Beilage 17.

[79] Beschreibung

des

solennen Leichen-Begängnisses Königs Friderici I. in Preussen und des dabey zu sehen gewesenen kostbaren Sargs und prächtigen Castri Doloris, de Anno 1713.

Das auf den 2. Maji determinirte Leichen-Begängniss Ihrer Königl. Majestät in Preussen, Hn. Friderici I. wurde selbigen Tages auf nachfolgende Weise vollzogen: Nemlich des Morgens von 7. biss 8. wurde zum erstenmahl mit allen Glocken; wie auch von 9. biss 10. Uhr, als da die Procession sich angefangen, auf gleiche Art geläutet, welches denn so lange, biss die gantze Procession in der Kirche war, daurete, und nach gehaltener Predigt, biss Ihre itzt regierende Königl. Majestät sich wieder aus der Kirche reteriret hatten, zum drittenmahl angefangen und damit beschlossen wurde. Kurtz vor Anfang der Procession, so um 10. Uhr angieng, ward die Königliche Leiche durch würkliche Cammer-Herren aus der Königlichen Capelle getragen, und unter einen darzu verfertigten Himmel gebracht, da denn eine Viertel-Stunde vorher, sowohl die Guardes, als alle andere zur Aufwartung bestellete Personen sich eingefunden, und denenjenigen, so die Insignia zu tragen beordert, solche ihnen zugestellet und extradirt wurden.

Die Ouvertüre machte


1.


Ein Königl. Stallmeister zu Pferde, im langen Trauer-Mantel und Flohr, und hinter ihm 9. Marschälle mit Visiren und Marschall-Stäben, woran die Schilder mit dem Preussischen Adler und lang herunter hangenden Flöhren hiengen, und waren diese neun Marschälle Königliche Land-Räthe. Darauf folgeten


2.


Die fünff Schulen aus denen Residentien, nebst denen sämtlichen Schul-Collegen, alle in langen Mänteln und Flöhren. Nach diesen


3.


Die Waysen-Kinder von Oranienburg, mit ihrem Waysen-Vater. Darauf


4.


Die sämtlichen Prediger. Ferner


5.


Die 24. Königliche Trompeter, mit zwey Paar Paucken, alle in Trauer-Mänteln und Flöhren, wobey allemahl bey jeden Vers der verordneten Leichen-Lieder, die Trompeten und Paucken mit denen Schulen, so sungen, abwechselten; die Paucker hatten gedämpffte Paucken, die Trompeter aber bliesen durch Sourdinen. Nächst diesen kamen
[80]

6.


Die sämtlichen Königlichen Pagen mit ihren Hofmeistern, alle in langen Mänteln und mit Flöhren auf den Hüten Darauf


7.


Wieder ein Königlicher Stallmeister zu Pferde. Und hinter diesen


8.


Ein Herold. Darauf


9.


Drey Marschälle von der Refugirten Noblesse. Nach ihnen


10.


Die Refugirten Französischen und Oranischen Civil-Bedienten, und hinter denenselben die vom Oranischen Parlament, alle in schwartzem Habit.


11.


Wieder drey Marschälle von den Königl. Land-Räthen. Nach ihnen


12.


Die Deputirte von denen Staedten.


13.


Wiederum drey Marschälle von den Königlichen Land-Räthen. Und nach solchen


14.


Die Deputirten von der Ritterschafft aus allen Königlichen Provincien


15.


Nachmals drey Adeliche Marschälle von den Königlichen Land-Räthen. Hinter diesen


16.


Die Deputirten von denen drey Königl. Universitäten, und nachmahls die Deputirten von denen 2 Stifftern.


17.


Wieder ein Stallmeister, hinter ihm zwey Herolde habend. Darauf


18.


Drey Adeliche Marschälle von denen Königlichen Land-Räthen.


19.


Die Collegia aus der Residenz in ihrer Ordnung, und zuletzt das Collegium der würcklichen geheimden Estats-Räthe. Nach ihnen


20.


Vier Herolde, zwey in einer Reihe. Hiernächst


21.


Wieder drey Marschälle, als die Directores von denen Crayssen. Worauf


22.


Die Insignia in ihrer Ordnung getragen wurden. Da denn


23.


Der Ober-Hof-Marschall mit noch fünff andern Marschällen, folgeten. Hierauf kam
[81]

24.


Die Königliche Leiche von 8. Pferden gezogen, welche schwartze sammete Decken mit dem Königl. darauf in Silber und Gold bordirten Wapen hatten, und von 8. Obristen geführet wurden, bey welchen auf beyden Seiten 8. Königl. Kutscher in langen Mänteln und Flöhren giengen. Auf der Leiche lag ein grosses Leinen-Tuch, und auf dem Tuche eine grosse Decke von Brocat, mit darauf bordirten Cronen und Adlern; und mit einem breiten Saume von Hermelienen, auf der Decke aber lag zum Haupten die Königl. Crone auf einem Polster, und zu den Füssen die Königl. Ordens-Kette. Ueber der Leiche war ein Himmel von dergleichen Brocat, worauf die Königliche Genealogie, Wapen, von Golde gesticket, und mit dem Ordens-Stern zwischen jeden Wapen zu sehen waren. Die 12. Stangen wurden von 12. General-Majors, und die 4. Cordons von 4. General-Lieutenants, wie auch die 4. Zipffel des Leichen-Tuchs von 4. General-Lieutenants getragen. Bey denen 12 General-Majors waren 12. Königl. Laqvayen, so die Stangen halffen unterstützen. Neben der Leiche giengen 12. Cammer-Herren und 12. Cammer-Juncker, ingleichen 36. Hellebardiers von denen Schweitzern, unter Anführung zweyer Ober-Offiziers. Darauf folgete


25.


Das Reichs-Bannier, zwischen 2. General-Majors und wurde solches von dem General der Infanterie, Grafen von Dohna, getragen. Nächst diesem


26.


Ihre Majestät der König, und hinter deroselben der Ober-Stallmeister von Syberg, welcher Ihro Majestät die Schleppe vom Mantel truge. Hinter Ihro Königliche Majestät


27.


Des Hn. Markgrafens und Printzen von Schwed Hoheit, und hinter deroselben der Geheime-Rath von Auer. Deroselben folgten


28.


Des Hn. Marggrafens Christian Ludwigs Hoheit, nach sich dero vornehmsten Bedienten habend. Worauf


29.


Ihre Fürstl. Durchl. von Anhalt mit dero Suite kamen. Nächst diesen wurde


30.


Ihre Hoheit, die Königl. Printzessin von des Herrn Marggrafen Albrecht Friedrichs Hoheit mit der gewöhnlichen Suite geführet, dabey der Cammer-Juncker von Klose Ihro Hoheit die Schleppe trüge, ingleichen


31.


Ihre Hoheit, die verwittibte Frau Marggräfin von ihren vornehmsten Bedienten geführet. Hiernächst


32.


Ihre Hoheit die andere Frau Marggräfin, Ihro Hoheit Marggraf Albrechts Friedrichs Gemahlin, geführet vom Geheimen-Rath von Massau mit der gewöhnlichen Suite. Nachmahlen


33.


Die Printzessin von Schwed, so vom Hauptmann zu Stolpe, Hrn. von Kamecke geführet wurde. Worauf
[82]

34.


Drey Adeliche Marschälle.


35.


Das sämtliche Frauenzimmer, wiederum


36.


Drey Bürgerliche Marschälle.


37.


Die Cammer-Gerichts-Advocaten, samt denen Magistraten nebst der sämtlichen Bürgerschafft aus der Residenz folgeten. Hinter welchen gantz zuletzt noch


38.


Ein Stallmeister zu Pferde kam, welcher den gantzen Aufzug beschlösse.


In der Kirchen führeten die Marschälle den unter ihrer Anführung gegangenen Troup an den ihnen angewiesenen Ort. So bald die Leiche vor dem Dom ankam, traten die dabey hergehende 12 Cammer-Herren, und 12. Cammer-Junckern hinzu, hüben die Leiche vom Wagen herab, und brachten dieselbe unter den darzu bereiteten magnifiquen Catavalle, diejenigen, welche die Insignia getragen, blieben mit denenselben, so vor der Leiche gegangen, vor selbiger unter dem Catavall bestehen. Wie also nun die Königl. Leiche in den Dom gebracht wurde, fieng man den verordneten Gesang: Wenn mein Stündlein vorhanden ist, etc. an zu singen, und nachdem selbiger vollendet, gieng die Trauer-Music an, und wurde nach deren Endigung die Leichen-Predigt gehalten. Sobald diese zu Ende, wurde das Musiciren continuiret, und nach demselben das Lied: Nun last uns den Leib begraben etc. intoniret. Bey Anhebung dieses Gesanges wurde die Königliche Leiche von denen Cammer-Herren aufgehoben, nach dem Königlichen Erb-Begräbniss gebracht, und in den zinnern Sarg eingesencket. Diejenigen, welche die Insignia und das Reichs-Bannier trugen, folgeten mit denselben in das Gewölbe, wie auch die 4. General-Lieutenants, so die Zipffel des Leichentuchs gehalten, die übrigen General-Lieutenants, General-Majors und Obristen blieben mit dem Himmel vor der Grufft stehen, und wurde, so bald als die Leiche von denen Cammer-Herren aufgehoben war, von allen Trompetern geblasen, die Paucken geschlagen, auch aus allen Canonen dreymahl Salve, und von denen Regimentern so vielmahl die Losung gegeben. Als die Leiche in den zinnern Sarg eingesencket war, wurde die Königl. Crone und Ordens-Kette von denen ältesten Cämmerern vom Sarg abgenommen, und giengen alsdenn auch diejenigen, welche die Insignia und Reichs-Bannier getragen, aus dem Gewölbe heraus, der brocatene Himmel wurde von denen General-Majors und Obristen zu dem Catavalle gebracht, und die Insignia auf die darzu gewidmeten Tabouretten geleget, wobey die 10. Cammer-Junckern, so dieselbe zurück bringen musten, bestehen blieben. Sobald solches geschehen, wurde abermahls musiciret, und währender Music retirirten sich Ihre Königliche Majestät mit denen Fürstl. Personen und dem Frauenzimmer, aus der Kirche. –

Unter die Zeichen der grössten Magnificenz bey dieser Königlichen Funeration gehöret sonderlich der Sarg, welchen Hr. J.G. Wächter, Prof. und Inventor der Insriptionum inventiret und davon nachfolgenden curieusen Bericht in Druck gegeben:


Eigentliche Beschreibung des grossen Königlichen Sarges, welchen Se. Königliche Majestät in Preussen, zu dem pompe sen Leich-Begängniss dero in Gott höchstseligsten Hrn. Vaters, Königlichen Majestät und[83] dessen Beysetzung in die Königliche Grufft, zum ewigen Andencken verfertigen lassen, wie selbiger unter Direction dero Ober-Marschallen und würcklich geheimen Staats-Ministri Hn. von Printzen Excellenz, mit allen seinen Figuren, Inscriptionen und Bas-reliefs, bewerkstelliget worden.


Dieser Sarg verdienet wohl eine besondere und weitläufftige Beschreibung. Denn er ist nicht allein an sich selbst ein sehr schönes Werck von der Hand eines berühmten Künstlers, sondern auch ein sehr prächtiges und ewiges Ehren-Mahl, daran der glorieuse Lebens-Lauff Seiner Königl. Majestät höchstseligsten Gedächtniss nach seinen grössten und vornehmsten Evenements in Figuren und Schrifften fürgestellet wird.

Der gantze Sarg ist wie ein antiques Monument anzusehen, und aus einem zierlichen Leisten-Werck componirt, welches sich leichter imaginiren, als beschreiben lässt. Oben auf dem Deckel ist ein Manteau Royal oder Königl. Mantel ausgebreitet, welcher zum Haupt des Sarges von zwo Lebens-grossen Figuren, dem Königreich Preussen, und der Chur-Marck Brandenburg, aufgedecket wird, denen Zuschauern das Königl. Portrait zu weisen, welches daselbst in einem grossen Ovalen Schild auf einem Küssen stehet. Zur Rechten des Königl. Portaits siehet man das Königreich Preussen, welches sich eine besondere Bemühung giebt, oben auf den Sarg zu klimmen, und über dem Königl. Portrait eine Königl. Crone zu halten. Die Liebe und Ehrerbietung, und die Begierde dasselbe nahe bey zu betrachten, leuchten zugleich aus ihrem Gesicht hervor, und es scheinet, als ob sie des Anschauens nicht könne satt werden. Zur Lincken stehet die Chur-Marck neben dem Sarg auf ihrem eigenen Wapen-Schild, und ist beschäftiget, das Königliche Portrait über dem Sarg aufzurichten, und mit ausgestreckter Hand der Nach-Welt anzuzeigen. Das Königreich Preussen wird an der Königl. Crone und Königl. Mantel, die Chur-Markt aber an dem Chur-Hut und Chur-Rock erkandt. Das Königliche Portrait ist ein Hautrelief, und auf antique Manier im Profil gemacht, mit dieser Ueberschrifft:


Fridericus, Rex. Borussiae. El. BR.

Friedrich, König in Preussen, Churfürst zu Brandenburg.


Auf den Seiten des Sarges siehet man einige Basreliefs, in welchen die Historie Sr. Königl. Majestät Glorwürdigster Gedächtniss auf hieroglyphische Art fürgestellet wird; Zur Lincken die grossen Thaten der Churfürstl. Regierung, zur Rechten die grossen Thaten der Königl. Regierung. Denn in diese beyde wird die Historie Sr. Königlichen Majestät abgetheilet, welche wie ein Janus zwischen zweyen Seculis in der Mitten liegt, und die vergangene und gegenwärtige Zeit zugleich begreiffet.

Und damit diese Basreliefs den wahren Character Sr. Königl. Majestät Glorwürdigster Gedächtniss möchten ausdrucken, welcher darinnen bestehet, dass sie ein Kriegs- und Friedens-Held zugleich gewesen seynd; So hat man die vornehmsten Kriegs- und Friedens-Verrichtungen ausgesucht, und solche zum Sujet dieser Basreliefs erwählet. Diese Basreliefs fahen an auf der lincken Seiten des Sarges, wo die Chur-Marck Brandenburg stehet, und gehen von den Füssen des Sarges hinauf nach dem Haupt, und von dannen um den Sarg herum biss wieder zu den Füssen, in nachfolgender Ordnung:


Basrelief der lincken oder Churfürstlichen Seiten.


I.


Das erste Basrelief begreifft den Antritt der Churfürstlichen Regierung unter nachfolgenden Figuren: Seine Churfürstliche Durchläuchtigkeit mit einem[84] antiquen Steuer-Ruder in der Hand, empfangen von dero Chur-Marck, wie auch von Preussen, und andern Ländern, welche sich zu ihren Thron nahen, und an ihren Wapen erkannt werden, die Erb-Huldigung, mit diesen darüber stehenden Worten:


Futurae Majestatis primordia.

Der erste Stuffen zur künfftigen Majestät.


II.


Das andere Basrelief begreifft die glorieuse Campagne von Ao. 1689. unter nachfolgenden Figuren: Seine Churfürstliche Durchläuchtigkeit accompagnirt von der Victorie, setzen dem Rheinstrom den Hut der Freiheit auf. Hierüber stehen die Worte:


Inferior Rhenus liberatus.

Der Unter-Rhein von den Frantzosen gesäubert.


III.


Das dritte Basrelief begreifft en general die Protection der Künste und Wissenschaften, in specie die Fundation der Universität zu Halle, und der Mahler-Academie zu Berlin. Die Figuren sind nachfolgende: Seine Churfürstl. Durchl. mit dem Friedens-Stab Mercurii in der Hand, biethen der Kunst und Gelehrsamkeit die Hand, denenselben abzuhelffen, wobey ein Genius ein Cornu copiae umstützet. Die Gelehrsamkeit hat Flügel an dem Haupt, wie die Musen, welche den erhabenen Esprit andeuten: Und hält in der Hand einen Circkel, in welchem ein Triangel, weiln davor gehalten wird, dass alle göttliche und menschliche Wissenschafften in dieser Figur gegriffen werden. Die Kunst ist gleichfalls eine weibliche Figur, welche in der Hand einen Hammer, Meissel und Pinsel führet. Hierüber stehen die Worte:


Ingenia Seculi promota.

Die Beförderung der Künste und Wissenschaften.


IV.


Das vierte Basrelief wird von der Draperie der Chur-Marck bedeckt, und ist also nicht zu sehen.


Basrelief der rechten oder Königlichen Seiten.


V.


Das fünffte Basrelief ziehlet auf das grosse Crönungswerk in Preussen, und begreifft nachfolgende Figuren: Seine Königliche Majestät angegürtet mit dem Schwerdt der Gerechtigkeit, und dem glücklichen Oel-Zweig des Friedens (ramum felicis Olivae) bey sich habende, setzen sich selbst, unter dem Frohlocken der Welt, die Königliche Crone auf, wobey eine Fama ihren Ruhm ausbläset. Hierüber stehet:


Regnum Sine Cruore Conditum.

Ein neu Königreich ohne Blut-Vergiessen aufgerichtet.


VI.


Das sechste Basrelief präsentiret die Acquisitiones neuer Länder und Provinzen, mit welchen Seine Majestät ihr neu fundirtes Königreich vermehret haben; Allhier siehet man die Provinz Neufchatel, Lingen, Moers und andere mehr, welche an ihren Wapen erkannt werden, sich zu dem Thron Seiner Majestät nahen, und deroselben die Huldigung leisten mit diesen Worten:


Fines Imperii Prolati.

Die Gräntzen des Reichs verweitert.
[85]

VII.


Das siebente Basrelief stellet vor die Hohen Meriten Sr. Majestät bei dem gegenwärtigen Krieg wider Franckreich unter folgenden Figuren: Die Preussischen Kriegs-Helden bringen vor Se. Majestät die Städte-Cronen von Geldern und Kayserswerth, wie auch viele andere Tropheen, welche sie in dem gantzen Krieg wider Franckreich in verschiedenen Theilen der Welt erobert haben. Seine Majestät werden zu gleicher Zeit von der Victorie gecrönet, mit diesen darüber stehenden Worten:


Rerum Gestarum Fulgor.

Die Grosse und Importanz der im Krieg verrichteten Sachen.


VIII.


Das letzte Basrelief ziehlet auf die Regierungs-Kunst Seiner Majestät, durch welche sie ihre Länder, mitten unter den Kriegs-Flammen der Nachbaren, in Ruhe u. Frieden erhalten haben. Allhier siehet man Seine Majestät, accompagniret von der Sage Politique (oder Staats-Klugheit) wie selbige ihre Chur- und andere Länder mit dem Frieden vermählen, und zu gleicher Zeit dem Mars ihre Ordres ertheilen, das Schwerdt fertig zu halten. Die Sage Politique ist eine Frau mit zwey Gesichtern, mit welchen sie das vergangene und zukünfftige zugleich beurtheilet, und führet einen offenen Compass, nach welchem sie ihre Actiones eingerichtet. Hierüber stehen die Worte:


Quies Publica Fundata.

Die allgemeine Ruhe gegründet.


Diese Seiten-Stücke werden desswegen Basreliefs genannt, weilen sie wie die Medaillen niedrig erhoben ausgearbeitet sind, und weilen sie den Gusto der antiquen Medaillen und Basreliefs imitiren, auf welchen der Imperator gemeiniglich selbst da stehet, und dieses oder jenes verrichtet. –

Ausser diesen Seiten-Stücken siehet man noch auf beyden Seiten des Sarges, recht in der Mitten desselben, unter einer Königl. Crone eine grosse Cartouche, mit einigen Ornements funebres, welche von zwey Adlern getragen wird, und eine grosse Inscription in sich hält. Solche Inscription fähet an in der lincken Cartouche und continuiret mit der rechten, in welcher sie sich auch endiget, und ist folgendes Inhalts:

Inscription auf der lincken Cartouche des Sarges:


D.O.M. ET SEMP. MEM. S.

Divus Fridericus,

Rex Boruss. Pius Fel. Prudens. Fortis

Divi Friderici Guilielmi M.

S.R.J. VIII. Viri Brand. Et

Divae Ludovicae Henricae

Principis Arausionensis.

Filius III.


Non sine prodigiis naturam Regem Pop. Boruss. parturire, Regiomonti Boruss. Cal. Quintil. MDCLVII natus. Quum nascendi ordine ad regendum avitum Imperium non vocaretur, fratribus natu Max. morte defunctis, a Divina Providentia ex Marchione Princeps Iuventutis et Patriae fortunae haeres constitutus, post excessum. Divi Parentis solium Electorale An. MDCLXXXVIII conscendit, illudque maximis rebus domi forisque gestis illustravit. Quibus aeque ac virtutibus suis viam sibi ad Regiam dignitatem paravit, quam cum splendorem ejus ac vim haberet, magno animo, raro exemplo, plaudente orbe. Anno orientis saeculi primo, XVIII Jan. sibi adsernit, regni sui pacificus Conditor et. Locupletator.
[86]

Continuation der Inscription auf der rechten Cartouchen:


Pro Majestate Imperii magnus in ornamentis munificus in largitionibus, et populorum suorum amor. In tantis Aug. Domus suae incrementis, pietatis suae haud Fucatae, hunc a Deo O.M. optatissimum in primis fructum tulit, ut ex secundo Matrimonio successorem sibi procreaverit Fridericum Guilielmum virtutum avitarum strenuum sectatorem, ex quo novam progerminare vidit imperii propaginem ac firmamentum, dulciss. Nepotem, Fridericum hodienum propitio Numine, superstites. Moderatus et aequus in secundis, constans et erectus in adversis animum tenuit, et sui et Imperii potentem.

Emenso nunc feliciter vitae gloriaeque stadio, et victoriarum abundans, aeterna nominis fama dignissimus, hic requiescit, obiit ad D. XXV. Febr. MDCCXIII.


Fridericus Guilielmus

Rex Borussiae, divo parenti hoc monumentum

sepulcrale pro pietate moesto animo posuit.


Die Meynung ist:

Dass weyland Friederich, der fromme, glückselige, kluge und tapffere König in Preussen, des grossen Friederich Wilhelms, Churfürstens zu Brandenburg, und Louysen Henrietten, Printzessin von Oranien, dritter Sohn, nicht ohne Vorbedeutung, dass die Natur einen König der Preussen gebühre, im Jahr 1657. den 1. Jul. zu Königsberg in Preussen gebohren worden.

Dass ob er gleich durch die Ordnung der Geburt zum Regiment seiner Vorfahren nicht berufen war, er dennoch durch die Göttliche Vorsehung, nachdem seine ältere Brüder mit Tod abgegangen, aus einem Marggrafen zum Chur-Printzen und Erben des väterlichen Glückes erhoben worden.

Dass er nach dem Tod seines gottseligen Vaters im Jahr 1688. den Churfürstl. Thron bestiegen, und denselben durch grosse Verrichtungen bey den Seinigen und Auswärtigen berühmt gemacht, und sich dadurch, gleichwie auch durch seine übrige Tugenden, den Weg zur Königlichen Crone gebahnet hat

Dass da er lange zuvor an Pracht und Macht den Königen gleich gewesen, er im ersten Jahr dieses lauffenden Seculi, den 18. Jan. mitten in der stoltzen Ruh seiner Länder, unter dem Glückwünschen der Welt, durch ein seltenes Exempel, als ein friedfertiger Stiffter seines Königreichs, die Königl. Würde mit grossem Geist angenommen.

Dass er, der Majestät seines Reichs gemäss, gross in Gebäuden und Zierrathen, magnifique in Belohnungen und Geschenken, und jederzeit die Liebe seiner Völcker gewesen.

Dass er mitten in dem grossen Wachsthum seines Durchl. Hauses, unter andern höchst erwünschten Früchten seiner ungefärbten Gottseligkeit vornehmlich diese davon getragen, dass er aus der zweyten Ehe sich einen Nachfolger im Reiche erzeuget, Friederich Wilhelmen, den tapffern Nachfolger seiner Ahnen und ihrer Tugenden, aus welchem er hat sehen hervorsprossen eine neue Stütze des Königreichs den allersüssesten Enkel Friederich, welche beyde durch die Gnade GOTTES noch bey Leben sind.

Dass er im Glück sich gemässiget, und im Unglück aufrecht bestanden, also dass sein Gemüth sein selbst und der Regierung allzeit mächtig gewesen.

Dass da er nunmehro das vorgesteckte Ziel seines glorwürdigen Lebens-Lauffs glücklich erreichet, er allhier Ruhe- Ruhm- und Siegs-voll, und eines unsterblichen Nahmens würdig, nachdem er den 25. Febr. 1713 gestorben.

Und dass Friedrich Wilhelm, der jetzige König in Preussen, nach seiner beywohnenden Ehrerbietung, Liebe und Dankbarkeit gegen seinen in Gott[87] ruhenden Hn. Vater, ihme dieses prächtige Grabmahl zur ewigen Gedächtniss, doch aus betrübtem Hertzen, aufrichten lassen.

Das Vorder-Theil des Sarges ist mit Armaturen gezieret, wie auch mit denen drey Ordens, welche Se. Majestät bey Lebzeiten zugleich getragen, doch also, dass der Preussische und von ihr selbst gestifftete Orden, zwischen dem Englischen und Dähnischen in der Mitten hängt. Die Ursache dieser Decoraration ist in den Antiquen gegründet; denn wenn der Held stirbt, so hänget man seine Waffen auf, und zieret damit sein Grabmahl, welches zum Theil noch heut zu Tage geschiehet. Im Hinter-Theil des Sarges ist das Königl. Wapen unter einem Königl. Pavillon zu sehen.

Der gantze Sarg ruhet mit seinen von Laubwerck zierlich gebildeten Füssen auf einer Pleite, vornen an der Fronte des Sarges sitzet die Vergänglichkeit auf der Pleite des Sarges und hat ein Kind bey sich, welches Seiffen-Blasen formiret. Ihre Gestalt ist traurig und betrübt anzusehen, und hat keine andere Bedeutung, als dass sie die Zuschauer ihrer Sterblichkeit so viel kräfftiger erinnert, wenn sie sehen, dass selbst die grossen Monarchen von deren Leben und Tod das Glück und Unglück aller übrigen Menschen dependiret, dem Tod unterworffen seyn.

Der gantze Sarg ist mit allen Figuren, Leisten-Werck, und Basreliefs, von Zinn gegossen, mit feinem Gold über und über vergüldet, ausgenommen das Königl. Portrait mit seiner Crone samt den zwo Cartouchen rechter und lincker Seiten, mit ihren Cronen und Inscriptionen, welche theils von Ertz gegossen, theils in Kupfer getrieben, und allzumahl im Feuer verguldet sind: Wovon die Execution dem Königlichen Giesser Jacobi aufgetragen worden, welcher auch, seiner Gewohnheit nach, sehr wohl damit reussiret hat. Die Höhe des Sarges ist zum Haupt 7. Fuss 6. Zoll, die Länge 9. Fuss 10. Zoll. Das übrige ist hoch, lang und breit nach Proportion. Das Modell zu dem Guss ist von dem Königl. Bau-Director Schlüter, auf Königlichen Befehl, gemacht, und die Façon des Sarges von dem Sarg der gottseligen Königin genommen worden. –

Ausser dem jetzt beschriebenen sehr ansehnlichen Sarge, war nach dem Tode Ihrer Königlichen Majestät in Preussen auch ein prächtiges von dem Herrn Professore Wachter inventirtes Castrum Doloris aufgerichtet worden, in welches man den verblichenen Cörper Ihro Königliche Majestät biss an den Tag dero Leichen-Begängnisses niedergetzet. Von diesem aber ist damahls nachfolgender Bericht an das Licht gestellet worden:

Nachdem der Königliche Cörper vom Parade-Bette genommen, und in einem mit Trap-d'or beschlagenen Sarg geleget worden, ward er nach der alten Schloss- Capelle en Ceremonie herunter gebracht. Die Crone ward auf drey Küssen oben auf den Sarg geleget, desgleichen auch der Chur-Hut, und die Preussische Ordens-Kette, jedoch mit dem Unterscheid, das die Crone dem Haupte des Königlichen Cörpers, und die Ordens-Kette den Füssen respondirte.

Die übrigen Kostbarkeiten wurden neben dem Sarg auf Tabourets zur Schau ausgestellet, zur Rechten der Scepter und Reichs-Apffel, zur Lincken der Englische Orden, welches alles mit vielen silbern Gueridons, so um den Sarg herum stunden, und mit weissen Wachs-Fackeln bestecket waren, beleuchtet wurde. –

Die gantze Architecture war von Corinthischer Ordre, und die Colomnen samt ihren Entablements versilbert. Ueber dem Sarg sahe man eine grosse Königl. Crone, aus welcher vier schwartz-sammete und Hermelin bordirte Manteaux-Royals abhingen, so mit Golde gestickten Cronen und Adlern bestreuet waren. Selbige Crone wird von zwey fliegenden und auf naturelle Art in[88] Wachs poussirten, und mit kostbahren Stoffen bekleideten Figuren gehalten Die zur Rechten praesentirte die Heroische Tugend mit einem Lorbeer-Crantz in der Hand. Die zur Lincken führete eine Posaune, und schiene den Nachruhm Seiner Majestät Glor-würdigsten Gedächtniss auszublasen.

Zu beyden Seiten des Sarges waren die Wände mit schwarzen Sammet bekleidet, und an demselben bordirte Wapen der Königl. Provincien aufgehangen, welche durch viele silberne Wand-Leuchter, so mit schwarzem Flohr zierlich mit einander verbunden waren, erleuchtet wurden.

Hinter dem Sarg war die Capelle geendiget mit einer grossen und weissen Taffeta gemahleten Illumination. In derselbigen sahe man mit Lebensgrossen Figuren vorgestellet, das Königreich Preussen und die Chur-Marck Brandenburg in trauriger Atitude, wie selbige ihre Häupter verhüllen und den Untergang ihrer Sonne beweinen. Hinter ihnen sahe man die Welt-Kugel. und hinter ihr die untergehende Sonne, mit diesen aus dem Horatio Lib. 2. Ep. I. ad August, entlehnten Worten:


Exstinctus amabitur.

Man liebet ihn noch nach seinem Untergang.


Vornen an der Entrée sahe man an den Pfeilern der Capelle einige von kostbaren Harnischen aufgerichtete männliche Figuren, welche grosse weisse Wachs-Fackeln in der Hand hielten, den Eingang in die Capelle zu beleuchten. Dergleichen geharnischte Männer waren auch zur Rechten und Lincken des Gemähldes aufgerichtet. Die gantze Capelle war mit silbern Leuchter-Cronen illuminiret, welche theils an dem Gewölbe hingen, theis von Sceletons und fliegenden Figuren gehalten wurden.

Quelle:
Stillfried-Alcántara, Rudolf von: Ceremonial-Buch für den Königlich Preußischen Hof I. - XII. Berlin 1877, S. 79-89.
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